Robert KurzDIE REVOLUTION DER NETTIGKEITEtikettenschwindel und Tonfallschwindel beim neuen Betroffenheitskitsch und Kult des Ressentiments von "Krisis" und "Streifzügen" - Zur Genesis eines exemplarischen BeziehungskonfliktsÜbersicht:
VorbemerkungEs hat sich in den linken Szenen herumgesprochen, daß die "Krisis"-Gruppe gespalten wurde. Eine bestimmte Clique hat unter Ausnutzung formaljuristischer Strukturen den Gründer des Projekts und einige bisherige HauptautorInnen hinausgeworfen, sich über den Willen der Redaktionsmehrheit hinweggesetzt, damit einen ordinären Machtanspruch erhoben und das "Krisis"-Label usurpiert. Diese Clique ist dreist genug, den Anschein erwecken zu wollen, daß sie das "Krisis"-Projekt ungebrochen fortführen würde. In Wahrheit gibt es den Zusammenhang nicht mehr, der unter diesem Label firmierte. Es handelt sich um reinen Etikettenschwindel. Das, was die theoretische Substanz von "Krisis" ausmachte, wird inhaltlich von der neuen Theoriezeitschrift EXIT vertreten und über die alten, bei einigen Autoren in mancher Hinsicht noch einem objektivistisch-androzentrischen Universalismus verhafteten "Krisis"-Positionen hinausgetrieben. Die Rest-"Krisis" dagegen hat die Dynamik der wert-abspaltungskritischen Theoriebildung an der Schwelle einer radikalen Kritik der sogenannten Aufklärung und des männlich-weißen westlichen Subjekts (MWW) zum Stillstand gebracht, um sich auf den Weg eines seichten Bewegungspopulismus mit Zügen falscher Unmittelbarkeit zu machen. Die beiden Projekte werden sich rasch auseinander entwickeln. Dieser Bruch ist für viele auch im engeren Umfeld überraschend gekommen. Selbstkritisch muß gesagt werden, daß der schon lange schwelende Konflikt nicht rechtzeitig offen gelegt worden ist. Der Dissens wurde immer wieder unter den Teppich gekehrt, um den Zusammenhang zu erhalten. Dabei ist auch das Verhältnis von inhaltlichen Differenzen und gruppendynamischen Beziehungskonflikten ungeklärt geblieben. Dieselbe Clique, die mit schmutzigen Mitteln als Minderheit das "Krisis"-Label usurpiert hat (was ihr nichts nützen wird), versucht nun diese Unklarheit auszunutzen, um ihr Vorgehen zu vernebeln, den Dissens zu verstecken und ihre selbstgeschaffene "Macht des Faktischen" für sich wirken zu lassen. Es gibt aufgrund der Ungeklärtheit des Konflikts eine ganze Reihe von (wirklich oder angeblich) "Dazwischenstehenden", die sich dem wert-abspaltungskritischen Projekt verbunden fühlen, eigentlich über den Dissens gar nichts Genaues wissen wollen und am liebsten wieder "Frieden" und sachliche Zusammenarbeit herstellen würden auf Basis der nunmehrigen Getrenntheit. Das ist jedoch eine Illusion. Durch ihr Vorgehen hat jene Clique nicht nur einen irreversiblen Bruch vollzogen, sondern damit auch jede Art von sachlichem Verhältnis oder gar Zusammenarbeit absolut unmöglich gemacht. Nach einem solchen Akt wird niemand zur sachlichen Tagesordnung übergehen, in keinem Zusammenhang, nirgends. Die falschen Friedensengel neigen dazu, den real vollzogenen Bruch, den Hinauswurf und die darin objektiv angelegte Logik der Vergeltung zu bagatellisieren, um vermeintlich die "wertkritische Sache" auf Kosten einer (unserer) Seite zu retten. Es soll darauf verzichtet werden, die verletzte Legitimität wiederherzustellen, was eben nur durch eine völlige Delegitimierung der usurpatorischen Clique möglich ist. Anders wäre es gewesen, wenn sich diese Leute aufgrund ausgewiesener inhaltlicher Differenzen von der Redaktionsmehrheit und von "Krisis" als Label zurückgezogen hätten, um ein eigenes Projekt aufzumachen. Dann könnte man von "friedlicher Koexistenz" etc. reden. Aber sie haben mit übelsten sowohl illegitimen als auch formal illegalen Mitteln einen nackten Machtanspruch gegen die Mehrheit von Redaktion und Koordinationskreis durchgesetzt; sie sind nicht gegangen, sondern haben die anderen überrumpelt und gewissermaßen hinausgeknüppelt. Wer auf dieser "Basis" von Sachlichkeit, Zusammenarbeit etc. fabuliert, weiß nicht, wovon er redet. Insbesondere gibt man sich betrübt, daß gegen die gemeine und intrigante Machtpolitik der jetzigen Rest-"Krisis" auch juristische Maßnahmen ergriffen wurden, weil doch so etwas unter Linken ganz schlimm und "bürgerlich" sei. Es ist wirklich frech, wie hier Ursache und Wirkung vertauscht werden. Die Usurpatoren bekommen nur die Natur ihres eigenen Handelns zu spüren. Sie waren es, die auf die formale Ebene des bürgerlichen Rechts gegangen sind und dabei immanente Rechtsbrüche begangen haben. Diese Leute haben uns nicht umsonst hinausgeworfen; sie müssen den Preis bezahlen mit allen Konsequenzen. Alle angeblich "Dazwischenstehenden", die uns, den Hinausgeworfenen, Demut, Hinnahme der Verletzung, "Einlenken" und Sachlichkeit aufzwingen wollen, sind nichts anderes als Komplizen der Täter, die sie zu Opfern stilisieren möchten. Das zeigt nur, wie heuchlerisch die sogenannten Vermittlungsbemühungen sind. Hier gibt es nichts mehr zu vermitteln. Die Aufforderung, das Vorgehen dieser Clique hinzunehmen und "sachlich" zu zeigen, was man selber noch zu der als eine weiterhin gemeinsame Sache unterstellten Wertkritik beitragen könne, geht völlig an der Sache vorbei. Es gibt gar keine gemeinsame Sache mehr und deshalb kann auch von keiner Sachlichkeit die Rede sein. Vielmehr liegt es in der Natur der zerbrochenen "Sache" selber, daß die Selbstbehauptung einer weitergeführten Wert- und Abspaltungskritik in jeder Hinsicht eine polemische Abgrenzung von Rest-"Krisis" und deren Freunden verlangt. Das betrifft sowohl die von diesen Leuten systematisch heruntergespielten und verleugneten inhaltlichen Differenzen, die auf rein administrative Weise "entschieden" wurden, als auch den Ablauf des Konflikts selber. Dabei ist der Versuch gefordert, zu erklären, was bislang ungeklärt geblieben ist. Denn die Usurpatoren konnten ihr eigenes Vorgehen nicht erklären. Was sie als Erklärung anbieten, ist nicht nur durch und durch verlogen, sondern auch inkonsistent. Darzustellen ist also die Verschränkung von Beziehungs- und Inhaltskonflikten. Die Schwierigkeit, damit umzugehen, erfordert eine Darstellung in zwei verschiedenen Texten. Der folgende Text konzentriert sich auf die Beziehungsebene, auf Verkehrsformen und Konstellationen bürgerlicher Subjektivität. In einem zweiten Text wird es um den inhaltlichen theoretischen Dissens auf der begrifflich-kognitiven Ebene gehen (mit den Stichworten androzentrischer Universalismus und Reduktion der Abspaltungstheorie, Objektivismus, Reduktion der Aufklärungs- und Subjektkritik, objektivistische Verharmlosung des Antisemitismus, Apologie des Zirkulationssubjekts und seiner falschen "Sachlichkeit" etc.). Die Entwicklung des wert-abspaltungskritischen Projekts über einen Zeitraum von nahezu eineinhalb Jahrzehnten bis zum Bruch aufzuarbeiten, ist notwendig und erfordert einen gewissen Umfang. Danach kann Schluß sein, aber kein versöhnlicher. Das neue EXIT-Projekt wird sich natürlich nicht vorrangig mit Rest-"Krisis" abgeben, sondern die wert-abspaltungskritische Theorie über die Grenze hinaustreiben, an der diese Leute stehen geblieben sind. Deshalb werden die Texte zur Aufarbeitung des Konflikts auch nicht in der Theoriezeitschrift erscheinen, sondern auf der Homepage veröffentlicht. Sie sollen für alle Interessierten zugänglich sein, aber nicht das Periodikum für ein breiteres Publikum belasten. Außerdem sind die Texte nicht als offizielles Dokument von EXIT-Gremien zu verstehen (die auch personell über den alten "Krisis"-Zusammenhang hinaus sind), sondern als persönliche Stellungnahme, die allein unter die Verantwortung des Verfassers fällt. Niemand muß also jede Formulierung mittragen, obwohl die Schärfe etlichen, die den Auftritt jener Clique live erlebt haben, aus dem Herzen sprechen wird. Es versteht sich von selbst, daß ein solcher Bruch ehrlicherweise nicht ohne Emotion verarbeitet werden kann, die umso heftiger ausfallen muß, wenn man direkt an den Konflikten beteiligt war. Die sprachliche Form des rücksichtslosen Pamphlets ist hier die einzig angemessene und völlig legitim. Ich zögere auch nicht, von Abrechnungstexten zu sprechen, was die zart besaiteten Seelen der Sachlichkeitsfrömmler in künstliche Aufregung versetzen mag. Aber eine Rechnung ist hier aufzumachen. Das ist ein Erfordernis der Sache selbst, der sich die falschen Pazifizierungsfreunde bloß nicht stellen wollen. Inhaltskonflikt und Beziehungskonflikt. Ein Fall für bürgerliche BegriffslosigkeitWer hätte gedacht, daß die Wertkritik vor allem eines ist, nämlich ausgesprochen nett? Freundliche Mitarbeiter aus dem "Krisis"-Zusammenhang entdeckten eines schönen Tages, daß kritische Theoriebildung immer im Kontext von persönlichen Beziehungen stattfindet. Daraus ergaben sich einige zwanglose Schlußfolgerungen für die weitere Perspektive. Denn die Beziehungsebene schreibt der Inhaltsebene gern vor, was zu denken angesagt sei. Das ist nun einmal die Art und Weise, wie der Zeitgeist sich osmotisch durchzusetzen pflegt. Und in diesem Sinne fand eine bestimmte Personengruppe der ehemaligen Theoriezeitschrift "Krisis" um Franz Schandl, Norbert Trenkle und Ernst Lohoff sich selbst ziemlich nett, eine andere, darunter vor allem Robert Kurz und Roswitha Scholz, hingegen "bestürzend" unnett. Die negativ gewordenen Beziehungen zwischen bestimmten Personen in einer informellen Gruppe kritischer Theoriebildung wurden zum Anlaß genommen, nicht nur die eigenen Beziehungskonflikte zu ideologisieren, sondern sich auch zum Richter in eigener Sache zu machen. Das logische Ergebnis war eine Art blanquistische Revolution der Nettigkeit. Lediglich die Mehrheit der Redaktion und der aktiven Trägerschaft mußte mit Hilfe einer "wüsten Intrige" (Katrin Lange) und zweier Kumpels aus dem Vorstand des "Krisis"-Fördervereins weggeputscht und hinausgesäubert werden, um "Krisis" in einen vom Scheitel bis zur Sohle adrett netten Verein für gegenseitige Wohlanständigkeit zu verwandeln; sekundiert durch einige weitere Nettigkeitsapostel vom Wiener Linksblättchen "Streifzüge". Die Hintergründe dieses menschlichen und intellektuellen Ruins begreifen zu wollen, kann nur heißen, jene ominöse Beziehungsebene und ihre Konfliktpotentiale zu thematisieren. Aller Inhalt hat eine Form, und die hat ihn für sich in sich. Inhaltskritik ist nicht möglich, wenn nicht die Form selber zum Inhalt der Kritik wird; nicht nur die objektivierte Reproduktionsform der Wertvergesellschaftung, sondern auch die damit verbundenen Umgangs- und Verkehrsformen falscher Immanenz. Die männlich-weiße westliche Subjektform (MWW) ist hinterfotzig genug, sich als ihre eigene Kritik maskieren zu können. Deshalb ist es durchaus möglich, daß eine im rein kognitiven Sinne radikal kritische Theoriebildung sich in ihr eigenes Gegenteil verkehrt, weil sie an der Verfaßtheit der Subjekte scheitert und die bürgerlichen Beziehungsformen den antibürgerlichen Inhalt aufzehren. Davon legt die Revolution der Nettigkeit bei "Krisis" und "Streifzügen" ein besonders unappetitliches Zeugnis ab. Es gibt nun ein Problem der Darstellung dessen, was hier eigentlich passiert ist. Denn der zur Verfügung stehende Begriffsapparat, die Deutungsmuster, Rezeptions- und Lesegewohnheiten sperren sich der realen Einheit von Inhalts- und Beziehungsebene. Wie die Inhalte formbestimmt sind und die Form selber ein Inhalt sui generis ist, so sind auch die sozialen und persönlichen Beziehungen ebenfalls ein spezifischer Inhalt und ihrerseits in vieler Hinsicht (wenn auch nicht total) formbestimmt; samt den daraus resultierenden Widersprüchen. Inhaltliche Auseinandersetzungen und Brüche finden nie ohne Auseinandersetzungen und Brüche auf der persönlichen, sozialen und institutionellen Beziehungsebene statt. Beides geht auseinander hervor; inhaltliche Differenzen führen zu persönlichen Brüchen, aber auch umgekehrt können persönliche Aversionen und Idiosynkrasien sich in inhaltliche Differenzen verwandeln und dennoch mehr sein als bloße Maskierung einer Psychodynamik, also durchaus einen "objektiven", "sachlichen" Gegensatz zum Vorschein und zum Ausdruck bringen. Dabei ist gleichzeitig festzuhalten, daß auch die Aversionen usw. niemals "rein" persönlicher Natur, sondern stets vermittelt sind mit Momenten gesellschaftlicher Form-Allgemeinheit; in der Wertvergesellschaftung natürlich vor allem mit Konkurrenzverhältnissen. Wäre es an sich schon schwierig, die in diesem Zusammenhang angelegten komplexen Vermittlungsverhältnisse auf eine einzige Darstellungsebene zu bringen, so wird dies selbst als Postulat oder Versuch nahezu verunmöglicht durch die strikte Subjekt-Objekt-Dichotomie des modernen, wertförmig konstituierten Bewußtseins. Damit ist unter anderem auch eine strenge Trennung von Inhalts- und Beziehungsebene impliziert. Die allgemeine gesellschaftliche Form aller Inhalte und Beziehungen bildet die stumme Voraussetzung, in gewisser Weise das "implizite Wissen", während es ansonsten entweder "zur Sache" oder "ad personam" geht. Dem entspricht eine Trennung von Sachliteratur und "Beziehungsliteratur". Bei der Darstellung sachlicher, inhaltlicher Gegensätze und Auseinandersetzungen wird die (persönliche) Beziehungsebene normalerweise systematisch ausgeblendet. Beziehungsverhältnisse und Beziehungskonflikte könnten nur etwa als Roman oder als psychologische Fallstudie dargestellt werden. Erst auf einer hohen Abstraktionsebene, auf der keine realen Individuen mehr vorkommen, kann das Beziehungsproblem selber wieder Inhalt und "sachlich" bzw. "unpersönlich" werden. Deshalb hat es den Geruch des Unanständigen und Peinlichen, in ein- und derselben Darstellung Inhalts- und Beziehungsebene bis hinab auf die real handelnden Individuen und deren persönliche Konflikte zu thematisieren. Das gilt besonders für Zusammenhänge kritischer Theoriebildung. Sicherlich ist es auch berechtigt, daß man, um mit einer theoretischen Auseinandersetzung etwas anfangen zu können, nicht gerade mit Informationen über die grauenhaften Sexual- oder Eßgewohnheiten der Beteiligten belästigt werden möchte. Aber bei der ausgeblendeten Beziehungsebene geht es ja auch nicht so sehr um das Plaudern über Küchen- und Schlafzimmergeheimnisse, sondern um die Ebene, auf der sich Allgemeines und Besonderes/Einzelnes, Gesellschaftliches und darin nicht aufgehendes Persönliches berühren und verschränken. Genau für diese Ebene ist jedoch im Kontext bürgerlicher Dichotomie keine Darstellungsmöglichkeit vorgesehen. Es gehört vielleicht grundsätzlich zur Überwindung des wertförmig konstituierten Bewußtseins, auch die Trennung von Inhalts- und Beziehungsebene, von Sachdarstellung und Beziehungsanalyse zu durchbrechen, ohne deshalb bloß in Klatsch und Tratsch zu verfallen. Jedenfalls zeigt es sich, daß die inhaltliche, theoretische Kritik der Wertform nicht ohne Reflexion auf die (auch persönlichen) Beziehungsverhältnisse auskommt, in denen sich diese Kritik abspielt. Das betrifft die institutionellen Formen ebenso wie das Problem der Warenförmigkeit kritischer Theorie in ihrer gesellschaftlichen Vermittlungsweise, die damit verbundenen Konkurrenz- und Geschlechterverhältnisse sowie die klammheimlichen Ideologiebildungen auf dem Boden der Ideologiekritik selbst in Vermittlung mit den persönlich Beteiligten. Genau die subtilen Prozesse, die sich dabei abspielen und die Inhaltskritik wieder an die Kandare der universellen stummen Formbestimmung nehmen, schließen eben auch die handelnden Personen als individuelle ein, die in ganz bestimmter Weise die Verschränkung von Inhalts- und Beziehungsebene verarbeiten. Das Auseinanderbrechen des "Krisis"-Zusammenhangs ist in dieser Hinsicht exemplarisch, gerade weil die wertkritische Initiative an den Subjektkern der Moderne herangeführt und damit auch auf der persönlichen Beziehungsebene explosives Potential freigesetzt hat. Sobald es aber um die Thematisierung dieses Zusammenhangs geht, kann es auch keine bürgerliche "Sachlichkeit" und "Objektivität" mehr geben. Die "Krisis"-Revolution der Nettigkeit, die in bestimmter, zutiefst ideologischer und selbstapologetischer Weise ihrerseits das Verhältnis von Inhalts- und Beziehungsebene thematisiert hat, kann nur mit einer Polemik beantwortet werden, die zusammen mit der Verlogenheit dieser Art von affirmativer Verarbeitung der Widersprüche auch die Personage nicht ausspart, die sich dafür nicht zu schade war. Die Pointe dieser Revolution der Nettigkeit besteht gerade darin, daß ein falscher, unreflektierter Begriff von "Sachlichkeit" herangezogen wird, um in Wahrheit sehr persönliche Konkurrenz- und Abgrenzungsbedürfnisse in eine Invektive gegen die theoretische Allgemeinheit selbst umzumünzen. Wenn also im folgenden (allerdings keineswegs ausschließlich) immer wieder "ad hominem" polemisiert wird, so liegt das in der auf dieser Ebene nicht objektivierbaren "Sache" selbst. So wenig der Kampf um "Wahrheitsproduktion" (Foucault) von den objektiven Bedingungen und Formbestimmungen der Wertvergesellschaftung abgelöst werden kann, ebensowenig handelt es sich um eine in der Manier bürgerlicher Pseudo-Objektivität "sachlich" auflösbare Angelegenheit. Wir armen Pathogenen! Das Aufkeimen des antitheoretischen Ressentiments im sozialen Zusammenhang der Theoriebildung selbstWenn das bürgerliche Subjekt sich anschickt, das Konkurrenzmesser zu wetzen, fällt ihm stets ein, daß es auch nur ein armes bürgerliches Subjektschwein sei, das an seiner Subjektivität leide. Und es deutet bedeutungsschwer in sich gehend mit dem Finger auf sich:
Seien wir also doch mal gern ein wenig schwach; stehen wir dazu, uns in einem pathogenen Zustand zu befinden, ja direkt pathologisch zu sein. Wers als erster zugibt, hat gewonnen. Wir sind ja alle ganz schlimme bürgerliche Subjekte, machen wir uns doch nichts vor:
Die schreiende Banalität dieser Einsicht, die keine ist, dient allerdings einzig dazu, die Täter zu Opfern zu machen; hier die Beziehungstäter des Hinaussäuberungs-Putsches bei "Krisis", denn in diesem Kontext steht die Glatzsche Selbstbezichtigung ganz eindeutig als salbungsvolles Legitimations-Traktat. Die "Befreiung", die dabei gesucht wurde, war in Wahrheit die Befreiung von den anderen, in der eigenen Imagination weniger netten Beziehungspersonen. Und wie verwandelt man die bloß scheinbare Selbstbezichtigung als bürgerliches Tätersubjekt in die Legitimation der Tat? Indem man ganz einfach klammheimlich eine kleine Verschiebung vornimmt, denn unter uns bürgerlichen Subjekten sind einige als doch ein wenig noch bürgerlicher und noch subjektiver abzustempeln als andere, und die sinds dann "eigentlich" gewesen, sodaß man in aller Nettigkeit gegen sie ein bißchen vorgehen darf. Dreimal darf man raten, wer unter das Verdikt fallen muß. Es sind der Theoretiker und die Theoretikerin als radikale KritikerInnen des bürgerlichen Normalo-Alltagsverstands:
Diese Behauptung ist schlichter Unsinn. Denn es kann im Kapitalismus ebensowenig wie in jeder anderen Gesellschaft irgendjemanden geben, der die Verhältnisse "nur im Allgemeinen kennt". Alle stecken in ihrer Alltagspraxis bis zum Hals in demselben Schlamm, alle verhalten sich in vielen Situationen und Beziehungen entsprechend wenig nett. Was die kritische Theorie, die ihrem Begriff nach notwendig aufs Allgemeine gehen muß, vom Normalo-Alltagsverstand unterscheidet, ist eben die Reflexion "über" diesen schmutzigen Alltag und seine Konstitutionsbedingungen. Das macht die TheoretikerInnen nicht zu besseren Menschen, so wenig wie das Elend an sich bessere Menschen erzeugt. Aber das ist kein Argument gegen die Theorie und ihre Allgemeinheit. Genau in diesem Sinn verfährt hier jedoch das Glatzsche Lamento über die Allgemeinheitszumutungen der theoretischen Reflexion, die so in den Geruch der Unanständigkeit kommen:
Was ist das schon, "Zusammenhänge sehen" und "treffend darüber sprechen", es ist gar nichts, weil die Analytiker ja in ihrem eigenen Alltag nicht so klinisch dauerfreundlich sind, wie sie angeblich qua Einsicht eigentlich sein müßten. Das meint jedenfalls der seichte Moralist auf Kosten anderer. Diese bauernschlaue Klage ist so alt wie der Abscheu des bürgerlichen Alltagsverstands gegen die Theorie, die keinen "Nährwert" hat, weil sie für das Fortkommen in der kapitalistischen Lebenspraxis nichts bietet, als "die Schmach noch schmachvoller zu machen" (Marx), indem diese reflexiv dargestellt und publiziert wird. Und die "treffend darüber sprechenden" Analytiker, weil sie selber nicht als Individuen eine "neue Gesellschaftlichkeit" vorleben, die eben auch nur gesellschaftlich möglich ist, weil sie bis in ihre persönlichen Beziehungen hinein von der wechselseitigen Gemeinheitsmaschine erfaßt werden, sie werden plötzlich an einer Elle gemessen, die man verständnisvollerweise an die Normalos nicht anlegt. War nicht auch dieser Marx in seinem persönlichen Umgang ein ziemlich unangenehmer Zeitgenosse, hat er nicht seine Haushälterin geschwängert und gutwillige Dummköpfe reihenweise beleidigt? Was soll uns da noch die "abstrakte" Theorie des Fetischkapitels? So kommt es am Ende darauf hinaus, daß die "jenseitige Erkenntnis" nicht als unerläßliches Moment der Transzendierung, sondern pejorativ gefaßt wird als bloße Selbstdarstellung derjenigen, die dann für ihre "diesseitige Unterworfenheit" besonders hart angefaßt werden sollen, weil sie sich erdreistet haben, das Übel "im Allgemeinen" kenntlich zu machen und auf den Begriff zu bringen. Was hier bedient wird, ist der ganz
gewöhnliche antitheoretische
Affekt der Praktiker, auch der
Bewegungspraktiker; die tief sitzende und immer wiederkehrende Theoriefeindlichkeit
des spontanen Bewußtseins und der verkürzten
Kapitalismuskritik. In demselben Maße, wie die affirmative
Selbstreflexion der Wertvergesellschaftung zum Positivismus
herabgesunken ist, der sogar bis in eine stumpf gewordene "Kritik"
hineinreicht, ist die theoretische Reflexion nicht nur verschrien als
"des Gedankens Blässe", sondern auch als eine besonders
unmoralische Veranstaltung. Die TheoretikerInnen werden (gerade im
Namen des unreflektierten "Persönlichen") als Leute
angeschwärzt, die sich "etwas herausnehmen", die sich
"über andere erheben", und die "sich selbst herausnehmen und
herausheben", also angeblich die übelsten aller Subjekte sind.
Wer als TheoretikerIn arbeitet (notgedrungen in der negativen Form, die
der Arbeitsbegriff als genuin kapitalistischer
Tätigkeitsbegriff impliziert), der oder die, so das
speichelnde Räsonnement des Affekts gegen die
"selbstüberhebliche" Theorie, Was hier die Zunge bleckt, ist nichts anderes als die unbändige Wut der Normalos über die theoretischen Allgemeinheitszumutungen hinsichtlich ihrer eigenen persönlichen Misere; allerdings eine in ölige Watte gepackte, mühsam gedämpfte Wut, die sich einen besonders scheinheiligen Ausdruck der Meta-Kritik gibt und auf nichts anderes als die Zurücknahme der Zumutung hinausläuft, weil man sich in Wahrheit selber "sein Leben einzurichten wähnt" in der "diesseitigen Unterworfenheit". In diesem Sinne ist Theorie schon immer "verrückt" und in der Tat "lebensfremd", gerade weil sie der abgründigen Fremdheit dieses "Lebens" einen reflexiven Ausdruck gibt. Dabei ist der Ausgangspunkt radikal
kritischer Theorie in Wahrheit nie ein (ethisch-moralisches,
normatives) "Jenseits", wie es nur in aller bürgerlichen
Theorie der "praktischen Vernunft" (Kant) tatsächlich der Fall
ist, sondern im Gegenteil stets gerade das Leiden an der "diesseitigen
Unterworfenheit", das eigene und das Mit-Leiden am Elend anderer,
dessen Reflexion jedoch zwangsläufig zunächst in ein Der Vorwurf, die TheoretikerInnen
würden sich in einem Jenseits der Abstraktionen "ihr Leben
einzurichten wähnen", weil ihr individuelles Leben eben
unvermeidlich darauf hinausläuft, in dieser Sphäre
eine sekundäre "theoretische Praxis" so hart
"berufsmäßig" zu betreiben wie ein Schuster seine
Werkstatt, impliziert eine Apologie "des Lebens" diesseits der Theorie,
die selber eine schlechte Abstraktion ist und übrigens
traditionell den rechts gestrickten Ideologien angehört. Der
Affekt gegen den Es mag auf den ersten Blick überraschen, wenn der antitheoretische und intellektuellenfeindliche Affekt sich gar nicht einmal so klammheimlich ausgerechnet in einem Zusammenhang kritischer Theoriebildung geltend macht. Aber dieser Einbruch der Theoretikerfeindschaft in den Theoriebildungszusammenhang selbst, hier unter dem Vorwand einer Thematisierung der in Wahrheit völlig dekontextualisierten "Selbstreflexion" (der reale Konflikt-Kontext des ganzen Räsonnements wird völlig ausgeblendet), ist durchaus nichts Neues; und zwar sowohl auf der sozialen Beziehungs- als auch auf der Inhaltsebene. Theoretische Praxis kann nicht als reiner Inhalt für sich stehen, als Praxis sui generis bedarf sie der Darstellung, der Organisierung, der Vermittlung usw. Ein theoretischer Zusammenhang braucht also auch Leute, die zwar die Notwendigkeit und den Stellenwert der Theorie einsehen, aber selber nicht in erster Linie Theoretiker im engeren Sinne sind oder sein wollen, sondern bestimmte Aufgaben übernehmen; von der redaktionellen Bearbeitung, der Finanzverwaltung, der Verlagstätigkeit, der Technik usw. bis zum Vertrieb und zur Organisation von Veranstaltungen. Außerdem ist auch die eigentliche theoretische Praxis nicht hermetisch eingegrenzt. Man muß kein berufsmäßiger Theoretiker sein, um auch einmal einen theoretischen Artikel schreiben zu können. Wie in vielen anderen Bereichen gibt es eine größere oder geringere Intensität der theoretischen Betätigung bei verschiedenen Leuten; es gibt eine mehr innovative und eine mehr sekundäre, nachbereitende Literatur, es gibt fließende Übergänge zum Journalismus usw. Das alles ist so lange unproblematisch, wie die Beteiligten sich solidarisch zueinander verhalten im Sinne einer gemeinsamen Sache, wie sie ihre individuellen Grenzen kennen und ihren jeweiligen Anteil ohne Selbstwertprobleme und Konkurrenzgefühle einbringen können. Nur in einem solchen Klima kann es auch individuelle Entwicklungen geben; niemand weiß ja apriori, daß er oder sie nun "TheoretikerIn wird" oder sonstwie berufsmäßig Texte produziert, sondern es handelt sich um langfristige lebensgeschichtliche Prozesse. Kontraproduktiv und geradezu destruktiv wird das Verhältnis jedoch, wenn sich das Ressentiment einzunisten beginnt, also eine gehässige Abwertung der TheoretikerInnen, die aus einer negativ verarbeiteten Selbstwertproblematik anderer Beteiligter resultiert. Da in einem Zusammenhang kritischer Theoriebildung die "theoretische Produktion" der Sache nach im Mittelpunkt steht, kann den aktivsten ProduzentInnen gegenüber ein Minderwertigkeitskomplex entstehen, der ins Ressentiment umschlägt. Das ist gerade die Art und Weise, wie die bürgerliche Subjektivität in einem solchen Zusammenhang negativ durchzuschlagen beginnt und sich in den Individuen paradox gegen deren eigene Sache wendet. Im "Krisis"-Zusammenhang gab es Anzeichen für diesen Umschlag schon länger, die auch ihre schriftlichen Spuren hinterlassen haben. So hieß es in einem Papier des Konflikts mit dem postmodern eingefärbten "Karoshi"-Projekt (einem längst wieder von der Bildfläche verschwundenen, von ehemaligen "Krisis"-Leuten kreierten Magazin) seitens eines Protagonisten mit ungeschminkter Deutlichkeit:
Hier haben wir es schon nicht mehr mit der Unbefangenheit und Neugier theoretischer Rezeption zu tun, nicht mehr mit einem Ausprobieren der eigenen Möglichkeiten in einem solchen Zusammenhang ohne Schielen auf "Charts" und ohne Gier nach Reputation, um zu sehen, wohin man gelangt und was man vielleicht selber als Individuum einbringen kann; hier spricht vielmehr schon die dumpfe Stimme des Ressentiments, dem es nicht um die eigene Entwicklung geht, sondern das die Autorschaft anderer in den verbiesterten Blick der Selbstwertmonade nimmt. Dieses Ressentiment ist es, das, einmal entstanden, den Theoriebildungs-Zusammenhang vergiften muß, auch wenn es zunächst als marginal erscheinen mag. Sobald dieser Ungeist des Ressentiments aber in den Theoriebildungsprozeß selbst eindringt, also auch bestimmte Theorieproduzenten erfaßt, schlägt der emanzipatorische theoretische Inhalt auf der Ebene des "Allgemeinen" selbst in den Reflex gegen die Allgemeinheitszumutung um: Auf paradoxe Weise wird die Theorie selber theoriefeindlich und intellektuellenfeindlich. Das geht durchaus, denn wie das persönliche Ressentiment ideologisiert werden kann, so kann der antitheoretische Affekt des Normalo-Bewußtseins selber theoretisiert werden. Schon immer waren es in der modernen Ideologiegeschichte Intellektuelle, die der Theorie- und Intellektuellenfeindlichkeit einen Ausdruck gaben. Offenbar war dieser Umschlagspunkt in
der "Krisis"-Geschichte erreicht, und zwar endgültig mit dem
Aufwallen des Ressentiments im engeren Kreis der theoretischen
Produzenten selbst, nämlich durch eine Aufspaltung der
Beziehungen nach dem Muster des gemeinbürgerlichen Affekts
gegen die "intellektuelle Existenz", vermittelt durch
Konkurrenzgefühle und eben jene Selbstwertprobleme, wie sie
oben ausgeplaudert wurden. Für den Herrn Glatz etwa
gerät die (berufsmäßige) Da sind wir schon wieder bei der angeblichen "Selbstüberhebung" der TheoretikerInnen; aber jetzt wird die Zielperson genauer eingegrenzt, denn der Laienprediger des Ressentiments weiß, wo der größte Theoretiker- und Publizistenlump zu finden ist:
Es sind also nicht die theoretischen SchreiberInnen schlechthin, die als Sünder wider die Normalität "des Lebens" salbadernd abzumeiern sind, sondern es ist das Oberschwein, das sich angeblich "auf Märkten gut verkauft". Und das hat einen Namen, auch wenn dieser nicht direkt genannt wird. Denn im Zusammenhang der bisherigen wertkritischen Debatte und Publizistik von "Krisis" und "Streifzügen" gibt es nur einen, von dem die Fama geht, daß er sich "auf Märkten gut verkaufe", nämlich die Person des Robert Kurz. Auf genau den zielt die subtile Hetze des Herrn Glatz, dessen Traktat im (unausgewiesenen) Kontext einer bestimmten inneren Auseinandersetzung steht, in der er auf leise zischelnde Weise Partei ergreift, indem er gerade den falschen Ton des allgemeinen Warners und Mäßigers anschlägt. Muß man sich dieser schiefmäuligen, aufs Vorurteil der pseudokritischen Dumpfbacken zielenden Anmache gegenüber rechtfertigen? Muß man darauf hinweisen, daß dieser "Markterfolg" nur ein sehr relativer sein kann, weil Theorie sich nicht in Bestsellerauflagen verkauft, weil damit keine Reichtümer erworben werden können und die AutorInnen im kommerziellen Literaturbetrieb sowieso die Deppen sind? Muß man erklären, warum man mit 60 nach vierzig Jahren in der radikalen Linken einen Rentenanspruch unter Sozialhilfeniveau zu erwarten hat, im Gegensatz etwa zur Beamtenpension des Wiener Lateinlehrers Glatz, und diese Hungerperspektive durch eine Existenz als "(vogel-)freier Publizist" sich nicht ändern kann? Es hat etwas Erbärmliches, wenn allein schon die Tatsache, daß die Bücher eines wertkritischen Publizisten auch in gewöhnlichen Buchläden aufliegen, zum Anlaß für gehässige Tuschelei wird, daß da einer sich "auf Märkten gut verkaufe". Daß die radikale Kritik, die heute nur noch Wertkritik bzw. Abspaltungskritik sein kann, in ihrer Darstellung selber die Warenform annehmen und in die bürgerliche Zirkulation hineinkommen muß, ist ein Paradox und ein Problem, daß einer kritischen Durchdringung bedarf. Es ist aber kein Problem, das durch seichten, populistischen Moralismus gegen den "Markterfolg" aufgelöst werden könnte. Nicht der (vermeintliche) Erfolg oder Mißerfolg kann Gegenstand der Kritik sein, sondern die Form selber, in der sich beides abspielt, und aus der man nicht qua subjektiver Willensentscheidung herausspringen kann. Auch Eigendruck im Selbstverlag nimmt zwangsläufig im Prinzip die bürgerliche Form an; und nur auf Amateurniveau mit geringstmöglicher Reichweite publizieren zu können, ist nicht per se "emanzipatorisch". Ohnehin geht es bei der Invektive im "Krisis"-Zusammenhang gegen die Unperson Robert Kurz gar nicht um die Reflexion der Warenförmigkeit kritischer Theorie und die damit verbundenen Zwänge, Paradoxien, Gefahren etc., sondern um nichts als die Mobilisierung des bloßen Ressentiments gegen "den im Rampenlicht" (selbst wenn das nur für eine sehr begrenzte Öffentlichkeit leuchtet). Der Glatzsche Ausfall in den
"Streifzügen" gegen den angeblichen publizistischen
"Markterfolgsmenschen" ist völlig inhaltslos; er zielt nicht
auf eine kritische Reflexion der publizierten Texte (inwieweit sie etwa
nur durch Korrumpierung in die weiter reichende Zirkulation gekommen
wären), sondern einzig auf die Mobilisierung von
Gefühlen der Mißgunst: Diese schräge Motivlage machte sich im "Krisis"-Zusammenhang während der 90er Jahre nicht bloß bei einigen von Minderwertigkeitsgefühlen gebeutelten Nicht- oder Gelegenheits-Autoren bemerkbar, sondern auch bei denjenigen regelmäßigen Autoren, die sich durch den theoretischen Vorsprung und das publizistische "Abheben" der herausgehobenen Figur Robert Kurz nicht etwa ermuntert, sondern in die "zweite Reihe" degradiert fühlten. Zusammen mit dem ersten Erscheinen eines wertkritischen Buches in einer größeren Öffentlichkeit (Robert Kurz, Der Kollaps der Modernisierung, 1991) begannen bei denen, die von bürgerlichen Medien gelegentlich als "Mitarbeiter" der "Leitfigur" tituliert wurden, auch erste Züge eines Wolfsrudels von Ehrgeiz- und Konkurrenzmännern aufzuscheinen; eine Tendenz, die sich immer mehr verstärken sollte, um schließlich den solidarischen Zusammenhang zu zerstören und den emanzipatorischen Inhalt der Wertkritik zu verbiegen. Der Zwangs-Egalitarismus der Bruderhorde und die Illusion vom kollektiven TheoretikerIm Lauf der 90er Jahre machte sich die nörgelnde und lauernde Unzufriedenheit derer im "Krisis"-Zusamenhang, die den Inhalt der Wertkritik durchaus selber mit Macht zu ihrem Humankapital auf dem Markt der Meinungen machen wollten, sich dabei jedoch zurückgesetzt und "unterbewertet" fühlten, in zahlreichen internen Motz-, Hetz- und Kotzpapieren geltend, von denen die wenigsten erhalten sind (wer hebt so etwas schon auf; wer denkt schon daran, daß man derartige Peinlichkeiten noch einmal dokumentarisch zur Selbstrechtfertigung benötigen könnte). Die in ihrem Selbstwertgefühl gebeutelten Konkurrenzmänner, die den kognitiven Inhalt der Wertkritik bereits zum Medium ihres Beziehungskonflikts herabzuwürdigen begannen, hatten die Glatzsche Zielvorgabe des Ressentiments längst vorweggenommen. Die zunehmenden Invektiven gegen die zum internen Haßobjekt gemachte Öffentlichkeitsfigur Robert Kurz zielten dabei sowohl auf die Verletzung eines postulierten Gruppen-Egalitarismus durch den "Abgehobenen" als auch, in Verbindung damit, auf die pejorative Bestimmung der (für die meisten unerreichbaren) intellektuellen Berufsexistenz jenseits der kleinen "Krisis"-Welt. Der Gruppen-Kollektivismus als Reibungsfläche rührte im wesentlichen aus einem mitgeschleppten Verständnis aus den Zeiten linker Politgruppen, Sekten und Partei-Ansätze. Die gemeinsame Unterordnung unter das per se schon entfremdete politische Kollektiv als eine Zwangsegalität, die stets nur das Geheimprogramm aller modernen Politik als Durchsetzungsmodus der Wertvergesellschaftung reflektiert hat, nämlich die Unterordnung unter die abstrakte Allgemeinheit der Form, bildete in den linken Auslaufprogrammen der Politik Zwangsgemeinschaften im Miniaturformat als letzten Aufguß der bürgerlichen Konstitution. Bei den Extremformen der Durchsetzungsgeschichte im 20. Jahrhundert hatte es geheißen: Du bist nichts, deine Klasse ist alles (Parteimarxisten); Du bist nichts, dein Volk ist alles (Nazis); die Partei hat immer recht (parteiübergreifend). Bekannt ist ja auch die alte sozialdemokratische Konfliktgeschichte zwischen der (individuell formulierten) Marxschen Theorie und den kapitalistisch immanenten Bedürfnissen des Parteiapparats, ironischerweise gerade von Friedrich Engels formuliert, dem eigentlichen ersten "Parteitheoretiker" im verkürzenden Sinne. Die bis heute in den positivistisch verflachten Volksparteien nachwirkende Parteiräson als Selbstzweck, die den irrationalen Selbstzweck der Wertverwertung widerspiegelt, hat sich von Anfang an gegen die Autonomie und das "Abheben" der theoretischen Reflexion gerichtet und diese zu beschneiden gesucht, wobei immer schon ein Räsonnement wie das zitierte Glatzsche gegen die "Abstraktheit", "Lebensfremdheit" usw. der Theorie mitschwang. Der falsche Egalitarismus, der zu dieser Konstellation gehört, ist keiner eines selbst-bewußten "Vereins freier Individuen", sondern nichts als Ausdruck der abstrakten Individualität, deren Kehrseite die zwanghafte Allgemeinheit der bürgerlichen Willensform bildet. Es ist die Egalität, die aus der gemeinsamen Unterwerfung entspringt, in der alle gleichermaßen nur Funktionäre ihrer eigenen veräußerlichten und verdinglichten Gesellschaftlichkeit sind, die ihnen in der politischen Form auferlegt ist. Dieser falsche Egalitarismus der "Parteisoldaten", wie er aller aktiven Politik als einer Funktionssphäre der Wertvergesellschaftung inhärent sein muß, reproduziert sich in einem zunächst naturwüchsig nach der Matrix der politischen Organisationsform entstandenen Theoriebildungs-Zusammenhang ebenso naturwüchsig gewissermaßen als falscher Egalitarismus von "Theoriesoldaten". In diesem Sinne bezeichnete sich etwa der "Krisis"-Autor Ernst Lohoff in Abgrenzung von Robert Kurz gern als "Mannschaftsspieler"; ein unverblümter Hinweis auf die männliche Zwangs-Kollektivität in der quasi-politischen Form. Das ist natürlich eine polemische Zuspitzung, die aber den Kern der Sache trifft. Es tut dieser Einschätzung auch keinen Abbruch, daß im "Krisis"-Zusammenhang auf der kognitiven Inhaltsebene der Begriff des Politischen bereits einer fundamentalen Kritik unterzogen und die Form der politischen Partei verworfen, ja sogar das Nachwirken der politischen Form als eine Art Schattenriß problematisiert worden war. Subkutan blieb trotzdem der negative Egalitarismus der Politgruppe wirksam, in den Identifikationsmustern, emotionalen Bezügen und gruppen- bzw. psychodynamischen Verhältnissen. Es ist ja auch wirklich so, daß ein autonomer Zusammenhang radikal kritischer Theoriebildung sich in mancher Hinsicht noch quasi-politisch verhalten muß, etwa im Sinne einer "Theoriepolitik" oder eines strategischen Verhaltens in Bezug auf die linken Szenen, die gesellschaftlichen Oppositionsströmungen etc. Dieser Bezug darf jedoch nicht verwechselt werden mit der Theoriebildung selbst, die ganz anderen Gesetzen folgt und in einem anderen Modus stattfindet. Genau diese Verwechslung geschieht jedoch, wenn die theoretische Praxis als solche an den falschen Egalitarismus einer Gruppen-Kollektivität gebunden werden soll. Auch wenn es nicht eingestanden wurde: In der ursprünglichen Nürnberger "Krisis"-Gruppe schien in der schwelenden Unzufriedenheit derer, die sich zurückgesetzt fühlten, zunehmend das Muster auf, gegen den "abgehobenen" Theorieproduzenten und Publizisten im Grunde den negativen Egalitarismus des Gruppenkollektivs geltend zu machen, auch wenn damit nur ordinäre Konkurrenzgefühle maskiert wurden. Negativ ist dieser Egalitarismus auch in dem Sinne, daß er darauf hinausläuft, die "allzu große" Produktivität des eben deshalb über den engen Gruppenrahmen hinausgewachsenen Schriftstellers zu beschneiden und einzudämmen, ihn zurückzuzwingen auf den kleinen Maßstab der beschränkten, schwerfälligen Kollektiv-Diskussion und in den Gleichschritt der "Truppe", die jedem ihrer Mitglieder das Tempo vorgeben will. Theoriepolitisch könnte man hier die Illusion vom "kollektiven Theoretiker" festmachen; eine Illusion deswegen, weil so die Theoriebildung als solche in den politischen Modus gepreßt und damit ihr eigener Modus negiert wird. Das Ergebnis kann nur kontraproduktiv sein. Sozialpsychologisch oder gruppen- und psychodynamisch könnte man von einer Art "Bruderhorde" sprechen, die sich zwangsegalitär gegen den "abgehobenen", dem Bonsai-Kollektiv entwachsenen, unanständig produktiven, in einer anderen Öffentlichkeitsliga spielenden "Vater" oder "älteren Bruder" formiert, um ihn gewaltsam in den Schoß des Zwangskollektivs zurückzuholen oder ihn zu eliminieren. Die Bruderhorde des falschen Egalitarismus im "Krisis"-Zusammenhang sprach ihre einschlägigen Motive gelegentlich auch ziemlich unverblümt aus:
Text und Subtext dieser Attacke müssen kaum dechiffriert werden; jeder weiß, daß "jeder" niemand anders als der "abgehobene" Robert Kurz sein soll, dessen Publizistik sich unverzeihlicherweise nicht mehr auf den eigenen Klitschenbetrieb beschränkt, was nicht als Vermittlung nach außen, sondern als "Bruch der Bruderschaftsvereinigung" (Petra Haarmann) erlebt wird, als "Geschäftsbetrieb" im pejorativen Sinne des Ressentiments von Zurückgebliebenen. Die über den eigenen Laden hinausgehende Publizistik und Theorieproduktion des Entlaufenen erscheint sogar geradezu als "individueller Irrsinn", weil sie die Illusion vom kollektiven Theoretiker zunichte macht. Die positive Imagination des
Bruderhorden-Zwangsegalitarismus zieht zwangsläufig eine
pejorative Bestimmung der publizistischen Existenz nach sich; es wird
Gift gespuckt gegen den, der anscheinend tatsächlich von der
Textproduktion "leben kann", wenn auch mehr schlecht als recht. Was in
Wahrheit der eigene, allerdings nicht in Erfüllung gehende
Wunschtraum ist, daraus wird der Strick für den "Abgehobenen"
gedreht, dem man nun vorwerfen kann, daß er den
Schrebergarten der kleinen Gruppenexistenz verlassen und sich Weil man selber die Theorie und Publizistik nicht zur hauptsächlichen Lebenspraxis machen kann oder will, soll dies auch bei anderen nicht anerkannt und der Theorie als solcher die "Lebenspraxis" von "oppositioneller Betätigung" entgegengestellt werden:
Daß nicht alle Rezipienten von Theorie selber Theoretiker werden müssen, daß es einen komplexen Vermittlungszusammenhang von autonomer Theoriebildung und sozialen Bewegungen gibt, und daß die Existenz als "Vollzeit-Theoretiker" wie jede berufliche "Vollzeit"-Existenz nach Maßgabe wertförmiger Reproduktion bornierende und zwanghafte Momente hat, - diese Tatsachen werden nicht reflexiv problematisiert, sondern instrumentalisiert für das Ausleben des Ressentiments: Weil man sich selber bloß zwanghaft, ehrgeizig und in höchstem Grade konkurrent in die Rolle des Cheftheoretikers hineinimaginiert hat, es aber nicht zum "Vollzeit-Theoretiker" reicht, muß dessen Dasein als "seltsame Zumutung" nicht in seiner wirklichen Problematik reflektiert, sondern madig gemacht werden als eine Art Verbrechen an der "Lebenspraxis". Die Schandbarkeit eines solchen Daseins
ist also diejenige des Robert Kurz in seiner Da spricht der Fuchs, dem die Trauben zu hoch hängen, und der sie deshalb als sauer befindet. Aber diese wandelnde Essiggurke der Frustration kann sich nicht enthalten, ebenso gehässig wie besitzergreifend darauf hinzuweisen, daß die übergroße Textproduktion des "individuellen Irrsinns" nichts anderes als "die allgemeine Diskussion" der Bruderhorde "zum Hintergrund" habe; sprich: eigentlich gehört das alles uns, eigentlich sind wir qua Hordengemeinschaft die "wahren" Theoretiker, und der abgehobene Berufsschriftsteller hat daraus nur sein "Geschäft" als "Privatgelehrter" gemacht. Abgesehen davon, daß hier das selber ehrgeizverwüstete Konkurrenzgefühl spricht, ist es auch eine völlige Verkennung der Quellen von theoretischer Innovation und Produktion, die in aller Regel eher beharrlicher Recherche und dem Durchwühlen von Bergen an Material entspringt als gemütlichen Diskussionsrunden und Gruppensitzungen. Die Diskussion ist normalerweise nachgeordnet und bezieht sich meist auf Resultate, die ihrerseits nicht unmittelbar aus einer Diskussion hervorgehen können. Aber auch in dieser Hinsicht
muß das Räsonnement der Teilzeit-Denker den
Sachverhalt auf den Kopf stellen und die eigene Beschränktheit
zur "Eigentlichkeit" erklären. Der bleiche
"Berufsintellektuelle" versündigt sich nicht nur gegen die
pralle "Lebenspraxis", indem er die Theorie selber zu einer den
Lebenshorizont ausfüllenden Praxis macht; er kann ja, so die
selbst-apologetische Rabulistik der Bruderhorde, als
berufsmäßiger Schreiber, der angeblich
Es kommt also darauf hinaus, daß der Berufsschriftsteller eigentlich nur ein ganz windiger Theoretiker sein könne, weil den Märkten und den Tageskämpfen ausgeliefert, während die unfreiwilligen Amateure sich als die wahren Grundsatztheoretiker sehen allein schon deshalb, weil sie sich ihre "Lebenspraxis" nicht durch Vollzeit-Theorie vermiesen lassen und sie mit ihren geistigen Höhenflügen kein "Geld verdienen". So erscheint es geradezu als besonders "edel", zur theoretischen Begriffsbildung ein Verhältnis zu haben wie vielleicht ein Dorfapotheker zur Paläontologie als Liebhaberei, während man über den Berufsintellektuellen als ganz unedlen Handwerker die Nase rümpfen darf. Die Philosophenkönige sitzen heute eben nur noch im geistigen Hobbykeller. Es ist eine Mischung aus antitheoretischem Affekt und intellektuellenfeindlicher Lebensphilosophie für den Hausgebrauch einerseits und einem selber gockelhaft-wichtigtuerischen, aber nicht einlösbaren theoretischen Überanspruch andererseits, die sich da aus den Konkurrenzgefühlen, Selbstwertkomplexen und Ehrgeizfrustrationen der "Krisis"-Bruderhorde heraus zusammengebraut hat. Die Verbeugung vor dem Alltagsverstand bornierter "Lebenspraxis", während man sich gleichzeitig gegenseitig eines edeltheoretischen imaginären Besitzstandes versichert, muß anziehend wirken für ein Milieu von linken Schwadroneuren und Kneipenhengsten, die sich am liebsten zu Höherem berufen fühlen und dem intellektuellen "Promi" Robert Kurz schon immer mal in die Suppe spucken wollten. Was für eine Freude, wenn dem nun die "eigenen Leute" an die Gurgel gehen und genau die Ressentiments an den Tag legen, die man selber schon längst im Busen trägt. Sobald der Aufstand der "Krisis"-Bruderhorde gegen den "Berufsschriftsteller" in den linken deutschen Kiez-Milieus öffentlich wurde, konnte er nicht nur das Wohlwollen aller Traditionsmarxisten, Linksbellizisten und sonstigen Feinde der wertkritischen Theorie finden, denen die Unperson Robert Kurz jemals publizistisch auf die Zehen getreten war, sondern auch sämtliche Furien eines falschen linken Egalitarismus wecken, der den Mief des Kollektivs als Emanzipation ausgibt und das ressentiment-geladene Mißtrauen gegen die selbständige intellektuelle Existenz als Monstranz einer bornierten Gemeinschaftshuberei vor sich herträgt:
Der hier sich äußernde kleine Privateigentümer seines abgewrackten und rostigen Marxismus, den er nicht einmal mehr in der grauen Veteranenliteratur unterbringen kann, glaubt endlich ungestraft die "langjährige Schreibarbeit" dessen, der nicht mehr bloß in den Hinterhöfen der altlinken Szene hausiert, als "angehäuftes kulturelles Kapital" eines "kleinen Privateigentümers" denunzieren zu können. In diesem Sinne darf sich nun der ganze Mob von frustrierten linken Möchtegerns am Haberfeld-Treiben gegen den Berufsintellektuellen beteiligen. Genau das haben die erpichten und verpichten gescheiterten Selbstunternehmer ihres eigenen theoretischen Unvermögens wahrscheinlich schon immer unter "sozialer Emanzipation" verstanden. Kleine KampfhundkundeDie niedersten Instinkte der bürgerlichen Subjektivität, wie sie von den Frustrationen der "Krisis"-Bruderhorde geweckt worden waren, mußten auf eine soziale und schließlich auch organisatorische Abstoßungsreaktion gegen den immer stärker als Fremdkörper erlebten Veranstalter von publizistischen "Extratouren" hinauslaufen. Und ohne daß das Ziel des organisierten Ressentiments ausdrücklich benannt worden wäre, war es implizit schon längst klar: Dem Privatgelehrten und Berufsschriftsteller ist die "Nestwärme" der Gruppengemeinschaft zu entziehen, der er bislang noch unberechtigterweise "teilhaftig" geworden sei. Der Aufstand der Bruderhorde gegen die "Leitfigur", die unverzeihlicherweise über das reduzierte Beziehungsverhältnis hinausgewachsen war, kündigte sich frühzeitig an. Das Ziel konnte nur die soziale Ächtung des Abtrünnigen, Abgehobenen, der Hordengemeinschaft Entzogenen sein; das "Hinaussäubern" dessen, der den falschen Egalitarismus der Brüder verletzt hat. Es dauerte allerdings einige Jahre, bis es so weit war. "Kairos" (günstige Gelegenheit), das lief zunächst im Frühjahr 2002 darauf hinaus, dem Berufsintellektuellen zuerst einmal die muffig gewordene Gemeinsamkeit der Nürnberger "Krisis"-Gruppe aufzukündigen. Daß dabei auch andere Gruppenmitglieder aufgegeben werden mußten, nahm man ohne weiteres in Kauf: ein Zeichen, daß der Egalitarismus und die scheinbare Gemeinschaftlichkeit sich in Wahrheit exkludent auf eine begrenzte, ambitionierte Brudergruppe bezog, die sich bis heute als den "eigentlichen Kern" des Ganzen imaginiert und alle anderen als Spielfiguren oder als Konkurrenten behandelt; eine völlige Preisgabe des emanzipatorischen Anspruchs auf der Beziehungsebene, womit auch der wertkritische Inhalt dementiert wird. Die Aufkündigung des lokalen Nürnberger Gruppenzusammenhangs durch diese zunehmend mafiotisch agierende Kleinbande (allerdings hat die wirkliche Mafia einen anspruchsvolleren Ehrenkodex) war nur der Probelauf für den eigentlichen Coup. Zwei Jahre später konnte dann die "große Gelegenheit" ergriffen werden, den Ab- und Ausstoßungsprozeß zu vollenden, um die bestgehaßte ehemalige "Leitfigur" (ein an sich unkoscherer Begriff, der noch zu thematisieren sein wird) endgültig loszuwerden. Wiederum wurde es bewußt in Kauf genommen, damit auch die Mehrheit der bisherigen überregional aktiven Trägerschaft von Redaktion und Koordinationskreis gleich mit abzustoßen. "Wir sind die Krisis", diese anmaßende Parole beim Hinausputschen der Redaktionsmehrheit enthüllt den ganzen Zynismus der usurpatorischen falschen Brüdergemeinschaft, der allerdings einen weitgehenden Realitätsverlust zur Grundlage hat. Die Reaktionen der organisierten Abstoßung und Abspaltung konnten freilich nicht offen und ehrlich mit jenen schäbigen Motiven begründet werden, wie sie aus allen Knopflöchern der internen Papiere, Mails usw. hervorblitzen. Das bürgerliche Konkurrenzsubjekt muß sich stets hinter der Maske einer falschen Sachlichkeit verstecken. So sahen sich die intriganten, ihren absurden Coup vorbereitenden Brüder genötigt, ihre Motive zu verobjektivieren und einen pseudo-sachlichen Begründungszusammenhang zu erfinden, mit dem die Hinaussäuberung des Berufsintellektuellen offiziell gerechtfertigt werden sollte. Zur Maske dieser Versachlichung wurde das Postulat der so genannten Sachlichkeit selbst; und zu diesem Zweck mußte die Geschichte der "Krisis"-Theoriebildung und der dabei in der Vergangenheit vollzogenen Brüche neu interpretiert werden:
Der Verweis auf einen "Inhaltsreduktionismus", der die Beziehungsverhältnisse unbeachtet gelassen habe, geht hier völlig daneben und dient einzig der Instrumentalisierung für einen Beziehungskampf auf einer ganz anderen Ebene, nämlich gegen den Berufsintellektuellen, dem man unbedingt etwas Verbrecherisches anhängen mußte. Dafür sollten nun die früheren Abnabelungs-Konflikte herhalten. Faktum ist selbstverständlich, daß der Weg der wertkritischen Theoriebildung gewissermaßen mit ideologischen Leichen gepflastert ist; denn um diesen Ansatz überhaupt gegen die vorherrschenden Strömungen der Linken durchhalten zu können, bedurfte es einige Male einer ziemlich harten Gangart. Bis Mitte der 90er Jahre gab es innerhalb des sich herausbildenden "Krisis"-Zusammenhangs in mehreren Wellen heftige Konflikte mit diversen Vertretern von Positionen des Traditions- oder Arbeiterbewegungsmarxismus (nicht zuletzt im Kontext der radikalen Arbeitskritik), 1996/97 nabelte sich das postmodern eingefärbte "Karoshi"-Projekt ab, und nach dem 11. September kam es kaum überraschend zu einem ebenfalls heftigen Zusammenstoß mit den (wenigen) Sympathisanten des antideutschen Bellizismus im "Krisis"-Koordinationskreis. Es ist nun ein ziemlich an den Haaren herbeigezogener Gedanke, daß Konflikte mit theoretischen Positionen, vor allem "der weltgeschichtliche Ablösekampf mit einer ganzen Epoche" (des Arbeiterbewegungsmarxismus) sozusagen allein mit der Epoche als solcher oder mit ihren abgestorbenen Theoriebildungen geführt werden sollten und nicht auch mit bestimmten Personen, die sich noch immer identitär daran festkrallen. Diese Konflikte mußten im Gegenteil auch als persönliche geführt werden, und zwar zwangsläufig mit Leidenschaft und Zorn; auf der einen Seite, um die Selbstbehauptung des Neuen zu gewinnen, auf der anderen, um das verinnerlichte Alte zu verteidigen. Gerade bei den Ablösekämpfen vom Arbeiterbewegungsmarxismus, die mit leibhaftigen Vertretern dieser Spezies ausgetragen wurden, hatte die spätere "Krisis"-Bruderhorde (ebenso wie beim "Karoshi"-Konflikt) selber heftig ausgeteilt. Jahre später wollte man nun plötzlich entdecken, daß es sich bei den früheren Kontrahenten in Wirklichkeit um "harmlose Menschen mit harmlosen Ansichten" gehandelt habe, die ganz falsch "behandelt" worden seien. Diese seltsame späte Einsicht ist freilich nicht etwa als Selbstkritik gemeint, sondern sie ist die schiere Heuchelei, um "eine Geschichte zu erzählen", das heißt im Foucaultschen Sinne "Wahrheitsproduktion" zu betreiben und dem Ressentiment gegen den "Abgehobenen" die Weihe eines sachlichen Konflikts zu verleihen, wobei man sich selbst den Part der "Guten" zugeschrieben hat. In diesem Sinne legte sich also die "Krisis"-Bruderhorde auf eine Geschichte fest, verbog dann die Fakten der früheren Konflikte so, daß sie dazu paßten, und präsentierte das Ganze schließlich einem Gericht, dessen Vorsitz sie auch gleich selbst übernahm. Und diese Geschichte geht in etwa so: Sämtliche Konflikte der letzten 15 Jahre im "Krisis"-Zusammenhang und dessen Vorgeschichte, mit den Traditionsmarxisten ebenso wie mit den Postmodernen und den Sympathisanten des antideutschen Bellizismus, nahmen einen unguten Verlauf und verprellten "harmlose Menschen mit harmlosen Ansichten", und zwar stets aus einem einzigen Grund, nämlich weil es jemand gab, der alle diese Konflikte "unnötig" hochkochte und polemisch zuspitzte. Dieser Jemand soll natürlich niemand anders als Robert Kurz gewesen sein. Die Invektive gegen den abgehobenen Berufsintellektuellen versachlicht sich also ganz im Sinne des bürgerlichen Sachlichkeitsbegriffs zur Invektive gegen den bösen Berufspolemiker, der einfach nicht nett ist. Damit befinden wir uns schon auf dem Weg zur "Krisis"-Revolution der Nettigkeit, deren Generalparole lautet: Nette Menschen haben keine bösen Lieder. Die Revolution der Nettigkeit ist also eine Revolution der militant netten Softies, als die sich die Konkurrenzmänner der "Krisis"-Bruderhorde verkleidet haben, um im höchsten Grade wertkritisch nett zueinander und zum Rest der Welt zu sein. Das geht nur durch die gemeinsame Abgrenzungsaktion gegen die Inkarnation von allem, was nicht nett ist, nämlich die Person Robert Kurz, die zur Beziehungs-Sau auf allen Ebenen gemacht werden muß, um endlich einen pseudo-sachlichen Grund für die längst zum Wunsch und schließlich zum Willen gereifte Hinaussäuberung und die Rekonstitution der falschen Gruppen-Egalität zu haben. Die Reinterpretation der früheren Konflikte war nur der Auftakt, um die Unperson des Berufsintellektuellen zu einer Art universellem Monster auszustaffieren, das "Krisis" mit harter Hand regiere und keinerlei Widerspruch dulde. Diese über Jahre wohlgepflegten und immer wieder kolportierten Anwürfe aus dem "Krisis"-Zusammenhang selbst seitens der Bruderhorde begannen mit den öffentlichen Attacken von außen seitens der Traditionsmarxisten, Antideutschen usw. zu konvergieren, die Robert Kurz als "Stalinisten" und Halbnazi beschimpften, der sich schon immer "im Ton vergriffen" habe usw. (welchen "Ton" soll man gegen "linke" Befürworter der imperialen Weltordnungskriege anschlagen?). Die Pseudo-Versachlichung der inneren und die Steigerung der äußeren Attacken verschmolzen zu einer einzigen politischen Denunziation, deren Verdichtung schließlich den realen Coup der Hinaussäuberung ermöglichen sollte. Dabei wurde der Versuch des Betroffenen, die Konvergenz der inneren und äußeren Anwürfe auf die Tagesordnung der "Krisis"-Redaktion zu bringen, als Beweis für die Richtigkeit dieser Anwürfe genommen, um schließlich die Mehrheit der Redaktion gleich mit hinauszuputschen. Die Bruderhorde mußte selber unbedingt an die erzählte Geschichte ihrer "Wahrheitsproduktion" glauben, sodaß sie auch keinem gegenläufigen Argument von Dritten mehr zugänglich sein durfte. Damit geriet sie allerdings in die Gefangenschaft ihres Legitimationsmusters und mußte fortan bis zum Erbrechen eine Liebenswürdigkeitsinflation entfesseln wie ein Verkaufspropagandist, der auch zu Hause seine Rolle nicht mehr abzulegen vermag. Die Eskalation der Anschwärzung von Robert Kurz wurde zur Eskalation der Sanftheitsmasche, um die Wertkritik in eine Art Schmachtfetzen der Betulichkeit und des gegenseitigen Wohlwollens zu verwandeln. Allgemein verpönt werden mußte der "scharfe Ton", allgemein identifizieren mußte man sich mit der alten Parole der Springer-Presse: "Seid nett zueinander". Dieses Identifikationsmuster ist so inhaltslos wie das in Wahrheit zu Grunde liegende Ressentiment gegen den "Markterfolg" des "Abgehobenen". Indem die Anwürfe hinsichtlich der Umgangsform in bestimmten Auseinandersetzungen dekontextualisiert wurden, abgelöst von ihrem konkreten Bedingungszusammenhang und von der wirklichen Konfliktkonstellation, trat an die Stelle der (durchaus akzeptablen) bestimmten Kritik des Verhaltens in bestimmten Situationen eine abstrakt-allgemeine Anforderung von Moderatheit überhaupt, um Schärfe überhaupt zum Übel zu erklären, unabhängig vom Kontext, und die einschlägige "Kritik" an der anvisierten Unperson ebenso zu versämtlichen. Aus diesem Postulat konnte dann anhand der Person des "unflätigen" Robert Kurz ein allgemeiner Typus des Bösen in der Verkehrsform konstruiert werden, wofür die pastorale Suada des Herrn Glatz wiederum die Stichworte liefern durfte. Wer nicht nur viel zu viel schreibt, sondern auch scharf formuliert und damit das schlimmste aller Verbrechen an der bürgerlichen Betulichkeit begeht, nämlich die Polemik nicht ausspart, gehört an den Pranger:
Und das ist schlimm und verstößt gegen die katholische Nächstenliebe, gegen die Tischsitten und das allgemeine Höflichkeitsgebot, wenn sich auch ein wenig spezifisches Anstandsgekläff des deutsch-österreichischen Bildungsbürgertums hineinmengt; denn in Frankreich und anderen Ländern ist das Pamphlet immerhin seit langem eine anerkannte Literaturgattung. Der Ritter und Rächer der Ignoranten und Beschränkten weiß auch eine passende Metapher zu malen für die Inkarnation des Bösen auf dem Markt der schnöden Berufsschriftstellerei:
Der Kampfhund hat natürlich einen Namen, wieder mal den bewußten, und der von Glatz gelieferte Begriff wird dankbar aufgegriffen von den zu Softies mutierten Konkurrenzmännern der Bruderhorde:
Daß die selbsternannten
Tierärzte bürgerlicher Subjektivität
darunter die publizistische und organisatorische
Einschläferung des Robert Kurz verstehen durften, um den
Berufsintellektuellen von seinem Leiden am Kampfhunddasein zu
erlösen, das konnte dann nur noch als Beitrag zur allgemeinen Metaphern haben es manchmal an sich, daß sie ziemlich unpassend sind. Das bürgerliche Subjekt ist bekanntlich durch eine Konstitutions- und Zurichtungsgeschichte hindurchgegangen, die Norbert Elias als "Prozeß der Zivilisation" mißzuverstehen bliebte. Und diese angebliche Zivilisierung sah gerade so aus, daß die bürgerliche Welt der "Kampfhundmentalität eine klare Absage erteilte"; freilich ganz und gar nicht im Sinne einer solidarischen Vereinigung freier Individuen, sondern im Gegenteil als Versachlichung und Verheuchelung der Aggressivität selbst zu einem umso schlimmeren universellen System der Konkurrenz, in dem der "bellum omnium contra omnes" überhaupt erst real und totalitär wurde - domestiziert einzig nach funktionalistischen Maßstäben des zu Grunde liegenden "automatischen Subjekts". Der Bürger muß hundsgemein sein können gerade durch tückische Höflichkeit und aggressive Sachlichkeit. Das sind eben nicht die Qualitäten des Kampfhundes, der sich nicht sachlich verstellen und den übelsten Verletzungs- und Vernichtungswillen im netten Ton der Wohlerzogenheit darstellen kann. Im Vergleich zum formal höflichen Konkurrenzsubjekt, das durch die Spielregeln selber seinen Killerinstinkt mobilisiert, ist der ehrliche Kampfhund geradezu ein Kuscheltier aus dem Streichelzoo. Die "Krisis"-Revolution der Nettigkeit fand denn auch wirklich nicht in der Art einer offenen Kampfhundattacke statt, sondern in der Form einer ausgeklügelten Biertisch-Kabale - wie sie übrigens auch nicht durch offene Auseinandersetzungen vorbereitet worden war, sondern durch Mauscheleien und Fädenzieherei im Hintergrund, wobei sich die Täter als Opfer aufzubauen begannen; das größte Talent des Autors Ernst Lohoff etwa bestand schon seit Jahren darin, daß er sich am Biertisch als armes Opfer von Robert Kurz selbstdarstellen konnte. Ein wahrer Opfermann. So funktioniert die nette Intrige, in der sich die "Wahrheitsproduktion" verobjektiviert. Und genau so lief auch der eigentliche Akt des Hinaussäuberns ab, nämlich durch eine Instrumentalisierung der formaljuristischen Ebene. Weil die zum entscheidenden Schlag entschlossene Bruderhorde wußte, daß sie in der aktiven Trägerschaft von Redaktion und Koordinationskreis bei "Krisis" kein Gehör und keine Mehrheit finden würde, nutzte sie das ungeklärte Verhältnis der rein informellen tatsächlichen Gremien zur formalen Fassade des "Krisis"-Fördervereins aus, um plötzlich mit Hilfe von zweien der drei Vorstände des Vereins (bloße Ehrenämter ohne Bezug zur Theoriebildung und Publikationstätigkeit) als formale Machthaber gegen die Redaktionsmehrheit auftreten zu können. Das ging nur über die lokale Biertischbeziehung zu diesen "Amtsinhabern", die beide längst in die persönliche Aversion gegen den Berufsintellektuellen eingebunden waren und über mangelnde "Sachlichkeit" des Berufsschriftstellers zu klagen wußten:
Da spricht die Ausgewogenheit selbst, ein wenig auch das gesunde Volksempfinden, und da mußte eben irgendwann eingeschritten werden. Was konnte näher liegen, als der Hinaussäuberungs-Initiative der Bruderhorde den milden Segen und das unerwartete Vorstands-Machtwort zu geben? Sekundiert natürlich durch den Wiener Hofprediger der Softie-Nettigkeit, der ebenfalls die Zeit für reif zur Tat hielt, nachdem der eine oder andere der Brüder sich ihm als Blutopfer des Kampfhunds Robert Kurz präsentiert hatte:
Und dem von der Bruderhorde ausgemalten "Treiben" des Berufspolemikers mußte eben mal ein Ende gesetzt werden; kein "Appeasement" mehr, kein "Bagatellisieren", sondern die "Entschlossenheit" (Franz Schandl) zur Hinaussäuberung der Unperson und zur Machtübernahme durch den Brüderchor mit den öligen Stimmen. Die Bestätigung dieses Vorgehens durch eine Mitgliederversammlung des "Krisis"-Fördervereins konnte nur eine Farce sein; nicht nur deshalb, weil ein nach Kriterien der Kumpanei und lokalen Cliquen-Loyalität zusammengekarrter Bruchteil der Mitgliedschaft zur "Entscheidung" gerufen wurde, sondern auch wegen des illegitimen Charakters eines solchen Verfahrens überhaupt, bei dem bloß passive Rezipienten (praktisch nichts anderes als Förder-Abonnenten der Theoriezeitschrift) ein "Volksgericht" über den Hinauswurf bestimmter Theorieproduzenten und den Entzug ihrer Publikationsbasis abhalten sollten; und einige fühlten sich offensichtlich gebauchpinselt, bei diesem Machtspiel dabei sein zu dürfen und besonders den "Abgehobenen" ihrer Ungnade ausgeliefert zu sehen. Selbst dann noch wäre die Aktion sogar an der Mehrheit der anwesenden Mitglieder gescheitert, hätte die ihre Karfreitagspredigt-Show abziehende Bruderhorde nicht plötzliche etliche "Vollmachten" von nicht Anwesenden geltend gemacht; ein vereinsrechtlich völlig unzulässiges Verfahren, das wohlweislich vorher nicht offen gelegt wurde - aber wenn man sich im Namen der Nettigkeitsrevolution schon auf die formaljuristische Ebene begeben muß, kann man dennoch nicht dauernd mit dem Gesetzbuch unterm Arm herumlaufen. Mit den ganz und gar nicht-theoretischen Mitteln der Intrige und der sogar noch getürkten "demokratischen Abstimmung" konstituierte sich die Bruderhorde so als rein formale, äußerliche Machthaberschaft über den Zusammenhang der wertkritischen Theoriebildung, um das "Krisis"-Label für sich zu usurpieren und den Berufstheoretiker davon zu enteignen; samt allen anderen (der Mehrheit der aktiven Trägerschaft), die sich diesem Machtanspruch nicht beugen wollten. Und das alles ganz ohne Kampfhundmentalität, immer hübsch leisetreterisch und stets nur das Beste für alle wollend, aber leider nicht anders könnend. Lediglich im Augenblick des Putsches selber mußte die Maske kurz abgenommen werden, als zum Auftakt der ganzen Aktion der erstarrten Redaktionsmehrheit, die eine Auseinandersetzung erwartet hatte, aber keine Machtaktion im Stil eines Volksgerichtshofs, von den Herren Schandl und Trenkle unter ausdrücklicher Berufung auf den Nazi-Rechtstheoretiker Carl Schmitt dekretiert wurde, es herrsche im "Krisis"-Zusammenhang ein "Ausnahmezustand", der entschieden werden müsse; deshalb hätten Robert Kurz und Roswitha Scholz augenblicklich Redaktion und Koordinationskreis zu verlassen, und darüber könne es keine Abstimmung geben, weil die Redaktion sowieso soeben qua Vorstandsbeschluß entmündigt worden sei. Kommentar eines außenstehenden Beobachters:
Diesem leider, leider unumgänglichen Stiefel-Auftritt folgte jedoch sogleich wieder die freundlich grinsende bürgerliche Nettigkeit. Die grob hintergangenen übrigen Redaktionsmitglieder wurden aufgefordert, doch weiter "sachlich" mitzuarbeiten, als wäre nichts gewesen; und um das Nettsein auf die Spitze zu treiben, ließ man auch gleich durchblicken, daß nach dem Hinauswurf die Gemeinsamkeit der Wertkritiker erst so richtig beginnen könne und, die Krokodilsträne im Knopfloch, schwerste Inhaltlichkeit angesagt sei:
Das ist ja richtig niedlich und die süßeste "Deeskalation" seit den Nibelungen. Wir haben euch doch bloß ein wenig hintergangen und, nun ja, ein ganz kleines bißchen hinausgeworfen, aber das ist doch die beste Basis, um verantwortungstriefend die "Zusammenarbeit" zu beschwören. Als Mastif kann man bedauerlicherweise keine Händchen zum Sachlichkeits-Gebet falten, sondern sich nur das Nettigkeits-Genick als ein zu durchbeißendes vorstellen. Es gibt eben Tiere verschiedener Arten. Nachdem die "Krisis"-Bruderhorde ihre
Motive in "Wahrheitsproduktion" hatte verschwinden lassen, konnte auch
der Grund für das ominöse "Zerwürfnis" im
Stil einer geistlichen Rüst- und Begegnungsstätte
formuliert werden. Es sei eben leider so gewesen,
Das Blaue Kreuz der Diskussionskultur in voller Aktion. Mäßigkeit ist schließlich die bürgerliche Kardinaltugend. Nichts sollte man "übermäßig zuspitzen", vor allem nicht die Kritik der bürgerlichen Aufklärungsphilosophie und der männlich-weißen westlichen Subjektform. Sind doch alles harmlose Ansichten harmloser Menschen hier. Dem "übermäßig zuspitzenden Stil von Robert Kurz" kann nur noch die nette Abstumpfung gegenüber gestellt werden. Diese Strategie der Abstumpfung ist es, die als Alternative zur Strategie der Zuspitzung ausgegeben und zum "Kulturkampf" der Netten gegen die Nicht-Netten bei "Krisis" erklärt wird:
Wie man es richtig macht, verrät uns Franz Schandl in den nicht übermäßig zuspitzenden Wiener "Streifzügen":
Die allgemeine Bekömmlichkeit ist das Kriterium der DiätassistentInnen und der Apothekerzeitung, nicht der radikalen Kritik. Aus der Subjektform gibt es kein bequemes und schmerzloses Herauskommen mit Wohlfühl-Qualität zu Billigpreisen für alle, die ein bißchen guten Willens sind. Wenn Wert- und Abspaltungskritik nicht verstörend und provokativ wirkt, ist sie keine. Die Idee, daß der ontologische Bruch ein kampfloser und bekömmlicher sein soll, ist so fade wie die seichten Wortspiele eines Franz Schandl, der sein Auskommen als mittelmäßig-gemäßigter Werbetexter für den österreichischen Provinz-Mittelstand verfehlt hat. Der Nivellierung der theoretischen Produktion auf den zwangsegalitären Maßstab der Bruderhorde entspricht die Nivellierung des "Duktus", der sprachlichen Form und der Vorgehensweise auf die bürgerlichen Benehmensregeln von falscher Moderation und Contenance, das heißt auf den Nettigkeits-Codex des Rechts- und Zirkulationssubjekts. Hauptanforderung: "Gelassenheit"; nämlich die Pseudo-Gelassenheit derer, die so tun müssen als ob. Aus diesem gegen den "Kampfhund" und Berufspolemiker adaptierten Anforderungsprofil der kapitalistischen Zirkulationssphäre ergibt sich zwanglos die Tendenz zu einem Heruntertransformieren der Wert- und Abspaltungskritik auf das, was das Normalo-Bewußtsein vielleicht gerade noch erträgt, ohne seinen Normalo-Aggregatzustand verlassen zu müssen. Form-Moderation ist immer auch Inhalts-Moderation. Die aus Ressentiments und Konkurrenzgefühlen heraus mobilisierte Formdebatte gegen den Berufspolemiker enthält in nuce bereits die Apologie der Subjektform, deren Kritik bloß vordergründig noch aufrecht erhalten wird. Das kleine Problem des Bruchs mit aller bisherigen Geschichte soll in Nettigkeit aufgelöst werden, die radikalste Kritik mit dem Verkäuferlächeln von Bauchladen-UnternehmerInnen einschweben. Es gilt für dieses Bewußtsein bürgerlich-zirkulativer "Diskussionskultur" das erste Gebot der universellen Harmlosigkeit. Nach innen: Widersprüche im wert-abspaltungskritischen Zusammenhang selbst, Konkurrenzbeziehungen und identitäre Blockaden des strukturell männlichen Subjekts, das Festklammern an Momenten bürgerlicher Ontologie und Metaphysik etc. sind grundsätzlich zu "behandeln" als "harmlose Ansichten harmloser Menschen". Und nach außen: Die zerfallende kapitalistische Weltgesellschaft ist ebenso erst einmal grundsätzlich zu nehmen als eine einzige Ansammlung "harmloser Menschen mit harmlosen Ansichten". Bürgerliche Subjektivität kann doch nicht völlig schlecht sein. Deshalb bleibt auch der formal heruntertransformierten Wert-Abspaltungskritik gar nichts anderes mehr übrig, als sich selbst in eine "harmlose Ansicht harmloser Menschen" zu verwandeln. Die Mitglieder der von Berufsschriftstellern und Berufspolemikern gesäuberten "Krisis"-Bruderhorde einer "Wertkritik light" können ja auch wirklich nicht nur vor lauter Wichtigkeit, sondern auch vor lauter Harmlosigkeit und Gemäßigtheit kaum laufen. Jedenfalls was den Gehalt der Kritik betrifft; in den Binnenbeziehungen darf die menschelnde subtile Gemeinheit sich sachlich austoben. Der Bruderhorden-Restbestand des "Krisis"-Zusammenhangs muß nun als eine Art "Organisation Seelenfrieden" firmieren. Angesichts von so viel bürgerlicher Benimm- und Nettigkeitsscheiße auf einem Haufen kann man sich nur zu seiner Unmenschlichkeit bekennen. Opfermänner und FlintenweiberDie Bruderhorde ist natürlich immer schon auch eine Männerhorde. Wie sich die falsche Egalität auch den anderen, nicht dem verschworenen Bruderkreis angehörenden männlichen Gruppenmitgliedern gegenüber in Wahrheit auf Exklusivität reimte, so erst recht den wenigen Frauen gegenüber, die es gewagt hatten, bis ins redaktionelle Zentrum des "Krisis"-Zusammenhangs vorzudringen. Damit ist eine Ebene angesprochen, die sich zunächst nicht aus den spezifischen Verhältnissen einer bestimmten Gruppe mit bestimmten Personen erklärt, sondern auf einen allgemeinen Zustand in der Wertvergesellschaftung verweist. Männerbündische Strukturen in allen Bereichen bürgerlicher Öffentlichkeit sind nichts besonders Auffälliges und Ungewöhnliches; sie gehören zum stummen Zwang der Verhältnisse wie die universelle Konkurrenz. Genauer gesagt: Die Konkurrenz erfährt hier eine bestimmte geschlechtsspezifische Grenze; es existiert gewissermaßen eine universelle Männergewerkschaft, die gar keine Organisationsform braucht und nicht einmal bewußt in Erscheinung treten muß, um wirksam zu sein. In den Medien, im Management, in der Politik und in der akademischen Wissenschaft müssen bekanntlich Frauen in aller Regel doppelt so viel "leisten" wie Männer, um auch nur halb so viel anerkannt zu werden. Und das gilt auch für linke Theoriebildungs-Zusammenhänge. Von Feministinnen der 70er Jahre ist der Ausspruch überliefert, daß es für Frauen leichter sei, ins Militär hineinzukommen als in eine Theoriegruppe. Es ist eben nicht so, daß sich Frauen "von Natur aus" oder aus rein persönlichen Gründen weniger für das begriffliche "Jenseits des Denkens" interessieren würden, sondern sie stoßen dabei auf Barrieren, sichtbare und unsichtbare. Solche Einsichten sind eigentlich
längst Gemeinplätze. Umso auffälliger, wenn
die "Krisis"-Bruderhorde geradezu hysterisch jegliche Existenz
männerbündischer Verhältnisse im eigenen
Zusammenhang abstreitet und die längst bekannte Einsicht in
allgemein wirksame Strukturen als schiere
"Verschwörungstheorie" denunzieren will. Der Dieses lächerliche Eskamotieren des bürgerlichen Geschlechterverhältnisses im "Krisis"-Zusammenhang hat allerdings Methode und steht im Kontext eines androzentrischen Charakters von Theoriebildung sowohl auf der Beziehungs- als auch auf der Inhaltsebene. Es ist kein Zufall, daß die drei Frauen, die zuerst auf der lokalen, dann auf der überregionalen Ebene zu bestimmten Zeitpunkten bis in die "Krisis"-Redaktion vorgedrungen waren (Roswitha Scholz, Brigitte Hausinger und Petra Haarmann), in dem aufbrechenden Konflikt ausnahmslos Partei gegen die scheinheilige Brudertruppe um Schandl, Trenkle und Lohoff genommen haben. Dazu hatten sie allen Grund aus ihren jahrelangen realen Erfahrungen mit der "Nettigkeit" dieser Herren. Brigitte Hausinger sollte regelrecht aus der früheren Nürnberger "Krisis"-Gruppe hinausgemobbt werden, weil sie das Mißfallen des Herrn Lohoff erregt hatte; Petra Haarmann wurde nach ihrer Aufnahme in die Redaktion in ihrer Kompetenz systematisch von Norbert Trenkle beschnitten und ausgebremst. Die längste Erfahrung mit den jetzigen Pseudo-Softies mußte Roswitha Scholz machen, die Autorin der Abspaltungstheorie, die sich schon seit den 80er Jahren an der männerbündischen Struktur der damaligen ersten Ansätze des wertkritischen Theoriebildungs-Zusammenhangs abgearbeitet hatte. Im theoretischen Milieu eines geschlossenen Objektivismus wurde es weitgehend als "weiblicher Schwachsinn" abqualifiziert, daß sie die Subjekt- und Psycho-Ebene geltend zu machen versuchte; sie wurde angesichts der Tatsache, daß sie ganz und gar nicht als bloßes Anhängsel eines Mannes auftrat, scheel angesehen und als eine Art Querulantin empfunden, ja sogar von einem der späteren Putsch-Vorstände gelegentlich angemacht, daß sie irgendwie keine richtige Frau sei, weil sie sich Mutterfreuden verweigern wollte und man(n) ihr diesbezüglich baldige biologische Torschlußpanik prognostizierte usw. Selbstverständlich wurden auch ihre Texte oberlehrerhaft auf Fehler und Kritikwürdigkeit besonders akribisch durchgecheckt, während etwa von Zeichensetzungsfehlern wimmelnde bessere Klozettel des ewigen männerbündischen Talents und verkannten Genies Ernst Lohoff als "Fragment" durchgingen, fast schon als literarische Form. Tausende von offenen und verdeckten Spitzen, von subtiler Anmache und grober Verletzung sind es eben über die Jahre hinweg, in denen sich die stumme männerbündische Struktur manifestiert, die dann von den adretten Netten als "Halluzination" identifiziert werden kann. Diese Struktur wurde allerdings in ihren Grundfesten erschüttert durch die Kreation des Abspaltungstheorems und dessen konfliktreiche Implementierung in den "Krisis"-Theoriebildungsprozeß seit 1991/92. Inhaltlich wurde damit nicht nur die Theorie des modernen Geschlechterverhältnisses auf die Abstraktionshöhe der Wertkritik gehoben und einer bloßen subsumptions- und ableitungslogischen Thematisierung der geschlechtlichen Asymmetrie die Grundlage entzogen. Vielmehr wurde auch deutlich, daß der geläufige theoretische Begriffsapparat überhaupt, auch noch in seiner wertkritischen Wendung, einem androzentrischen Universalismus entspringt und systematische Ausblendungsmechanismen impliziert. Dieses erkenntnis- und begriffskritische Moment der Abspaltungstheorie ist noch gar nicht völlig ausgeleuchtet; aber es reichte schon, um den "Zugang" androzentrischer Begriffsbildung restlos obsolet zu machen und die scheinbar wohlgeordnete Systematik der Theorie vom punktförmigen abstrakten Individuum durcheinander zu wirbeln. Derartige Verunsicherungen mochte das ordnungsliebende kollektive Identitätsbewußtsein der Möchtegern-Philosophenkönige gar nicht leiden, auch wenn man(n) das schon bald nicht mehr offen zugeben "durfte". Es konnte nicht ausbleiben, daß dieser Bruch auf der Inhaltsebene auch den Geschlechterkonflikt auf der Beziehungsebene verschärfte. Tatsächlich löste die Abspaltungstheorie von Roswitha Scholz zunächst einmal die heftigsten Abwehrreflexe aus und wäre mit Sicherheit von der Männerhorde niedergebügelt worden, wenn nicht ausgerechnet der männerbündische Obermacker Robert Kurz sich auf die Seite des neuen theoretischen Ansatzes geschlagen hätte; sicherlich nicht aus einer plötzlichen und unglaubwürdigen Selbsteinsicht in die eigene männliche Psychostruktur und als deren bruchlose Überwindung, sondern im Sinne einer kognitiven Anerkennung auf der theoretisch-begrifflichen Ebene, obwohl dadurch auch der androzentrische "Begriff des Begriffs" in Frage gestellt wurde. Es läßt sich sogar sagen, daß die offizielle Akzeptanz und Hereinnahme der Abspaltungstheorie in den "Krisis"-Zusammenhang letzten Endes durch eine Art "Machtwort" und Geltendmachen von männlicher Autorität der "Leitfigur" entschieden wurde, wobei ziemlich harte Worte fielen. Vielleicht wurde es klammheimlich von der späteren Bruderhorde als Demütigung empfunden, daß die graue Maus und Psycho-Frau nun zur satisfaktionsfähigen Theoretikerin mutiert war, die man(n) zu allem Überfluß gewissermaßen vor die Nase gesetzt bekam. Es war angesichts dieser Reaktionen zweifellos ein sonderbares Gefühl und eine paradoxe Situation, als durchaus psychostrukturell selber männlich-patriarchales Wesen durch die Besonderheit der Konstellation in die Lage versetzt zu werden, einmal nicht aus der Betriebsblindheit männerbündischer Strukturen heraus spontan mitzuagieren, sondern als "Dritter" (das heißt die in Frage stehende Abspaltungstheorie kognitiv-theoretisch Unterstützender) bewußt mit eigenen Augen sehen und mit eigenen Ohren hören zu müssen, mit welch unglaublicher Rabulistik, dreister Dummstellerei und kaum verhüllter sexistischer Gemeinheit bei der "Diskussion" um die Abspaltungstheorie die kollektive männliche Identität sich inszenierte, welches Mienenspiel und welche Körpersprache sich äußerten, welche stummen Mechanismen der Kanalisierung abliefen. Diese plötzlich durch die eigene Situierung in der Konstellation erzwungene Aufmerksamkeit mußte natürlich die Frage aufkeimen lassen, wie man(n) eigentlich selber die ganze Zeit agiert hatte, ohne es überhaupt sonderlich wahrzunehmen als ein bestimmtes, keineswegs selbstverständliches Verhalten. Aus dieser Konstellation heraus entwickelte sich, verschränkt mit dem Geschlechterkampf zwischen Roswitha Scholz und der männerbündischen Gruppe sowie vermittelt durch die kognitive Auseinandersetzung um den Inhalt der Abspaltungstheorie, eine sekundäre "innermännliche" Polemik zwischen dem soeben in die Öffentlichkeit eingetretenen Berufsintellektuellen und der Bruderhorde in spe. Die Wahrnehmung der männerbündischen Abwehrreflexe verschriftlichte sich in einem sekundierenden "Krisis"-Artikel (Robert Kurz, Geschlechtsfetischismus, in: "Krisis" 12, Bad Honnef 1992) sowie in diversen internen Papieren mit dem Versuch, bestimmte Muster dieser geschlechtsspezifischen Abwehrreflexe sichtbar zu machen:
Diese Passagen verweisen auf ein gewisses, manchmal sozusagen etwas streng riechendes Milieu strukturell androzentrischer Theoriebildung, das angesichts der Abspaltungstheorie fast automatisch in weniger kognitive als vielmehr habituelle Selbstapologetik verfiel. Natürlich wurde auch der Inhalt dieses theoretischen Ansatzes abgewehrt, vor allem von dem damals noch die "Krisis"-Theoriebildung wesentlich mittragenden Autor Peter Klein (Bernd S.), der sich besonders hervortat mit einem affektierten "Das verstehe ich nicht", weil er am allerwenigsten Lust hatte, über den glatten Begriff des abstrakten Individuums hinauszugehen. Aber nicht die Antikritik auf der kognitiven Ebene war wesentlich bei der Abwehr, sondern eher das Ausweichen, Herunterspielen, Wegducken, die eingenommene Haltung usw. Die Männerhorde verhielt sich also in dieser Hinsicht mit einer geradezu "weiblichen Schläue". Sicherlich auch deswegen, weil (ähnlich übrigens wie in Bezug auf antisemitische Motive) offen sexistische und männerbündische Positionen unter dem in dieser Hinsicht durchaus heilsamen Druck der "Political Correctness" längst nicht mehr durchhaltbar sind. Aber die unter dem Deckel gehaltene Wut
köchelte gerade deswegen mehr oder weniger
geräuschvoll vor sich hin. Jeder Verweis auf diese Wut und auf
die sich äußernde Abwehrhaltung wurde damit
gekontert, es handle sich um eine bloß
Nichts Neues unter der Sonne, jedenfalls was die "Krisis"-Männerhorde angeht: Die Urfassung der Kampfhundmetapher ist schon 12 Jahre alt, allerdings stand sie damals noch nicht im Kontext einer Invektive der Pseudo-Softies gegen den Berufspolemiker, sondern im Kontext der tiefer liegenden Auseinandersetzung um Abspaltungstheorie und männerbündische Struktur. An den Lohoffschen Gedankengängen läßt sich unschwer erkennen, daß die spätere Softie-Masche ihren eigentlichen Ursprung in einer Defensive gegen die abspaltungskritische Zumutung hat, in einem Gefühl, identitätsverletzend angegriffen zu werden, wobei der "Kampfhund" in Wirklichkeit von der bösen Frau, dem theoretischen Flintenweib, spazieren geführt und auf die armen Opfermänner gehetzt wird. Die Argumentationsstrategie der Opfermänner-Softies ist dabei in mehrfacher Hinsicht ziemlich durchsichtig. Zum einen wird ganz auf die rein textuell-kognitive Ebene abgehoben, auf der man nichts "beweisen", sondern nur böse "Zuordnungen" vornehmen könne. Das ist ausgesprochen nett gesagt; man(n) glaubt sich selber nahezu die Unschuld, solange man(n) nicht in flagranti erwischt wird. Das Problem besteht aber ja gerade darin, daß der androzentrische Universalismus schon in der modernen Begriffssprache an sich implizit herrscht und deshalb nicht unbedingt und nicht immer explizit aufzutreten genötigt ist, wie ja auch die männerbündische Struktur nicht erst in einem expliziten Herrenclub mit eingeschriebener Mitgliedschaft und codierter Eintrittsberechtigung sich äußert. Aber eben weil der strukturelle Androzentrismus eine implizite Allgegenwärtigkeit hat, steht er gewissermaßen gerade auch "zwischen den Zeilen", äußert sich in undokumentierbaren und gleichwohl real erfahrenen mündlichen Aggressionen und Zynismen, Verhaltensweisen usw. Der scheinbare offizielle Konsens etwa, daß der wertkritische Theoriebildungszusammenhang "selbstverständlich" und "im Prinzip" offen sein sollte für Frauen, hindert nicht im geringsten, daß dennoch stumme männerbündische Strukturen diese Oberflächen-Beteuerung dementieren, solange sie nicht als solche thematisiert werden - und gerade dagegen verwahrt sich die Bruderhorde vehement, vor 12 Jahren ebenso wie heute. Das scheinheilige Bedauern darüber, daß so wenig Frauen sich an der Theoriebildung beteiligen, wird nicht allein faktisch dadurch dementiert, daß die jeweils eigenen Frauen hinsichtlich der doch auch ihr eigenes Leben thematisierenden Wert-Abspaltungskritik bestenfalls passives Anhängsel oder sogar völlig desinteressiertes Hintergrundwesen bleiben. Es geht nicht so sehr um diese Tatsache schlechthin, als könnte das wünschenswerte Gegenteil gewissermaßen abstrakt eingeklagt werden. Liebes- und Partnerbeziehungen, persönliche Reproduktionsverhältnisse und Familienstrukturen im Kontext lebensgeschichtlicher Entwicklung kann man nicht nach Kriterien des theoretischen Anspruchs sortieren. Worum es geht, ist aber die Haltung, die man dazu einnimmt. Es ist ein Unterschied, ob man die offiziell bedauerte Faktizität der geringen Frauenbeteiligung sowohl durch die inhaltliche Thematisierung des Problems als auch durch die eigene Haltung tatsächlich zu konterkarieren sucht, oder ob man eine Haltung an den Tag legt, die diese offiziell als schlecht befundene Faktizität im Grunde klammheimlich als Normalität affirmiert - gerade gegenüber den wenigen Frauen, die den offiziellen Wunsch beim Wort nehmen und eben dadurch plötzlich als "fürchterliche Weiber" empfunden werden. Es ist klar, daß sich derart männerbündische und misogyne Haltungen in einem wertkritischen Zusammenhang zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht mehr so offen äußern wie in der Vergangenheit, und schon gar nicht in der Textproduktion. Umso weniger ist es angebracht, wenn unvermeidlicherweise doch immer wieder etwas "herausrutscht", dies als Problem einer bloß "ungeschickten, halbausgegorenen Äußerung" herunterzuspielen. Um dem Androzentrismus auf die Spur zu kommen, ist hier in der Tat eine Art negativer "Goldbergbau" nötig, der den androzentrischen Begriffskontinent verarbeitet, dessen "Gesteinsmaterial zermalmt und durchs Blausäurebad wandern läßt", um dann das auf den ersten Blick verborgene Implizite ans Licht zu bringen und explizit werden zu lassen. Dieses Vorgehen ist keinesfalls eine bloß äußere und willkürliche "Zuordnung" (so erscheint es nur, wenn allein der bereits seiner Axiomatik nach androzentrische Begriffsapparat auf der kognitiven Ebene in Betracht gezogen wird), sondern es handelt sich um den Versuch, das die kognitiven Inhalte selber strukturierende implizite Deutungsmuster aufzudecken und zu dechiffrieren, das nicht im begrifflichen Text aufgeht, sich allerdings auch dort durchaus aufspüren läßt. Zum andern bemüht sich die
Argumentationsstrategie der Opfermänner-Softies, die
Aufmerksamkeit von der eigenen männerbündischen
Struktur und dem eigenen androzentrischen "theoretischen Zugang"
abzulenken, indem der Spieß umgedreht und behauptet wird, der
ganze Konflikt sei nur darin begründet, daß der
selber männlich-patriarchale "Kampfhund" wieder mal sich
selber herausnehme (Theoretiker-Selbstüberhebung), so tue, als
wäre er nicht betroffen und sei "erhaben" über die
männerbündisch-zwangsheterosexuelle Struktur, und
überhaupt das Problem nur für sich
instrumentalisiere, also die Frauen nicht für sich selber
sprechen lasse, sondern sie benutze, um unbegreiflicherweise
über die eigenen Kumpanen herzufallen: Dieser Vorwurf der Instrumentalisierung ist selber eine Instrumentalisierung. Denn damit soll verdeckt werden, daß es ja eigentlich um eine Auseinandersetzung zwischen der als Abspaltungstheoretikerin auf den Plan getretenen Roswitha Scholz und dem "Krisis"-Männerbund geht. Die eigene Position der Theoretikerin wird als bloße Spielmarke des männlichen "Kampfhunds" definiert; es wird gar nicht mehr ernst genommen, daß sie ja ihre eigene Kritik an Inhalt und Struktur der bisherigen androzentrischen Theoriebildung explizit formuliert hat. Um sich dieser Kritik nicht stellen zu müssen, wird die sekundäre Auseinandersetzungsebene innerhalb der androzentrischen Struktur mit dem "Männerbund-Verräter" als die allein gültige bestimmt - und damit die radikale Kritik der Theoretikerin (auch an den praktischen männerbündischen Verhaltensweisen!) als bloßes Anhängsel einer männlichen Strategie, das man gar nicht als eigenständige Position wahrnehmen muß. Sicherlich ist es eine paradoxe Situation, als selber männlich und androzentrisch sozialisiertes Wesen, ja geradezu als (in diesem Augenblick allerdings gewesenes) "Oberhaupt" eines männerbündisch strukturierten Theoriebildungs-Zusammenhangs, einen "Heiligen Georg" als gewissermaßen männlich gepanzerten Sekundanten gerade der Kritik an dieser Struktur spielen zu müssen; zunächst allein qua versuchter Einsicht oder wenigstens Aufgeschlossenheit auf der kognitiv-inhaltlichen Begriffsebene der abspaltungstheoretischen Begriffskritik am abstrakten Universalismus. Die lamentierende Bruder-Männerhorde vergißt dabei nur, daß sie selber ja diese paradoxe Konstellation durch ihre eigenen Verhaltensweisen erst hergestellt hat. Genau von dieser realen Konstellation wird abstrahiert, um gegen den selbsternannten "Heiligen Georg" giften zu können, der bloß von seiner eigenen Verfaßtheit ablenken wolle. Der Stellenwert dieser Dekontextualisierung ist wiederum ziemlich durchsichtig, wenn es weiter heißt:
Die "leibhaftige Roswitha" wußte natürlich nur zu gut, warum sie mit ihrer radikalen Kritik am Androzentrismus auf der theoretischen Abstraktionshöhe der Wertkritik sich nur "zögerlich" in die traute Männerrunde wagte. In diesem Zustand der ungeschützten Zögerlichkeit hätte man(n) sie gern vor die Flinte bekommen, und deshalb mußte das Auftreten des männlichen "Sekundanten" besonders unangenehm berühren und als "Verrat" nicht nur auf der kognitiven, sondern vor allem auch auf der psychosexuellen Ebene empfunden werden. Dieser wirkliche Kontext enthüllt den bloß abstrakt richtigen Verweis auf den inneren Widerspruch der männlichen sekundierenden Rolle als ein selber männerbündisches Kampfmittel, das auf alles andere als eine weitergehende Reflexion zielt. Im Grunde genommen war mit dieser paradoxen und in sich widersprüchlichen Art und Weise, wie die Abspaltungstheorie eher zwanghaft und äußerlich in die "Krisis"-Theoriebildung implementiert wurde, bereits der stumme männerbündische Frieden gebrochen. Seitdem hatte der Gruppenzusammenhang einen "Sprung in der Schüssel". Die erst sechs bis sieben Jahre später aufkeimende Invektive gegen den Berufsintellektuellen und Berufspolemiker etc. aus Motiven der Konkurrenz und des Ressentiments hatte ihre tiefere Wurzel im ursprünglichen Konflikt um die männerbündische Struktur und den Status der Abspaltungstheorie. Schon 1992 schied Peter Klein (Bernd S.), bis dahin ein Hauptautor der Vorläufer-Zeitschrift von "Krisis", aus dem Gruppen- und Theoriebildungszusammenhang aus; die unklaren "persönlichen Gründe" waren sehr deutlich vermittelt mit den Abwehrreflexen gegen die Abspaltungstheorie und deren Urheberin auf der Inhalts- wie auf der Beziehungsebene. Peter Klein hing und hängt besonders zäh an der Begriffsbildung eines androzentrischen Universalismus; er schied freilich nur aus, um in der unbeachteten Ehrenamts-Funktion eines Vorstands des "Krisis"-Fördervereins gewissermaßen als "Schläfer" zu überwintern und nach langer Durststrecke im Februar 2004 endlich das "theoretische Flintenweib" und ihren "Beschützer" lustvoll hinauswerfen und eine späte Rache genießen zu können. Allerdings nahm man(n), was die Aversion gegen die unangenehm aufgefallene Theoretikerin angeht, von Anfang an kaum ein Blatt vor den Mund; in dieser Hinsicht bedarf es keines mühsamen Schürfens und Auswaschens im männerbündisch-androzentrischen Gestein, sondern es ist Tagebau möglich:
Da sieht man, warum die Kreatorin des Abspaltungstheorems einen "Sekundanten" brauchte; aber selbstverständlich soll es angeblich nur um Einzelnes, nicht um Allgemeines gehen, nur um einen zufälligen, rein persönlichen "Vorbehalt", nicht um männerbündische Strukturen und nicht um androzentrische Begriffslogik. Mit diesen "Vorbehalten" und sogar offen zugegebenen "Ressentiments", die sich dann zunehmend auch gegen den "Beschützer" richteten, waren gleichzeitig ausgesprochen nette Gewaltphantasien verbunden:
Ein kleiner Vorschein der künftigen Softie-"Diskussionskultur", wie man annehmen darf. Bei den Phantasien blieb es nicht. Einige Jahre später beging der Softie in spe Ernst Lohoff auf offener Straße eine Tätlichkeit gegen Roswitha Scholz; immerhin nur mit der Hand und nicht mit den Füßen. Diese relative Zurückhaltung kann vielleicht jene "Absage an die Kampfhundmentalität" illustrieren, der man(n) sich später zu befleißigen vorgab. Daß derselbe Mensch, der sich derartiges geleistet hat, inzwischen als Sachlichkeits- und Nettigkeitsapostel einen "Clash of Cultures" gegen Berufspolemikertum und Kampfhundmentalität ausgerufen hat, in dessen Kontext auch Roswitha Scholz endgültig hinausgeworfen wurde, diese Dreistigkeit schlägt wirklich alle Rekorde. Wenn die dokumentierbare Gewaltphantasie und die faktische, vor Zeugen begangene Gewalttat in Erinnerung gerufen werden müssen, so nicht allein dieser Faktizität wegen. Es handelt sich dabei ja nur um die Spitze eines Eisbergs von Gefühlslagen und Haltungen, theoretischen Vorbehalten und Beziehungshaß. Das Bemerkenswerte ist gerade, daß die einzelnen schriftlichen Äußerungen und "Vorfälle", die eindeutig die männerbündische Struktur belegen, um Jahre auseinander liegen. Das zeigt, mit welcher Konsistenz und Hartnäckigkeit sich dieses Muster gehalten hat und in einen Schwelbrand von Aversionen, sozialer Ab- und Ausgrenzung und dumpfer Ressentiments übergegangen ist, der irgendwann offen auflodern mußte. Das aufkeimende Ressentiment gegen den Berufsintellektuellen konnte nur zusätzliches Brennmaterial liefern für dieses tiefer liegende Ressentiment gegen das "schreckliche Weib" der Abspaltungstheorie und ihren "Kampfhund-Beschützer". Hinter der Softie-Maske kommt nicht nur das Bruderhorden-Konkurrenzsubjekt, sondern auch das Männerhorden-Bewußtsein androzentrischer Theoriebildung und sexistischer Ausgrenzung von unliebsamen Frauen mit eigenem theoretischen Anspruch zum Vorschein. In dem Maße, wie sich gegen
Ende der 90er Jahre die Auseinandersetzung um den "abgehobenen" Robert
Kurz mit seinen publizistischen "Extratouren" aufbaute und das
Bruderhorden-Syndrom in den Vordergrund trat, wurde die theoretische
Suffragette zwar umgekehrt nur noch als lästige
"Beschützerin" des abzutreibenden Berufsintellektuellen
pejorativ bestimmt, aber unter dieser Oberfläche in Wahrheit
weiterhin vom Männerhorden-Standpunkt aus als das eigentliche
Übel wahrgenommen; und zwar unwillkürlich bis in die
Semantik hinein. So klagte der in Bezug auf seine eigenen
Äußerungen und Handlungen von Amnesie heimgesuchte
Obersoftie in statu nascendi, seine Thematisierung der
"Krisis"-Gruppenprobleme (u.a. in jenem zitierten Kairos-Papier) seien
von Robert Kurz und Um auch gegen die "Zerbera" ein Legitimationsmuster für die Hinaussäuberung zu erfinden und Elemente von "Wahrheitsproduktion" zu konstruieren, wurde Roswitha Scholz von der Bruderhorde zu einer Art "Krisis"-Megäre aufgebaut. Die über mehr als ein Jahrzehnt sich erstreckende männerbündische Abstoßungsreaktion und Verletzungsgeschichte bis hin zur Tätlichkeit wurde auf den Kopf gestellt und eine "Geschichte" erzählt, in der genau umgekehrt die Megäre die Opfermänner bis aufs Blut gequält und nahezu entmannt haben soll. An Biertischen wurden über Jahre hinweg die unsäglichen Leiden der Opfermänner kolportiert, die von der männermordenden Roswitha Scholz, einer Art Lynndie England des "Krisis"-Zusammenhangs, heimgesucht worden seien; insbesondere das männliche Unschuldslamm Ernst Lohoff. Als sich die Konfliktfronten
endgültig klärten und die Bruderhorde zum
entscheidenden Schlag ausholte, mußte auch diese
männerbündische "Wahrheitsproduktion" noch einmal
mobilisiert werden. Roswitha Scholz, so hieß es, betreibe
eine
In Verbindung mit der unangenehmen Anwesenheit weiterer wenig pflegeleichter Frauen in der Nürnberger Diskussionsgruppe, im "Krisis"-Koordinationskreis und in der Redaktion baute sich in der Bruderhorden-"Wahrheitsproduktion" somit ein Bedrohungsszenario von Megären und Höllenhündinnen auf, deren wilden Gesang man schon zu hören glaubte: "Gehn wir Männer nichten im Park" (Wiener Schmäh). Und dagegen mußte natürlich erst recht eingeschritten werden; allerdings möglichst soft und geräuschlos, um keine neuen Furien zu wecken. Also wurde der Hinauswurf der Männernichterin (und in der Folge der unbotmäßigen Frauen überhaupt) als bloße Nebenwirkung beim Hinauswurf des Berufsintellektuellen Robert Kurz inszeniert, um die tiefer liegenden misogynen und männerbündischen Motive im Dunkeln zu lassen und gar keine extra Begründung mehr liefern zu müssen, warum der angebliche Softie-Aufstand gegen die "bürgerliche Kampfhund-Subjektivität" ausgerechnet die Frauen aus der "Krisis"-Redaktion hinaussäubern mußte. Als es endlich so weit war, konnte die
Mit-Abservierung von Roswitha Scholz in den Modus der
Beiläufigkeit gesetzt werden, um sie als bloße
Spielfigur im
Schandl merkt nicht einmal, wie er sich
hier selbst desavouiert: Frauen kommen bei ihm nur in der
Scheinalternative vor, entweder "mitgenannt" oder "nicht mitgenannt" zu
werden, das heißt überhaupt nur als explizites oder
bloß implizites Anhängsel zu erscheinen. Genauer
gesagt: die Alternative zum bloßen "Mitgenannt"-Werden als
Anhängsel besteht für ihn allein in der
völligen Ausblendung. Nun wählt mal schön,
was euch lieber ist. Nach dieser Definition können Frauen
überhaupt nur eine "Karte" sein, entweder als
"männlicher Trumpf" oder als Nullmarke. Die Inhalte der
eigenständigen Attacke von Roswitha Scholz auf die
männerbündische Struktur verschwinden
völlig; dazu heißt es nur lapidar: Dieselbe Erleichterung verspürt der als "Schläfer" erwachte Vorstand des "Krisis"-Fördervereins Peter Klein, wenn er mit tiefer Befriedigung anläßlich des Hinauswurfs bemerkt:
Nachdem die selbsterzeugte "giftige
Atmosphäre" gegen den Berufsintellektuellen gewendet werden
konnte, muß das "schreckliche" theoretische Flintenweib
endlich nicht mehr "ausdrücklich miterwähnt" werden,
obwohl es den eigentlichen Haßgegenstand bildet. Was
für eine Genugtuung, die alte Feindin nunmehr vermeintlich
endgültig ihrer theoretischen Kompetenz entkleidet und sie
reduziert zu haben auf ein vernachlässigenswertes
Anhängsel des verrückten, Ich ist ein anderer: Instrumentelle "Selbstreflexion"Der Beziehungskonflikt, wie er sich in der Geschichte des "Krisis"-Zusammenhangs über einen Zeitraum von inzwischen mehr als 12 Jahren darstellt, kann für ein an der wertkritischen Theoriebildung interessiertes Publikum natürlich nicht auf der rein individuell-persönlichen Ebene zur Debatte stehen. Es ist in dieser Hinsicht irrelevant, wer wen im Lauf der Zeit nicht mehr leiden und nicht mehr sehen konnte. Dennoch können der Konflikt und seine Darstellung nicht darauf reduziert werden, daß hier schmutzige Wäsche gewaschen wird; ebensowenig ist die Häme von schaulustigen Unfalltouristen angebracht, die sich daran aufgeilen, daß es nun auch die "Krisis"-Gruppe erwischt hat. Es handelt sich ja um ganz gewöhnliche Auseinandersetzungen und Brüche, wie sie in linken Polit- und Theoriegruppen ebenso wie in der bürgerlichen Welt der politischen Klasse und des Wissenschaftsbetriebs an der Tagesordnung sind und bloß normalerweise nicht dokumentiert und nicht reflektiert werden. Diese Reflexion ist aber dem wertkritischen Zusammenhang bei einem solchen Bruch abzuverlangen, weil die Kritik der bürgerlichen Subjekt-Konstitution die sonst ausgeblendete Ebene berührt. Was für die wertkritische Reflexion an diesem Konflikt relevant ist, das ist eben die Zone, in der sich Einzelnes und Allgemeines berühren. In gewisser Weise kann der "Krisis"-Konflikt fast schon unter Laborbedingungen zeigen, wie sich Persönliches und Gesellschaftliches vermitteln, wie aus den Poren individueller Aversionen, Idiosynkrasien und gruppendynamischer Gefühlslagen die Ideologiebildung aufsteigt wie ein Nebel und zu allgemeinen Deutungsmustern verdichtet wird. In diesem Sinne ist auf das einleitend skizzierte Problem der Verschränkung von Inhalts- und Beziehungsebene zurückzukommen. Es dürfte inzwischen deutlich geworden sein, daß der oberflächlich betrachtet bloß persönliche Konflikt sich allmählich mit Allgemeinheitsmomenten angereichert hat. Die individuellen Charaktere sind dazu übergegangen, die Konfliktlagen auf der Beziehungsebene mit Attributen der männlich-bürgerlichen Charaktermaske auszustatten. Selbstwertprobleme, Eifersuchtsgefühle und Frustrationserlebnisse haben die Schwelle des individuellen Erfahrungsraums überschritten, um sich strukturell zu formieren und ideologisch aufzuladen. Die Matrix des Konkurrenzverhältnisses hat sich ebenso herausgebildet wie der Affekt gegen die intellektuelle Existenz, das Ressentiment gegen den Berufsschriftsteller, die tiefer liegende männerbündische Struktur und androzentrische Identität. Durch den (persönlichen) Beziehungskonflikt hindurch werden die Konturen eines (theoretischen) Inhaltskonflikts sichtbar. Es ist im Grunde derselbe Vorgang, wie er sich auch schon in früheren Phasen der wert- und abspaltungskritischen Theoriebildung abgespielt hat: Einige bleiben stehen, machen die weitere Reise nicht mehr mit, graben sich identitär ein. Ein Novum ist es allerdings, daß diejenigen, die stehen bleiben oder zurückfallen, sich mittels eines Putsches des "Krisis"-Labels bemächtigt haben. Das ändert natürlich nichts an der Sache. Dann ist es eben das "Krisis"-Label selber, das stehen bleibt, zurückfällt und irrelevant wird, während die Reise unter dem neuen "EXIT"-Label weitergeht. Was die "Krisis"-Brudertruppe nicht mehr mitmacht, sind offensichtlich die mit der Abspaltungstheorie vermittelten Weiterungen der Subjekt- und Aufklärungskritik. Es ist das männlich-weiße westliche Subjekt (MWW) in den Brüdern selbst, das sich der Weiterreise sperrt. Das hat übrigens nichts mit dem Diskussionsbedarf zu tun, den es selbstverständlich noch gibt. Aber Diskussionsbedarf und tatsächliche (auch kontroverse) Diskussion sind etwas ganz anderes als eine identitäre Blockade, die vermittelt ist mit Ressentiments und Brüchen auf der Ebene von zerrütteten persönlichen Beziehungen, die ihrerseits wiederum vermittelt sind durch die Art und Weise, wie die Subjektform sich in den darin nicht aufgehenden Individuen konfliktreich geltend macht. Es kann in einem Zusammenhang kritischer Theoriebildung nicht ausbleiben, daß diese Konflikte sich schließlich auf der theoretischen Inhaltsebene selbst darstellen. Und in diesem Sinne war es auch kein Zufall, daß der Beziehungskonflikt aufbrach und sich zum institutionellen Konflikt (Spaltung) ausweitete, als die Aufklärungskritik (in den letzten drei "Krisis"-Ausgaben Nr. 25, 26 und 27) und die Kritik der männlich-weißen westlichen Subjektform (in der Auseinandersetzung mit der antideutschen Ideologie) durch Robert Kurz "übermäßig zugespitzt" wurde, begleitet von zahlreichen Bremsversuchen und Unmutsäußerungen aus dem Kreis der Brudertruppe. Die Verschränkung von Inhalts- und Beziehungsebene wird an genau diesem Punkt neuralgisch, auch wenn der sich andeutende Inhaltskonflikt bis jetzt von den Bremsern und Stehengebliebenen immer wieder heruntergespielt wird; es gehe, so heißt es, nicht um eine Abwehr der Subjekt- und Aufklärungskritik als solcher, sondern um eine Kritik des "Wie", der Art und Weise, der Darstellungsform etc. Aber anders haben tief gehende Inhaltskonflikte noch nie angefangen. Stets wird zuerst die Form moniert, bevor der hinter dem Formkonflikt lauernde Inhaltskonflikt hervorbricht. Skrupulös hinsichtlich der Form und des "Wie" wird man immer nur dann, wenn man den Gegenstand der Kritik irgendwie in Schutz nehmen will. Daß das etwa bei der theoretischen Kritik der Arbeit und der Politik nicht der Fall war, aber jetzt bei der abspaltungstheoretisch fundierten Subjekt- und Aufklärungskritik aufscheint, ist eben das starke Indiz für den längst aufgekeimten inhaltlichen Dissens. In gewisser Weise gilt das auch für die der Auseinandersetzung zu Grunde liegende Abspaltungstheorie. Schon die Art und Weise, wie dieser theoretische Umsturz in der "Krisis"-Theoriebildung konfliktreich und gegen die Beharrungstendenz der männerbündischen Hintergrundstruktur durchgesetzt worden war, hatte auf eine Bruchlinie verwiesen, auch wenn der tatsächliche Bruch erst jetzt vollzogen wurde. Wie der Konflikt auf der Beziehungsebene lange schwelte, so auch auf der Inhaltsebene. Das äußerte sich etwa darin, daß die Abspaltungstheorie von den "widerständigen" Konkurrenzmännern nie als der Umsturz gesehen wurde, der sie eigentlich war, sondern stets als bloße "Erweiterung" oder "Ergänzung" der androzentrisch-universalistischen Wertkritik. Man wollte den eigenen "theoretischen Zugang", der sich den Konsequenzen der Abspaltungskritik sperrte, unbedingt erhalten wissen. Natürlich wird man(n) auch jetzt nicht zum offenen Frontalangriff gegen die Abspaltungstheorie als solche vorgehen; falsche Softies müssen einen anderen Weg wählen. Es geht darum, den Abspaltungsbegriff zu entschärfen und in den eigenen, letztlich androzentrischen "Zugang" einzubringen, ihn möglichst unauffällig wieder ableitungslogisch zu subsumieren und irgendwie auf die historisch-empirische Ebene zu beschränken etc. Der Entschärfung auf der
inhaltlich-kognitiven Ebene entspricht die Instrumentalisierung auf der
Beziehungsebene. Im Beziehungskonflikt nämlich versucht die
Brudertruppe, den Spieß einfach umzudrehen und die
Abspaltungskritik für sich zu vereinnahmen als Waffe gegen
deren Urheberin und gegen den abzuservierenden Berufsintellektuellen.
In diesem Sinne möchten die adretten Netten
Daß mit dem "vermittlungslosen Theoretiker" nicht etwa der eigene Standort gemeint ist, sondern der des bösen, bleichen, "lebensfremden" Berufsintellektuellen, das hat schon der Wiener Stichwortgeber legitimationsideologisch vorgekaut:
Damit ist also klar, "wer" von sich abzusehen pflegt, nämlich eben der Berufsintellektuelle, während der Normalo ebenso wie die adrett netten theoretischen Dilettanten und Freizeit-Intellektuellen apriori in dieser Hinsicht exculpiert sind (und natürlich dennoch gleichzeitig im Hinterkopf die Vorstellung mit sich herumtragen dürfen, daß sie die "eigentlichen", viel "grundsätzlicheren", nicht berufsmäßig versauten Theoriebildner seien). Für den gegebenen Zweck nimmt man(n) sich qua Dilettantismus heraus, und schon hat man(n) eine hübsche Rollenverteilung: hier der von sich und seinen Mitmenschen "absehende" Berufsintellektuelle, und dort "wir", die netten, theoretisch bloß dilettierenden Repräsentanten der "sinnlichen Bezüge". Auf der Seite der Lebensfremdheit angeblich "vermittlungsloser" Theorie erscheint nun nicht allein der Berufsintellektuelle, sondern auch die "höllenhündische" Abspaltungstheoretikerin. Und was macht dieses schreckliche Paar mit den unschuldigen Opfermännern? Diese werden unter böse Abstraktionen "mechanisch subsumiert", wo sie doch die "sinnlichen Bezüge" geradezu sind:
Zunächst einmal wird hier die in der Tat männerbündisch geheckte, die Verhältnisse verkehrende Projektion, in der die Abspaltungstheoretikerin als "Männernichterin" erlebt wird, zur geradezu meta-theoretischen "kritischen Reflexion" geadelt. Qua Abspaltungstheorie wird Roswitha Scholz eine "Bemächtigung der Theorie" vorgeworfen, die den Rezipienten und vor allem den Gegenständen dieser Theorie gegenüber eine "geschlechtlich keinesfalls indifferente Entmündigung" enthalte, die ein Moment "patriarchaler Herrschaft" sei. Ausgerechnet die Abspaltungstheoretikerin selber wird somit zur Repräsentantin des Patriarchats umkostümiert und ihr zwecks Denunziation eine vollbärtige "Theoriebemächtigung" zugerechnet. Sie ist es also eigentlich, die abspaltet - und die Abgespaltenen sind die von "sinnlichen Bezügen" geradezu strotzenden Opfermänner. Mit einem Wort: Roswitha Scholz ist der Wert! Wir wissen nun also, mit welcher netten Interpretation der Abspaltungstheorie wir in Zukunft zu rechnen haben, wenn sie uns in ihrer "wahren" begrifflichen Gestalt aus den zuckersüßen Softie-Mündchen der Bruderhorde verkündet wird. Es ist eine Queer-Politik sui generis, mit der hier auf die sanfte Tour klar gemacht werden soll, wer eigentlich Herr im Haus ist gerade dadurch, daß man(n) sich des Abgespalten-Werdens "bemächtigt" und die reale bürgerliche Geschlechterlogik auf den Kopf stellt. Bemächtigung durch einfache Umkehrung des Bemächtigungsvorwurfs, wie "raffiniert". Die nunmehr weiblich definierte Schläue der selbstapologetischen Softie-Argumentation entfaltet, nachdem sie die ideelle Geschlechtsumwandlung vollzogen hat, eine höchst originelle Interpretation des Verhältnisses von Einzelnem (Persönlichem) und Allgemeinem. Vom bösen Berufsintellektuellen und von der "höllenhündischen" Patriarchin werde "die Feststellung objektiver gesellschaftlicher Zusammenhänge unvermittelt auf Personen bzw. das persönliche Beziehungsgeflecht (in der Krisis) angewandt" und die sinnlichen Opfermänner würden in bloße Abstraktionen "einkategorisiert". Worum es tatsächlich geht, das ist das konkrete Verhältnis von Persönlichem und Gesellschaftlichem, die Vermittlung von Einzelnem und Allgemeinem. Im Beziehungsraum berühren und durchdringen sich die beiden Momente. Vermittlung besteht hier darin, zu zeigen, wie sich bestimmte psycho- und gruppendynamische Entwicklungen, Gefühlslagen, Verarbeitungsformen mit Strukturen gesellschaftlicher Allgemeinheit vermitteln; wobei sich übrigens die (gewöhnliche) männerbündische Struktur in Theoriegruppen der Sache nach auf einer ziemlich niedrigen Abstraktionsebene befindet, also sehr nahe an die gruppendynamische Besonderheit und die individuell-persönliche Einzelheit anschließt. Die darstellende Vermittlung kann nicht anders geschehen, als daß die tatsächlichen Verhaltensweisen, Äußerungen, Haltungen und Handlungen bestimmter Personen in einem bestimmten Beziehungsgeflecht zu den Strukturen gesellschaftlicher Allgemeinheit (auf verschiedenen Abstraktionsebenen) in Beziehung gesetzt werden. Eine solche Beziehung muß es geben, aber in Beziehungskonflikten fällt logischerweise ihre Deutung different und eben konfliktreich aus. Wir werden jedoch vergeblich danach suchen, welche andere Vermittlung von Einzelnem (bestimmten Personen), Besonderem (Gruppendynamik) und Allgemeinem (männerbündischen Strukturen, Konkurrenzsubjektivität) die Bruderhorde denn geltend machen will. Stattdessen streicht sie das Vermittlungsproblem und die tatsächlich ihnen gegenüber formulierte Vermittlung einfach durch, und behauptet, daß es sich dabei per se um eine "unvermittelte Einkategorisierung" handle. Das wirkliche Einzelne und Besondere, sie selbst als konkrete Individuen und der konkrete Gruppenzusammenhang mit seiner realen Konfliktgeschichte, kommen bei ihnen selber nur im Allgemeinen vor, also abstrakt. Mit anderen Worten: Sie selber kommen überhaupt nicht vor, außer als angebliche Opfer von "Einkategorisierung". Das Gerede über "Selbstreflexion", die dem "Theoretiker" und der vollbärtigen Patriarchin mangle, bei ihnen aber anscheinend im Überfluß vorhanden ist, verbleibt selber in der bloßen Abstraktion und ist ein offensichtlich instrumentelles in einem ihrerseits in gar keiner Weise offen gelegten konkreten Beziehungskonflikt. Es kommt also darauf hinaus, daß die schon von Glatz formulierte pejorative Bestimmung des "theoretischen Anspruchs" als "unmögliche transzendentale Instanz" zur generellen Ausklammerung der "gesellschaftlichen Allgemeinheit" und der "objektiven Strukturen" führt, sobald es um bestimmte reale Beziehungsverhältnisse geht. Das Einzelne/Besondere einerseits und das Allgemeine andererseits fallen so tatsächlich unvermittelt auseinander. Das paßt gut zur ganz und gar unkonkreten und unbestimmten, konsequenzlosen Selbstbezichtigung, daß man(n) ja "irgendwie" auch nur ein bürgerliches Subjekt sei, aber "irgendwie" nicht ganz so arg wie die "transzendentalen TheoretikerInnen" an ihrem "bloß logischen Ort" angeblich jenseits aller Sinnlichkeit:
Ganz besonders "wahnhaft" sei dabei das Wir dürfen also feststellen, daß es die Ebene der gesellschaftlichen Allgemeinheit real gar nicht gibt, noch nicht einmal auf der niedrigen Abstraktionsebene männerbündischer Strukturen, oder jedenfalls nicht im "Krisis"-Zusammenhang und schon gar nicht bei den abgespaltenen und zwangskategorisierten Opfermännern. Was sollen wir daraus schließen? Daß die Reflexion, die über das Niveau der Einzelheit hinausgeht, ein "transzendentales" Glasperlenspiel und von Übel ist, weil sie nichts Wesentliches mit den handelnden Personen zu tun hat? Das gesellschaftliche Wesen befindet sich so bloß in einem "logischen Raum", der eigentlich nur "Fiktion", "Konstrukt" etc. ist. Dummerweise wäre dann allerdings die mit ihrem eigenen gesellschaftlichen Wesen unvermittelte Einzelheit auch bloß eine abstrakte, aber das geht die Opfermänner nichts mehr an. Sie haben alles Übel auf der Seite der Theorie versammelt, sobald diese überhaupt in Beziehung gesetzt wird zu "konkreten Verhältnissen" als angebliche bloße "Zuordnung". Die Theorie ist nur abstrakt, die Verhältnisse sind nur konkret, jedenfalls sobald es um ihre eigenen Verhältnisse geht. Im übrigen enthalten diese Invektiven gegen die theoretische Allgemeinheitszumutung und die damit verbundenen Vorwürfe der "Einkategorisierung" und der angeblich äußerlichen "Zuordnung", wie sie die Brüder aus ihrem Beziehungskonflikt heraus entwickelt haben (und offenbar dabei sind, zum Inhaltskonflikt hochzuladen) auch ein völlig falsches, im Kern objektivistisches Verständnis von "Immanenz" (darauf wird im geplanten zweiten Text einer inhaltlich-theoretischen Abrechnung mit den Softie-Brüdern von Rest-"Krisis" genauer einzugehen sein; darüber hinaus ist das Verhältnis von Immanenz und Transzendenz überhaupt ein auszuleuchtender Gegenstand weitergehender theoretischer Reflexion, sowohl im Sinne einer erkenntniskritisch konsistenten Herleitung des immanenten und gleichzeitig transzendierenden "Standpunkts der Kritik" als auch im Sinne einer Ideologiekritik an falschen, affirmativen Immanenzbegriffen, wie sie in unterschiedlicher Weise bei Adorno/Horkheimer, krude heruntergebrochen bei den Antideutschen, in anderem Kontext bei Antonio Negri und eben auch bei den "Krisis"-Softie- und Freizeit-Theoretikern nachweisbar sind). Die Mechanik der instrumentellen Entbegrifflichung funktioniert allerdings auch andersherum. Daß die Bruderhorden-Opfermänner in den "Kategorisierungen" und Struktur-Abstraktionen "nicht aufgehen", wird nicht nur zum Beweis genommen, daß sie damit eigentlich gar nichts zu tun haben, sondern dient gleichzeitig dazu, ihr eigenes sehr persönliches und unmittelbares Verhalten zu eskamotieren. Indem sie sich selber in den seinerseits bloß "logischen Raum" der abstrakten Einzelheit davongestohlen haben, erscheint ihr reales Verhalten als ganz konkrete, persönliche Einzelheit plötzlich ebenso unwirklich wie die "theoretischen Kategorisierungen". Nehmen wir als extremes Beispiel den tätlichen Angriff des Herrn Lohoff gegen Roswitha Scholz. Man sollte meinen, daß ein Schlag ins Gesicht eine ziemlich sinnliche Angelegenheit ist. Aber, so heißt es dann, der Herr Lohoff geht ja auch in seiner Tätlichkeit "nicht auf". Deren unliebsame Erwähnung (eine unwichtige "alte Geschichte") "kategorisiert" ihn ja schon wieder ein. Das "Nicht-Aufgehen" wird so zum Generalschlüssel für das Unsichtbar-Machen sowohl auf der Ebene der Allgemeinheit als auch auf der Ebene der Einzelheit. In sowieso bloß "halluzinierten" männerbündischen Strukturen gehen die Herren "nicht auf"; klick, schon sind die männerbündischen Strukturen gelöscht. In seiner Tätlichkeit geht der Herr Lohoff "nicht auf"; klick, schon ist die Tätlichkeit gelöscht. Und zwischen gelöschten Aussagen/Informationen auf verschiedenen Ebenen darf dann auch keine Verknüpfung und schon gar keine Beziehung zu den Formen gesellschaftlicher Allgemeinheit mehr hergestellt werden. Die Adornosche Kritik an der begrifflichen Identitätslogik wird so mißbraucht und herabgewürdigt zum instrumentellen Verfahren, um das eigene Verhalten auszublenden. Per Mausklick geht’s ins Nirwana der abstrakten Konkretheit; der "logische Raum" der abstrakten Einzelheit wird zum sicheren Hafen. Und genauso wird dann verfahren mit den persönlichen Ressentiments, der Konkurrenzsubjektivität, den politischen und persönlichen Denunziationen und allem anderen, was sich in diesem Beziehungsraum abgespielt hat und eine Vermittlung von Psycho- und Gruppendynamik mit Momenten gesellschaftlicher Allgemeinheit darstellt. Die Brudertruppe ist es nie gewesen, sie ist so unschuldig wie eine ganze Säuglingsstation oder, besser noch, wie die privaten US-Söldnerbanden im Irak. Man könnte die ganze Rabulistik in die Form einer Parabel bringen: Drei Männer schlagen einen Passanten krankenhausreif, bis er bewußtlos am Boden liegt. Anschließend räsonieren sie über die Tat und bescheinigen sich gegenseitig, daß sie in diese nicht "einkategorisiert" werden könnten. "Ich habe vorher noch nie jemand zusammengeschlagen", gibt der erste zu bedenken. "Und ich liebe meine Frau und meine Kinder", sagt der zweite. Der dritte schließlich meint: "Ich bin immer gut zu meinem Hund gewesen". Weiter stellen die drei fest, daß sie ja ganz verschiedene Menschen mit verschiedenen Ansichten seien, die unmöglich auf den einen abstrakten Nenner dieser Tat gebracht werden könnten. "Ich bin eigentlich im Prinzip gegen Gewaltanwendung", erklärt der erste. "Ich hatte eine Wut auf den Kerl, er hat nichts anderes verdient", proklamiert der zweite. "Mir war halt danach, aber das kommt bei mir selten vor", sinniert der dritte. Am Ende kommen sie überein, daß jede Anklage gegen sie eine "theoretische Fiktion" und ein "wahnhaftes Konstrukt" wäre, und gehen befriedigt nach Hause. Die Herren haben etwas läuten hören von den "wirklichen sinnlichen Individuen", die in der Subjektform nicht aufgehen. Woher sie das wohl haben? Und sogleich meinen sie, das "nicht Aufgehende" herausfiltern und isolieren, womöglich ontologisieren zu können. Der "unverdinglichte Rest" wäre dann etwas wie ein Sack Kartoffeln, den man einkellern, oder wie die Gans, die man unter den Arm nehmen und damit davonlaufen kann. Und siehe da, die auf diesen "unverdinglichten Rest zum Anfassen" bezogene Sinnlichkeit sieht ganz aus wie Karl-Heinz Wedel und die übrige Brudertruppe; die fatalen Abstraktionen dagegen gleichen Roswitha Scholz und Robert Kurz aufs Haar. Auf der einen Seite des Beziehungskonflikts finden wir also die "vermittlungslosen TheoretikerInnen", die "Bemächtigung der Theorie", die "Mechanik der Subsumtion", "dünne Fäden theoretischer Kategorisierung" und "wahnhafte Konstruktionen". Auf der anderen Seite dagegen geht’s herzhaft zu; dort finden wir die "wirklich sinnlichen Individuen", den vollen "Beziehungsreichtum", eine "Vielfalt sozialer Beziehungen" und mitten in diesem prallen Leben den "adäquat selbstreflexiv sich verhaltenden Zusammenhang" der schunkelnden Brudertruppe. Die Herren können nicht nur vor lauter Wichtigkeit und vor lauter Harmlosigkeit, sondern auch vor lauter Sinnlichkeit kaum laufen. Da dürfte die Wahl für die "gute Seite" nicht schwer fallen. "Ich ist ein anderer", dieser geniale Satz Rimbauds, der das Fetischverhältnis der Subjektform auf die kürzeste denkbare Formel bringt, wird so zu einer banalen Selbstentlastung verkehrt: Wenn es zwischen uns einen Konflikt im Beziehungsraum bürgerlicher Subjektivität gibt, dann bin ich darin nicht anwesend, sondern du mußt beide Seiten übernehmen, sofern es dabei mies und fies zugeht. Die Formel für die Lösung aller Beziehungsrätsel darf dann lauten: Soweit wir schlimme bürgerliche Subjekte sind - seid das ihr, Robert Kurz und Roswitha Scholz! Soweit wir aber darin nicht aufgehen - sind wir es selber! Ist das nicht eine ausgesprochen nette Rollenverteilung? Ödipussi nach Softie-ArtNicht ganz unerheblich sollte es sein, wie eigentlich der übrige aktive "Krisis"-Zusammenhang den Konflikt erlebt hat. Die bloß passive Mitgliedschaft des "Krisis"-Fördervereins, die großenteils die Beteiligten persönlich oder zumindest den Binnenraum der "Krisis"-Verhältnisse überhaupt nicht kennt, kann hier kaum zählen. Soweit dabei Leute, die sich dafür hergaben, von der Brudertruppe mobilisiert wurden, geschah dies überwiegend aus lokalen Cliquen-Loyalitäten heraus ohne intime Kenntnis der Zusammenhänge. Entscheidend sind vielmehr die eigentlich betroffenen aktiven Gremien der Nürnberger Gruppe, der überregionalen Redaktion und des Koordinationskreises. Würde die Bruderhorden-Interpretation mit der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen, dann hätte sie in diesen Gremien auch auf allgemeine Zustimmung stoßen, also Robert Kurz und Roswitha Scholz isolieren müssen. Genau diese Vorstellung erscheint auch als geradezu selbstverständliche in der zur Meta-Reflexion geadelten anti-theoretischen Selbstdarstellung der Brudermänner:
Wer ist nun eigentlich "isoliert", und wer sind die "anderen"? Was wird hier "sichtbar"? Unter Einschluß von Roswitha Scholz und Robert Kurz hat sich die Mehrheit der Nürnberger Gruppe, die Mehrheit der "Krisis"-Redaktion und die Mehrheit des "Krisis"-Koordinationskreises gegen die Interpretation der Brudertruppe gestellt. Streng genommen haben sich also diese Herren "isoliert". Das heißt nichts anderes, als daß deren Definition von Isolierung sich ausschließlich auf ihren eigenen mafiotischen "Zusammenhang" bezieht. Wer sich von ihnen "isoliert", der ist eben überhaupt isoliert. Sie sind die "Eigentlichkeit" des Zusammenhangs ("Wir sind die Krisis"), der Rest ist gar nichts, und sei es die Mehrheit. Wer sich von ihnen "isoliert", muß "verunsichert" sein, weil die anderen aktiven Mitglieder als Niemande zu gelten haben, vor allem die unbotmäßigen Frauen, die von ihnen so nett gemobbt worden sind. Der kleine Widerspruch, daß
sie sich selber isoliert haben, muß also von der Brudertruppe
dahingehend aufgelöst werden, daß die Mehrheit des
aktiven "Krisis"-Zusammenhangs, die sich inzwischen als
EXIT!-Zusammenhang formiert hat, irgendwie
"unzurechnungsfähig" sein muß. Es handle sich um
Leute, die Daß sie sich in eine
Minderheitsposition manövriert hat, wird also von der
Brudertruppe dahingehend interpretiert, daß die Mehrheit
einem falschen Autoritätsverhältnis unterliege, einer In Wahrheit nehmen die übrigen "Krisis"-Mitglieder des engeren Kreises, die sich vom "Coup" der Brudertruppe scharf distanziert haben, eine weitaus selbständigere und unbefangenere Position ein als letztere. Wer hier eigentlich ein Autoritätsproblem hat, ist niemand anders als die Bruderhorde selbst, die sich zuletzt nicht mehr anders als durch "Vatermord" zu helfen wußte, wobei die männernichtende, höllenhündische "Patriarchin" als böser Muttervater oder böse Vatermutter mit eingeschlossen wurde. Dieser ödipale Aspekt des Beziehungskonflikts ist völlig durchsichtig. Umso heftiger wird er von den Herren ebenso als angeblich "wahnhaft" abgestritten wie die männerbündische Struktur, die Ressentiments, Konkurrenzgefühle und alle daraus folgenden Handlungen. Die Brüder können ja auch vor lauter "Selbstreflektiertheit" kaum laufen; also kann nicht wahr sein, was nicht wahr sein darf. Dabei muß man nicht besonders psychoanalytisch durchgebildet sein, um zu wissen, daß die ödipale Konstellation ebenso wie männerbündische Strukturen einen ganz gewöhnlichen Bestandteil bürgerlicher Beziehungsverhältnisse bildet. Es handelt sich nicht bloß um eine Familienkonstellation im engen Sinne, sondern um ein universelles Beziehungsmuster im historischen Kontext der männlich-weißen westlichen Subjektform. Dieses Muster für den "Krisis"-Beziehungskonflikt abzuleugnen, in dem es sogar besonders klar zutage liegt, zeugt von peinlicher Unreflektiertheit und Verdrängung aus Gründen einer ebenso unreflektierten männlichen Selbstwertproblematik. Das ödipale Muster strukturiert einen geradezu vorprogrammierten Konfliktablauf. Die Ausgangskonstellation besteht darin, daß ein bürgerliches Autoritätsverhältnis eingegangen wird, so ziemlich das Gegenteil einer freien Vereinigung von Individuen. Eine vielleicht gegebene "sachliche" Autorität wird überformt von einem Verhältnis der persönlichen Selbstunterwerfung, in dem sich die strukturelle Unfreiheit des bürgerlichen Subjekts auf der individuellen Beziehungsebene reproduziert und den bürgerlichen Emanzipationsbegriff Lügen straft. Die Autoritätsperson (der "maximo leader") wird übermenschlich erhöht, angehimmelt, ikonisiert und eben diffus - "generalbevollmächtigt". Er soll das eigene ungelebte Leben lebendig machen, die Illusion vom "souveränen" Subjekt repräsentieren; wie ja auch die Konstitution der kapitalistischen "Souveränität" in der Modernisierungsgeschichte mit entsprechenden "Führerfiguren" im gesellschaftlichen Maßstab einherging. In demselben Maße jedoch, wie sich die Widersprüche dieses Verhältnisses zuspitzen, das Ungelebte des eigenen Lebens schmerzhaft fühlbar und die Delegation der "Souveränität" unerträglich wird für das Selbstwertgefühl, läuft derselbe Projektionsmechanismus rückwärts ab: Die positive Fixierung schlägt in eine negative um, ohne daß die Fixierung als solche emanzipativ aufgelöst wird. Der einst angehimmelte "Übervater", die projizierte Autoritätsfigur, erscheint plötzlich als feindliche Über-Macht, Diktator und Monster. Es kommt zur Palastrevolution, zum (personalen) Ikonoklasmus, Denkmalsturz, Cäsarenmord und Vatermord. Der junge Mann "emanzipiert" sich vom Vater dadurch, daß er ein ebensolcher wird; das demokratische Konkurrenzindividuum "emanzipiert" sich historisch vom "großen Führer", indem es ihn verinnerlicht und sein eigener Diktator wird; der Junghirsch in der Führungsetage "emanzipiert" sich, indem er den alten Platzhirsch zu Tode forkelt und dessen Stelle hinter dem breiten Schreibtisch einnimmt. Die "Krisis"-Brudertruppe, die in ihrem
Beziehungskonflikt von einem ödipalen Muster nichts wissen
will, reproduziert dieses bilderbuchartig bis zur
Lächerlichkeit, und zwar in ihren eigenen
nachprüfbaren Aussagen. Für die (inzwischen ziemlich
graue) Vergangenheit des früheren "Beziehungsgefühls"
zu Robert Kurz wird die Wie nämlich wurde das ödipale Problem verarbeitet? Emanzipatorisch wäre es gewesen, sich dem autoritären Verhältnis "im eigenen Kopf" zu stellen und dessen Reproduktion durch eine Selbstauseinandersetzung zu unterbrechen, um die Projektion zu überwinden und zu einem anderen Verhältnis zu gelangen, das dann auch den "Krisis"-Zusammenhang weiter gebracht hätte. In diesem Sinne wäre es auch grundsätzlich angebracht, den bürgerlichen Begriff der "Leitfigur" kritisch zu reflektieren und die Perspektive eines Zusammenhangs radikaler Theoriebildung ohne ödipale Beziehungsstruktur zu gewinnen, also die inhaltliche Kompetenz und deren Anerkennung von "verinnerlichten" Autoritätsverhältnissen zu trennen. Natürlich auch selbstkritisch seitens dieser "Figur" selber, denn es wäre sicherlich albern, hier die eigene Rolle ausblenden zu wollen; das ginge jedoch nur durch eine reflexive Anstrengung, die einen solidarischen Zusammenhang voraussetzt, der nicht bereits durch Konkurrenzmotive und Selbstwertprobleme vergiftet ist. Stattdessen wurde die ödipale
Beziehung seitens der Brüder jedoch strikt geleugnet, was
einzig dazu führen konnte, sie ihren klassischen Verlauf
nehmen zu lassen. An die Stelle der Selbstauseinandersetzung, um die
eigenen Projektionen zu durchschauen, trat also bloß die
klassische Umkehrung der Projektion, die Verwandlung der positiven in
eine negative Fixierung. Der innere Widerspruch mußte veräußerlicht
werden; statt der "verinnerlichten" Autoritätsbeziehung
mußte man die Person Robert Kurz äußerlich
loswerden und sie deshalb zur Unperson machen. Die eigene Seite des
Beziehungsverhältnisses wurde schlicht eskamotiert oder sogar
(als die "gute", "selbstreflektierte", "sinnliche" usw.) positiviert,
um die andere Seite durch pejorative Zuschreibungen als negativen Pol
zu definieren. Aus der Ikone, dem Übervater, dem Jupiter etc.
wurde also der böse "Berufsschriftsteller", der
"übermäßig zuspitzende" Berufspolemiker,
der unmögliche "Kampfhund"; und schließlich, auf das
innere Beziehungsverhältnis bezogen, der angeblich
diktatorische Daran ist nur so viel "wahr",
daß das Aufnehmen der Abspaltungstheorie zumindest teilweise
konfrontativ durchgesetzt wurde, was sich damit rechtfertigen
läßt, daß dieser weitertreibende Ansatz
sonst womöglich erstickt und Roswitha Scholz von der
"Krisis"-Männerhorde an der Publikation sogar gehindert worden
wäre. Es kann also nicht von einem (negativen) Autoritarismus
schlechthin gesprochen werden, sondern der bestimmte
(männerbündische, androzentrische) Kontext
ist aufzumachen. Ähnliches gilt für die versuchte
Rückkehr des Autors Peter Klein seit 2000 nach seinem Ausstieg
1992. Daß nicht allein Robert Kurz und Roswitha Scholz,
sondern auch die Mehrheit des aktiven "Krisis"-Zusammenhangs keine Lust
zeigten, sich noch einmal mit einem längst
überwundenen Diskussionsstand auseinanderzusetzen, auf dem zum
Beispiel immer noch behauptet wird, mit Kant sei kein Rassismus und
kein Sexismus möglich, kann eben in gar keiner Weise zu der
Behauptung verallgemeinert werden, es gebe eine allgemeine und
grundsätzliche Die "Krisis"-Bruderhorde distanzierte sich zwar immer wieder von den allzu offensichtlich rückwärtsgewandt-androzentrischen Aussagen Kleins und wollte damit nicht in einen Topf geworfen werden; dennoch war diese Distanzierung keine offizielle und schon gar keine scharfe, sondern eine eher wohlwollend-eingemeindende, weil man(n) diese "Position" zumindest im Rahmen eines "wertkritischen Pluralismus" als zugelassene sehen wollte, um einen Brückenkopf des androzentrischen Universalismus im "Krisis"-Zusammenhang zu haben und die eigene Affinität dazu nach Gusto als Verhältnis von Distanz und Affirmation in der Schwebe halten zu können. Der inhaltlich diffuse Bezug auf diese Kleinsche "Position" wurde jedoch begleitet von einem rein positiven Bezug auf dessen Behauptungen hinsichtlich der Form der Diskussion, nämlich eben als Vorwurf der Diskurs-Diktatur gegen Robert Kurz. Das paßte einfach zu gut zur eigenen Tendenz einer Negativ-Fixierung, die sich schon längst mit ganz gewöhnlichen Konkurrenz-Motiven, Ressentiments und Affekten gegen den Berufsintellektuellen aufgeladen hatte. Schließlich wurde Peter Klein mittels seiner Vorstands-Funktion im "Krisis"-Förderverein direkt in die Brudertruppe aufgenommen, um formal losschlagen zu können. Mit dem Aufgreifen der Kleinschen Formel vom jede "vernünftige" Diskussion abwürgenden angeblichen "Alleinherrscher" Robert Kurz nahm die Brudertruppe ihrerseits die "Mechanik der Subsumtion" in Anspruch, wie man(n) es eben gerade brauchte. Ihrem Interpretationsmuster des Konflikts zufolge, das dessen ödipale Struktur ableugnete, wagten die Brüder "vor Kühnheit zitternd" einen grandiosen "antiautoritären Aufstand" gegen den durchgeknallten Diktator bzw. gegen das aus Robert Kurz und Roswitha Scholz bestehende ideelle Gesamtmonster. Hätte es sich jedoch tatsächlich um einen Akt der Emanzipation gehandelt, dann hätten die anderen aktiven "Krisis"-Mitglieder, zumindest die Mehrheit, überzeugt werden und mit ihnen gemeinsam eine Veränderung des Verhältnisses herbeigeführt werden müssen. Die Bruderhorde ging jedoch von vornherein davon aus, daß das nicht möglich wäre. Unfreiwillig ist dies das Geständnis, daß es in Wirklichkeit kein emanzipatorischer Akt sein konnte. Um den wahren Charakter auf eine allerdings sehr durchsichtige Weise zu kaschieren, mußten die übrigen Mitglieder des aktiven "Krisis"-Zusammenhangs eben für unzurechnungsfähig und "schuldbeladen" erklärt werden. Es konnte den Brüdern nicht mehr in den Sinn kommen, daß die anderen tatsächlich andere Erfahrungen gemacht hatten, daß sie die Behauptung vom jede kontroverse Diskussion "erstickenden" Diktator nicht nachvollziehen konnten. Schon gar nicht wollten sie wahrhaben, daß die anderen eben nicht in derselben ödipalen Autoritätsbeziehung standen und diese deshalb auch nicht in eine bloß negative Fixierung umschlagen konnte. Der anti-emanzipatorische Charakter des Bruderhorden-Aufstands mußte sich daher gerade darin zeigen, daß die Veränderung in der klassischen bürgerlichen Manier eines Machtanspruchs ablief: als putschistische Entmündigung von Redaktion und Koordinationskreis, in der Folge als Rückgriff auf formaljuristische Strukturen mit unsauberen Mitteln. Die Mehrheit wurde nicht überzeugt, sondern hintergangen, überrumpelt, ausgetrickst und einem selber diktatorischen Vorgehen unterworfen (ausdrücklich nach dem Muster des Schmittschen "Ausnahmezustands"). Oder, wie es einer der ihr formales Machtwort sprechenden Herren Vereinsvorstände ausdrückte:
Das durch die eigenen Projektionen und das eigene Verhalten zustande gekommene Autoritätsverhältnis wurde nicht aufgelöst, sondern durch die Selbstkonstitution als kollektiver "Platzhirsch" (bei den einzelnen Brüdern reicht es nicht zu einem solchen) lediglich allen anderen gegenüber neu definiert als nunmehr tatsächlicher Unterwerfungsanspruch. Aus einem solchen Verhalten kann nie und nimmer eine freie, offene Vereinigung von Individuen ohne bürgerliche Autoritätsstruktur hervorgehen. Die Mittel dementieren den angeblichen Zweck. An die Stelle einer emanzipatorischen Auflösung des Autoritätsverhältnisses war nur die übliche Vollendung des ödipalen Kreislaufs getreten: in diesem Fall die "Machtergreifung" durch eine minoritäre Gruppe. Damit hatten die vermeintlich "Antiautoritären" sich nur praktisch bewiesen und selbst bestätigt als Ausgeburten der männlich-weißen westlichen Subjektform (MWW). Es war ja auch nicht etwa eine Art
neutraler Schiedsspruch, der hier vollstreckt wurde, sondern die
Bruderhorde hatte sich ganz offen und aufreizend zum Richter in eigener
Sache erklärt, was den usurpatorischen, unverschämten
Machtanspruch doppelt unterstreicht. Selbst diese unverhüllte
Dreistigkeit des "Willens zur Macht" mußte aber noch geradezu
zwanghaft mit süßlichem Softie-Lispeln vorgebracht
werden: Man(n) habe ja niemanden gänzlich aus dem weiteren
Zusammenhang hinausgeworfen, lediglich Roswitha Scholz und Robert Kurz
aus Redaktion und Koordinationskreis (den einzigen Gremien der aktiven
"Krisis"-Mitgliedschaft!) entfernt, nun ja, ein wenig gegen den Willen
der aber ja leider unzurechnungsfähigen Mehrheit; und auch das
nicht für immer, sondern nur so lange, bis die Betroffenen zur
Besinnung gekommen wären, vielleicht ein paar Monate (oder
Jahre?). Betroffenheitskitsch und falsche UnmittelbarkeitDem Machtwillen der brüderlich-mafiotischen Gruppe nach innen als kollektiver "Platzhirsch" und MWW gegenüber dem "Krisis"-Zusammenhang entspricht umgekehrt proportional die "Mäßigung" der Wert-Abspaltungskritik nach außen, das Heruntertransformieren auf ein bewegungskompatibles Betroffenheitsniveau, wie es sich im Softie-Gebaren und im Affekt gegen den Berufsintellektualismus bereits angedeutet hat. Das Auftauchen des theoriefeindlichen Moments in der Theoriebildung selbst, die unvermittelte Berufung auf "das Leben" gegen die "Fiktionen" des abstrakten Denkens usw. signalisiert den Willen zur Entschärfung, um endlich Anschluß zu finden an die Bewegungs-Normalos, was man(n) sich als "Vermittlung" in die Tasche lügen möchte. Die Sachlichkeits- und Mäßigkeits-Maske ist mit dem Gesicht verschmolzen und vermittelt sich mit dem Wunsch zum "Dabeisein" um jeden Preis; die notwendige Distanz der kritischen Theorie wird preisgegeben zugunsten einer "Umgänglichkeit", die nichts anderes ist als Anbiederei. Man(n) möchte Dazu paßt, daß die theoretische Weiterentwicklung der Wert-Abspaltungskritik zur radikalen Kritik der Aufklärung und der männlich-weißen westlichen Subjektform nicht nur überhaupt moderiert und verwässert, sondern auch insofern in die "zweite Linie" zurückgenommen werden soll, als die "Arbeitskritik" auf heruntergebrochenem Pseudo-Vermittlungsniveau zum "Hauptschwerpunkt" erklärt wird. Die Dynamik der theoretischen Initiative und der "Begriffszertrümmerung" erlischt, die Zeit des Verharrens im vermeintlich bewährten und schon erreichten Begriffsraum einer Kritik der Arbeitskategorie und der politischen Form soll beginnen, weil die entscheidenden Konsequenzen einer radikalen Subjekt- und Aufklärungskritik an die Schmerzgrenze heranführen würden. In Wahrheit kann durch diese Bremsung der theoretischen Dynamik aber auch die Arbeitskritik nicht durchgehalten werden, weil das System der abstrakten Arbeit gerade mit dem androzentrischen Kern der Subjektform vermittelt ist. Man(n) möchte sich gewissermaßen theoretisch ausruhen, bevor es allzu ernst wird, und endlich ein warmes Plätzchen in der linken und Bewegungs-Öffentlichkeit finden. Dieser Stillstand der theoretischen Dynamik, der zum Rückschritt werden muß, ist auch deswegen eingetreten, weil die "Krisis"-Brudermänner spüren, daß ihnen selber allmählich - wie uns allen - der kapitalistische Krisenprozeß auf die Pelle rückt. Die drohende Prekarisierung der eigenen Lebensumstände verbindet sich in der Gruppen- und Psychodynamik mit der durch Konkurrenzgefühle und das ödipale Autoritätsproblem vermittelten Hetze gegen den Berufsintellektuellen und Berufspolemiker und mit der ideologischen Beschwörung des prallen "Lebens". Das geschieht in unterschiedlichen Graden und Ausdrucksformen einer Betroffenheits-Rhetorik, die auch ohne jeden Anspruch auf heruntergebrochene "Vermittlung" mit sozialen Bewegungsansätzen im Kontext einer rein hobbymäßig betriebenen "Edeltheorie" erscheinen kann:
Diese Edel-Theoriebildung "in der ersten Person" stellt einen doppelten Reduktionismus dar, nämlich sowohl in den sozialen und gefühlsmäßigen Prämissen ("mein" Erfahrungshorizont und "mein" Erleiden, als wären Erfahrungen und Erleiden nicht von vornherein sozial und gesellschaftlich vermittelt, als müßte nicht diese Dimension schon im Ausgangspunkt mit eingehen) als auch in der theoretischen Reflexionsweise selber (als müßte diese, wenn sie denn die Höhe der vermittelten "Allgemeinheitszumutung" erreichen soll, nicht grundsätzlich die Beschränktheit der abstrakten Ego-Erfahrung sprengen, statt diese bloß in allgemeiner Form auszudrücken und damit unwahr zu bleiben). Für die restliche Brudertruppe verlagert sich derselbe Impuls jedoch vom theoretischen Hobbykeller in eine nach außen getragene "Bewegungspolitik", die "das Leben" noch krasser zur ideologischen Spielmarke macht. Was dabei im Bewegungsbezug herauskommt, ist Anwamserei in Form von Betroffenheitskitsch, der die theoretische Kritik erst recht herunterzieht. Die Spannung zwischen begrifflicher Kritik bzw. Begriffskritik einerseits und Bewegungspraxis andererseits wird nicht mehr ausgehalten und scheinaufgelöst in klassische Muster von falscher Unmittelbarkeit. Immer mehr Textbeiträge (gut die Hälfte in den kotzgelb aufgemotzten "Streifzügen" 30/April 2004) könnten, ohne daß noch eine über seichte Phraseologie hinausgehende Vermittlung zu wert-abspaltungskritischen Positionen erkennbar wäre, in jeder beliebigen Linkspostille oder Gewerkschaftszeitung stehen. Dort mag so etwas akzeptabel sein, aber dafür bedarf es keines "wertkritischen Magazins". Musterbeispiele dieser Verseichtigung liefert der reisende Bekömmlichkeitsvertreter Franz Schandl, der dabei vor kaum einer Peinlichkeit mehr zurückschreckt, weil er um jeden Preis Bestätigung sucht und nicht mehr gewillt ist, die intellektuelle Distanz durchzuhalten. Er tut den Prekarisierten keinen Gefallen, wenn er sich bloß sozial-exhibitionistisch als ihresgleichen outen möchte:
Von diesem Bekenntnis kann der Adressat sich nichts kaufen. Es gibt auch andere, deren intellektuelle Existenz ungesichert ist, und die damit nicht nach dem Bild-Zeitungsmuster "Jetzt spreche ich" medial hausieren gehen. So etwas ist linke Yellow Press, nicht radikale Kritik. Schandls Aufgabe wäre es gewesen, das Problem der theoretischen Distanz in seiner Widersprüchlichkeit zu vermitteln; stattdessen macht er einen auf Kumpel in der Existenzkrise, um Nähe ohne Vermittlung zu suggerieren. Das ist das Muster der Propaganda und der Reklame bzw. der Selbstreklame, nicht der emanzipatorischen Kritik. Was außerdem nicht vorkommt, ist der weibliche Teil des Schandlschen Reproduktionszusammenhangs; er spricht in seinem sozialen Exhibitionismus immer nur von sich als Mann (auch bei "Krisis"-Seminaren), als wäre in dem "Wir" nicht auch ein ganz bestimmtes, real weiblich besetztes Element mitenthalten. Was ihn offensichtlich aufregt und was er deshalb thematisiert, ist nicht die soziale Prekarisierung in ihrem vollen, den "stummen" weiblichen Anteil ebenfalls zusätzlich prekär machenden Umfang ("postmoderne Verwilderung des Patriarchats", so der Begriff bei Roswitha Scholz), sondern allein seine eigene Prekarisierung als männlicher Geldverdiener und männlicher Intellektueller. Er spaltet also geschlechtlich ab noch im Prozeß der sozialen Prekarisierung und wird damit doppelt unwahr. Das ist kein Wunder, weil Schandl derjenige unter den "Krisis"-Brüdern ist, der auch auf der kognitiv-begrifflichen Ebene die Abspaltungstheorie noch nicht einmal phraseologisch und verkürzend aufgegriffen, sondern sie weitestgehend ignoriert und außen vor gelassen hat in seinen Texten, in denen der androzentrisch-universalistische Begriffsapparat noch ganz ungebrochen erscheint (daher auch die besondere Affinität Schandls zu Peter Klein) und das Geschlechterverhältnis immer nur sekundär und phänomenologisch vorkommt. Das Muster von Anbiederung und falscher Unmittelbarkeit erscheint auch in der Art und Weise, wie sich "Streifzüge" und Rest-"Krisis" einen Praxisschritt als angebliche "Entkoppelung" von der Warenform in die Tasche lügen, nämlich in der Adaption des sogenannten "Copyleft"-Prinzips, die keineswegs zufällig mit der putschistischen Hinaussäuberung des Berufsintellektuellen und der daraus folgenden Spaltung zeitlich in etwa zusammenfiel. Es handelt sich hier in gar keiner Weise um einen realen Eingriff in die Reproduktion, weder im Sinne einer immanenten Forderung noch im Sinne einer materiellen Entkoppelung irgendeines Lebensbereiches, sondern um eine rein juristische, auf der Ebene der Rechtsform und der Zirkulation verbleibende Angelegenheit, die dem Kapitalismus überhaupt nicht wehtut, sondern auf eine bloße Selbstenteignung von Textproduzenten hinausläuft. Damit wird wieder einmal die eigene Not zur Tugend gemacht; und es paßt ausgezeichnet zu den gehässigen Ressentiments gegen den Berufsintellektuellen, wenn die Amateur-Schreiber, die ihre Texte sowieso nicht in die größere Zirkulation hineinbringen oder nur in Medien zum Zuge kommen, für deren Honorare man sich gerade mal ein paar Dosen Katzenfutter kaufen kann, diese ihre eigene Prekarität zur "unbürgerlichen", "anti-wertförmigen" Großtat hochjubeln. Der antitheoretische Affekt, bei dem der erhabene Begriffskitsch stets unvermittelt in die falsche Unmittelbarkeit "des Lebens" abstürzt, und das billige Ressentiment können so qua bloßem Null-Wert zur Glorie der Transzendenz erhoben und der Berufsintellektuelle in den Geruch der "Bürgerlichkeit" gebracht werden, weil er sich nicht grundsätzlich zum Nulltarif anbietet und die Kontrolle über die eigenen Texte nicht verlieren will - Copyleft kann nämlich keinerlei Garantie geben, daß die rein formale "freie Nutzung" nicht auf eine völlig unkoschere Weise von dubiosen Medien und Figuren in Anspruch genommen wird (zur ausführlichen Auseinandersetzung mit dem Copyleft-Prinzip und dessen Begründungen vgl. den Text von Petra Haarmann in EXIT Nr. 1). Noch bis vor nicht allzu langer Zeit wäre die Adaption einer Pseudo-Vermittlung wie des Copyleft-Prinzips im "Krisis"-Zusammenhang nicht ohne heftigen Widerspruch möglich gewesen. Nachdem nun aber durch den Hinauswurf der Mehrheit der bisherigen Redaktion und des bisherigen Koordinationskreises die weitertreibende theoretische Dynamik zum Stillstand gebracht worden ist und die Brudertruppe qua Machthaberschaft über den kläglichen "Krisis"-Restzusammenhang endlich mit vermeintlich gesicherten Resultaten im Gepäck ihren "Platz an der Sonne" im Bewegungs-Kontext suchen kann, gibt es kein Halten mehr, was eine ganz andere Dynamik angeht: nämlich eben das Herunterbrechen der theoretischen Kritik zur falschen Kompatibilität mit dem Bewegungsbewußtsein, zum verkürzten und verbilligten Verständnis des kategorialen Bruchs und zum seichten utopischen Populismus, um den Konsequenzen einer weitertreibenden theoretischen Kritik des MWW zu entgehen und es sich im Istzustand gemütlich zu machen. Die Peinlichkeiten eines Schandl und die peinliche Adaption des Copyleft-Prinzips sind nur Schlaglichter, die den Weg der Rest-"Krisis" in die falsche Unmittelbarkeit und in die theoretische Bedeutungslosigkeit erhellen. Biedermeier der PrekarisierungDie Brudermänner und Opfermänner sind also nunmehr in jeder Hinsicht Betroffenheitsmänner, die das wertkritische Paradigma durch ihren blind prozessierenden Beziehungskonflikt hindurch mit einer Art kleinbürgerlichen Lebens- und Unmittelbarkeitsphilosophie auf der Stufe der Ich-AG "vermitteln" und aufladen wollen; nicht nur aus Gründen eines praktizistischen Opportunismus, sondern auch deswegen, weil diese Haltung ihrem eigenen Lebensgefühl von frustrierten Mittvierzigern oder "gelassene" Abgeklärtheit mimenden Vorruheständlern entspricht. Das gegen die Abstraktionen und "Fiktionen" der Theorie gerichtete Paradigma einer Beschwörung der bürgerlichen "Lebenswelt" kehrt ein, garniert mit einem ganz und gar anti-emanzipatorischen Kult des stilvollen Scheiterns an der Warenform, das man(n) sich zur Widerständigkeit und Transzendenz zurechtschminkt. Damit liegen die Betroffenheitsmänner der Rest-"Krisis" allerdings voll im Trend des krisenkapitalistischen Zeitgeistes, denn genau dieses "Lob des Scheiterns" gehört mittlerweile zur Grundausstattung des gemeinbürgerlichen Simulationsprogramms nach dem Absturz der New Economy. Was sich da zusammenbraut, im Zeitgeist wie in den Köpfen der "Krisis"-Brudertruppe, ist eine Art Biedermeier der Prekarisierung, in dem noch die radikale Kritik aussieht wie ein Lebkuchenherz vom Rummelplatz. Insgeheim wollte man(n) eigentlich schon immer Spießer sein, und was jetzt kaum noch verhüllt erscheint, ist der Wille zur Normalität kurz vor der Torschlußpanik. Zur Theorie hatte man(n) sowieso schon immer eher ein Pantoffelverhältnis, dem Verlangen nach einem möglichst reichhaltigen Normalo-Freizeit-, Kultur-, Urlaubs-, Geselligkeits- und überhaupt Alltagsleben untergeordnet, selbst wenn dieses sich im Zeichen der gesellschaftlichen Verblödung und sozialen Prekarisierung darstellte. Und deswegen ist man(n) ja auch letztlich Amateur geblieben, was jetzt mit einer gewissen Folgerichtigkeit als den Berufsintellektuellen und die "höllenhündische" Abspaltungstheoretikerin ausschließender Bezug zum "wahren Leben" ideologisiert wurde. So schreibt man keine Bücher, jedenfalls nicht mehr als eins im Leben. Das wäre an sich nichts Schlimmes und Angreifbares, würde man(n) nicht einen uneinlösbaren Anspruch mit sich herumschleppen; ein Widerspruch, der sich in der Invektive gegen das Berufsschriftstellertum entladen hat. Vielleicht wäre ein Herr Trenkle glücklicher geworden als, sagen wir, sozialdemokratischer Pressesprecher und betulicher Honoratior irgendeines 20.000-Seelen-Ortes im Württembergischen. In den linksradikalen Satiren auf den "sozialistischen" Spießer der 20er Jahre wäre die Haltung dieser Leute, die sich aus Versehen unter die radikalen Theoretiker verirrt haben, irgendwo zwischen der Anleitung "wie man revoluzzt und dabei doch Lampen putzt" (Mühsam) und der Idylle von "Familien können Kaffee kochen" (Tucholsky) angesiedelt. Die "Krisis"-Bruderhordenmänner wollen keine bloßen Rezipienten sein, auch keine reflektierten Mithelfer und nicht einmal Theorieproduzenten in einem lebensgeschichtlich begrenzten (oder spezialisierten) Sinne, die auch noch etwas anderes machen (und dabei durchaus eigenständig denken können), sondern sie sehen sich unbedingt als originäre wertkritische Grundsatztheoretiker - ohne jedoch die persönlichen und lebensweltlichen Konsequenzen zu ziehen. Sie sind die Männchen, die "alles wollen": gleichzeitig die Normalo-Alltagswelt und den theoretischen Anspruch, der gerade dadurch zum Überanspruch wird. Beides geht nicht in ein einziges Leben hinein. Das breite Spektrum möglicher Daseinsweisen von theoretischer Produktion und Rezeption läßt eine Vielzahl von Beteiligungsmöglichkeiten offen, was ja auch der Vermittlungsbeziehung von gesellschaftlicher Krise, sozialer Bewegung und theoretischer Reflexion entspricht. Nur muß man eben wissen, an welcher Stelle man sich befindet, was man will und kann, wie man im eigenen Leben dazu steht. Eine Theoretiker-Existenz im engeren Sinne ist nicht möglich, wenn man zur Theorie in einem gewissen äußerlichen Verhältnis verbleibt, wenn sie abgetrennt ist von der jeweiligen Lebenspraxis, wenn man sich dazu verhält wie der Veterinär oder die Politikerin oder der Maschinenschlosser, die auch mal ein Buch lesen, Tagebuch schreiben oder sich so ihre Gedanken machen. Theorie im strengen Sinne geht nur als integrierte Existenzweise. Das hat nichts mit dem Status oder den Umständen zu tun. TheoretikerInnen können freie PublizistInnen oder AkademikerInnen sein; umgekehrt müssen freie PublizistInnen oder AkademikerInnen keine TheoretikerInnen sein, sondern können genausogut wie andere Menschen ein äußerliches und eher instrumentelles Verhältnis zur Theorie einnehmen. TheoretikerInnen können einen Lehrstuhl besitzen oder in bettelarmen Verhältnissen leben; sie können in Zurückgezogenheit bleiben oder weltläufig sein, sieben Kinder und einen Familienclan haben oder gänzlich kinderlos und unfamiliär leben: Stets wird sich durch Status und Umstände hindurch die theoretische Reflexion als integrierte Lebensweise bemerkbar machen; nicht von Natur aus, sondern als Resultat eines lebensgeschichtlichen Prozesses, der eben dahin geführt hat. Ein äußerliches Verhältnis bedeutet dagegen, daß die Theorie entweder gar keinen Spaß macht oder überhaupt nur "Spaß" machen soll, daß sie dem System der abstrakten Arbeit entspricht; entweder als "Job", bei dem man pünktlich Feierabend macht, oder als Hobby. Diese Äußerlichkeit stellt sich meistens sogar räumlich in der Lebenswelt als abgetrennter Bereich dar, als "Arbeitszimmer", "Büro" oder "Hobbyraum", worin sich der Gegensatz von Inhalt und bürgerlicher Existenz manifestiert, während Theorie als integrierte Existenzweise den gesamten Lebensraum durchdringt. Die Äußerlichkeit des Verhältnisses zur Theorie, die in Verbindung mit einem gleichzeitigen theoretischen Überanspruch zu einer Variante des "unglücklichen Bewußtseins" führt, kann sich ganz unterschiedlich darstellen. Von den "Krisis"-Brudermännern ist etwa Franz Schandl eigentlich ein Politiker oder politischer Journalist, den es aufgrund des immerhin reflektierten Obsoletwerdens der Politik in die Theorie verschlagen hat; das instrumentelle Verhältnis zeigt sich hier als Drang zum Bremsen der "Begriffszertrümmerung" und zum Herunterbrechen der Theorie auf "Bekömmlichkeit", Bewegungs-Kompatibilität etc. Für Norbert Trenkle, der vergleichsweise am wenigsten geschrieben hat, dafür aber eine Art "informeller Generalsekretär" des "Krisis"-Zusammenhangs geworden ist sowie diese Position zum "Machtfaktor" ausgebaut, identitär besetzt und im Konflikt skrupellos ausgenutzt hat, stellt sich die Äußerlichkeit gewissermaßen als Job der "Theorieverwaltung" dar; strikt getrennt vom sonstigen Lebenszusammenhang. Peter Klein wiederum ist der eigentliche Hobby-Theoretiker, der sich sein "Nietzsche-Jahr" gönnt wie der Gourmet seine Trüffelleberpastete, der seine Lesefrüchte und Schreibfrüchte strikt getrennt von historischen Kontexten und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen ernten möchte (ein "geistesgeschichtlicher" Leckerbissen aus den historischen Regionalküchen nach dem anderen, mit der Leidenschaftslosigkeit eines Theorie-Touristen genossen), und der sein "Werk" mit der gockelhaften Selbstverliebtheit eines Bastlers betrachtet und darstellt, der aus Zahnstochern den Petersdom nachgebildet hat. Was den verhinderten Politiker, den strukturell-organisatorisch "bemächtigten" Verwaltungsangestellten des Theoriebildungs-Zusammenhangs und den Hobby-Theoretiker auf einen Nenner bringt, ist die Getrenntheit der "bürgerlichen Existenz", die letzten Endes als das "Eigentliche" erscheint und den zur Akzidenz herabgesetzten theoretischen Anspruch dementiert, der sogar ganz nach Belieben abgebrochen werden kann; und selbst das glaubt man(n) dem Berufsintellektuellen gegenüber noch als besonders lebensvolle Eigenentwicklung geltend machen zu können:
Abgesehen davon, daß das "Ausklinken" im Kontext der Abwehr gegenüber der Abspaltungstheorie und deren Autorin stand und die Rückkehr im Kontext von deren Hinauswurf, wird hier besonders deutlich, wie "bürgerliche Existenz" und Theorie als Anspruch einander ganz äußerlich sind. Das gilt umso mehr, wenn diese bürgerliche Existenz von Prekarisierung bedroht oder überhaupt nur noch ein Trümmerhaufen ist, auch in struktureller Hinsicht (Patchwork-Family usw.). Das imaginierte Biedermeier der Prekarisierung gewinnt umso größere Anziehungskraft, je zerrütteter und brüchiger die realen Verhältnisse werden. Und diese Biedermeierei, die - dem Vormärz durchaus nicht unähnlich, wenn auch auf ganz anderer Entwicklungsstufe der bürgerlichen Verhältnisse - gerade unter Krisenbedingungen zum Zeitgeist eines bürgerlichen Verdrängungs-Bewußtseins aufsteigt, kann in einem Zusammenhang kritischer Theoriebildung, der den Widersprüchen nicht mehr standhält, zur Funktion des Affekts gegen die "Abstraktheit" der Theorie und gegen den Berufsintellektualismus werden; eine Verknüpfung, die nur das Mißverhältnis von Anspruch und Wirklichkeit bei denen enthüllt, die sich vor den Konsequenzen der theoretischen Kritik am liebsten in bürgerliche Existenzweise, Familien-Idylle und Gartenlauben-Respektabilität flüchten würden, diese ihre eigene Kapitulation aber den "Berufsschriftsteller" büßen lassen möchten. Man fühlt sich unwillkürlich an den verhinderten Poeten Balduin Bählamm bei Wilhelm Busch erinnert: Von oben schwebt die Muse herbei, um ihn zu küssen, aber die Schwerkraft von Weib, Kind, Hund, Hausstand, Nachttopf usw. zieht ihn hinab. Es ist die Karikatur der androzentrischen Intellektualität in ihrer vom erstrebten Inhalt auch lebensweltlich getrennten bürgerlichen, abspaltenden Existenzweise, die gerade in der Krise an den historischen Grenzen dieser Daseinsform umso treffender wird. Was der Theorie ganz äußerlich ist, Familienstand, Kinderzahl etc., wird so ideologisch aufgeladen und selbstapologetisch konnotiert. Was soll es uns etwa sagen, wenn die Autoren in den zum "wertkritischen Magazin" aufgemotzten "Streifzügen" neuerdings auf eine Weise vorgestellt werden, die an katholische Erbauungsblätter erinnert: "Vater zweier Kinder im Alter von 6 und 18 Jahren", "Verheirateter Vater und Großvater", "Vater dreier Kinder im Alter von 6,7 und 16 Jahren", "lebt in Nürnberg mit Partnerin und einem vierzehnjährigen Sohn" ("Streifzüge 30/April 2004, S. 43). Seriosität hoch drei qua Fortpflanzungsnachweis, da kann ja nichts mehr schief gehen. Man kennt das aus der Betroffenheitsliteratur, wo solche Angaben Nähe, Intimität und Einverständnis suggerieren sollen, obwohl sie nichts als eine Form der Anbiederei darstellen, die an die stumme Gemeinsamkeit des bürgerlichen Familienverhältnisses appelliert. Die "neuen Väter" sind unterwegs, der soziale Exhibitionismus wird zum Fortpflanzungs-Exhibitionismus, und die Existenz der armen Kinder wird instrumentalisiert, um als Ausweis für die eigene Normalität und Daseinsgewißheit herzuhalten. Wenn wir auch sonst nichts mehr sind, so stehen wir doch qua Fortzeugung unserer Existenz "mitten im Leben" und können ohne weiteres als bürgerliche Vertrauenspersonen gelten, denen die Sorgen der Normalos nicht fremd sind. Dieser affirmative Bio-Exhibitionismus
der soziokulturellen Vaterschaftsideologie enthält wiederum
einen polemischen Subtext gegen die "abgehobene" Theorie des
(kinderlosen) Berufspolemikers und der Abspaltungstheoretikerin, die
ihre naturhafte Mütterlichkeit etc. verfehlt hat, von deren
"Fiktionen" oder "wahnhaften Konstruktionen" sich aber eine
volksgesunde Väterlichkeit und
Großväterlichkeit nicht imponieren
läßt. Wie sollten wir es sonst verstehen, wenn in
einem fraktionellen Anschreiben, in dem es über Robert Kurz
heißt, niemand könne Vielleicht soll es auch unbewußt ein Wink an Staat und Gesellschaft sein, daß man(n) ungeachtet aller Wertkritik usw. doch seiner biologischen Staatsbürgerpflicht genügt und seinen Beitrag dazu geleistet hat, daß die Deutschen und Österreicher nicht aussterben. Es ist der Brodem der "Familienvatervernunft" (Roswitha Scholz) aus dem vermieften und vollgemisteten Stall restbürgerlicher Blutsverhältnisse, der uns hier entgegenschlägt. Daß es vorerst nur Väter sind, die dabei heile Welt durch ideologischen Kindsmißbrauch mimen dürfen, diese Peinlichkeit läßt sich sicherlich über kurz oder lang dadurch ausräumen, daß sich die eine oder andere schreibende Frau und Mutti findet, die keine Höllenhündin, sondern pflegeleicht ist und sich ganz von selbst mit der historisch-empirischen Ebene begnügt, um ihre sub-theoretische Wäsche aufzuhängen und den tief schürfenden Betroffenheitsmännern und Amateurphilosophen das begriffliche Königreich gern und mit dem gebotenen Respekt zu überlassen. Erst dann kann die Gartenlauben-Idylle einer "Wertkritik light" samt bekömmlicher Diskussionskultur als vollendet gelten und die Rest-"Krisis" der Welt durch völligen Seelenfrieden mitten im prallen Leben der Prekarisierung zum Vorbild der Zufriedenheit werden. Intellektueller KannibalismusDer theoretische Überanspruch, den man(n) nicht einlösen kann, soll durch den äußeren Machtanspruch an den Theoriebildungs-Zusammenhang kompensiert werden. Dabei geht es keineswegs bloß um die Besetzung der Schaltstellen-Positionen, etwa der Redaktion, durch die Brudertruppe. Die Usurpation der formalen Organisationsstruktur ist auch identisch mit einem Kidnapping der Texte gerade jener Unpersonen, die man hinausgeworfen hat. Natürlich ist eine derartige Vorgehensweise inkonsistent, denn in diesen Texten steht ja genau das, was den Männerbündlern, kleinen Philosphen-Fönigen ("der Fönig" von Walter Moers könnte bei jedem von ihnen Pate gestanden haben), falschen Softies, Verkündern der Mäßigkeit, Nettigkeit, Harmlosigkeit und Normalität usw. über weite Strecken gar nicht in den Kram paßt. Aber es geht hier weniger um den Inhalt, sondern man(n) braucht diese Texte von Robert Kurz, Roswitha Scholz, Claus Peter Ortlieb und die Übersetzungen von Petra Haarmann (zusammen nahezu zwei Drittel des Bestandes auf der "Krisis"-Homepage) als eine Art Aushängeschild, um den Rezipienten innerhalb und außerhalb des deutschsprachigen Raums zu suggerieren, es wären immer noch dieselbe wert-abspaltungskritische Initiative und derselbe Grundbestand an Ideen, Autoren und Texten, womit sie es zu tun hätten. Es ist ja im wesentlichen das Label von "Krisis", das die Brüder für die eigenen unlauteren Ansprüche usurpieren wollen, um sich irgendwie in Szene zu setzen ohne den lästigen Berufsschriftsteller und ohne die noch lästigere Abspaltungstheoretikerin; aber eben dafür braucht man(n) den falschen Schein, die Namen und Texte, die man in ihrem originären Gehalt gar nicht vertreten will. Ohnehin hält sich etwa ein Ernst Lohoff im Prinzip für den besseren Robert Kurz, der seine Bücher eigentlich nur auf der Grundlage seiner, Lohoffs, Ideen geschrieben hätte, wie es von diesem verkannten Großtheoretiker in spe des öfteren im fortgeschrittenen Zustand am Biertisch vor Zeugen zu vernehmen war. "Das ist alles unseres", denn "wir sind die Krisis"; diese Devise herrscht sowieso bei der Bruderhorde vor, und da kommt es auf einen kleinen Etikettenschwindel mehr oder weniger nicht mehr an. Deshalb weigern sich die putschistisch und durch formale Tricks konstituierten Machthaber von Rest-"Krisis" auch konsequent, auf Verlangen der hinausgeworfenen AutorInnen deren Texte von ihrer Homepage zu nehmen:
Da gegen solche Dreistigkeit unter den Bedingungen kapitalistischer Vergesellschaftung kein anderes Mittel möglich ist (übrig bliebe sonst nur noch gewaltsame Selbstjustiz), muß die Sache jetzt durch das bürgerliche Gericht entschieden werden. Der Anspruch der Brudertruppe jedenfalls ist klar: Wir werfen euch hinaus, aber eure Texte gehören uns und damit werben wir jetzt für "unser" Label. Es ist somit wahr geworden, was schon vor Jahren unter dem damals tatsächlich noch gemeinsamen Dach ahnungsvoll prognostiziert worden war als Absicht der adretten Netten gegenüber den Auszustoßenden: "Eure Ideen, aber ohne euch" (Roswitha Scholz). Und es geht natürlich auch um die Definitionsmacht über die Interpretation dieser Ideen. Das unverschämte Angebot, die aus Redaktion und Koordinationskreis hinausgeworfenen AutorInnen dürften unter Ägide der Usurpatoren weiterschreiben, enthüllt den heimlichen Wunschtraum der Brudertruppe: Die allzu produktiven TheoretikerInnen sollen durchaus als weltfremde Gelehrte im stillen Kämmerlein weiterproduzieren, aber nicht mehr nach eigenem Gutdünken, sondern unter Kuratel der Herren, die über die publizistische Entscheidungsgewalt verfügen, die Interpretationsmacht ausüben und nach außen hin die Repräsentanz übernehmen, sodaß sie als die "eigentliche" Seele des wertkritischen Zusammenhangs ("Wir sind die Krisis") dastehen würden:
Es war den Brüdern klar, daß es so schön nicht laufen wird; aber wenigstens wollten sie die akkumulierte Textmasse unter ihre Verwaltung stellen, deren ProduzentInnen davon enteignen und vor diesem Hintergrund eine Definitionsmacht aufbauen, die eine Kanalisierung der gesamten bisherigen wert-abspaltungskritischen Theoriegeschichte in ihrem Sinne ermöglicht. Das ist auch ein Aspekt bei der Adaption des neo-kleinbürgerlichen Copyleft-Prinzips, das neben der opportunistischen Anbiederung an ein bestimmtes Szene-Bewußtsein falscher Unmittelbarkeit auch der Legitimation des eigenen usurpatorischen Vorgehens dient; die dreiste Enteignung der Hinausgeworfenen von ihren eigenen Texten und Ideen soll geradezu als "unbürgerlicher" und "transzendierender" Umgang mit geistigen Produkten hingestellt werden. Es ist der Form nach die "Kapitalismuskritik" von Taschendieben. In der Identität von
Beziehungs- und Inhaltskonflikt handelt es sich allerdings um weit mehr
als bloßen Diebstahl; denn der Hinauswurf insbesondere von
Robert Kurz und Roswitha Scholz und deren Enteignung nicht allein von
Texten und Ideen, sondern von einer mehr als 20-jährigen
Geschichte stellt einen Akt existentieller
Eliminierung dar; und
tatsächlich sollte es ja seitens der Bruderhorde auch eine Exekution
sein, um sich in einem "Befreiungsschlag" vermeintlich der eigenen
Widersprüche in Gestalt der definierten Beziehungsmonster zu
entledigen. In der ödipalen Konstellation ist es ein sozialer
Mord Besonders widerlich ist dieser intellektuelle Kannibalismus gegenüber der Abspaltungstheorie und deren Autorin. Hier geht es erst recht um Definitions- und Interpretationsmacht: Die Brüder wollen auch die "wahre", bessere, mit ihrem eigenen androzentrischen "theoretischen Zugang" kompatible Roswitha Scholz sein, und deshalb muß die wirkliche Roswitha Scholz eliminiert und in ihrer Intellektualität von den Herren herrenmäßig einverleibt werden. Die so verschlungene Abspaltungs-Begrifflichkeit muß dann wiedererscheinen in einer auf verschiedenen Stufen graduell reduzierten Gestalt, mehr oder weniger auf die historisch-empirische Ebene verschoben, ableitungslogisch sekundär gemacht oder als "Faktor" separiert, in den Status milder Koexistenz versetzt usw. Wenn die Brüder so die halbverdaute Abspaltungstheorie auf ihre Weise herausgewürgt haben, wie manchmal Hunde ihr Fressen auskotzen, bevor sie es wieder zu sich nehmen, können sie das, was dann vor ihnen liegt, als ihr ureigenes Produkt betrachten und hinfort ihre Softie-Brüderkommunikation unterzeichnen: "mit wert-abspaltungskritischen Grüssen". Mit diesen Leuten, ihren Mitläufern und Helfershelfern kann es keinerlei Vermittlung, keinerlei "gemeinsame Sache" oder gar "Zusammenarbeit" mehr geben. Sie haben den "Krisis"-Zusammenhang irreparabel zerstört, den endgültigen Bruch vollzogen und die Wert-Abspaltungskritik herabgewürdigt zur Instrumentalisierung für ihre androzentrischen Konkurrenz- und Psycho-Interessen. Um die Gefühle auszudrücken, die sie mit ihrem Vorgehen geweckt haben, ist nicht mehr bloß von Wut zu sprechen, noch nicht einmal von Verachtung, sondern nur noch von existentiellem Ekel. |