Krise und Kritik der Warengesellschaft |
erschienen in der Online-Ausgabe Robert KurzABGEWRACKTDas Unwort des Jahres bezeichnet keine Umweltprämie: Mit hohem Energieaufwand werden intakte Autos zerstört, um mit noch mehr Energieaufwand andere zu produzieren. Das ist die Wegwerfgesellschaft in Potenz. Es hilft aber wenig, wenn der leere Tank der kapitalistischen Selbstzweck-Maschine vom Staat mit ein paar Tropfen Sprit nachgefüllt wird. Eine Konjunkturhilfe ist das nicht, denn im Gegenzug machen die Gebrauchtwagenhändler reihenweise pleite, Benz- und BMW-Karossen werden trotzdem nicht gekauft – und die Freude der Kleinwagenhersteller ist das Leid aller anderen Unternehmen, deren Produkte nicht subventioniert werden. Was ist es dann? Ein Wahlgeschenk für mittelmäßig verdienende Autoliebhaber natürlich. Weil es weiter bergab geht, kommt das nächste Konjunkturprogramm bestimmt. Wenn ausgerechnet in der Depression der Wählerwille geködert werden muss, heißt die Parole auch für den Finanzminister: nach uns die Sintflut, nämlich die Inflation. Was wäre noch denkbar für die Denkfabriken in den Parteizentralen? Womöglich eine Abwrackprämie für Kühlschränke, CD-Player, Flachbildschirme oder Klamotten. Vielleicht sogar für Käse und Wurst drei Wochen vor dem Verfallsdatum. Dann würden die Konsumgegenstände endlich offiziell zum universellen Müll erklärt. Aber ist das nicht ein wenig zu kompliziert? Einfacher wäre ein echtes Wahlgeschenk, wie es ja auch im Kreis der Lieben unter dem Tannenbaum immer üblicher wird: keine ausgesuchten Gebrauchswerte mehr, sondern gleich das pure allgemeine Äquivalent. Also schlicht 2500 Euro für alle direkt aus der Notenpresse, damit die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger noch einmal nach Belieben ordentlich shoppen gehen können. Das hilft zwar auf die Dauer auch nichts, aber wenn schon eine echte Krise und echte freie Wahlen, dann auch eine echte freie Henkersmahlzeit ohne Ansehen der Person. |