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EXIT! Krise und Kritik der Warengesellschaft 11/2013 (Archiv)


EXIT! Krise und Kritik der Warengesellschaft
Heft 11, Juli 2013

Inhalt

Editorial

Roswitha Scholz
FEMINISMUS – KAPITALISMUS – ÖKONOMIE – KRISE
Wert-Abspaltungs-kritische Einwände gegenüber einigen Ansätzen feministischer Ökonomiekritik heute

Robert Kurz
KRISE UND KRITIK
Die innere Schranke des Kapitals und die Schwundstufen des Marxismus

JustIn Monday
DIE DOPPELTE NATUR DES RASSISMUS
Über den Mythos der Gesellschaft in der Krise

Daniel Späth
FORM- UND IDEOLOGIEKRITIK DER 195 FRÜHEN HEGELSCHEN SYSTEME
Teil I: Antizionismus in Hegels „Der Geist des Judentums“

Udo Winkel
HELMUT DAHMERS INTERVENTIONEN

Claus Peter Ortlieb
TÄUSCHUNGEN DES INDIVIDUALISMUS
Sohn-Rethels Frühschriften

Udo Winkel
NEUE LOKALE UNTERSUCHUNGEN ZUR ARISIERUNG UND ENTNAZIFIZIERUNG

Udo Winkel
BEITRÄGE ZUR MARX-ENGELSFORSCHUNG

Editorial

„Wir zahlen nicht für eure Krise!“, war die mit trotziger Entschlossenheit vorgetragene Parole der ersten linken Proteste gegen die Krisenpolitik in Deutschland und der EU. Die Vorstellung, dass und wie viel „für die Krise gezahlt“ werden müsse – als handle es sich um eine teure, aber nun einmal nötige Anschaffung –, konnte im Zuge der staatlichen Maßnahmen entstehen, deren Ziel es war, einen Zusammenbruch des Banken- und Geldwesens zu verhindern. Damals wurde der Entwertungsdruck durch Bürgschaften und Mittel der Öffentlichen Hand vorläufig vom Finanzsystem in die Staatsverschuldung verschoben und damit bezifferbar, wenn auch in kaum vorstellbaren Größenordnungen von mindestens dreistelligen Milliardenbeträgen. Der Staat, so wetterten Parteilinke und nicht nur diese, verwende „unser Geld“, um private Profite zu sichern; Geld, mit dem doch angeblich so sparsam musste umgegangen werden, weshalb im Zuge der Agenda 2010 Sozialleistungen gekürzt und die Ausgaben für Bildung und Kultur eingeschränkt worden sind.

Der Finanzcrash wurde nicht als Manifestation einer gesellschaftlich­ allgemeinen Krise der kapitalistischen Akkumulation wahrgenommen, sondern lediglich als Problem einer kleinen Elite von moralisch ohnehin verkommenen Spekulanten, die ihren unlauteren politischen Einfluss nutzten, um ihre Verluste zu verstaatlichen, nachdem sie die Gewinne ihres gemeinwohlschädigenden Tuns als „leistungsloses Einkommen“ privat eingestrichen hatten. Die strukturell-antisemitischen Implikationen einer solchen Deutung des Krisengeschehens stechen ins Auge. Auch heute sind verbreitete linke Antworten auf die Krise weder frei von derlei Implikationen noch geprägt von einer gesellschafts- und ideologiekritischen Analyse auf der Höhe der Verhältnisse.

Die doch alles andere als planvollen Versuche, der immer neuen Entwertungsschübe in Europa politisch Herr zu werden, erscheinen parteinahen Linken offenbar als souveränes staatliches Agieren, dem nur ein anderer, sozialerer Inhalt gegeben werden müsste. „Doch die Frage, wer für die Krise bezahlt, könnte auch anders beantwortet werden. Anstatt Banken zu retten und Großvermögen zu schützen, müssten genau diese zur Kasse gebeten werden.“ Das schreibt etwa der Studierendenverband „DIE LINKE.SDS“ in einem Flugblatt zur „Blockupy“-Kampagne 2013. Ziel von „Blockupy“ war es, Ende Mai (erneut) die Europäische Zentralbank und die Sitze großer deutscher Geschäftsbanken, laut SDS „Krisenprofiteure“, in Frankfurt zu blockieren und damit ein Zeichen gegen die deutsch­europäische Krisenpolitik und ihre in der Tat katastrophalen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse insbesondere südeuropäischer Bevölkerungen zu setzen.1

Dass die Banken und „großen Vermögen“ bislang nicht deshalb geschützt wurden (seit Zypern ist nicht einmal mehr das der Fall), weil die Politik mutwillig falscher Leute Interessen bedient, sondern weil die um jeden Preis aufrechtzuerhaltende Zirkulation und (Schein-)Verwertung des Finanzkapitals das einzige ist, was einen unmittelbaren Zusammenbruch der wert­abspaltungsförmigen gesellschaftlichen Reproduktion überhaupt verhindert, kommt den linksstudentischen Nachwuchskadern allen Kapitallesekreisen zum Trotz offenbar nicht in den Sinn. Ebenso wenig die Notwendigkeit, mit welcher die staatlichen Programme zur Rettung von Banken oder, wie in Euroland, ganzer Staatshaushalte auf Kosten der Beschäftigten, Arbeitslosen und RenterInnen finanziert werden müssen. Kapitalistischer Reichtum ist eben kein „Vermögen“, über das man bzw. der Staat in einem Akt souveräner Willkür frei verfügen kann, um es guten Zwecken zuzuführen. Er ist vielmehr der prozessierende Widerspruch einer ständigen Vermehrung von Geld als Selbstzweck bei gleichzeitiger Unterminierung der eigenen historischen Bedingungen. Da seine fetischistische Substanz die von Marx so genannte „abstrakte Arbeit“ ist, existiert und erhält er sich nur, solange es gelingt, wertproduktive Beschäftigung zu generieren. Das verdinglichte linke Bewusstsein fällt, wo es politische Forderungen wie die zitierte erhebt, noch hinter den bornierten Alltagsverstand derer zurück, die es so gerne enteignet sehen möchte. Die meisten AktienbesitzerInnen wissen immerhin, dass ihr „Vermögen“ seinen Wert nur behält, wenn es erfolgreich investiert wird, so bar sie auch jeder Kenntnis marxscher Kategorien und der in diesen erfassten komplexen Vermittlungsvorgänge sein mögen.

Auch den linken KrisenprotestlerInnen vom aktuellen „Blockupy“­Bündnis geht eine adäquate ökonomie- und politikkritische Einschätzung der Vorgänge in Europa ab. Zum einen scheint bei wenigstens einigen derBündnisgruppen wie etwa dem SDS in Übereinstimmung mit der allgemeinen Wahrnehmung vergessen worden zu sein, dass die Entwertungsschübe, die seit vielen Monaten als „Staatsverschuldungskrise“ ver- und mit strikten Sparprogrammen behandelt wurden, u. a. Resultat der ersten politischen Anti­Krisen-Maßnahmen sind und ihnen eben deshalb nicht mit einer Enteignung oder Zerschlagung der zuvor „geretteten“ Privatbanken beizukommen ist. Die jahrzehntelange finanzkapitalistische Scheinverwertung war Grundlage des Wirtschaftswachstums wie auch der schuldenbasierten Staatsfinanzierung seit den 1980er Jahren. Darum wird sie durch Maßnahmen wie Leitzinssenkungen aufrechterhalten, während zugleich ihren AkteurInnen quer durch alle politischen Lager moralische Vorhaltungen gemacht und strengere „Regulierungen“ des Bankensektors gefordert werden – in der Hoffnung, einem erneuten Finanzkrach auf diese Weise vorbeugen zu können, ohne seine tieferliegenden Ursachen beseitigen zu müssen.

Zum anderen sind die „Blockupy“-AktivistInnen durch und durch dem linken Politizismus verfallen. Sie sprechen in ihrem Aufruf, vermutlich in Anlehnung an den regulationstheoretischen Begriff des Akkumulationsregimes, permanent vom „europäischen Krisenregime“, dem sie in seinem „Herzen“ (Frankfurt a. M.) entgegenzutreten gedenken. Die Unterschiede zwischen Krise und Akkumulation des Kapitals werden auf diese Weise verwischt, insofern beide Zustände als politisch moderierbar, mithin als eine Sache rationalen Interessenkalküls dargestellt werden. Darüber hinaus bleibt unklar, ob es die Krise ist, die regiert, oder ob sie regiert bzw. verwaltet wird oder ob sie Medium des Regierens ist. Vielleicht ist auch alles zugleich der Fall. Zutreffend ist die Rede vom Krisenregime allenfalls, weil die Krise in der EU aufgrund der instabilen Gemeinschaftswährung und den Ungleichgewichten in ihrem integrierten Wirtschaftsraum in größerem Maße politisch vermittelte Verlaufsformen nimmt als in anderen Regionen. Der Entwertungsdruck macht sich in der Eurozone nicht allein unmittelbar ökonomisch geltend, und ihm kann auch nicht wie in anderen Ländern durch nationale Währungsabwertung Rechnung getragen werden. Stattdessen setzt die in Europa zurecht verhasste, deutsch dominierte Troika in Ländern, deren Finanzierung durch Staatsanleihen an krisenbedingte Grenzen stößt, unerbittliche Verarmungsprogramme durch, die freilich noch das letzte Wirtschaftswachstum mitsamt den Voraussetzungen des deutschen Exportbooms ruinieren. An diesen Widersprüchen wird die Insuffizienz der Analyse deutlich, die Kampagnen wie „Blockupy“ zugrunde liegen. Deutschland und seine Banken „profitieren“ nicht von der Krise, sie waren vielmehr die Profiteure des Zustandes, der infolge des Finanzkrachs in die Krise geraten ist. Es gelang ihnen zudem bislang am besten, den Schaden von sich fernzuhalten und in die innereuropäische Peripherie zu exportieren wie zuvor die durch Agenda-2010-Maßnahmen verbilligten Industriegüter. In dem Maße, wie die Kaufkraft der bisherigen AbnehmerInnen jedoch durch Sparzwang und Verarmung gesenkt wird, wird auch das deutsche Exportmodell zugrunde gehen.

Das einzig Sympathische an „Blockupy“ ist, abgesehen vom explizit geplanten Engagement gegen die menschenverachtende deutsch-europäische Flüchtlingspolitik, im Versuch zu erblicken, in der Bundesrepublik ein Zeichen der Solidarität mit den von Sparpolitik betroffenen Menschen zu setzen und der dreisten deutschen Selbstgerechtigkeit entgegenzutreten, von der sowohl die Politik der Bundesregierung als auch das Stammtischbewusstsein großer Bevölkerungsteile geprägt ist, welche die „griechische Misere“ nicht als ihre eigene erkennen möchten, weil alles Bedrohliche für sie schon immer von Außen kam (man denke in diesem Zusammenhang auch an die fürchterlichen Diskurse über „Armutseinwanderung“ und „Asylmissbrauch“). Die im „Blockupy“-Aufruf zu findenden Stellungnahmen „gegen jedwede reaktionäre oder rassistische Kriseninterpretation – gleich ob von ‚Unten oder Oben‘ – gleich ob in antisemitischer, antimuslimischer oder antiziganistischer Form“ kommen dagegen eher wie Lippenbekenntnisse daher. Immerhin hat man den auf die strukturell und in Einzelfällen sogar manifest-antisemitische „Occupy“­Bewegung positiv bezugnehmenden Namen noch immer nicht abgelegt. Noch immer begreift man außerdem Nationalismus vor allem als eine Taktik, mit der von wem auch immer versucht werde, „Beschäftigte, Erwerbslose und Prekäre“ in verschiedenen Ländern „gegeneinander aufzuhetzen“ und „uns zu spalten“. Auch der Hinweis auf die sich verschärfende Geschlechterungerechtigkeit im Aufruf bleibt beiläufig und unvermittelt mit den übrigen Stellungnahmen und Forderungen.

Der Mangel an krisentheoretischer Tiefenanalyse auf der Grundlage einer kategorialen Kritik kapitalistisch-patriarchaler Vergesellschaftung innerhalb der „Blockupy“ tragenden Linken korrespondiert mit deren eklatantem und im Zweifelsfall verheerendem Unverständnis hinsichtlich des inneren Zusammenhangs der verbreiteten Alltags- und Krisenideologien. Beidem, der Krise wie ihren regressiven Verarbeitungsformen, haben Bewegungs- und Parteilinke nichts entgegenzusetzen als pseudo-ideologiekritische Leerformeln und die fade Forderung nach der „Demokratisierung aller Lebensbereiche“. Mehr und Besseres als die (selbstverständlich „solidarische“) Selbstverwaltung des krisenkapitalistischen Elends kann unter diesen Voraussetzungen von ihnen wohl kaum erhofft werden, selbst wenn die politischen „Kräfteverhältnisse“ für sie günstiger wären. Zu fürchten ist vielmehr, dass die hilflos und immanent bleibenden Abwehrkämpfe und sozialen Unruhen in Europa und der ganzen Welt, mit denen sich das „Blockupy“-Bündnis solidarisiert, den schon jetzt um sich greifenden Ideologien erliegen, etwa wie in Ungarn, wo sich antiziganistische Mordanschläge und antisemitische Kampagnen auf perverse Weise ergänzen und so die autoritär-staatliche Zurichtung von Oben um völkisches „Engagement“ von Unten vervollständigt.

Dies alles verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig es ist, die Kritik des fetischistischen warenproduzierenden Patriarchats gerade in seiner fundamentalen Krise nicht zur antikapitalistischen Phrase verkommen zu lassen. Eine Perspektive der Transformation jener immer unhaltbarer werdenden Verhältnisse, jenseits von gutgemeinten Scheinalternativen und autoritären Rezepten, eröffnet sich erst auf der Grundlage einer kritischen Theorie dieser Gesellschaft. Den zahlreichen Varianten ideologischer Verwahrlosung kann ebenfalls nur begegnet werden, wenn der innere Zusammenhang verschiedener Formen falschen Bewusstseins begriffen ist und ihre historischen Wandlungen und Konjunkturen mit den Krisenprozessen der gebrochenen gesellschaftlichen Totalität vermittelt werden. Das vorliegende,nunmehr elfte Heft von EXIT! enthält verschiedene Aufsätze zur Ökonomie-und Ideologiekritik, die sich diesem Anspruch stellen:

Feministische Ökonomiekritik ist seit dem Krisenschub in der zweiten Hälfte der 2000er Jahre wieder im Kommen. In ihrem Text „FEMINISMUS – KAPITALISMUS – ÖKONOMIE – KRISE“ setzt sich Roswitha Scholz aus wert­abspaltungskritischer Perspektive mit diversen ökonomiekritischen Ansätzen im Feminismus auseinander, die sich auf Marxsche Analysen beziehen. Dabei steht ein feministisch reformuliertes Verständnis des „prozessierenden Widerspruchs“ und der inneren Schranken des Kapitalismus im Zentrum. Es wird gezeigt, dass die verhandelten Theorien in einem immanenten, reformerischen Rahmen verbleiben. „Care“ etwa wird als utopisches Moment veranschlagt, ohne zu sehen, dass die „weiblich“ konnotierte Reproduktionsdimension dem kapitalistischen Patriarchat schon immer inhärent war und deshalb nicht einfach utopisch in die Zukunft verlängert werden kann. Nicht zuletzt stellt sich die Frage der Finanzierbarkeit von Care-Tätigkeiten, wenn die absolute Mehrwertmasse schmilzt, eine Tatsache, die – selbst wenn frau darum weiß – letztlich doch ignoriert wird. Ebenso wird deutlich gemacht, dass auch arbeitskritische und makrodimensional orientierte Konzepte im Feminismus mit kapitalistisch-patriarchalen Grundsätzen nicht wirklich brechen; stattdessen werden kapitalismuskonforme Lösungen gesucht, selbst wenn die Möglichkeit eines Verfalls des Kapitalismus – vor einigen Jahren noch undenkbar – eingeräumt wird. Prinzipiell sindderartige feministische Überlegungen anfällig für eine krisenverwalterische Vereinnahmung im Kontext des „Kollaps der Modernisierung“ (Robert Kurz), der heute an allen Ecken und Enden sichtbar wird.

Der zweite und letzte Teil des Fragments „KRISE UND KRITIK“ aus dem Nachlass von Robert Kurz, eine Propädeutik zur Krisentheorie und zur kategorialen Kritik, setzt sich mit den folgenden Themen auseinander: Dem Versuch, die radikale Krisentheorie bzw. ihre VertreterInnen qua Psychologisierung zu denunzieren; dem Vorwurf einer bloß moralisierenden Kritik, die dem Kapitalismus nur seine mangelnde Funktionsfähigkeit vorhalte; dem Verhältnis von Fundamentalkrise und sozialer Emanzipation; dem Vorwurf, die Wert-Abspaltungskritik mache den Fetisch zum Schöpfer einer Welt von Marionetten; und schließlich der Vorstellung von der Krise als einem bloß subjektiven Willensverhältnis ohne jeden objektiven Grund in den Gesetzmäßigkeiten der fetischistischen Reproduktion.

In seinem Text „DIE DOPPELTE NATUR DES RASSISMUS“ untersucht JustIn Monday die Frage nach dem Zusammenhang von Rassismus und Krise. Er entwickelt die These, dass sich der Rassismus, so wie er heute existiert, aus zwei gegenläufigen Tendenzen zusammensetzt: Neben stereotypen Fremdbildern beinhaltet er auch Selbstbilder, in denen Aussagen darüber getroffen werden, wie der Zusammenhang von Individuen und Gesellschaft beschaffen ist bzw. beschaffen sein sollte. Sowohl die historische Entstehung dieser Vorstellungen als auch ihre Bedeutung für die rassistischen Subjekte differieren erheblich, weshalb im Text versucht wird, im Anschluss an diese Unterscheidung deutlich zu machen, wie sich diese beiden Pole zum krisenhaften historischen Verlauf der Vergesellschaftung durch den Wert verhalten. Denn so sehr RassistInnen auch auf ihr Recht auf Willkür pochen, sind sie doch nicht in der Lage, ihr Denken beliebig zusammenzusetzen. Der Rassismus hat mit der Krisengeschichte nicht nur seine Inhalte, sondern auch das Verhältnis dieser Inhalte zur Form der gesellschaftlichen Beziehungen gewandelt. Dieser Wandel wird aufgezeigt sowohl durch die Analyse zentraler rassistischer Bilder und Theorien, als auch durch die Analyse der Probleme, die verschiedene Varianten antirassistischer Reaktionen mit sich gebracht haben und bringen.

Daniel Späth hat sich in seinem auf diese und die nächste Ausgabe von EXIT! verteilten Text „FORM- UND IDEOLOGIEKRITIK DER FRÜHEN HEGELSCHEN SYSTEME“ die Aufgabe gestellt, den eminenten Status, den Hegel in linksradikalen Theorien bis heute einnimmt, zu desavouieren. Dieser rührt – so die These – aus einer Betrachtungsweise, die den kategorialen Bruch negiert, der sich zwischen Hegel und Marx auftut, und stattdessen radikale Kritik als bloßen Wurmfortsatz Hegelscher Reflexionsfiguren erscheinen lässt, deren subversive Potenz in der Zuspitzung seiner Gedanken bestehe, die nur materialistisch auf den Kopf gestellt werden müssten. Diese These soll im zweiten Teil der Arbeit belegt werden, indem die frühen Hegelschen Systeme einschließlich der „Phänomenologie des Geistes“ einer Form- und Ideologiekritik unterzogen werden. Der vorliegende erste Teil untersucht die frühen Religionsschriften Hegels und den in ihnen, insbesondere in „Der Geist des Judentums“ sich manifestierenden Antizionismus. Es stellt sich die Frage nach dessen Existenzbedingung: Ist der Hegelsche Antizionismus ein religiöser Ausdruck der „Politischen Theologie“ oder doch originäre Konsequenz des bürgerlichen „Politikfetischs“?

Das Heft schließt mit vier Rezensionen: Udo Winkel will in „HELMUT DAHMERS INTERVENTIONEN“ mit einer Zitatensammlung Appetit auf einen Sammelband mit kürzeren Texten Dahmers machen. Claus Peter Ortlieb bespricht in „TÄUSCHUNGEN DES INDIVIDUALISMUS“ einen vor kurzem erst erschienenen Band mit Alfred Sohn-Rethels Frühschriften. Udo Winkels Text „NEUE LOKALE UNTERSUCHUNGEN ZUR ARISIERUNG UND ENTNAZIFIZIERUNG“ beschäftigt sich mit Forschungen zur Geschichte des NS im Nürnberger Raum.Und schließlich weist Udo Winkel in „BEITRÄGE ZUR MARX-ENGELS-FORSCHUNG“ auf einige besonders bemerkenswerte Sonderbände der Marx-Engels-Gesamtausgabe hin.

Im Februar 2013 sind in der Edition TIAMAT, Berlin zwei Bücher von Robert Kurz erschienen: Die zweite, unveränderte Auflage von „Die Welt als Wille und Design. Postmoderne, Lifestyle-Linke und die Ästhetisierung der Krise“, Critica Diabolis 85, 192 S., 14 Eur[D] sowie der Sammelband „Weltkrise und Ignoranz – Kapitalismus im Niedergang. Ausgewählte Schriften“, Critica Diabolis 204, 240 S., 16 Eur[D]. Im Mai 2013 soll im LAIKA-Verlag, Hamburg die Aufsatzsammlung von Robert Kurz: „Der Tod des Kapitalismus. Marxsche Theorie, Krise und Überwindung des Kapitalismus“, 168 S., 14,90 Eur[D] erscheinen.

Wir danken wie immer Angela Aey für ihre engagierte Arbeit am Layout des Hefts. Georg Gangl hat die Redaktion und Europa in Richtung Taiwan verlassen. Wir danken ihm für seine Mitarbeit und hoffen auf eine nicht allzu ferne Rückkehr.

Die Redaktion, Ende Mai 2013




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