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Robert Kurz


erschienen im Neuen Deutschland
am 09.02.2007

Robert Kurz

ZUKUNFTSVERBRENNUNG

In der sozialökonomischen Krisenentwicklung seit Ende der 90er Jahre ist die kapitalistische Zerstörung der Naturgrundlagen immer mehr in den Hintergrund getreten. Jetzt macht plötzlich der seit langem bekannte Klimawandel wieder Schlagzeilen. Parallel zur inneren Schranke der Kapitalverwertung in der 3. industriellen Revolution (globale Massenarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, Finanzblasenökonomie und instabile Defizitkreisläufe) beginnt sich die äußere Naturschranke aufzurichten. Einerseits zeichnet sich für die nächsten Jahrzehnte eine Erschöpfung der leicht zugänglichen fossilen Energiereserven ab. Damit ist eine langfristige Steigerung der Energiepreise bis zur Schmerzgrenze und darüber hinaus absehbar. Andererseits wurde durch die Emission von Treibhausgasen eine Erderwärmung mit teils schon manifesten Klimakatastrophen (Dürren hier, Überflutungen dort, Orkane etc.) programmiert. Nach einer Studie des früheren Weltbank-Ökonomen Nicholas Stern wird in der Folge die Weltwirtschaft um 20 Prozent abstürzen.

Tatsächlich könnten die beiden gegenläufigen Momente der Naturschranke zusammentreffen: Der ökonomische Schock explodierender Energiepreise würde zwar um den Preis eines Wachstumseinbruchs die Emissionen drastisch senken, gleichzeitig aber konvergieren mit den ökonomischen Folgen der Klimakatastrophen, die nicht kurzfristig zu stoppen sind. Schon der relative Rückgang der globalen Emissionen von 1990 bis 2000, der zu falschen Entwarnungen geführt hatte, war nicht auf Klimaprotokolle und regulierende Maßnahmen zurückzuführen, sondern auf den ökonomischen Zusammenbruch des ehemaligen Ostblocks. Nur weil riesige Industriestrukturen vom Weltmarkt entwertet und stillgelegt wurden, gingen laut dem Sekretariat der internationalen Klimakonvention in diesem Raum die Emissionen um 40 Prozent zurück, was global zu Buche schlug. Seither ist der Ausstoß von CO2-Gasen weltweit wieder dramatisch gestiegen; aufgrund von Globalisierungsprozessen allein im Transportsektor um 25 Prozent.

Dafür sind nicht allein die chinesischen Exportwirtschaftszonen und die USA verantwortlich. Auch die EU wird die Ziele des Kyoto-Protokolls bei weitem verfehlen. Trotzdem hat die EU-Kommission die Grenzwerte für Autoabgase auf Druck der deutschen Autolobby entschärft. Denn die hiesigen Konzerne bauen vor allem protzige Modelle mit hohem Ausstoß. Eine Senkung auf 120 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer wäre nötig, das EU-Selbstverpflichtungsziel ist auf 140 Gramm festgesetzt. Aber die S-Klasse von Mercedes liegt bei über 300 Gramm; und das darf dank Abstufung nach Hubraum so bleiben. Die Deutschen geben sich gern als „grüne“ Waldromantiker, in Wirklichkeit triumphiert die PS-Ideologie. Ausgebremst wird nur der Klimaschutz.

Der Kapitalismus ist eine auf stetig wachsenden Energieeinsatz ausgelegte Verbrennungskultur, die sich gewissermaßen selbst verheizt und damit die Zukunft der Menschheit. Die hohle Arbeitsplatz-Rhetorik und die ebenso hohle Klima-Rhetorik hebeln sich gegenseitig aus. Sozialökonomische und ökologische Krise beginnen sich zu verschränken und gegenseitig hochzuschaukeln. Die herrschende Produktions- und Lebensweise stellt nur noch die Alternative, ob durch ihren ökonomischen Zusammenbruch die Klimakatastrophe abgemildert wird oder umgekehrt die ungebremste Klimakatastrophe zum ökonomischen Absturz beiträgt. Nach uns die Sintflut! Diese klammheimliche Devise der Verbrennungs-Manager ist durchaus wörtlich zu verstehen.




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