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Richard Aabromeit


Translation: Agência pós-moderna de viagens a eventos em dificuldades

Richard Aabromeit

Postmodernes Eventreisebüro mit Hindernissen

Ich bin ein fahrender Ritter, und zwar keiner von jenen, an deren Namen die Göttin Fama
niemals gedacht hat, um sie zu verewigen, sondern einer von jenen, welche zum Trotz und Ärger
dem Neide selbst und zum Leidwesen all der Magier Persiens, der Brahmanen Indiens und der
Gymnosophisten Äthiopiens ihren Namen einschreiben werden im Tempel der Unsterblichkeit.
(Miguel de Cervantes Saavedra)

Das Weltsozialforum: Ein Event organisierter Überflüssigkeit?

Vom 9. bis zum 14. August 2016 fand im kanadischen Montreal das dreizehnte Treffen des Weltsozialforums (WSF; auch:Fórum Social Mundial, FSM) statt, erstmals seit seinem Bestehen in einem entwickelten Industrieland der nördlichen Hemisphäre. Ins Leben gerufen 2001 im brasilianischen Porto Alegre als ausdrückliche Gegenveranstaltung zu den Gipfeltreffen der WTO (World Trade Organisation), des WEF (World Economic Forum), sowie der G7 (Gruppe der Sieben: Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten; von 1998 bis 2014 auch G8 genannt, als Russland ein wenig mitspielen durfte), sollten Alternativen zur real existierenden Globalisierung aufgezeigt und weltweit diskutiert werden. Bei wikipedia.org (15.8.2016) kann man dazu lesen: „Die Bewegung entstand durch die Initiative verschiedener internationaler Organisationen, die ihrerseits aus der Erhebung der Zapatisten in Chiapas (Mexiko) im Jahr 1994 hervorgingen. Indigene Bewohner dieser Region rebellierten gegen neue Formen der Unterdrückung, die im Zusammenhang mit der Globalisierung standen. Die neuen Organisationen und Bewegungen (z. B. Peoples Global Action) wollten den Kampf der Zapatisten fortsetzen und ihre Forderungen international zur Sprache bringen. Mit den weltweiten Treffen wird unter anderem beabsichtigt, Alternativen zum in den Medien vorherrschenden Denkmodell des globalen Neoliberalismus aufzuzeigen und deren Ausarbeitung zu fördern.“ Das Weltsozialforum hat seit 2001 eine Charta, die man online (in deutscher Sprache) nachlesen kann; ich werde gelegentlich daraus zitieren.

An den Treffen des Weltsozialforums nahmen in den vergangenen fünfzehn Jahren jeweils bis zu 130.000 Menschen aus über 140 Ländern teil, zuletzt in Kanada noch rund 30.000. Alle diese Menschen engagieren sich „gegen den Turbokapitalismus“ (nd vom 11.8.2016), und wenn man dem Mitglied im Internationalen Rat des Weltsozialforums und zugleich Referenten für Welternährung, Agrarhandel und Meerespolitik bei „Brot für die Welt“, Francisco Marí, im Interview mit dem nd vom 9.8.2016 glauben will, dann ist auch der „antikapitalistische Biss … noch da“. Das wäre, wenn es denn wahr ist, auch gut und richtig so, denn schon in der erwähnten Charta der Prinzipien ist festgehalten, dass sich im Weltsozialforum „Gruppen und Bewegungen der Zivilgesellschaft, die sich dem Neoliberalismus und der Herrschaft der Welt durch das Kapital und jeder möglichen Form des Imperialismus widersetzen“ (Punkt 1.), sammeln. Es könnte nun sein, dass die eine oder der andere Außenstehende gerne wissen möchte, in welcher Weise das Weltsozialforum und alle seine zahlreichen Teilnehmer/innen und Unterstützer/innen genau dieses Thema: sich der Herrschaft des Kapitalismus zu widersetzen, konkret (oder auch theoretisch) angehen. Da haben wir bereits das Problem! Denn wenn früher, also beispielsweise in den 1970er Jahren, bei antikapitalistischen Gruppen und Menschen Themen wie die erwähnte Herrschaft des Kapitals, mit inhaltlichen und theoretisch fundierten Ansätzen (ob richtig oder falsch, ob gut oder schlecht, ob durchdacht oder weniger stringent) und Forderungen wie „Zerschlagung der multinationalen Konzerne“ oder „paritätische Mitbestimmung in allen Unternehmen weltweit“ und ähnlichen angegangen wurden, über die dann auch inhaltlich trefflich gestritten wurde (und werden konnte), so heißt es heute in einem Deklarationsentwurf im Weltsozialforum zwar intentional anschlussfähig für fast alles, dafür aber vollständig inhaltsleer: „As a means for deepening and expansion of wsf process, we give great importance to »extension dynamics«, sets of participation practices in and around a social forum event, accessible from where WSF participants live and act towards another possible world, using internet as a mean of remote communication“ (openfsm.net/projects/sfexintercom/sfex-montreal2016-extension-dynamics-assembly-declaration-en). Oder genauso auf Inhalte verzichtend: „In the next WSF event, we plan to participate in proximity or remotely, in a convergence assembly on the theme of extension dynamics, to take stock of the progress of the extension practices in the WSF process.“ (ebd.). Die Unterzeichner/innen dieses Entwurfes glauben vielleicht tatsächlich, dass so etwas zur Verbesserung oder gar zur Überwindung des Kapitalismus beizutragen in der Lage sei! Solche auf reine (mediale) Formalitäten eingedampfte Äußerungen zu aktuell doch sehr handfesten Problemen, wie beispielsweise hungernde Menschen, Vergiftung ganzer Landstriche, Armut großer Bevölkerungsgruppen, Genozide, Kriege, u. v. m. könnte man noch zahlreiche anführen. Aber ein vorrangiges Problem des Weltsozialforums ist ja nicht, aufgrund einer radikalen kritischen Gesellschaftsanalyse zu harten inhaltlichen Aussagen und gut begründeten Forderungen, möglicherweise in strapaziösen Auseinandersetzungen, zu kommen, sondern erst einmal: sich zu treffen und sich zu vernetzen! Die vor Ort (nota bene: in der ganzen Welt) geführten Kämpfe und ihre Aktivist/inn/en bzw. Organisationen sollen sich allen Ernstes vordringlich vernetzen – anstatt inhaltlich erst einmal Position zu beziehen. Ist das bereits der „antikapitalistische Biss“, den Francisco Marí noch sehen kann? Und ohne jede Ironie gefragt: Wozu sollen sich die Initiativen gegen die Gentrifizierung einiger Innenstadtteile in Berlin mit den Organisatorinnen wider die Gewalt gegen Frauen in den Favelas von São Paulo „vernetzen“? Abgesehen von den sprachlichen Barrieren: diese beiden Gruppen von Menschen haben auf der Ebene der politischen Lösungsversuche und Kämpfe je für sich ihre Schwierigkeiten, Widersacher und Hemmnisse, aber konkret-inhaltlich erst einmal absolut gar nichts gemein! Ergo: jeder Versuch einer Verbindung, einer Vernetzung, der jeweils stattfindenden Kämpfe lenkt nur völlig überflüssigerweise ab, kostet unnötig Zeit und ist – gelinde gesagt – kontraproduktiv. Es bleibt jetzt nur zu fragen: Was beschert uns so etwas, wie kommt es zu so einem offensichtlich durchaus gesellschaftspolitischen Problem, das obendrein auf einem global agierenden Forum und nicht etwa isoliert in einem erzgebirgischen Dorf oder in einem afrikanischen Kral die Hauptrolle spielt? Hier ein paar Aspekte als Versuch zur Beantwortung dieser Frage.

Offener Treffpunkt für Alles im postmodernen Nebel

Reisen bildet?

Die befohlene Globalisierung

Eine andere Welt?

Der Minimalkonsens

Und woran liegt das also?




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