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Knut Hüller


Knut Hüller

'Das Dilemma von Inflation und Arbeitslosigkeit'

oder: Nobelpreis für Alle(s)!

Die Wahl zwischen Pest und Cholera gehört zum kapitalistischen Alltag. Gelegenheit zur positiven Würdigung des Unangenehmen bietet die Vergabe des Wirtschafts-Nobelpreises 2006 für die zugehörige Grundlagenforschung. Wir lesen dazu einen Bericht in Nr. 12/06 von 'Spektrum der Wissenschaft' (deutsche Ausgabe des Scientific American). Die objektiven Aussagen zum Thema beginnen mit einem Rückblick auf das, was im herrschenden Bewusstsein gute alte Zeiten sind:

War das empirische Desaster vorhersehbar? Der steile linke Teil der Phillips-Kurve (Abb.1) stützt sich von vornherein nur auf drei Punkte am Rand der roten 'Wolke'. Ohne diese drei Punkte ergäben 10% Arbeitslosigkeit vielleicht noch einen Effekt von 1% Inflation, vergleichbar der aktuellen Wirkung des Ölkriegs bzw. Irakpreises. Die traditionelle Klientel des Scientific American hätte sich da wohl etwas näher mit den Daten beschäftigt, denn in die Jahre 1861-1913 fallen u.a. der deutsch/französische Krieg von 1870/71, die folgende Wirtschaftskrise, der Burenkrieg, der Krimkrieg und last not least das Wettrüsten zum 1.Weltkrieg. Da sich die Quelle der Grafik, ein Lehrbuch,2 zum Thema ausschweigt, verzichten wir auf eigene Nachforschungen und akzeptieren ökonomische Methoden der Datenbehandlung. Selbstverständlich wurde die Phillips-Kurve von der VWL erst in Betrieb genommen, nachdem sie anhand neuerer Daten überprüft war. Abb.2) enthält Daten der Jahre 1961-1969. Ihr Verlauf ist der Kurve in Abb. 1) so ähnlich, wie sich Kurven in VWL-Büchern nur ähnlich sein können.

Ein zweiter Blick zeigt dann, dass in Abb.2) die Skala der senkrechten Achse gegenüber der Abb.1) um den Faktor zwei gedehnt ist. Auf der waagrechten Achse ist von den 0-11% der Abb.1) nur noch ein Drittel übrig. Dies motiviert dazu, die Daten der Abb. 2) entgegen allen VWL- Prinzipien in die Abb.1) einzutragen. Es sind dort die schwarzen Punkte am oberen Rand der roten Punktewolke. Die Darstellung im gleichen Rahmen hat die Ähnlichkeit der Kurven deutlich vermindert. Man brauchte demzufolge eine neue Gesetzmäßigkeit und hier kommt der Preisträger ins Spiel, E. Phelps von der Columbia-Universität New York. Er erhielt den Nobelpreis „für seine zeitübergreifende Analyse von Kosten und Nutzen der Wirtschaftspolitik“.3 Damit wies er nach, dass sich in den Daten von Abb.1), Abb.2) und Abb.3) ein- und dasselbe 'Gesetz' versteckt.

Wir nehmen also an, unsere 'Menschen' schlagen die 0.5xS(chätzfehler) gedanklich auf. Mehr gibt ihre 'langjährige Erfahrung' nicht her? Doch: sie wissen auch, dass Wirtschaftswissenschaft und Politik (kurz: W/P) im Quasi-Brei der Quasiraten herumrühren. Nehmen wir an, die Inflation werde gerade bekämpft. Die W/P weiß nun (durch unseren Nobelpreisträger), dass die Menschen aufgrund ihrer zusätzlichen Erwartung von 0.5xS eine höhere Inflation herbeiführen werden, als sie ohne diese Erwartung getan hätten. Die W/P wird deshalb ihre antiinflationären Maßnahmen verstärken. Dies wissen (dank des Nobelpreisträgers) wiederum die 'Menschen' und werden von den 0.5 die Hälfte zurücknehmen. Die zusätzliche ('expectations-augmented') Inflationserwartung ist jetzt nur noch 0.5-1/4 (vom alten Schätzfehler). Das wiederum weiß die W/P und schwächt ihre Maßnahmen entsprechend ab. Damit rechnen die 'Menschen' und setzen die Inflationserwartung wieder um 1/8 (von S) hinauf. Weil die W/P dies weiß ... usw. Nach dieser Analyse brauchen wir nur noch die Summe 1/2–1/4+1/8–1/16+1/32-1/64+ ... ausrechnen. Es kommt 1/3 heraus (wegen der Länge der Summe ist das nicht gleich offensichtlich).5 Damit ist bewiesen: Wenn 1/2xS mehr Inflation erwartet wird, dann wird in Wirklichkeit 1/3xS mehr Inflation erwartet (auf den Schätzfehler S, eine scheinbar objektive und notwendige Ausgangsgröße, kommen wir unten noch einmal zurück).

Obwohl die bisherigen Überlegungen schon durch ihre Struktur Wesentliches zur Fundierung der Volkswirtschaftslehre beitragen, reicht es noch nicht für einen Nobelpreis. Schließlich ist es leichter weiterzurechnen, als den Anfang der Summe (0.5) zu entdecken. Außerdem wurde die Grundidee hinter der langen Summe schon 1936 publiziert, sogar bevor die Phillips-Kurve selber quasi-entdeckt wurde. Eine Ausnahmeerscheinung bürgerlicher Ökonomie, die zumindest noch wusste, wo es im Kapitalismus knirscht, verglich damals die Praxis der Aktienspekulation mit

Man könnte jetzt auf die Idee kommen, die täuschungsbasierte VWL sei selbst eine Täuschung und es sei von ihr allenfalls 0 Erkenntnis zu erwarten. Leider geht 'Spektrum' dieser Frage nicht nach; naturwissenschaftliche Methodik würde als nächste Frage stellen, welche spezielle Täuschung die VWL darstellt. Solches würde aber von anstehenden praktischen Fragen ablenken, welche die Folge-Preisvergabe dringend machen. Nach Abb.1) und 2) scheint im 20.Jhd die Inflation zugenommen zu haben, ganz entgegen der richtigen Gleichgewichtstheorie. Noch schlimmer: ohne wissenschaftliches Nachdenken liest man auch noch zunehmende Arbeitslosigkeit heraus. Dies lässt sich mit böswilliger Absicht als Trend zum parallelen Wachstum von Pest und Cholera deuten. Richtige Nobelpreisvergabe würde die Menschen aufklären, das richtige zu erwarten, und die Kurven zurechtzurücken. Halt: entstehen Wohltaten wirklich aus Aufklärung? Entstehen sie nicht vielmehr aus 'Täuschung' (juristisch: Betrug)? Und warum soll Wachstum schlecht sein, nur weil es bei Medikamenten für Pest und Cholera stattfindet? Wir kommen durcheinander und sollten Schluss machen. So ging es auch unserem Vor-Nobelpreisträger. „So stellt sich heraus, dass sich der diesjährige Nobelpreisträger mit der reichen Ernte seines Forscherlebens der Vereinnahmung durch eines der üblichen Lager entzieht. Während er in seinen frühen Jahren die eine staatliche Intervention für sinnlos erklärte, fand er später gute Gründe für die andere.“ Seine Verwirrung befällt sogar schon die Elektroingenieure. Sie glauben, sie müssten das eine Kabel anschließen, das andere aber nicht, und das auch noch gleichzeitig! Wenigstens bleiben Preisträger und VWL bei der Methode der augmenteden Gleichgewichte, auch zur Erklärung von Arbeitslosigkeit:

Anmerkungen



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