Erschienen in KONKRET 6/2014 Claus Peter OrtliebDie GesundbeterEine Zwischenbilanz der Euro-Krise anhand amtlicher DatenObwohl Deutschland bisher zu den Krisengewinnern zählt, die Große Koalition beliebter ist als alle Bundesregierungen vor ihr und einer Umfrage vom April 2014 zufolge 80 Prozent der Deutschen „mit dem Zustand unseres Landes alles in allem zufrieden“ sind, scheinen viele dem Braten nicht so recht zu trauen, halten das „Paradies Deutschland“ (Wirtschaftswoche vom 19.04.14) für bedroht und befürchten, am Ende müsse doch noch „der deutsche Steuerzahler“ die Zeche der europäischen Krisenländer bezahlen. Daraus resultiert das Verlangen, die Krise müsse jetzt aber mal ein Ende haben, und neben warnenden Stimmen, dass davon noch lange keine Rede sein kann, finden sich in Medien zunehmend geradezu zwanghafte Versuche, positive Meldungen vom Ende der Krise zu produzieren, wenn auch oft nur in den Überschriften zu Texten, die diese Sichtweise gar nicht hergeben. Für Die Welt erschien das Licht am Ende des Tunnels am 03.04.14, sie titelte: „Griechenland vor einem sensationellen Comeback“. Was wie ein verspäteter Aprilscherz aussah, erwies sich bei genauerem Hinsehen als ernst gemeint, bezog sich aber nur auf einen nicht gerade relevanten Teilaspekt der griechischen Misere: „Um ein drittes Rettungspaket zu vermeiden, plant Athen nur zwei Jahre nach der Pleite die Rückkehr an die Finanzmärkte. Das wäre ein Rekord“, so lautete der Untertitel. Eine Woche später meldete Spiegel Online Vollzug: „Erfolgreiches Comeback: Griechenland scheffelt drei Milliarden Euro mit Anleihe-Verkauf“. Dem griechischen Staat war es gelungen, Staatsanleihen mit fünfjähriger Laufzeit zu einem Zinssatz von 4,75 Prozent unter die Leute zu bringen, davon etwa 90 Prozent an institutionelle Anleger im Ausland. Knapp zwei Wochen später folgte Portugal, das Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit im Umfang von 750 Millionen Euro zu einem Zinssatz von 3,58 Prozent los wurde, dem niedrigsten Wert seit acht Jahren. StaatsschuldenWas hier als Comeback gefeiert wird, hat mit der wirtschaftlichen Lage in den jeweiligen Ländern freilich gar nichts zu tun. Anleger kaufen Anleihen, wenn sie davon ausgehen, dass diese bedient und zurückgezahlt werden. Im Falle der europäischen Krisenländer tun sie das nicht, weil es denen plötzlich besser geht, sondern weil der EZB-Präsident Mario Draghi im Sommer 2012 angekündigt hatte, „alles Notwendige“ zur Stabilisierung des Euro zu tun, bis hin zum Aufkauf von Staatsanleihen. Nicht die Krise ist also vorbei, sondern nur der Umgang mit ihr hat sich geändert. Die Verfechter einer strengen Austeritätspolitik meldeten sich dann auch gleich warnend zu Wort, dass die Fehler, die zur Krise geführt hätten, jetzt wieder gemacht würden, so der „Top-Ökonom“ Thomas Mayer in Focus Online am 20.04.14. Dazu ist zu sagen, dass die Austeritätspolitik der letzten Jahre ja offenbar ebenfalls nicht geeignet war, die Krise in Griechenland auch nur abzumildern, im Gegenteil. Der griechischen Regierung wird man, auch angesichts bevorstehender Wahlen, daher kaum verdenken können, dass sie durch den Verkauf von Staatsanleihen versucht, ein drittes Rettungspaket und die mit ihm notwendig verbundenen Sparauflagen zu vermeiden, auch wenn sie damit ihre Staatsschulden schwerlich in den Griff bekommt. Dass das mit den von den „Top-Ökonomen“ der IWF und anderen empfohlenen Methoden auch nicht funktioniert, zeigen die amtlichen Daten der europäischen Statistik-Behörde eurostat (http://epp.eurostat.ec.europa.eu) zu den Staatsdefiziten in der EU, die am 23. April aktualisiert wurden. In den Kommentaren dazu gab es wieder einen dieser bemerkenswert gewaltsamen Versuche, die Krise schön zu reden. Auf Spiegel Online wurden die eurostat-Daten unter der folgenden Überschrift angekündigt: „Griechenland erzielt ersten Überschuss seit zehn Jahren“. Gemeint war damit der sogenannte Primärsaldo, bei dem die horrenden Zinskosten herausgerechnet sind. Im Text selber wird dieser Primärüberschuss denn auch als „rein rechnerische Größe“ bezeichnet, deren Erhebung zwar durch die Regeln des IWF vorgeschrieben, die aber faktisch irrelevant ist, schließlich müssen die Schulden ja weiterhin bedient werden. Tatsächlich erreichte die staatliche Neuverschuldung in Griechenland mit 12,9 Prozent des BIP eine seit Beginn der Austeritätspolitik unerreichte Höhe, und auch der staatliche Schuldenstand stieg mit 175,1 Prozent des BIP auf einen neuen Rekordwert. Das darf die „Troika“ aus IWF, EZB und EU-Kommission wahrlich als Erfolg ihrer Sparauflagen verbuchen. Nur kann der jetzt wieder eingeschlagene Weg, Staatsanleihen auf den Markt zu werfen, das Problem der wachsenden Verschuldung ebenso wenig lösen. Es handelt sich um die bekannte Dilemma-Situation, die daraus entsteht, dass Wirtschaftswachstum nur noch durch Schuldenmachen möglich ist, eine Schrumpfkur dagegen zwar das BIP, nicht aber die Schulden sinken lässt. Daran wird sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern. Griechenland ist nur der Größenordnung seiner Schulden, nicht aber ihrer Entwicklungstendenz nach ein Ausreißer im Euroraum. Dort stieg in den letzten drei Jahren der Schuldenstand des Staates von 85,5 auf 92,6 Prozent des BIP, der Abstand zu den magischen 100 Prozent halbierte sich also gerade. Die sind inzwischen von fünf der achtzehn Euro-Länder überschritten, neben Griechenland von Italien, Portugal, Irland und neuerdings auch Zypern, dessen Schuldenstand innerhalb eines Jahres von 86,6 auf 111,7 Prozent des BIP wuchs. Das Wachstum der Staatsschulden findet flächendeckend statt, nur in Deutschland und Lettland sanken sie zuletzt leicht, in allen anderen sechzehn Euro-Ländern stiegen sie an, wenn auch auf unterschiedlichem Niveau und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. WirtschaftswachstumDie wunderliche, allein dem Wunschdenken geschuldete Auffassung, die Krise sei beendet, sieht sich durch eine Prognose der EU-Kommission bestätigt, die für das Jahr 2014 in der Eurozone ein Wachstum des BIP um 1,2 Prozent erwartet, in das auch die Krisenländer einbezogen sind, wenn auch mit weniger als 1 Prozent in geringerem Maße. Seitdem gelten zumindest Irland, Spanien und Portugal als „wieder auf Wachstumskurs“ und damit „aus dem Gröbsten raus“. Abgesehen davon, dass „Prognosen bekanntlich schwierig sind, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“ (Mark Twain), wird hier im Vergleich zu dem, was seit 2008 passiert ist, nur ein Mini-Wachstum angekündigt. Legt man als Basis die entsprechenden eurostat-Daten vom 15.04.14 zugrunde, so ist in den letzten fünf Jahren das reale BIP im gesamten Euroraum um 2,2 Prozent, in Griechenland um 23,5 Prozent, in Slowenien um 9,4 Prozent, in Zypern um 7,9 Prozent, in Italien um 7,6 Prozent, in Portugal um 6,8 Prozent, in Spanien um 6,6 Prozent und selbst in Finnland noch um 5,1 Prozent gesunken. Man kann sich leicht ausrechnen, dass selbst bei einem anhaltenden Wachstum in der prognostizierten Größenordnung in diesen Ländern erst im nächsten Jahrzehnt der Stand von 2008 wieder erreicht wäre – in Griechenland noch zwei Jahrzehnte später – , aber eben nur dann, wenn es zwischenzeitlich keinen Einbruch gibt. Ein Wirtschaftswachstum in der hier erwarteten Größenordnung gilt auch deswegen als unzureichend, weil es wegen der wachsenden Arbeitsproduktivität nicht dazu ausreicht, die Arbeitslosigkeit zu verringern. Die dazu erforderlichen Wachstumsraten ließen sich – nicht nur in Europa, sondern weltweit – nur durch weitere Verschuldung generieren. Mit ihrer Niedrigzinspolitik geben sich die Notenbanken bei der Bekämpfung der Rezession und den mit ihr verbundenen Deflationstendenzen alle Mühe, die Finanzmärkte mit billigem Geld zu fluten. Doch das fließt mangels hinreichender Gewinnerwartungen überwiegend nicht in reale Investitionen, sondern heizt nur die Blasenbildung im Finanzsektor, aber auch auf Immobilien- und Rohstoffmärkten an. Dieses Phänomen scheint inzwischen auch von einigen Ökonomen wahrgenommen zu werden, die den Kapitalismus für alternativlos halten und daher die erreichte Phase von Stagnation und Deflationsgefahr einerseits, gleichzeitiger Blasenökonomie auf den Anlagemärkten andererseits einfach zur „neuen Normalität“ erklären (vgl. den Text „Finanzblasenentzündung“ von Tomasz Konicz). Ob es sich dabei wirklich nur um eine vorübergehende Phase oder nicht vielmehr um das Endstadium einer Produktionsweise im Niedergang handelt, bleibe dahingestellt. Die Frage lässt sich auf der Basis amtlicher Statistiken allein auch gar nicht beantworten. ArbeitslosigkeitAls wichtigster Indikator für das Ausmaß der Krise gilt zurecht die Arbeits- bzw. Erwerbslosenquote, weil sie nicht nur einen wesentlichen Aspekt der sozialen Folgen der Krise beschreibt, sondern auch Aussagen darüber macht, wie weit der Sinn und Zweck kapitalistischen Wirtschaftens, nämlich die Produktion von Mehrwert, durch die Krise beeinträchtigt ist. Mehrwert wird bekanntlich – auch wenn die herrschende Volkswirtschaftslehre das nicht wahrhaben will – durch die Ausbeutung von Arbeit erzielt, weshalb Arbeitslosigkeit eben auch für das Kapital ein Problem ist, weil ihm dadurch Mehrwert entzogen wird. Schwierigkeiten gibt es bei der Erhebung dieser Quote. Nach den von eurostat gegebenen methodischen Hinweisen gilt eine Person im Alter von 15 bis 74 Jahren als erwerbslos, wenn sie in der Berichtswoche der Erhebung ohne Arbeit ist, innerhalb von zwei Wochen eine Arbeit aufnehmen könnte und in den vergangenen vier Wochen aktiv eine Arbeit gesucht hat. Insbesondere der letzte Punkt ermöglicht es, Arbeitslose aus der Statistik herausfallen zu lassen, etwa indem man sie in Qualifizierungs-Maßnahmen abkommandiert oder zu Frührentnern erklärt, die dem Arbeitsmarkt gar nicht mehr zur Verfügung stehen. Auch Arbeitslose, die sich aus dem System zurückziehen, weil sie sich keine Chancen ausrechnen, werden hier nicht erfasst. Es ist daher davon auszugehen, dass die amtlichen Erwerbslosenquoten die tatsächliche Arbeitslosigkeit massiv unterschätzen. Das sollte man im Auge behalten, wenn man versucht, die amtlichen Daten zu interpretieren.
Tabelle: Arbeitslosenquoten im Euroraum 2008 bis 2013 in Prozent. Letzte Spalte: Arbeitslosenquote der 15- bis 24-Jährigen 2013. Quelle: eurostat, 07.04.14 Diese weisen aus (s. Tabelle), dass die Arbeitslosigkeit im Euroraum seit 2008 kontinuierlich zugenommen hat, auf den gesamten Raum bezogen von 7,6 auf 12 Prozent. Einzig und allein in Deutschland war sie 2013 geringer als 2008. Und auch von einem Wendepunkt in dieser Entwicklung ist nichts zu sehen: Außer in Deutschland hat sich die Arbeitslosigkeit nur in Irland, Estland und Lettland von 2012 auf 2013 verringert. Horrender noch als die Gesamtarbeitslosigkeit ist die der 15- bis 24-Jährigen. Hier gibt es aus methodischen Gründen keine Quote für den gesamten Euroraum, weil die Teilnahme der Jugendlichen am Arbeitsmarkt zwischen den Ländern stark variiert, die Jugenderwerbslosenquoten (letzte Spalte der Tabelle) sind daher nicht so ohne Weiteres vergleichbar. Nur in sieben der achtzehn Euro-Länder liegen sie unter 20 Prozent, in sechs Ländern sind mehr als ein Drittel der Jugendlichen arbeitslos, und in Griechenland und Spanien sind es mehr als die Hälfte. Nicht nur im Euroraum insgesamt, sondern auch innerhalb der einzelnen Euro-Länder variiert die Arbeitslosigkeit sehr stark, worüber eurostat in einer Pressemitteilung vom 15.04.2014 berichtet. In Spanien etwa (Mittelwert 26,4 Prozent) lag die Erwerbslosenquote im Nordosten unter 20 Prozent, während sie im Süden 35 Prozent übersteigt. Die Jugendarbeitslosigkeit erreicht hier den Spitzenwert von 72,7 Prozent. Ähnliches lässt sich – auf jeweils verschiedenem Niveau – auch in den anderen Euro-Ländern beobachten. Hier wiederholt sich regional, was auch für den gesamten Euroraum gilt: Während der Kapitalismus in wenigen Zentren noch einigermaßen funktioniert, gibt es andererseits periphere Regionen, die von der ökonomischen Entwicklung inzwischen so weit abgekoppelt sind, dass nur schwer vorstellbar ist, wie sie jemals wieder Anschluss finden können. Die krisenbedingten sozialen Verwerfungen werden durch die dürren Zahlen der amtlichen Statistik ja nur sehr unzureichend erfasst, wenn die Abkopplung von der ökonomischen Entwicklung zu einer Abkopplung von zivilisatorischen Errungenschaften führt, die noch vor wenigen Jahren selbstverständlich waren. Wo, wie in Griechenland, medizinische Versorgung nur noch gegen Cash zu haben ist, so dass viele Millionen Menschen davon faktisch abgeschnitten sind oder dafür aufs Essen verzichten müssen, ist im Grunde der Status des „failed state“ erreicht. Doch auch da gibt es Abstufungen, und aus Sicht der globalen Peripherie, etwa Afrikas, werden hier sowieso nur europäische Luxusprobleme verhandelt. WettbewerbsfähigkeitAm 22.04.14 erschien in Spiegel Online unter der Überschrift „Absteiger Italien“ ein Artikel, der mit dem Satz beginnt: „Spanien erholt sich, Portugal und Irland auch – nur Italien steckt noch immer tief in der Krise.“ Die Gründe dafür werden in der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit ausgemacht – und im fehlenden Willen, daran etwas zu ändern. Berichtet wird von einer dem deutschen Automobilbauer Audi seit 2012 gehörenden Firma in Bologna, die Ducati-Motorräder herstellt, deren Absatz allerdings stottert. Audi hat deshalb der Belegschaft einen Pakt angeboten: „Die Produktion wird auf drei Schichten ausgedehnt, sieben Tage die Woche, damit sinken die Produktionskosten, steigt die Wettbewerbsfähigkeit und vermutlich auch der Absatz. Dafür verspricht Audi-Ducati viele neue Jobs und hohe, gewinnabhängige Prämien.“ Bei stotterndem Absatz die Produktion so drastisch hochzufahren – von vorher vielleicht 10 oder 12 auf dann 21 Schichten pro Woche – erscheint mehr als gewagt. Zweifel, dass das klappen könnte, plagen den Autor des Textes freilich nicht, stattdessen beschimpft er Italien, das sich den Bedingungen der globalen Konkurrenz nicht stellen mag: „Am Wochenende arbeiten, das ist zwar nicht unbedingt schön, aber inzwischen beinahe der Normalfall im globalen Konkurrenzkampf um Arbeitsplätze. In Spanien hat Renault gerade mit einer ähnlichen Kombination 1300 neue Arbeitsplätze geschaffen und der Chemiekonzern Bayer aus Leverkusen hat die weltweite Produktion von Aspirin im nordspanischen Asturien konzentriert. In Italien geht so etwas nicht.“ In diesem Fall scheiterte der Vorschlag zur Sonntagsarbeit an einer „Einheitsfront von Arbeit und Klerus“, bestehend aus dem „als knallhart und stramm links bekannten“ Bologna-Chef der Metallarbeiter-Gewerkschaft und dem Erzbischof von Bologna. Der Text ist deswegen lehrreich, weil er beispielhaft ein besonders in Deutschland den Krisenländern verordnetes Patentrezept propagiert, zugleich aber ungewollt deutlich macht, warum es nicht funktionieren kann. Das deutsche Erfolgsmodell besteht bekanntlich in einer Kombination aus Hightech und (relativem) Lohndumping, also einer immer produktiveren Industrieproduktion bei zugleich seit zwanzig Jahren stagnierenden, im Niedriglohnsektor sogar sinkenden Reallöhnen. Die damit notwendig verbundene Exportorientierung exportiert auch die Arbeitslosigkeit und wälzt damit die Krisenfolgen auf andere ab. Dieser Zusammenhang wird von den betroffenen Ländern immer wieder kritisiert, von der deutschen Regierung aber negiert. Wir hätten schließlich unsere Hausaufgaben gemacht, und die anderen sollten sich an uns, den Erfolgreichen, orientieren, aber doch bitte nicht umgekehrt. Das Rezept zur Krisenlösung durch allseitige Anhebung der Konkurrenzfähigkeit unterstellt, dass alle zugleich wettbewerbsfähiger werden könnten. Weil Wettbewerbsfähigkeit aber bedeutet, besser als andere zu sein, ist das schon aus rein logischen Gründen nicht möglich. Es gehört nun einmal zum Begriff des Wettbewerbs, dass die Verbesserung der eigenen Situation notwendig zu Lasten der Konkurrenten geht. Das wird auch durch die in dem oben zitierten Artikel angeführten Beispiele deutlich: Wenn Renault mit einem Sonntagsarbeitsmodell in Spanien 1300 neue Arbeitsplätze schafft, auf denen kostengünstiger produziert wird als vorher an anderen Orten, so ist davon auszugehen, dass sie dort wieder abgebaut werden. Und wenn Bayer die weltweite Produktion von Aspirin im nordspanischen Asturien konzentriert, dann heißt das ja wohl, dass sie anderswo nicht mehr stattfindet. In Deutschland scheint sich trotz aller Selbstzufriedenheit die Angst breit zu machen, dass der Status des Krisengewinners nicht von Dauer sein könnte, weil die Konkurrenz bekanntlich nicht schläft, weshalb an der eigenen Wettbewerbsfähigkeit weiter gearbeitet werden müsse. Die Empfehlungen der Wirtschaftswoche vom 19.04.14 zum bedrohten „Paradies Deutschland“ laufen darauf hinaus, die sozialstaatlichen „Wohltaten“ an alle diejenigen einzuschränken, die zur Standortkonkurrenz keinen Beitrag leisten. In dieser Hinsicht wäre dann wohl Griechenland nachzueifern. Die tiefere Ursache der globalen Krise, damit aber auch der Euro-Krise besteht darin, dass immer weniger Arbeit erforderlich ist, um für alle zu produzieren, womit immer mehr Menschen für den Kapitalismus überflüssig werden. So notwendig in dieser Situation für eine Firma, einen Standort oder ein ganzes Land die Aufrechterhaltung oder Erhöhung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit ist, so sicher kann daher die allseitige Anstrengung in dieser Richtung die Krise nur verschärfen. Was hier noch Krise genannt wird, gerät damit zum Dauerzustand. Kein Ende in Sicht. |