Udo Winkel
Wissenschaft, Rationalisierung und Qualifikation im Kapitalismus
(Marxistische Kritik Nr. 1, März 1986)
1. Einleitung: Rationalisierung und Entfremdung. Zur Problematik der
kapitalistischen Industriegesellschaft.
[Vorbemerkung: Die Seitentrennung bezieht sich auf die Original-Ausgabe]
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[Seite 70-88]
MAX WEBER hat die Entstehung und Entfaltung des okzidentalen Kapitalismus
als umfassenden Prozeß der "Rationalisierung" und "Entzauberung"
der Welt beschrieben. Dieser Kapitalismus beruht auf rationaler Organisation
formell freier Arbeit, basierend auf der Trennung von Haushalt und Betrieb
und der "rationalen Betriebsführung". "Der spezifisch moderne okzidentale
Kapitalismus nun ist offenkundig zunächst in starkem Maße durch
Entwicklung von technischen Möglichkeiten mitbestimmt. Seine Rationalität
ist heute wesenhaft bedingt durch Berechenbarkeit der technisch entscheidenden
Faktoren: der Unterlagen exakter Kalkulation. D.h. aber in Wahrheit: durch
die Eigenart der abendländischen Wissenschaft, insbesondere der mathematisch
und experimentell exakt und rational fundierten Naturwissenschaften. Die
Entwicklung dieser Wissenschaften und der auf ihnen beruhenden Technik
erhielt und erhält nun ihrerseits entscheidende Impulse von den kapitalistischen
Chancen, die sich an ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit als Prämien
knüpfen"(1). Den grundlegenden Unterschied zu vorkapitalistischen
Gesellschaften hat Weber am Selbstverständnis abendländischer
Wissenschaft in seinem Vortrag über "Wissenschaft als Beruf" angeführt:
"Daß Wissenschaft heute ein FACHLICH betriebener 'Beruf' ist im Dienste
der Selbstbesinnung und der Erkenntnis tatsächlicher Zusammenhänge,
und nicht eine Heilsgüter und Offenbarungen spendende Gnadengabe von
Sehern und Propheten oder ein Bestandteil des Nachdenkens von Weisen und
Philosophen über den SINN der Welt - das freilich ist eine unentrinnbare
Gegebenheit unserer historischen Situation, aus der wir, wenn wir uns selbst
treu bleiben, nicht herauskommen können"(2). Die formale Rationalität,
die für Max Weber die umfassende, alle gesellschaftlichen Erscheinungen
umspannende Kategorie für das Verstehen von Genesis und Struktur des
Kapitalismus bildet, bedeutet ihm "Entzauberung der Welt", weil der moderne
Mensch davon überzeugt ist, daß man im Prinzip alle Dinge durch
Berechnen beherrschen könne.
KARL MARX hat demgegenüber gerade von einer "Verzauberung" der
Gesellschaft unter Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion gesprochen.
Die "Entfremdung" (so der junge Marx), die "Verdinglichung" und "Fetischisierung"
der gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen, d.h. die Verselbständigung
der von den Menschen geschaffenen Verhältnisse ihnen selbst gegenüber,
entspringt gerade der - im Gegensatz zum Einzelbetrieb - nicht gesamtgesellschaftlich
geplanten Produktion. Der gesamtgesellschaftliche Zusammenhang stellt sich
auf der Grundlage individueller Warenproduktion eben nicht in der Produktion,
sondern erst über den Markt, also über Tauschbeziehungen, über
Waren, d.h. eben
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über Dinge, und zwar erst im nachhinein her. Die Konkurrenz der
Warenproduzenten schlägt sich in sie selbst beherrschenden Marktgesetzen
nieder: "Die freie Konkurrenz macht die immanenten Gesetze der kapitalistischen
Produktion dem einzelnen Kapitalisten gegenüber als äußerliches
Zwangsgesetz geltend"(3). D.h.: "Die bei der Teilung der Arbeit im Innern
der Werkstatt a priori und planmäßig befolgte Regel wirkt bei
der Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft nur a posteriori als
innere, stumme, im Barometerwechsel der Marktpreise wahrnehmbare, die regellose
Willkür der Warenproduzenten überwältigende Naturnotwendigkeit
(die als 'zweite Natur', als 'gesellschaftliche Naturgesetze' in Erscheinung
tritt, d. V.). Die manufakturmäßige Teilung der Arbeit (die
Arbeitsteilung innerhalb der Fabrik, d.V.) unterstellt die unbedingte Autorität
des Kapitalisten über Menschen, die bloße Glieder eines ihm
gehörigen Gesamtmechanismus bilden; die gesellschaftliche Teilung
der Arbeit stellt unabhängige Warenproduzenten einander gegenüber,
die keine andere Autorität anerkennen als die der Konkurrenz, den
Zwang, den der Druck ihrer wechselseitigen Interessen auf sie ausübt,
wie auch im Tierreich das bellum omnium contra omnes (der Krieg aller gegen
alle, d.V.) die Existenzbedingungen aller Arten mehr oder minder enthält"(4).
Formale Rationalität, geplante Effektivierung und Verwissenschaftlichung
der Produktion und Entfaltung der produktiven Fähigkeiten der Menschen
im Einzelbetrieb und gesamtgesellschaftliche Planlosigkeit und Regulierung
über den Markt im nachhinein stehen nicht in einem äußeren,
sondern einem inneren notwendigen Widerspruch, dessen Seiten oder Momente
sich gegenseitig bedingen. Die vorher nicht gekannte Dynamik und ständige
Umwälzung der Produktion und ihrer Bedingungen entspringt gerade der
Notwendigkeit für den Einzelbetrieb, im Konkurrenzkampf zu überleben
und sich durchzusetzen. Die von Weber konstatierte innerbetriebliche Rationalität
erfolgt auf der Folie der von Marx analysierten äußeren Zwangsgesetze
des Marktes.
II. Wissenschaft, Produktionsweise und Technologie
1. Die neuzeitliche Wissenschaft
MAX SCHELER hat die Naturwissenschaft als "Kind der Vermählung
von Philosophie und Arbeitserfahrung" bezeichnet(5). Das neuzeitliche Wissenschaftsbewußtsein
wird durch die Verbindung von drei reflexiven Momenten - Gesetz, Experiment,
Fortschritt - geprägt: Seit der Spätrenaissance wird sich der
Mensch darüber klar, daß er selbst die gesellschaftlichen Fortschritte
hervorgebracht hat, wie er sie gestalten und fortsetzen kann. "Das Bewußtsein
der Innovationsfähigkeit des Menschen und die Bewertung der Innovation
als Fortschritt ist die grundlegende und allgemeine reflexive Thematisierung
zu Beginn der Neuzeit"(6). Diese Vorstellung erhält ihre Grundlage,
ihre eigene Methode im Experiment(7). Einzelne Gesetzeserkenntnisse kombinieren
sich allmählich zu zweckmäßigen Verfahren.
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"Die Überzeugung von der Gesetzmäßigkeit der Natur
macht diese Einheitlichkeit VORWEG zum Prinzip; das moderne Bewußtsein
stellt diese Einheit THEORETISCH her"(8). Wie WOLFGANG KROHN gezeigt hat,
bleibt die Definition von Wissenschaft ein Desiderat der Wissenschaftssoziologie.
Er arbeitet drei soziologische Definitionsgesichtspunkte heraus(9):
a) "Wissenschaftliche Innovationen des Westens": Die neuzeitliche Wissenschaft
als kulturelle Innovation wird als Bestandteil des sozialkulturellen Wandlungsprozesses
in die Gesellschaft integriert.
b) "Die Institutionalisierung der Wissenschaft": Erst im 17. Jahrhundert
kommt es zur "sozialen Stabilisierung" der Wissenschaft durch die Akademiegründungen
im Absolutismus.
c) "Die gesellschaftliche Definition legitimer Wissenschaft": Die Institutionalisierung
der Wissenschaft drückt gleichzeitig einen Kompromiß mit den
herrschenden Gewalten aus(10). WOLFGANG BÜCHEL bezeichnet die gesellschaftlichen
Kräfte, die die neuzeitliche Naturwissenschaft konstituieren(11):
a) Der Humanismus: Herausbildung einer an weltlicher Bildung interessierten
Gelehrtenschicht im 14. Jahrhundert in den italienischen Städten(12).
b) Der Frühkapitalismus: Handel und Messewesen bringen im 13.
Jahrhundert in Italien - dem Durchgangsland des Handels zwischen Orient
und Okzident - kapitalistische Wirtschaftsformen hervor, die die Naturwissenschaft
stimulieren(13).
c) Die Künstler-Ingenieure: "Sie erwuchsen aus den Leuten, die
sich den Zwängen der Zünfte entwunden hatten und, angestachelt
durch den wirtschaftlichen Wettbewerb, Kanonen, Papier-, Draht-, Brechmühlen
und Hochöfen konstruierten und maschinelle Vorrichtungen in den Bergbau
einführten. Sie waren in Personalunion Künstler, Architekten
und (Militär) Techniker"(14). Hat die moderne Naturwissenschaft wesentliche
Impulse von handwerklich-technischen Fragestellungen erhalten, so hat umgekehrt
die Naturwissenschaft bis weit ins 19. Jahrhundert hinein die technologische
Entwicklung kaum gefördert.
Erst die industrielle Massenproduktion erforderte die Anwendung wissenschaftlicher
Methoden(15).
2. Entwicklung der Produktion und Technologie(16)
Ausgangspunkt der modernen Produktion und Technologie ist das mittelalterliche
Handwerk. Es ist durch qualifizierte Handarbeit des Meisters und seiner
Gesellen, durch dezentralisierte Produktion in der eigenen Werkstatt ("Hauswerk")
und dezentralisierten Absatz durch Kundenbestellungen geprägt. Das
Handwerk bleibt als feudal geprägte Produktionsform in die Zunft eingebunden,
die Charakter, Umfang und Qualität der Produktion und der Produkte
vorschreibt. Das Eindringen des Handelskapitals in die Produktion schafft,
auf der Grundlage der Hausindustrie, das Verlagssystem. Die Handwerker
produzieren in ihren eigenen Werkstätten und liefern die Produkte
an den Verleger: die
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Produktion bleibt weiterhin dezentralisiert, der Absatz wird zentralisiert.
"Der Kaufmann bringt mittels seiner finanziellen Überlegenheit den
wirtschaftlich schwachen Lieferanten in ein immer fester werdendes Abhängigkeitsverhältnis.
Er leistet ihm Vorschüsse an Geld, an Rohstoffen, ja Arbeitswerkzeugen,
und bestimmt zugleich mehr und mehr Richtung, Umfang und Umstände
der handwerklichen Produktion"(17). Der Handwerker bleibt nur formell
selbständig und wird faktisch zum Lohnarbeiter. Der nächste logische
Schritt ist dann die Zusammenfassung der abhängig gewordenen Handwerker
in einem Raum, während der Kapitalist als Unternehmer die Produktionsleitung
übernimmt. In der Manufaktur ist nun auch die Produktion zentralisiert(18).
Hier kommt es auch zur endgültigen Trennung von Werkstatt und Haushalt.
In der HETEROGENEN Manufaktur werden Einzelteile selbständig produziert
und zusammengesetzt (wie in der Uhrenproduktion), in der ORGANISCHEN Manufaktur
wird das Produkt arbeitsteilig hergestellt (wie in der Nadelproduktion).
In der Manufaktur wird die Arbeitsteilung soweit vorangetrieben, daß
ein Übergang zur maschinellen Produktion möglich wird. Die industrielle
Produktion tritt an ihre Stelle, wobei unter Industrialisierung der "Übergang
von der handarbeits-
orientierten zur maschinenorientierten Tätigkeit" (HENNING) verstanden
wird.
Auf dieser neuen Grundlage wird die Arbeitsteilung und die Umwälzung
der Tätigkeitsformen beschleunigt vorangetrieben. MARX hat den qualitativen
Unterschied der neuen Produktionsweise gegenüber der handwerklichen
und manufakturellen klar herausgearbeitet: "In Manufaktur und Handwerk
bedient sich der Arbeiter des Werkzeugs, in der Fabrik dient er der Maschine.
Dort geht von ihm die Bewegung des Arbeitsmittels aus, dessen Bewegung
er hier zu folgen hat. In der Manufaktur bilden die Arbeiter Glieder eines
lebendigen Mechanismus. In der Fabrik existiert ein toter Mechanismus unabhängig
von ihnen, und sie werden ihm als lebendige Anhängsel einverleibt".
Und: "Die Maschinerie ... funktioniert nur in der Hand unmittelbar vergesellschafteter
oder gemeinsamer Arbeit. Der kooperative Charakter des Arbeitsprozesses
wird jetzt also durch die Natur des Arbeitsmittels selbst diktierte technische
Notwendigkeit"(19).
RAMMERT unterscheidet drei Formen von Rationalisierung auf der Grundlage
des Industriebetriebs(20):
1. Die formale Organisierung legt die standardisierten Arbeitsanforderungen
im Sinne des vorgegebenen Betriebsziels fest, was funktionale Arbeitsteilung
und hierarchische Stufung der Arbeitsorganisation umfaßt, im Sinne
von "Auslese und Anpassung, Kooperation und Kontrolle der Arbeitskräfte".
2. Die Technisierung, also Rationalisierung der Arbeitsmittel und -gegenstände,
im Sinne einer verstärkten Ersetzung menschlicher Arbeitsfunktionen
durch Maschinen und technische Vorrichtungen zwecks Steigerung der Arbeitsproduktivität.
3. Verwissenschaftlichung als Erhöhung des verfügbaren Wissenspotentials
über den Produktionsprozeß durch Methoden wissenschaftlicher
Informationsgewinnung und Datenverarbeitung.
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3. Verwissenschaftlichung der Produktion
Erst mit der Durchsetzung der mechanisierten Massenproduktion wird die
Verwissenschaftlichung der Produktion zur Notwendigkeit. Wissenschaftliches
Wissen tritt an die Stelle rational-handwerklichen Wissens. "Das rationale
Verfahren ist ebenso charakteristisch für den Frühkapitalismus,
wie das wissenschaftliche Verfahren für den Hochkapitalismus" (SOMBART)(21).
Erst jetzt entstehen neue Produktionszweige auf wissenschaftlicher Grundlage
und ihrer technologischen Anwendung, wird naturwissenschaftliche Forschung
zur Basis neuer Industrien(22).
Doch es findet nicht nur eine Anwendung der Wissenschaft auf die Industrie
statt, sondern auch eine Industrialisierung der wissenschaftlichen Arbeit.
Wurden im 19. Jahrhundert die meisten Erfindungen von Einzelforschern an
Hochschulen oder im Privatbereich gemacht, so dominiert heute das industrieeigene
Forschungslabor. So stieg in den USA die Zahl der industriellen Forschungs-
und Entwicklungslabors von 1910: ca. 100 auf 1960: 5400 an(23). Der geistige
Arbeitsprozeß wird so betriebsmäßig organisiert und in
Funktionsbereiche aufgegliedert. So etwa in Grundlagen- Anwendungs-, Entwicklungs-
und Konstruktionsforschung zerlegt. Die Verwissenschaftlichung der Arbeit
drückt sich nicht nur in der Ersetzung der praktischen Handwerker-
und Ingenieurserfahrung durch Planung wissenschaftlicher Verfahren in Forschungs-
und Entwicklungsinstituten aus, sondern auch zunehmend in der Wissensverarbeitung
als organisierter Verwaltungs- und Planungsarbeit. "Da das Steuerungs-
und Kontrollwissen für die ökonomische Position des Unternehmens
gegenüber seinen Marktkonkurrenten und für die interne Machtstellung
des Managements gegenüber den Beschäftigten zunehmende Bedeutung
gewinnt, wird die INFORMATISIERUNG DER WISSENSVERARBEITUNG zu einer unternehmerischen
Strategie, sich das lebendige Wissen der Arbeitenden anzueignen und die
Erfahrungen und das Gedächtnis einzelner Individuen durch wissenschaftlich
verkodete Informationen zu ersetzen, die sich zentral speichern und kontrolliert
verteilen lassen"(24). Die Zentralisierung des Wissens durch die moderne
Informationstechnologie ermöglicht dem Management eine Informationshierarchisierung,
die die bestehende Trennung von planender, steuernder und kontrollierender
sowie ausführender Tätigkeit zementiert und verstärkt.
III. Technologie, Wissenschaft und abhängig Beschäftigte
Voraussetzung für die Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise
sind die Anhäufung von Kapitalfonds, die produktiv eingesetzt werden
können und der im Doppelsinn "freie Lohnarbeiter", der, im Gegensatz
zum feudal abhängigen leibeigenen Bauern, persönlich frei, Besitzer
seiner eigenen Arbeitskraft, seines Arbeitsvermögens ist, andererseits
aber auch von eigenen Produktionsmitteln "befreit" gezwungen ist, seine
Arbeitskraft auf dem Markt als Ware anzubieten. MARX hat diesen mehrere
Jahrhunderte dau-
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ernden Prozeß der Herausbildung des "freien Lohnarbeiters" am
Beispiel Englands beschrieben(25). Auch WEBER nennt neben "Marktfreiheit",
"rationaler, d.h. im Höchstmaß berechenbarer und daher mechanisierter
Technik", "rationalem Recht" und "Kommerzialisierung der Wirtschaft" vor
allem "Appropriation (Aneignung, d.V.) aller sachlichen Beschaffungsmittel
(Grund und Boden, Apparate, Maschinen, Werkzeuge usw.) als freies Eigentum
an autonome private Erwerbsunternehmungen" und "freie Arbeit, d.h., daß
Personen vorhanden sind, die nicht nur rechtlich in der Lage, sondern auch
wirtschaftlich genötigt sind, ihre Arbeitskraft frei auf dem Markt
zu verkaufen" als Voraussetzungen des Kapitalismus(26).
1. Technologischer Wandel, Arbeitsplatzstruktur und Lohnarbeit
Die Stimulanz der kapitalistischen Produktion ist die Gewinnerwirtschaftung.
Es geht also um die Verwertung von Kapital, das zum Subjekt dieser Produktionsweise
wird (s.o. Einleitung). Es setzt somit in seinem "Akkumulationsprozeß"
auch die Arbeitsbedingungen, die es permanent umgestaltet und weiterentwickelt
und damit auch die verschiedenen Kategorien von Arbeitern. Das bedeutet
Entwicklung von Qualifikationen und Dequalifikationen, die Entstehung neuer
und das Verschwinden alter Berufe. Die sich wandelnde Arbeitsteilung und
Kooperation der Arbeitenden bietet so die Grundlage ihrer Stratifizierung
(Schichtung), Spezialisierung und Professionalisierung im Betrieb. Kam
es im Zuge der industriellen Revolution zu einer Nivellierung und Angleichung
der Tätigkeit und Qualifikation, was sich, insbesondere in der Textilindustrie,
im massiven Einsatz von Frauen- und Kinderarbeit niederschlug, so setzte
sich mit der Ausweitung und Differenzierung der Produktion auch eine Hierarchisierung
der Arbeit und des Wissens durch: gelernte Facharbeiter, angelernte und
ungelernte Arbeiter. In der Industriesoziologie wird der Zusammenhang von
technischer Entwicklung und industrieller Arbeit idealtypisch in einem
"Drei-Phasen-Schema" zusammengefaßt(27): Die 1. Phase der "handwerklichen
Produktion" ist geprägt durch den idealisierten Facharbeiter, d.h.
hochqualifizierte Werkzeug- und Maschinenbedienung, hohe Autonomie und
Dispositionsspielräume, vielfältige soziale Interaktion und informelle
Kommunikationsmöglichkeiten. Die 2. Phase der "Maschinen- und Fließbandproduktion"
setzt den umfassenden Maschineneinsatz und arbeitsorganisatorische Rationalisierung
durch. D.h. die immer weiter getriebene Zerlegung des Arbeitsprozesses
reduziert die Tätigkeit der Maschinen- und Fließbandarbeiter
auf immer wiederkehrende und routinisierte Handgriffe (repetitive Teilarbeit),
bewirkt geringe Qualifikation, hohe physische und psychische Belastung
und kaum Möglichkeit von sozialer Interaktion und Kommunikation. Die
3. Phase der "automatisierten Produktion" substituiert menschliche Arbeitskraft
durch die Einführung teil- oder vollautomatisierter Maschinensysteme,
d.h. die menschliche Tätigkeit konzentriert sich auf Kontrolle, Überwachung,
Wartung und Instandhaltung der Produktion, was relativ hohe Qualifikation
(wenn auch meist kompli
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zierte Angelerntenfunktionen), geringe physische und hohe nervliche
Belastung bei guter Regenerations- und Kommunikationsmöglichkeit bedeutet.
Im Störfall ist der Dispositionsspielraum zwar gering, bei der Überwachungstätigkeit
der Autonomiegrad der Arbeit aber groß. KERN und SCHAUER arbeiten
1978 drei Tendenzen der weiteren Rationalisierung in der Metallindustrie
heraus(28):
1. Mechanisierung und Effektivierung vorhandener Einrichtungen
2. Weiterentwicklung von elektronischen Bauelementen
3. Spezielle Rationalisierungsverfahren in der Kleinserienfertigung.
Aus der Sicht der Arbeitsanforderungen sind eine allgemeine Tendenz
zur Polarisierung der fachlich-technischen Anforderungen im Sinne von Höherqualifizierung
in den der Produktion vor-, neben- und nachgelagerten Bereichen (kleine
Gruppe) und Dequalifizierung in der Produktion, d.h. Herabsinken auf Angelerntentätigkeiten
(größere Gruppe) festzustellen (s.u.).
Mit der Entfaltung der industriellen Produktion nimmt seit den 80er
Jahren des 19. Jahrhunderts (Großindustrie, Monopolbildung) auch
die Büroarbeit im kaufmännischen, technischen und verwaltenden
Sektor des Betriebs zu, was auch zu einem raschen quantitativen Anwachsen
der abhängig Beschäftigten, d.h. der Angestellten führt(29).
Auch diese Tätigkeit ist der Technisierung und Mechanisierung unterworfen.
Historisch bilden sich, wie BAHRDT gezeigt hat(30)
, das "Fabrikkontor"
(Aufstiegsmöglichkeiten und geringe Delegation von Unternehmerfunktionen),
das "Vorzimmerbüro", das parallel zum industriellen Großbetrieb
entsteht (den Teilbereichen der Leitung, Organisation und Verwaltung zugeordnet;
gewisse Arbeitsteilung nach den Fachbereichen; beginnende Technisierung
und Feminisierung; Entstehung der besonderen Schicht der Büroangestellten)
und das "Großbüro" heraus (Routinisierte Tätigkeit in Bürosälen;
Einsatz einfacher und entwickelter Büromaschinen und differenzierte
Arbeitsteilung; restriktive Tätigkeit bei geringer Qualifikation).
Nach BRAUN(31)
lassen sich drei Phasen der Technisierung der Büroarbeit
unterscheiden:
1. Die "instrumentale" Phase als Vereinfachung und Effektivierung der
routinemäßigen Arbeiten durch Einsatz einfacher Büromaschinen
(Schreib-, Rechen- und Vervielfältigungsmaschinen);
2. die Phase der "Büromaschinen" im Sinne einer Rationalisierung
komplexerer Büroarbeit und Arbeitsteilung nach Erfordernissen dieser
Maschinerie (Buchungsmaschinen, einfache Lochkarten- und Hollerithmaschinen);
3. die Phase der "automatischen und elektronischen Datenverarbeitung"
führt zur Technisierung ganzer Bürokomplexe und erfaßt
auch die mittleren und höheren Qualifikationen.
2. Verwissenschaftlichung der Produktion als Taylorismus
Arbeits- und Zeitdisziplin der Beschäftigten ist eine wesentliche
Voraussetzung für die
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Kontinuität und Berechenbarkeit der Kapitalverwertung, wobei die
Kontrolle immer stärker von der persönlichen Beaufsichtigung
hin zu ihrer Integration in die Technologie und Arbeitsorganisation verlagert
wird. Der amerikanische Ingenieur F.W. TAYLOR hat die verschiedenen Methoden
der organisatorischen Rationalisierung zum System der "wissenschaftlichen
Betriebsführung" zusammengefaßt(32)
. RAMMERT konstatiert: "Trotz
vieler Kritiken und Verbesserungen durch die modernen Arbeitswissenschaften
... sind die Zwecksetzungen und Prinzipien Taylors auch für die heutige
Unternehmenspraxis der Arbeits- und Betriebsrationalisierung richtungweisend"(33).
Die Bedeutung liegt eben darin, daß die organisatorische Rationalisierung
vorrangig ein Instrument der Rentabilitätssteigerung bleibt. TAYLOR
hat die vier Prinzipien der "methodischen Betriebsführung" am Beispiel
der Maurertätigkeit herausgearbeitet(34):
1. "den Aufbau der Wissenschaft des Mauerns mit festen Regeln für
jede Bewegung jeden Arbeiters sowie der zweckmäßigsten Vervollkommnung
und Normalisierung aller Arbeitsgeräte und Arbeitsbedingungen".
2. "Der sorgfältigen Auswahl der geeigneten Leute und der darauffolgenden
Erziehung sowie der Ausschaltung aller jener Leute, denen der gute Wille
oder die Fähigkeit fehlt...".
3. "Der Herbeiführung einer bestimmten Beziehung zwischen den
geeigneten Arbeitern und der Wissenschaft durch dauernde Nachhilfe und
Überwachung seitens der Betriebsleitung...".
4. "Einer fast gleichen Verteilung der Arbeit und der Verantwortung
zwischen Arbeiter und Leitung".
Die Verfeinerung und Ergänzung der Taylorschen Prinzipien führt
zu einer "Kontrollstruktur": "Kontrolle über die räumlich-zeitliche
Dimension der Arbeitsverausgabung" (Festlegung des Ablaufs und Standardisierung
der Bewegungen und Zeiten); "Kontrolle über den fachlich-qualifikatorischen
Aspekt des Arbeitsprozesses" (Rekrutierung spezifisch geeigneter Arbeitskräfte
und Anlernung); "Kontrolle über den arbeitswirtschaftlichen Aspekt
des Lohn-Leistungs-Verhältnisses" (Leistungsabgabesteuerung durch
Pensumvorgabe und Lohnanreizsysteme) und "Kontrolle über die Quellen
der politischen Gegenmachtbildung" (durch Aneignung des Arbeits- und Organisationswissens
und ihrer zentralen Steuerung und Koordination durch die Unternehmensleitung)(35).
3. Die neue Qualität von Automation und Rationalisierung heute
und ihre Auswirkungen
U. BRIEFS hat in einer zusammenfassenden Darstellung gezeigt, daß
die mit Mikroelektronik, EDV und Kommunikationstechnologie umschriebenen
neuen Formen von Technologie und Organisation zu einer neuen Qualität
von Automation und Rationalisierung geführt haben(36). Diese Tendenz
läßt sich an Indikatoren des "technischen Wandels" von 45 Sektoren
der industriellen Produktion (außer Bau- und Energiewirtschaft) aufzeigen.
Im Zeitraum von 1970-1977 erhöhte sich die Nettoproduktion um 13,5
Prozent, das Be-
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schäftigungsvolumen (Zahl der Beschäftigten multipliziert
mit der Arbeitszeit) verminderte sich um 21,3 Prozent; darin drückt
sich das Absinken der Beschäftigtenzahlen um 14,5 Prozent (1,246 Millionen
Personen) aus. Der potentielle Kapitalkoeffizient dagegen (Kapitaleinsatz
je produzierte Einheit) erhöhte sich um 7,1 Prozent, die Produktivität
pro Stunde stieg um 44,3 Prozent. Im Bereich der Büro- und Datenverarbeitungsmaschinen
stieg im gleichen Zeitraum die Nettoproduktion um 48,9 Prozent, die Beschäftigtenzahlen
sanken um 25,8 Prozent, das Beschäftigungsvolumen um 27,5 Prozent,
die Produktivität pro Stunde stieg um 105,5 Prozent, der potentielle
Kapitalkoeffizient sank um 16,3 Prozent(37). FRIEDRICHS sieht in der Mikroelektronik
die "Schlüsseltechnologie unseres Jahrzehnts": Die Möglichkeit
ihrer Anwendung ist so vielfältig, daß alle Bereiche der Ökonomie
und Gesellschaft in irgendeiner Form betroffen werden; der Preisverfall
erfolgt so extrem, daß eine rasche Verbreitung zu erwarten ist (in
den frühen 60er Jahren kostete eine Transistorfunktion 100 Pf., heute
nur noch 0,1 Pf.). Viele Typen des "technischen Wandels" sind in gleicher
Weise kapital- und arbeitssparend (Datenverarbeitung, Textverarbeitung,
numerisch gesteuerte Maschinen, Industrieroboter, computergestützte
Fabrikation, computergestütztes Konstruieren u.a. werden wesentlich
billiger werden); war in der Vergangenheit die Au-
tomation auf Massenproduktion beschränkt, so werden in Zukunft
mikroelektronische Kontroll- und Steuergeräte einen hohen Grad von
Elastizität für automatische Produktion in Klein- und mittelgroßen
Serien und in kleinen Produktionsstätten ermöglichen. In der
Vergangenheit konzentrierte sich "technischer Wandel" auf die Produktion,
in Zukunft wird die Mikroelektronik auch eine wichtige Rolle in privaten
und öffentlichen Verwaltungen und innerhalb der Dienstleistungen spielen(38).
Die Elektronische Datenverarbeitung (EDV) zeichnet sich aus durch eine
hohe Rechenund Verarbeitungsgeschwindigkeit, durch Erfassung, Verarbeitung
und Speicherung sehr großer Datenmengen, durch die Möglichkeit,
Daten und Informationen entsprechend den Notwendigkeiten der jeweiligen
Arbeitsprozesse gezielt zu erfassen, zu kombinieren, zu verarbeiten und
zu speichern, weiter durch die Möglichkeit, Daten und Informationen
über große Entfernungen zu transportieren und zu verarbeiten,
ferner durch die Möglichkeit, im Zusammenhang mit Telekommunikation
und anderen Technologien komplexe Informationssysteme, Datenbanken, Netzwerke
von Computern u.a. Informationsverarbeitungsgeräten usw. aufzubauen
(auch die DV-Geräte verbilligen sich weiter: von 1970 bis 1978 sank
der Preisindex von 100 auf 82,6 Punkte). Die neuen Technologien bilden
tendenziell eine komplexe Infrastruktur aus: Die INTEGRATION von unterschiedlichen
technischen Systemen wie EDV, Werkzeugmaschinen, Geräten zur Nachrichtenübermittlung,
Bürotechnologien etc. führt mehr und mehr zu teil- und schließlich
zu vollautomatischen Gesamtprozessen, die als einheitliche Gebilde zu steuern
und zu kontrollieren sind: Die Bildung von komplexen HIERARCHIEN von Systemkomponenten,
d.h. eine Zentralanlage steuert mehrere andere Computer, von denen wiederum
größere Zahlen von Geräten an den einzelnen Arbeitsplätzen
gesteuert werden. BRIEFS verweist darauf, daß zwar einer-
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seits am Arbeitsplatz mehr maschinenunterstützte Verarbeitungskapazität,
mehr Zugang zu gespeichertem Wissen, mehr Möglichkeiten zum planmäßigen
Umgang mit Arbeitsobjekten zur Verfügung gestellt werden, andererseits
aber gleichzeitig die Verhältnisse in den Betrieben im Interesse der
Betriebsleitungen neu durchdacht, gestaltet und strukturiert werden (Einerseits
Einsatz von zahlreichen spezialisierten kleinen Geräten - Mikrocomputer
- für die Automation in Betrieb und Büro, andererseits Entfaltung
flächendeckender Computernetze).
BRIEFS hat die sozialen Auswirkungen der Durchsetzung der neuen Technologien
herausgearbeitet:
a) MASSENARBEITSLOSIGKEIT: In den nächsten 10 bis 15 Jahren werden
10 Millionen, d.h. die Hälfte aller Arbeitsplätze erfaßt.
Es wird geschätzt, daß 30 Prozent aller Arbeitsplätze der
Banken und Versicherungen wegfallen und 25 Prozent aller Arbeitsplätze
im Einzelhandel. Im Öffentlichen Dienst können - laut Siemensstudie
- 72 Prozent aller Tätigkeiten formalisiert und 38 Prozent automatisiert
werden. Die IBM schätzt, daß allein von der Ausbreitung der
CAD/CAM-Systeme 1,1 Millionen Arbeitsplätze in der Bundesrepublik
Deutschland betroffen werden. Im gewerblichen Bereich sind allein 700.000
Arbeitsplätze durch den Einsatz von Mikroprozessoren und Mikrocomputern
bedroht.
b) AUSWIRKUNGEN AUF DIE QUALIFIKATIONS- UND ARBEITSBEDINGUNGEN: 1.
Polarisierung der Qualifikationen: Auf der einen Seite werden kleine Gruppen
im Sinne besserer Qualifikationen und Entfaltungsmöglichkeiten begünstigt.
EDV-Spezialisten, technische und kaufmännische Fachkräfte oft
mit Doppelqualifikation, vielfach mit Hochschulausbildung, Organisationsfachkräfte
und "Berater", Teile des Managements und der Stabsspezialisten, Teile der
Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, Dokumentationsspezialisten u.a.
Allerdings sind diese Positionen einem verstärkten Qualifikationsdruck
ausgesetzt. Auf der anderen Seite werden große Teile der Beschäftigten
dequalifiziert, ihre Kenntnisse und Erfahrungen werden entwertet. Die traditionellen
qualifizierten Sachbearbeiter werden zu Bürohilfsarbeitern, die Facharbeiter
zu Angelernten. 2. Verschärfung der Arbeitsbedingungen: Die Anwendung
der analytischen Arbeitsplatzbewertung, wie MTM-Verfahren u.a., und die
darauf aufbauenden Organisationsanalysen führen zur Bürokratisierung
und Routinisierung der Tätigkeiten, die Zerstückelung zur repetitiven
Teilarbeit mit der allgemeinen Auswirkung einer Intensivierung der Arbeit.
c) VERSCHÄRFTE ÜBERWACHUNG UND KONTROLLE IN BETRIEB UND BÜRO:
1. Kontrolle durch die Steuerungssysteme der Datenverarbeitung. Die Erfassung
der Arbeitsplätze durch die Netzwerke aus Computern, Bildschirmgeräten
und anderen Terminals machen die jeweilige Tätigkeit transparent und
kontrollierbar, etwa durch "Buch führen" der einzelnen Tätigkeiten
am Bildschirm. 2. Kontrolle durch Personal-Informations-Systeme. Die bisher
entwickelten Systeme können mehr als tausend Informationen je Beschäftigten
erfassen und damit ein bisher nicht vorstellbares Maß von Kontrolle
erreichen. D.h. es wird neben dem Leistungsverhalten im Betrieb auch ansatzweise
das außerbetriebliche
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Verhalten der Beschäftigten erfaßt. Insbesondere die Personaleinsatzplanung
wird durch die Erstellung der individuellen Leistungs- und Persönlichkeitsprofile
effektiviert. 3. Kontrolle im Zuge der wissenschaftlichen Rationalisierung:
Methoden mathematischer Programmierung und Simulation eröffnen neue
wissenschaftliche Rationalisierungsmöglichkeiten. So werden aus den
Informationssystemen die Ausgangsinformationen für Planungen und Rationalisierungskonzepte
bereitgestellt und computergestützte Modelle und Rechenverfahren dienen
der Durchführung und Durchrechnung der Planung selbst(39).
d) VERÄNDERUNG DES GRUNDCHARAKTERS DER ARBEIT: Neben der schon
genannten dauerhaften und massenhaften Arbeitslosigkeit, der Beschäftigungsunsicherheit
und Existenzbedrohung kommt es zur Zersetzung der traditionellen Vorstellungen
über den Beruf, d.h. Sinn und Perspektive der Arbeit wird zunehmend
in Frage gestellt, der Job und die Beschäftigung unter der eigenen
Qualifikation setzt sich durch. Die aktiven und gestaltenden Momente der
Arbeit werden zugunsten passiver Anforderungen zurückgedrängt.
Die traditionelle Bindung an die Arbeit und ihre Inhalte (und die damit
verbundene Selbstbestätigung) bei Facharbeitern und angestellten Sachbearbeitern
löst sich auf. Die Spannungen zwischen den von dieser Entwicklung
Begünstigten und der Mehrzahl der negativ Betroffenen steigen. Die
Atomisierung der Beschäftigung durch den Kommunikationsverlust in
der Arbeit bzw. durch den Trend hin zur technisch vermittelten Kommunikation
verschärft die negative Entwicklung. "Die Zerstörung vieler traditioneller
Qualifikationen und möglicherweise des traditionellen Berufs- und
Qualifikationsbegriffs überhaupt führt nicht zur Bildung eines
neuen Qualifikationsbegriffs, sondern setzt an dessen Stelle ein Sammelsurium
von Fähigkeiten und Kenntnissen, das gerade nicht die Herausbildung
eines besseren Gesamtverständnisses und einer verbesserten Gesamtfähigkeit
der Beschäftigten zur aktiven Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt
ermöglicht"(40).
Es bleibt die Frage, ob in dem hier skizzierten Prozeß nicht
auch Ansätze für neue, höherwertige Qualifikationen - über
den kleinen privilegierten Stamm hinaus - geschaffen werden. BRIEFS bejaht
das als Möglichkeit; im Gegensatz zu den benannten sozialen Auswirkungen
gebe es auch Tendenzen, die auf die Schaffung und Weiterentwicklung neuer
Qualifikationen verweisen. Die schon benannten "Doppelqualifikationen",
also die Verbindung von Kenntnissen über die Produktions- und Verwaltungsprozesse
mit Kenntnissen über die informationstechnologischen Systeme, könnten
auf alle Beschäftigten ausgedehnt werden. Ein breites Wissen über
die neuen Technologien könnte vermittelt werden. BRIEFS fragt: "Wäre
es nicht möglich, auf diesem Wege einen Massenprozeß der ständigen
Erneuerung und Verbesserung der Produktionsbedingungen durch die Beschäftigten
selbst in ihrem eigenen Interesse entstehen zu lassen, einen Prozeß,
der zugleich die gewaltigen schöpferischen Kräfte der Massen
mobilisieren und ihnen Möglichkeiten für eine vielseitige Entfaltung
in der Arbeit geben würde?" Könnte nicht die "Universalität
und Komplexität" der neuen Technologien mit einer Vermittlung von
ebenso komplexen und universalen Kenntnissen korrespondieren? Doch die
bezeichneten Möglichkeiten werden sich,
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so BRIEFS, unter den bestehenden gesellschaftlich-ökonomischen
Verhältnissen kaum verwirklichen können: "Tatsachlich bilden
sich quer zur vorherrschenden Tendenz der Entwertung menschlicher Arbeit
gewisse Hinweise für neue Qualifikationselemente und neue Herausforderungen
für die Entwicklung und Ausbreitung von besseren Formen menschlicher
Beherrschung der neuen Technologien heraus. Diese werden jedoch unter den
gegebenen Bedingungen der chaotischen kapitalistischen Produktionsweise
nur partiell, fragmentarisch, ohne ganzheitlichen Charakter und ohne innere
Logik entwickelt. Die positiven Tendenzen werden nur unzureichend genutzt,
sie werden vergeben, deformiert oder sogar pervertiert"(41).
Exkurs: Zur "Humanisierung der Arbeit"(42)
In der Diskussion um eine Humanisierung der Arbeit geht es um eine Verbesserung,
eine Vermenschlichung der Arbeitsbedingungen. Hier drückt sich, wie
WIENDIECK betont, die "Diskrepanz zwischen Arbeitsrealität und Arbeitshoffnung"(43)
aus. Die Ansprüche an eine humanere Arbeit beziehen sich allgemein
auf vier Ebenen:
1. Konkrete Bedingungen am Arbeitsplatz (Belastung, Handlungsspielraum,
Unfallgefahr, Arbeitstempo usw.); 2. Situation in der Institution und dem
Herrschaftsverband Betrieb (Kooperationsmöglichkeiten, Herrschaftsverhältnisse,
Anerkennung und Aufstiegsmöglichkeiten, Betriebsklima usw.); 3. Lage
der abhängig Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt (Betriebsbindung,
berufliche Karrieremöglichkeiten, Bedeutung sozialer Merkmale wie
Alter, Geschlecht, Nationalität usw.); und 4. Einfluß von Arbeitsbedingungen
auf die Freizeit (etwa Bedeutung von Arbeitszeitregelung und Arbeitsbelastungen
auf die Möglichkeiten von Freizeitgestaltung).
Der verschärfte betriebliche Rationalisierungsdruck hat die Diskussion
vor allem auf die erste Ebene bezogen. Das 1974 angelaufene Forschungsprogramm
"Humanisierung der Arbeitswelt" der Bundesregierung ist aus der Sicht der
Gewerkschaften letztlich gescheitert. Während die Unternehmerverbände
eine mangelnde wirtschaftliche Rationalität des Programms kritisieren,
verweisen die Gewerkschaften auf seine mangelnde Umsetzungskapazität:
die "Humanisierung" erscheint als "Fortsetzung der Rationalisierung mit
anderen Mitteln".
Die "Humanisierung der Arbeit" bleibt letztlich ein Nebenprodukt der
technologischen Entwicklung. Etwa dort, wo die Zerstückelung der Arbeit
so weit vorangetrieben wurde, daß eine weitere Steigerung der Arbeitsproduktivität
und -effektivierung nicht mehr möglich war, wird auf Methoden der
Ausweitung und Anreicherung der Tätigkeit oder Gruppenarbeit zurückgegriffen.
(So beim Paradebeispiel Volvo.) Typen solcher neuen Formen von Arbeitsorganisation
sind: 1."Job-Rotation": Arbeitsplatzwechsel durch systematisches Rotieren;
2. "Job-Enlargement": Vergrößerung der individuellen Arbeitsaufgaben
am Arbeitsplatz; 3. "Job-Enrichment": Vergrößerung der individuellen
Arbeitsaufgaben und ihre Verselbstän-
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digung; 4."Teilautonome Gruppen": Übertragung von Entscheidungen
in die Kompetenz der zuständigen Gruppe.(44)
IV. Formen der Qualifikation
Der Arbeitende muß, um den Anforderungen eines spezifischen Arbeitsplatzes
nachkommen zu können, eine entsprechende Qualifikation besitzen, eben
die hier geforderten Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Zwar
ist die jeweilige Qualifikation formal durch den Berufsbildungsabschluß
bestimmt, doch konkret wird sie vielfach durch betriebsspezifische Qualifizierung
und Berufserfahrung ergänzt und modifiziert. Die Qualifikationsanforderungen
eines bestimmten Arbeitsplatzes hängen von den arbeitsorganisatorisch
zugeordneten Teilfunktionen, d.h. dem Grad der Arbeitszerlegung und von
der Art der Arbeitsmittelausstattung, d.h. dem Grad der Mechanisierung
ab. SCHUMM unterscheidet zwischen beruflichfachlichen und normativen Qualifikationen.(45)
Die technisch-organisatorischen Qualifikationen umfassen drei zusammenhängende
Ebenen:
1. Anforderungen an "sensumotorisches Verhalten" (präziser Umgang
mit Werkzeugen, Bewegungssicherheit, Fingerfertigkeit);
2. Anforderungen an "perzeptiv-routinisiertes Verhalten" (Materialgefühl,
Sensibilität für
optische, akustische und taktile Wahrnehmung) und
3. Anforderungen an "diagnostisch-planendes Verhalten" (Planung von
Montageschritten, Suchvorgänge bei Störungen). Die normativen
Qualifikationsanforderungen umfassen "die Gesamtheit aller motivational
geprägten und an Wertvorstellungen gebundenen Einstellungen, die zu
erfüllen von Beschäftigten erwartet wird, wenn Tätigkeiten
im Rahmen einer bestimmten gesellschaftlichen Organisation der Arbeit ohne
ständigen äußeren Zwang ausgeführt werden sollen".(46)
Wobei die Ambivalenz normativer Qualifikationen im Widerspruch der Anforderungen
an Anpassungsbereitschaft und eigenständigem Handeln liegt. Wir werden
uns im weiteren auf die beruflich-fachliche Qualifikation beschränken.
In der Diskussion um die Entwicklung von Qualifikation ist zu unterscheiden
zwischen den Qualifikationsanforderungen eines Arbeitsplatzes und der Qualifikation
eines Individuums die sein Arbeitsvermögen bestimmt, denn gerade im
möglichen Auseinanderfallen der beiden Momente liegt die Problematik
beruflicher Qualifizierung, also die Frage individueller Entwertung von
Qualifikationen, der Anpassung an neue Bedingungen durch Umschulung oder
Weiter- und Neuqualifizierung. Vor allem zeigt sich hier auch die Problematik
der Koordination von Bildungssystem und Beschäftigungssystem, auf
das unten noch zurückzukommen ist.
KERN UND SCHUMANN haben für den Produktionsbereich die These von
einer Polarisierung von Qualifikationsanforderungen im Zuge der technologischen
Umwälzung entwickelt.(47) Der technische Fortschritt führt nicht
zu einer allgemeinen höheren Qualifizierung der Tätigkeiten,
sondern zu einer Differenzierung der Gesamtgruppe der Industriearbeiter.
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Nur für eine kleinere Anzahl erhöhen sich die Anforderungen
an Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten (wie etwa Instandhaltungsarbeit
und Meßwartentätigkeit); während es bei der Mehrheit zu
einer Verringerung der Anforderungen und wachsender Restriktivität
der Arbeit kommt (Repetitive Teilarbeiten und Automatenkontrolle). Auch
im Bereich der Büro- und Verwaltungstätigkeiten ist diese Polarisierung
der Anforderungen festgestellt worden.(48)
Die Polarisierungsthese ist sehr kontrovers diskutiert worden, wobei
bisher nicht endgültig entschieden werden konnte, ob sie einen säkularen
Trend oder eher eine Übergangsphase darstellt. Wenn im Zuge der Automatisierung
die Arbeitsplätze mit geringen Anforderungen wegrationalisiert werden,
also verschwinden, erhebt sich im Sinne einer Requalifizierungsthese das
Niveau der verbliebenen Arbeitsplätze, so die Argumentation der "PROJEKTGRUPPE
AUTOMATION UND QUALIFIKATION".(49) Bei verringertem Personaleinsatz erhöht
sich die Flexibilität im Einsatz des verbliebenen Personals.(50) Demgegenüber
vertritt BRAVERMAN die These vom Trend zur Dequalifizierung durch fortschreitende
Taylorisierung und Abtrennung der geistigen Potenzen der Arbeit. Der qualitative
Unterschied zeigt sich etwa darin, daß ein gelernter Maschinenschlosser
eine vierjährige Lehre benötigt, um seine Grundausbildung zu
erhalten, während der Bediener einer numerisch gesteuerten Maschine
in vier Monaten ausgebildet wird. Entscheidend aber bleibt, daß die
abhängig Beschäftigten keinen Einfluß auf die Entwicklung
der Qualifikationsanforderungen im Betrieb haben und damit auch allein
das Risiko der Entwertung der erworbenen Qualifikationen tragen. LITTEK
verweist darauf, daß die "betriebliche Personalpolitik ... im Zuge
der organisatorisch-technischen Rationalisierung prinzipiell bestrebt (ist),
sich von der Notwendigkeit des Einsatzes hoher Qualifikationen zu befreien".(51)
V. Ausblick
KERN UND SCHUMANN versuchen in einer neuen Nachfolgeuntersuchung zu
ihrer Studie über "Industriearbeit und Arbeitsbewußtsein" (siehe
weiter oben) eine Prognose der weiteren Entwicklung zu geben.(52) Neben
den krisenbestimmten Branchen wie Stahl- und Werftindustrie,die massenhafte
Arbeitslosigkeit hervorbringen, existieren noch "funktionierende Kernbereiche",
wie Autoindustrie, Werkzeugmaschinenbau, Großchemie, die differenzierter
zu sehen sind. Neben der auch von ihnen konstatierten Wegrationalisierung
und "Freisetzung" der wenig Qualifizierten durch die neuen Technologien
entsteht auch eine Tendenz der Requalifizierung und Reprofessionalisierung
in Gestalt des "Produktionsfacharbeiters". "Das darf man sich nicht als
schlichte Rückkehr zu den Berufsprofilen der Vergangenheit vorstellen,
zu jenen "Professionisten", die den Arbeitskörper vor allem der Metallindustrie
vor 70 Jahren bestimmten und die in den klassischen handwerklichen Metallberufen
noch rudimentär fortbestehen. "Produktionsfacharbeiter" kann in unserem
Zusammenhang nur eine Arbeitskraft bedeuten, die in einem organisierten
mehrjährigen Lernprozeß ausbau-
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fähige Grundkenntnisse über die Technisch-physikalischen-chemischen
Funktionsprobleme moderner Produktionsprozesse erworben hat und die durch
Gebrauch dieser Fähigkeiten einen wichtigen Beitrag zum optimalen
Betrieb neuer Produktionssysteme leistet. In Status und Entlohnung werden
solche industriellen Produktionsfacharbeiter den Handwerkern alter Art
auf Dauer gleichgestellt werden, in Qualifikationsinhalten und Funktionen
unterscheiden sie sich gewaltig von ihnen."(53) KERN UND SCHUMANN unterscheiden
vier ihnen wesentlich erscheinende Gruppen von Arbeitern: Die genannten
Produktionsfacharbeiter in den industriellen Kernbereichen als "Rationalisierungsgewinner";
die "Rationalisierungsdulder" mit einem traditionalen Arbeitsplatz im Kernbereich,
die in der dauernden Gefahr stehen "ausgefiltert" zu werden; die Arbeiter
der krisenbestimmten Branchen ohne Perspektiven und die Arbeitslosen, deren
Chance schwindet, überhaupt noch einmal in den Produktionsbereich
hineinzukommen. Als Fazit wird formuliert: "Seit den unmittelbaren Nachkriegsjahren
sind noch nie die Lageunterschiede innerhalb der Arbeiterschaft so groß
gewesen wie jetzt. Wenn das Wort von den disparitären Lebensverhältnissen
je einen Sinn gehabt hat, so jetzt. Für die Unternehmer heißt
dies allemal "teile und herrsche", also relativ leichtes Spiel.... Vernünftigerweise
kann auch niemand das negative Moment leugnen, daß die neuen Produktionskonzepte
nicht nur vorhandene Differenzierungslinien verfestigen, sondern mit der
ungleichgewichtigen Verteilung der Rationalisierungslasten auch einen gesellschaftspolitisch
höchst problematischen Zug aufweisen. Unter diesem Blickwinkel ist
Segmentierung gleichsam die moderne Variante der Polarisierung." (54)
ANMERKUNGEN
(1) Max Weber: Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus.
München und Hamburg 1965, S. 18-19
(2) Max Weber: Wissenschaft als Beruf. In: Gesammelte Aufsätze
zur Wissenschaftslehre. Tübingen 1968, S.609. Siehe hierzu Johannes
Weiß, M. Weber: Die Entzauberung der Welt. In: Grundprobleme der
großen Philosophen, hrsg. v.J. Speck, Bd. IV Philosophie der Gegenwart,
Göttingen 1981.
(3) Karl Marx :Das Kapital Bd.1, MEW Bd. 23. Berlin 1962, S.28. Marx
entfaltet die Logik des Prozesses der Verschleierung der menschlichen Verhältnisse
in den drei Bänden des "Kapital". Siehe hierzu im einzelnen Elmar
Treptow: Die Entfremdungstheorie bei Karl Marx. München 1978.
(4) Marx, ebenda. S.377. Dabei verweist Marx auf einen bis heute existierenden
Widerspruch: "Dasselbe bürgerliche Bewußtsein, das die manufakturmäßige
Teilung der Arbeit, die lebenslängliche Annexation des Arbeiters an
eine Detailverrichtung und die unbedingte Unterordnung der Teilarbeiter
unter das Kapital als eine Organisation der Arbeit feiert, welche ihre
Produktivkraft steigere, denunziert daher ebenso laut jede bewußte
gesellschaftliche Kontrolle und Regelung des gesellschaftlichen Produktionsprozesses
als einen Eingriff in
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die unverletzlichen Eigentumsrechte, Freiheit und sich selbst bestimmende
'Genialität' des industriellen Kapitalisten. Es ist sehr charakteristisch,
daß die begeisterten Apologeten des Fabriksystems nichts Ärgeres
gegen jede allgemeine Organisation der gesellschaftlichen Arbeit zu sagen
wissen, als daß sie die ganze Gesellschaft in eine Fabrik verwandeln
würden". Ebda, S. 377.
(5) MAX SCHELER: Die Wissensformen und die Gesellschaft. Bern 1960,
S. 92.
(6) WOLFGANG KROHN: Zur soziologischen Interpretation der neuzeitlichen
Wissenschaft.
In: Edgar Zisel: Die sozialen Ursprünge der neuzeitlichen Wissenschaft.
Ffm. 1976, S. 13.
(7) ebda, S. 13.
(8) ebda.
(9) Ebda, S. 18-23.
(10) Ebda, S. 21. "Seit dieser Zeit verzichten Politik und Theologie
darauf, Wissenschaft zu verfolgen, sofern sie sich in den engen Grenzen
eines Natur- und Technikverständnisses aufhält, das die Problematisierung
sozialer Verhaltnisse ausschließt. Diese restriktive Definition der
Wissenschaft beseitigt die emanzipatorischen Ansprüche, die bis ca.
1650 geradezu selbstverständlich mit ihr verbunden waren".
(11) WOLFGANG BÜCHEL: Gesellschaftliche Bedingungen der Naturwissenschaft,
München 1975.
(12) Ebda, S. 52-53.
(13) Als günstige Bedingungen erwiesen sich: 1. Die Verlagerung
des kulturellen Lebens von Klöstern und Ritterburgen in die Städte
und damit Überwindung der religiösen und militärischen Dominanz.
2. Technische Neuerungen in Produktion und Militärwesen stimulieren
naturwissenschaftliche Fragestellungen. 3. Aushöhlung der traditionalen
Autoritäten und des sozialen Gefüges durch individualistischen
Wettbewerb im Zuge der sich durchsetzenden Warenproduktion. 4. Ökonomische
und technische Rationalität bereiten den Boden für das neuzeitliche
naturwissenschaftliche Denken.
(14) Ebda, S. 54-55.
(15) "Mit der Vergrößerung der Nachfrage nach den Produkten
der chemischen und der Eisen- und Stahlindustrie erreichten die Produktionsanlagen
eine kritische Größenordnung, die zu neuen Verfahrensproblemen
führte, welche nicht einfach durch das herkömmliche Ausprobieren
gelöst werden konnten. Ihre Lösung erforderte eine genaue THEORETISCHE
ERKENNTNIS der chemischen Eigenschaften und der thermodynamischen Reaktionsweisen
der Stoffe unter verschiedenen Bedingungen, wie sie die wissenschaftlichen
Disziplinen der Chemie und Physik anboten und wie sie in der chemischen
Verfahrenstechnologie systematisiert wurden". WERNER RAMMERT: Verwissenschaftlichung
der Arbeit: Industrialisierung der Wissensproduktion und der Informationsverarbeitung.
In: W. LITTEK u.a. (Hrsg.): Einführung in die Arbeits- und Industriesoziologie.
Ffm. - New York 1982, S. 77.
(16) Siehe hierzu ERNST MICHEL: Sozialgeschichte der industriellen
Arbeitswelt. Ffm.
1947. Karl Marx hat im 1. Band des "Kapital" die Entwicklungsformen
kapitalistischer
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Produktion vom Verlag über die Manufaktur bis zur Fabrik verfolgt
und im einzelnen analysiert.
(17) KARL A. WITTFOGEL: Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft.
Hannover 1977, S. 233-34.
(18) Die Manufaktur hat nicht die umfassende Bedeutung bekommen wie
das Handwerk, der Verlag und die Fabrik; sie ist aber als logisches Zwischenglied
zwischen handwerklicher und maschineller Produktion wichtig.
(19) MARX: Das Kapital Bd.1, S. 445 und 407.
(20) WERNER RAMMERT: Kapitalistische Rationalität und Organisierung
der Arbeit. In: W. LITTEK u.a. (Hrsg.): Einführung..., a.a.O., S.
45-46.
(21) WERNER SOMBART: Der moderne Kapitalismus, Bd. 3, München
und Leipzig 1928, S. 80.
(22) RAMMERT: Verwissenschaftlichung..., a.a.O., S. 79-80. "Die Nutzung
der Wissenschaften für den Produktionsprozeß führte seit
Beginn des 20. Jahrhunderts zur Entstehung und schnellen Ausbreitung ganz
neuer Industriezweige, die eng mit bestimmten wissenschaftlichen Entdeckungen
verbunden sind, besonders in der Elektrotechnologie (Telegraph, Telefon,
Glühbirne, Radio, Fernsehen, Haushaltsgeräte, Büromaschinen,
Computer, Kernkraftwerke), in der chemischen Industrie (Benzin, Anilinfarben,
Pharmaka, Gummi, Plastik,Kunstfasern, synthetische Waschmittel, Margarine)
und in der Stahl-, Maschinen- und Fahrzeugbauindustrie (Edelstähle,
Aluminium, Benzinmotor, Diesellokomotive, Propellerflugzeug, Turbine, Raketenantrieb)".
(23) Nach SILK und BIRR, zitiert bei RAMMERT, a.a.O., S. 80.
(24) RAMMERT, a.a.O., S. 83.
(25) MARX: Das Kapital Bd.1, Kap. 24. Die sogenannte ursprüngliche
Akkumulation, S. 741-91.
(26) MAX WEBER: Wirtschaftsgeschichte. München und Leipzig 1923,
S. 239-40.
(27) R. BLAUNER: Alienation and Freedom. Chicago 1964; J. BRIGHT: Automation
and Management. Boston 1958; A. Touraine: L'évolution du travail,
ouvriers aux usines Renault. Paris 1955. Siehe auch: A. OPPOLZER: Hauptprobleme
der Industrie- und Betriebssoziologie. Köln 1976.
(28) H. KERN und H. SCHAUER: Rationalisierungs- und Besitzstandssicherung
in der Metallindustrie. In: Gewerkschaftliche Monatshefte 5/1978, S. 272-76.
(29) Siehe zur Angestelltenproblematik generell SIEGFRIED BRAUN: Zur
Soziologie der Angestellten, Ffm. 1964.
(30) H.P. BAHRDT: Industriebürokratie. Stuttgart 1958.
(31) BRAUN, a.a.O.
(32) Siehe hierzu die ausführliche Darstellung bei HARRY BRAVERMAN:
Die Arbeit im modernen Produktionsprozeß, Ffm. - New York 1977, Kap.
4: Wissenschaftliche Betriebsführung.
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(33) RAMMERT: Kapitalistische Rationalität, a.a.O., S. 51. Auch
BRAVERMAN hebt die Bedeutung des Taylorismus hervor: "Trotz vieler Kritiken
und Verbesserungen durch die modernen Arbeitswissenschaften seit Erscheinen
der beiden Hauptwerke ... sind die Zwecksetzungen und Prinzipien Taylors
auch für die heutige Unternehmenspraxis der Arbeits- und Berufsrationalisierung
richtungsweisend", BRAVERMAN a.a.O., S. 74-75.
(34) F.W. TAYLOR: Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung.
München und Berlin 1919, S. 89-90.
(35) RAMMERT, a.a.O.
(36) ULLRICH BRIEFS: Arbeiten ohne Sinn und Perspektive? Köln
1980. Ich stütze mich im wesentlichen auf diese m.E. bisher umfassendste
und beste Gesamtdarstellung zur Automations- und Rationalisierungsproblematik.
Der Band enthält auch ein umfassendes Literaturverzeichnis.
(37) GÜNTHER FRIEDRICHS: Mikroelektronik - eine neue Dimension
von technischem Wandel und Automation. In: Gewerkschaftliche Monatshefte
4/1980.
(38) FRIEDRICHS, a.a.O., S. 279.
(39) BRIEFS verweist hier auch auf die Bedeutung der neuen Technologien
für politische Kontrollmöglichkeiten (ungeheure Verbundmöglichkeiten
und geringe Transparenz), a.a.O., S. 85-90.
(40) BRIEFS, a.a.O., S. 95.
(41) Ebda, S. 97.
(42) Siehe hierzu G. WACHTLER: Humanisierung der Arbeit und Industriesoziologie.
Stuttgart 1979.
(43) GERD WIENDIECK: Humanisierung der Arbeitswelt. In: Handwörterbuch
der Betriebspsychologie und Betriebssoziologie, hrsg. von P.G. von Beckerath,
P. Sauermann und G. Wiswede. Stuttgart 1981, S. 200.
(44) Hierzu im einzelnen WACHTLER, a.a.O., S. 128-139.
(45) WILHELM SCHUMM: Sozialisation durch Arbeit. In: LITTEK u.a. (Hrsg.):
Einführung ..., a.a.O., S. 250-258.
(46) SCHUMM, a.a.O., S. 255.
(47) HORST KERN und MICHAEL SCHUMANN: Industriearbeit und Arbeiterbewußtsein.
Frankfurt 1970. Hierzu auch O. MICKLER u.a.: Technik, Arbeitsorganisation
und Arbeit. Frankfurt 1976.
(48) Siehe hierzu etwa U. JAEGGl und H. WIEDEMANN: Der Angestellte
in der Industriegesellschaft. Stuttgart 1966, und W. KUDERA u.a.: Betriebliche
Rationalisierung und Angestellte. Köln 1979.
(49) Projektgruppe Automation und Qualifikation: Theorien über
Automationsarbeit. Berlin 1978.
(50) 0. MICKLER und M. SCHUMANN, in SOFI-Mitteilungen Nr. 3, Ffm 1980.
(51) W. LITTEK: Arbeitssituation und betriebliche Arbeitsbedingungen.
In: derselbe u.a.
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(Hrsg.): Einführung..., a.a.O., S. 131.
(52) HORST KERN und MICHAEL SCHUMANN: Ein Stachel im Fleisch der Rationalisierungsgewinner,
Teil I und II. In: Frankfurter Rundschau v. 10. und 12.3.1984, S. 10 und
14. Nach Abschluß dieses Manuskripts wurde die Untersuchung publiziert:
HORST KERN/MICHAEL SCHUMANN: Das Ende der Arbeitsteilung? München
1985.
(53) Ebda, S. 14.
(54) Ebda.