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Zur Kritik der verkürzten Wertkritik


Claus Peter Ortlieb

Das Selbstmordattentat als emanzipatorischer Akt ?

Zu Peter Kleins „Existenz und Terror“

Es klingt unglaublich, ist aber leider wahr: In der neuesten Ausgabe eines „wertkritischen Magazins“ sind Sätze wie die folgenden zu lesen, nicht als Zitat, sondern als Appell ihres Autors Peter Klein in seinem Text „Existenz und Terror. Vorschlag den Terrorismus nicht mit seinen Begründungen gleichzusetzen“, Streifzüge 39/2007, 14-17, nachzulesen unter
http://www.streifzuege.org/texte_str/str_07-39_klein_existenz-und-terror.html

Nun handelt es sich hier allerdings keineswegs um einen bloßen Ausrutscher des „wertkritischen“ Autors Peter Klein (und der Streifzüge-Redaktion), sondern das Vorgehen hat System und das aus ihm abgeleitete Ergebnis ist durchaus konsequent. Es wird bereits im Untertitel des Textes angedeutet. Nur geht es Klein nicht bloß darum, den „Terrorismus nicht mit seinen Begründungen gleichzusetzen“, sondern er streicht diese Begründungen und damit die ideologische Ebene, den Einfluss der abstrakten Form auf das Denken der ihr Unterworfenen, vollständig durch. Was dann noch bleibt, sind zwei Prinzipien, die sich völlig unvermittelt gegenüber stehen: Die abstrakte Allgemeinheit der kapitalistischen Objektivität auf der einen und die ebenso abstrakt gefassten und transhistorisch gedachten „vitalen Bedürfnisse“ auf der anderen Seite. Und die Rollen von „Gut“ und „Böse“ sind natürlich schon verteilt. Das von Klein, der von Ideologien nichts wissen will, hier entworfene Bild ist selber ideologisch, gehört zum klassischen Bestand der Gegenaufklärung und ist strukturell antisemitisch konnotiert, worauf hinzuweisen sich in einem wertkritischen Kontext eigentlich erübrigen sollte. Nur scheint das in den „Streifzügen“ entweder niemandem aufgefallen zu sein oder es wurde billigend in Kauf genommen.

Um deutlich zu machen, dass es hier nicht darum geht, Klein böswillig zu unterstellen, was er so gar nicht gemeint hat, folgt noch ein längeres Zitat, aus dem deutlich wird, dass er wirklich einen Querfront-Text verfasst hat, der ebenso gut in der „Jungen Freiheit“ hätte erscheinen können:

Kleins Text ist ein Beispiel dafür, wohin „Wertkritik“ geraten kann, wenn sie theoretisch stehen bleibt und wesentliche Aspekte des warenproduzierenden Patriarchats einfach ausblendet, in diesem Fall die eigenständige Rolle der Ideologie im kapitalistischen Krisenprozess. Roswitha Scholz hat darauf bereits vor zwei Jahren in EXIT! Heft 2 hingewiesen („Der Mai ist gekommen“) und ist dafür in den einschlägigen Mailing-Listen heftig beschimpft worden. Sie hat wohl doch Recht gehabt. Die Möglichkeit des Umkippens auch der „Wertkritik“ in gegenaufklärerische Ideologeme – eine Bewegung also, wie sie früher schon bei einigen Protagonisten der 68er-Bewegung zu beobachten war – bleibt theoretisch noch genauer aufzuarbeiten. Insofern kann die bloße Konstatierung eines solchen Vorgangs nicht unser letztes Wort in dieser Sache gewesen sein.




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