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Robert Kurz


Marxistische Kritik Nr. 2, Januar 1987
[Vorbemerkung: Die Seitentrennung bezieht sich auf die Original-Ausgabe]

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Robert Kurz                                   [S. 7-68]

DIE HERRSCHAFT DER TOTEN DINGE
KRITISCHE ANMERKUNGEN ZUR NEUEREN PRODUKTIVKRAFT-KRITIK UND
ENTGESELLSCHAFTUNGS-IDEOLOGIE

1. Naturbeherrschung und Wertabstraktion: Vom "Fortschrittsglauben" zum Kulturpessimismus

Einer überaus modischen Wortschöpfung zufolge hat seit dem Ende der 70-er Jahre innerhalb der Linken ein "Paradigmen-Wechsel" stattgefunden. Spätestens mit dem parlamentarischen Aufstieg der GRÜNEN wurden alle Versuche für beendet erklärt, noch einmal eine revolutionäre Arbeiterbewegung mittels papierener Massenagitation historisch wachzuküssen; stattdessen trat das Modell einer ökologischen Gesellschafts-Interpretation in den Vordergrund  der oppositionellen Begriffs- und Willensbildung.
Bekanntlich hatte dieser "Paradigmen-Wechsel" sowohl theoretisch als auch politisch-ideologisch weitreichende Folgen: Die "Krise des Marxismus" und der "Abschied vom Proletariat" waren verbunden mit einer POLITISCHEN "Wende" nach rechts, nicht nur im gesamtgesellschaftlichen Maßstab als Regierungswechsel innerhalb des bürgerlichen Lagers, sondern auch auf dem Boden der linken Opposition selbst als Rückkehr zum parlamentarischen Reformismus, als "Abschied von der Revolution". IDEOLOGISCH drückte sich dieser Wechsel zumindest teilweise aus als "Abschied von der Wissenschaft" und in einer "Rückkehr des Imaginären", als Hinwendung zum Irrationalismus und zu biologistisch-"lebensphilosophischer" Weltanschauung, als Neubelebung der Religion und der Mystik, in der Forderung nach "neuen Mythen" usw. Mit der Wendung nach "innen" einher ging ein Schrumpfungsprozeß des gesellschaftlichen Bezugsrahmens, eine Verkleinerung des Maßstabs der Ideologiebildung: Hatten sich noch APO und Studentenbewegung, wenn auch abstrakt, als Moment einer revolutionären Welt-Bewegung verstanden und direkt auf den Rahmen kapitalistischer Welt-Vergesellschaftung bezogen, so traten nun "Nation" und "Region" zunehmend als identitätsstiftender gesellschaftlicher Raum an die Stelle des verblichenen "proletarischen Internationalismus".
Am einschneidendsten erschien die "Wende"der Linken aber im Zentrum

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der Gesellschaftstheorie selbst; der mehr oder weniger weitgehende "Abschied von Marx" vollzog sich als Übergang von einer Kritik ökonomischer Ausbeutung und des "Profitprinzips" zu einer KRITIK DER TECHNISCHEN PRODUKTIONSMITTEL UND DER NATURWISSENSCHAFT ("Produktivkraftkritik", Kritik des "Industriesystems").
Es wäre freilich einfach, von einem Standpunkt vermeintlich festgehaltener revolutionärer Theorie aus diese Entwicklung als blanke Regression zu denunzieren. Um eine solche Regression handelt es sich zwar in vieler Hinsicht durchaus; aber gleichzeitig stellt sich gerade für kritische Theoriebildung unausweichlich die Frage nach dem "Warum", wenn nicht die ebenso platte wie altehrwürdige metaphorische Figur des "Verrats" das Problem eher vernebeln und auf eine subjektiv-moralische Ebene herunterbringen oder die ebenso altbekannte soziologistische Verkürzung eines leeren, unhistorischen Begriffs von "Kleinbürgerlichkeit" als Erklärung herhalten soll.
Zweifellos kann man den "Paradigmen-Wechsel" der Linken, der sich übrigens keineswegs einheitlich, sondern in vielfachen Brüchen und Widersprüchen vollzogen hat, an ihrer Fixierung auf die gesellschaftliche Oberflächen-Bewegung und an der daraus folgenden Kurzschlüssigkeit ihrer Theorie- und Ideologiebildung aufhängen. Die zunehmende Reduktion kritischer Theoriebildung auf die legitimatorischen Bedürfnisse der jeweiligen spontanen Oppositions-Bewegungen könnte erklären, warum die notorische Erfolglosigkeit der "Arbeiteragitation" die zunehmenden Umwelt-Katastrophen bzw. die bedrohlichen Technologie-Projekte des Kapitals (AKW) und die Schwemme der darauf bezogenen "Bürgerinitiativen" die Linke zu ihren diversen "Abschieden" bewogen haben.
Freilich wäre dann gerade der heute beiseite gelegte oder jedenfalls in vieler Hinsicht zurückgenommene Marxismus der Linken selbst ebenfalls auf eine solche Kurzschlüssigkeit und bloß legitimatorische "Bewegungs" Rückkoppelunghin zu untersuchen; es wäre dann nicht mehr möglich, einen scheinbar gesicherten und von der Linken "unverständlicherweise" aufgegebenen Standpunkt des vermeintlichen "orthodoxen" Marxismus und der traditionellen Arbeiterbewegung (einschließlich ihres revolutionären Flügels) einzunehmen. So gesehen könnte, gerade durch ihre schärfste Kritik hindurch, die skizzierte Regression der Linken gleichzeitig als NOTWENDIGES Stadium begriffen werden, d.h. als (allerdings bewußtlos gezogener) Schlußstrich unter eine untergegangene und noch immer qualvoll untergehende Gestalt der gesellschaftlichen Emanzipation, in deren Haut man noch einmal kurzfristig geschlüpft war, die aber in

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der Tat der heutigen kapitalistischen Vergesellschaftungs-Stufe nicht mehr angemessen ist. Es wäre dann nur ein "Abschied von Marx", um auf einem neuen Weg zu ihm zurückzukehren; zu einem Marx freilich, wie ihn die alte Arbeiterbewegung und ihre Theoretiker gar nicht wahrgenommen haben.
Im Zentrum dieser Überlegungen muß offenbar das Verhältnis von Ausbeutungs- bzw. Profit-Kritik einerseits und Technik- bzw. "Industrialismus"-Kritik andererseits stehen. Wenn die ökologische Linke heute eine Kritik des "Profitsystems" durch eine Kritik des "Industrie-Systems" entweder ERSETZEN oder ERGÄNZEN möchte, so stellt sie diese beiden Momente ganz offensichtlich in ein bloß äußerliches Verhältnis zueinander. Dies verweist auf einen Mangel des traditionellen Marxismus, gleichzeitig wird damit ein Übergang zu steinalten Problemstellungen der BÜRGERLICHEN Philosophie und Ideologie vollzogen.
Schon seit der ROMANTIK hat sich die einzig innerhalb ihres Bewußtseins-Horizonts "zulässige" und mögliche Selbstkritik des Bürgertums immer und in zunehmendem Maße auf die TECHNOLOGISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE Seite des kapitalistischen Vergesellschaftungsprozesses bezogen. Nicht das GESELLSCHAFTLICHE Verhältnis des Kapitals, sondern seine technologische Form wurde für die Übel der kapitalistischen Produktionsweise verantwortlich gemacht: eine tatsächlich ausweglose, im allseitigen KULTURPESSIMISMUS mündende Anschauung, die stets bemüht ist, die "erste Natur" (Triebe, Gefühle, Blutsverwandtschaft, persönliche Abhängigkeit, naturhaftes Zusammenglucken usw.) gegen die "kalte" VERSACHLICHUNG des "modernen Lebens" zu mobilisieren. Naturwissenschaft als Sündenfall der Menschheit, Technik als Fluch, die Großstadt als "Asphaltwüste" und der "Untergang des Abendlands", sind schon an der Schwelle des 20. Jahrhunderts die Stichworte einer vielgestaltigen bürgerlichen "Lebensphilosophie", von deren Ideologemen sich alsbald der Faschismusein gewaltiges Stück abschneiden sollte.
Auf der anderen Seite schien die Arbeiterbewegung der lachende Erbe des bürgerlichen Fortschrittsglaubens zu sein. Ihre Kritik kapitalistischer Ausbeutung bezog sich immer ausschließlich positiv auf die entfesselten Gewalten von Naturwissenschaft und Technik, die es bloß von der Verfügungsgewalt des Kapitals zu "befreien" gelte, damit sie zum Wohle der Menschen ausschlügen statt sie zu knechten. "Planwirtschaft" war und ist das zentrale Stichwort dieser historisch wirksam werdenden Position. Indem der "Arbeiterstaat" die Produktionsmittel in seine Verfügungsgewalt nimmt, so wie sie der Kapitalismus hinterlassen hat, soll

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die "Anarchie des Marktes" ersetzt werden durch eine "planmäßige" gesellschaftliche Reproduktion "nicht für den Profit, sondern für den Bedarf".
Diese alte programmatische Figur ist durch und durch obsolet geworden. Selbst in den hochentwickelten Industriegesellschaften des "Realsozialismus" geht es jenen Massen, auf die sich der Marxismus immer berufen hat, nicht etwa besser, sondern weitaus schlechter als im Westen; sie werden nicht nur weiter ausgebeutet, sondern in einem unerhörten Maße polizeistaatlich geknutet. Gleichzeitig steht der "planwirtschaftliche" Realsozialismus den westlichen Industriegesellschaften in nichts nach, was die Zerstörung und Verwüstung der natürlichen Ressourcen angeht. TSCHERNOBYL muß als das Fanal einer Vernichtungs-Logik begriffen werden, der sich der traditionelle Marxismus weder theoretisch noch praktisch zu entziehen vermochte. Die Evidenz dieser Tatsachen ist so durchschlagend, daß nur hoffnungslose Narren sich weiterhin hartnäckig auf ein derart desavouiertes Programm gesellschaftlicher Emanzipation beziehen können. Insofern muß der "Paradigmen-Wechsel" der Linken durchaus ernst genommen werden und enthält ein Moment von Berechtigung. Andererseits ist die Regression auf eindeutig historisch identifizierbare Positionen bürgerlicher Ideologie schon deswegen nicht kritiklos hinzunehmen, weil diese bereits ihre Ausweglosigkeit bewiesen haben.
Um dieses Dilemma aufzulösen, muß die theoretische Kritik allerdings den Mut aufbringen, eine heute völlig verdrängte und verschüttete Dimension der Marx'schen Theorie neu zu erschließen und weiterzuentwickeln. Das begriffliche Auseinanderfallen der Profit- bzw. Ausbeutungs-Kritik und der Kritik an technologischer Lebenszerstörung verweist auf eine ungeheure Verkürzung in der geläufigen marxistischen Auseinandersetzung mit der kapitalistischen Produktionsweise.
Der wirkliche Ausgangspunkt der Kritik, die Marx am Kapitalismus geübt hat, ist keineswegs der "Markt" (dem der "Plan" gegenübergestellt werden könnte), sondern bekanntlich die WARE. Zwar konstituiert sich der Markt eben als Austauschprozeß der Waren, aber er ist nicht der letzte Grund, sondern die notwendige Konsequenz des Warencharakters der Produktion. Alle Voraussetzungen und Folgen der "Marktwirtschaft", die auf Warenproduktion beruht, finden sich schon an ihrer "Zellform" (Marx), der einzelnen Ware. Der natur- und menschenzerstörende Widerspruch zwischen Gebrauchs- und Tauschwert ist bereits an der Warenform als solcher festzumachen, nicht erst am Markt-Mechanismus. Als Gebrauchswert ist die Ware bloß qualitatives und nützliches Ding, als das sie

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im kapitalistischen Verwertungsprozeß aber nur äußerlich und notgedrungen in Betracht kommt. Als Tauschwert aber ist sie Wert-Ding, "abstraktes Ding", Verkörperung "menschlicher Arbeit an sich und überhaupt" - "Vergegenständlichung" von "abstrakter Arbeit". Nur um diesen "abstrakten Reichtum" geht es dem kapitalistischen Verwertungsprozeß. Da aber der abstrakte Reichtum des "Werts", der vergegenständlichten "abstrakten Arbeit", nicht unmittelbar an der einzelnen Ware in ihrer Naturalgestalt in Erscheinung treten kann (als unmittelbar sinnliches Ding, als ein Paar Strümpfe oder ein Werkzeug ist diese ihre "Wertgegenständlichkeit" an ihr nicht faßbar), muß sich die Ware im GELD "verdoppeln", wobei das Geld die abstrakte Wertgegenständlichkeit repräsentiert in seiner Naturalgestalt (Gold und seine papierenen Surrogatformen).
Um die ganze Brisanz dieser Kategorien, die in jeder "Kapitalschulung" abgespult, aber nie begriffen werden, voll herauszuarbeiten, ist die Aufmerksamkeit auf folgenden Umstand zu lenken: Im Begriff des WERTS und des GELDES, dem der Begriff der ABSTRAKTEN ARBEIT zugrunde liegt, ist die inhaltliche, qualitative Bestimmung der Arbeit und ihres Produkts vollkommen AUSGELÖSCHT. Was bedeutet diese Auslöschung? In den Realkategorien von abstrakter Arbeit, Wert und Geld wird ein ABSTRAKTIONSPROZESS an Mensch und Natur vorgenommen, der sich schließlich in der historischen Entwicklung des Kapitals die gesamte gesellschaftliche Reproduktion unterwirft. Es geht in diesem Prozeß um "Verausgabung von Arbeit" schlechthin, als SELBSTZWECK und ohne jede Rücksicht auf ihren Inhalt. Die gesellschaftliche Produktion geht dabei zunehmend den Weg des geringsten Widerstands, auf den diese Verausgabung von inhaltslos bestimmter "Arbeit an sich" trifft, d.h. ohne jede Hinsicht auf die natürlichen und gesellschaftlichen Folgen. Die Masse der Menschen kann nur leben (sich reproduzieren), indem sie sich als "Ware Arbeitskraft" diesem Selbstzweck der Anhäufung abstrakten Reichtums unterwirft und innerhalb dieses abstrakten Selbstzwecks "gebraucht" wird; gleichzeitig erscheint diese Verausgabung als gleichgültig gegen jeden Inhalt. Mit anderen Worten: Die abstrakte Verausgabung von "Arbeitskraft" kann genausogut in einer inhaltlich SINNLOSEN oder sogar ZERSTÖRENDEN Produktion bestehen und tut dies auch zunehmend. Die Entwicklung der PRODUKTIVKRÄFTE führt so nicht zu einer Reduzierung der für den unmittelbaren Lebensunterhalt notwendigen Arbeit (und damit zu einem wachsenden Zeit-Fonds für freie, selbstbestimmte Tätigkeit aller), sondern gerade umgekehrt dazu, daß die Produktion sich als Selbstzweck zur Vernichtungs-Produktion fortentwickeln

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muß, während gleichzeitig jede "Freisetzung" von dieser inhaltlich gleichgültigen Arbeit als ein Abschneiden von der Reproduktions- und damit Lebens-Möglichkeit erscheint ("Arbeitslosigkeit"). Natur und Mensch werden also entweder zum Zweck der abstrakten Produktion "um ihrer selbst willen" verausgabt - oder sie sind "überflüssig". Gerade in dieser scheinbar grenzenlosen Verausgabung abstrakter Arbeit zum Selbstzweck der Anhäufung abstrakten Reichtums aber verschränken sich Menschenausbeutung und Naturzerstörung als zwei Momente eines einzigen Prozesses. Wenn Marx daher sagt:
"Die kapitalistische Produktion entwickelt ... nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter" (Kapital I, S. 529f.),
so verweist er damit keineswegs auf eine subjektiv-moralische Rücksichtslosigkeit "der Kapitalisten", sondern auf die objektive, "dingliche" Logik der abstrakten Arbeit, die mit ihrem gesellschaftlichen "Totalwerden" in ihrer Gleichgültigkeit gegen menschliche und natürliche Inhalte und Qualitäten immer größere Verheerungen anrichtet. Kapitalisten und Arbeiter, als entgegengesetzte Pole eines einzigen gesellschaftlichen Verhältnisses, sind so gleichermaßen einer selbstläufigen Logik ausgeliefert, dem Zwang zur permanenten Ausdehnung einer abstrakten Produktion um ihrer selbst willen, in der sie wissentlich zerstörerische Produktionsprozesse ins Werk setzen müssen. Die Absurdität einer "Herrschaft der toten Dinge" wird so in der Herrschaft des Geldes als eines dinglichen gesellschaftlichen Schein-Subjekts zur Realität. Solange sie dieser Logik der abstrakten Arbeit unterworfen sind, müssen die Menschen einen Prozeß der Selbstzerstörung in Gang halten, um leben zu können. Dieser absurde Widerspruch tritt als "Sachzwang" ihrer eigenen unbeherrschten, "wertabstraktiven" Gesellschaftlichkeit in Erscheinung; selbst noch die offensichtlichste Vernichtungsproduktion wird unter Hinweis auf "Konkurrenzfähigkeit" und "Arbeitsplätze"gerechtfertigt.
Die KRISE dieser abstrakten Vergesellschaftung tritt keineswegs bloß als "Konjunkturkrise" des "blinden" Marktes in Erscheinung, sondern von einem gewissen Entwicklungsstadium an, das wir heute offenbar erreicht haben, als ABSOLUTE Reproduktionskrise der Gesellschaft in doppelter Weise: Erstens führt die technologische Herausnahme lebendiger Arbeit aus dem unmittelbaren Produktionsprozeß (Automation, Mikroelektronik) dazu, daß sich die Logik der abstrakten Arbeit selber ad absurdum führt und der Abstraktionsprozeß an der MENSCHLICHEN Arbeitskraft nicht mehr ausreichend vorgenommen werden kann; die Folge ist eine "Entwertung des Werts" (die auch nicht z.B. durch Dienstleistungen

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ausgeglichen werden kann, da diese größtenteils im Sinne der abstrakten Wertproduktion "unproduktiv" sind), schließlich ein tendenzieller Zusammenbruch des Weltmarkts und des weltweiten Geldsystems ("ökonomische Katastrophe"). Zweitens führt derselbe technologische Prozeß in seiner inhaltlichen Gleichgültigkeit gegen die natürlichen Lebensgrundlagen, d.h. in einer Unterwerfung der Technologie unter die Logik der Wertabstraktion, zu einer rasch fortschreitenden Naturzerstörung ("ökologische Katastrophe").
Die Konsequenz kann letztlich nur darin bestehen, daß die Menschheit entweder sich weiterhin der Logik der abstrakten Arbeit unterwirft und damit sich selbst zerstört, oder daß diese Logik der Wertabstraktion revolutionär "aufgehoben" wird. Dies würde allerdings bedeuten, daß die GESAMTE teleologische Reihe: "abstrakte Arbeit-Wert-Geld-Markt" aufgehoben und durch eine "direkte Vergesellschaftung" ersetzt werden muß. Zwar sind die Hinweise von Marx auf eine solche sozialistische Gesellschaftsformation spärlich und sehr allgemein (es ist dabei zu bedenken, daß die von ihm entdeckte Entwicklungslogik des abstrakten Werts zu seiner Zeit noch wenig real entfaltet war), er läßt aber keinerlei Zweifel daran, daß nicht nur der "Markt" als bloß äußerer Zusammenhang der Warenproduktion aufgehoben werden muß, sondern die Warenproduktion selbst und damit die zugrunde liegende Logik der abstrakten Arbeit. Erst eine solche Aufhebung von abstrakter Arbeit, Wert und Geld könnte zu einer bewußten "Planmäßigkeit" der gesellschaftlichen Produktion führen, die alle qualitativ-inhaltlichen Bestimmungen und Konsequenzen der Produktion von vornherein mit einbezieht. Die "formale Rationalität" der Produktion wäre damit nicht beseitigt, aber sie könnte in ihrem "natürlichen Maß" berechnet werden, der ZEIT (d.h. als Aufwand in gesellschaftlichen ARBEITSSTUNDEN). Die notwendige Berechnung in Arbeitszeiten stellt zwar auch eine "Abstraktion" dar, aber diese Abstraktion kann als solche nicht von den konkreten Arbeitsinhalten GETRENNT werden. Die direkte Berechnung des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses nach Arbeitszeiten ist unter der Herrschaft der abstrakten Arbeit ja gerade deswegen nicht möglich, weil der Abstraktionsprozeß der Arbeit sich GEGEN SEINE KONKRETEN INHALTE VERSELBSTÄNDIGT hat und somit "dinglich" verselbständigt in der Wert- und Geldform auftritt.
In den Ohren eines "traditionellen" Marxisten müssen solche Überlegungen höchst fremdartig klingen. Der Grund dafür ist ein sehr einfacher. Traditioneller Marxismus und alte Arbeiterbewegung haben in Wirklichkeit der Marx'schen "Kritik der politischen Ökonomie" die Spitze abgebrochen,

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indem sie von dieser Theorie nur die Kritik des "blinden Marktmechanismus" übrigließen, mit der Kritik der abstrakten Arbeit selber aber überhaupt nichts anfangen konnten. In dieser bis heute geläufigen, verkürzten Auffassung der Marx'schen Theorie erscheint von der teleologischen Reihe: "Abstrakte Arbeit-Wert (Ware)-Geld-Markt" einzig und allein das letzte Glied, eben der "blinde Markt", der äußere Zusammenhang der Warenproduktion, als spezifisch kapitalistisch; um zu einer "Planwirtschaft" zu gelangen, wäre dann einzig und allein der "Konkurrenzmechanismus" als "falsches Prinzip" zu beseitigen, nicht aber die "Wertgegenständlichkeit" der Produktion. Es muß dann der Gedanke einer Aufhebung der Warenproduktion entweder gänzlich und offen fallengelassen werden (wie heute im "Realsozialismus"), oder der Begriff einer solchen Aufhebung wird umgefälscht in eine bloße Aufhebung der "blind" wirkenden Marktmechanismen von "Angebot und Nachfrage", während die Wertabstraktion als solche weiterbesteht. Letztlich wird auf diese Weise der Kapitalismus gar nicht als PRODUKTIONSVERHÄLTNIS begriffen, sondern eigentlich nur als ZIRKULATIONSVERHÄLTNIS. Scheinbar steht die Kritik der "Ausbeutung der Lohnarbeit" in Widerspruch dazu. Aber bei näherem Hinsehen zeigt sich, daß auch diese Kritik in der landläufigen marxistischen Diktion keineswegs auf den Kern des kapitalistischen Produktionsverhältnisses zielt, also auf die Unterwerfung der menschlichen Arbeitskraft unter die abstrakte Arbeit, sondern lediglich auf den ZIRKULATIONSPROZESS DER WARE ARBEITSKRAFT. Das Verständnis des "Mehrwerts" nicht als immanente Logik der Wertabstraktion selbst, sondern als bloßer "Betrug", als "Verkürzung des Arbeitsertrags", hat hierin ebenso seine Wurzeln wie alle Vorstellungen einer "krisenfreien Warenproduktion", in der die Lohnarbeit nicht wirklich aufgehoben wird, sondern nur der Arbeitsmarkt ebenso wie der Warenmarkt einer ("politischen") gesellschaftlichen Regulierung unterliegen soll.
Natürlich hat diese verkürzte historische Rezeption der Marx'schen "Kritik der politischen Ökonomie" selber wieder objektive historische Grundlagen. Diese wären vor allem darin zu suchen, daß sich von der Herausbildung der alten Arbeiterbewegung bis in die 70er Jahre unseres Jahrhunderts die kapitalistische Logik des Werts noch nicht ausgeschöpft hatte, daß also der abstrakte Verwertungsprozeß immer nur vorübergehend an relative Schranken seiner Ausdehnung stieß, die sich an der Oberfläche tatsächlich nur als "Konjunkturkrisen" im ZIRKULATIONSPROZESS bemerkbar machten. Mit der Herausbildung neuer Produktionszweige konnte die Produktionslogik der abstrakten Arbeit

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immer wieder auf neuer Stufenleiter große Menschenmassen einsaugen und sie dem Abstraktionsprozeß des Werts unterwerfen ("Fordismus"). Gleichzeitig hatte der abstrakte Verwertungsprozeß noch nicht alle "Poren" der gesellschaftlichen Produktion sozusagen flächendeckend erfaßt, d.h. einerseits war die Lohnarbeit noch nicht total geworden, sondern mit vielfältigen Formen von Haus- und Subsistenzwirtschaft durchsetzt, andererseits trat die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen aus demselben Grund noch nicht allgemein und absolut auf, sondern nur partiell ineinigen Industriezentren.
Die "zirkulative" Verkürzung des Marxismus besaß also eine gewisse objektive Plausibilität; sie verdammte die alte Arbeiterbewegung allerdings dazu, selber zum MOMENT DER KAPITALISTISCHEN ENTWICKLUNGSLOGIK ZU WERDEN statt zum Träger von deren Aufhebung. Im Westen vollendete der Kampf der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie die Sphäre des ABSTRAKTEN STAATSBÜRGERS als abgespaltene "politische" Funktion der Warenproduktion (vgl. dazu die Geschichte des zähen, sich bis weit ins 20. Jhd. hinziehenden Kampfes um das allgemeine gleiche Wahlrecht) und wurde zum Schrittmacher der Produktion des relativen Mehrwerts, innerhalb dessen "fordistischer" Logik es sich über viele Jahrzehnte hinweg innerhalb der Lohnarbeit immer besser einrichten ließ; der revolutionäre Flügel dieser westlichen Arbeiterbewegung blieb demgegenüber hilflos und abstrakt "politisch" (Gewaltfrage, "Diktatur des Proletariats" etc.) in seiner Diktion.
Sogar noch die verschiedenen Versionen einer "Zusammenbruchstheorie" (Kautsky, Luxemburg, Grossmann) kamen letztlich nicht über eine "wertimmanent" bleibende Auffassung hinaus.
Im Osten mußte die bolschewistische Revolution aufgrund der unentwickelten gesellschaftlichen Produktivkraft nach anfänglichen, selber zirkulativ beschränkten Versuchen einer "Abschaffung des Geldes" direkt zum Träger einer Forcierung der abstrakten Arbeit werden. Ihren HISTORISCHEN Sinn erhält die wertabstraktive Produktion als "transitorische" Formation, in der die menschliche Gesellschaft überhaupt erst aus der Bindung an den agrarischen Boden und damit aus der Fixierung auf den Zusammenhang der "ersten Natur" heraustreten kann, im Prozeß dieses Heraustretens aber sich zunächst der abstrakten Arbeit unterwirft und diese schließlich als umfassende Krise erlebt. In Rußland stand 1918 noch nicht die Überwindung des abstrakten Werts auf der Tagesordnung, sondern im Gegenteil überhaupt erst seine Herausbildung und gesellschaftliche Verallgemeinerung. Nicht eine bereits verallgemeinerte Lohn-

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arbeit mußte abgeschüttelt, sondern gerade umgekehrt die riesige Masse der bäuerlichen Kleinproduzenten erst in Lohnarbeiter verwandelt werden. Wie im Westen wurde unter diesen Prämissen das Zentrum der Marx'schen Wert-Kritik bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Derselbe Prozeß, der im Westen als Integration der Arbeiterbewegung in die "fordistische" Vergesellschaftung des Kapitals erschien, kam in der Sowjetunion als Verwandlung einer "revolutionären Partei des Proletariats" in die Institutionen einer wertabstraktiven Entwicklungsmaschine der "nachholenden ursprünglichen Akkumulation" zum Ausdruck. Die daraus entstandene "Planwirtschaft", von der die Produktionslogik der abstrakten Arbeit nicht angetastet wird und die daher weiter auf den abstrakten Wert- und Geldkategorien beruht, bleibt notwendig ein äußerlicher, zirkulativer Regulationsmechanismus des Waren- und Arbeitsmarktes und kann daher auch nur blauäugig behauptend und unter Absehen von ihrem tatsächlichen Inhalt als "gebrauchswertmäßige Bedarfswirtschaft" bezeichnet werden.
Verbunden mit diesen historischen Gestalten der Arbeiterbewegung als eines immanent bleibenden Moments der abstrakten Wertproduktion verstrickte sich der Marxismus auch als Theorie immer tiefer in die zirkulative Verkürzung der "Kritik der politischen Ökonomie"; jede Erinnerung an die "weitergehenden" Ansätze der Marx'schen Theorie wurde wegdiskutiert und letztlich gelöscht. Da aber die ERSCHEINUNGEN der Wertabstraktion auch im "Sozialismus" nicht einfach weggeleugnet werden konnten, bildete sich ein merkwürdiges System "kritischer" Apologetik heraus: Der "an sich" eigentlich schon "ökonomisch" vermeintlich vorhandene Sozialismus ("Planwirtschaft") sollte angeblich durch eine "Bürokratie" (die als solche aber keinen Begriff von Gesellschaftlichkeit abgeben kann) "deformiert" worden sein und einer ganzen Palette von "ERGÄNZUNGEN" bedürfen, z.B. einer "DEMOKRATISIERUNG". In solchen Konstrukten sogenannter "Marxisten" ist die Theorie schon soweit verfallen, daß die Sphäre abstrakter Staatsbürgerlichkeit ("Demokratie") nicht einmal mehr als abgespaltenes Produkt der Wertabstraktion begriffen werden kann, das selber zusammen mit der abstrakten Arbeit aufzuheben wäre. Stattdessen wird ein Moment der Warenproduktion bloß gegen das andere ausgespielt, weil die historischen Verwerfungen in der "nachholenden Akkumulation" der sowjetischen Produktionsweise außerhalb der deformierten Begrifflichkeit bleiben. Zusätzliche Verwirrung stiftet die heute evident werdende Tatsache, daß eine zirkulativ-distributiv beschränkte "Planwirtschaft" zwar für ein "nachholendes" Aus-dem-Boden-Stampfen der gröbsten Industrialisierungs-Grundlagen tauglich sein mag, aber

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auf die Dauer funktionsunfähig bleibt und nicht zur Produktion des
relativen Mehrwerts in großem Maßstab fähig ist. Die gesellschaftliche Grundlage der abstrakten Arbeit, solange sie nicht beseitigt wird, verträgt sich nicht mit einer umfassenden "politischen" Regulierung  der Zirkulations- und Distributionsprozesse. Mit der Kategorie der abstrakten Arbeit ist auch die des "Tauschs" und damit des Marktes gesetzt; die teleologische Reihe, die über die Wertform gebildet wird, drängt nach ihrer Vollendung und muß diese schließlich im "Loslassen" des Marktes erzwingen. Die Krise des "Realsozialismus" ist daher heute eine doppelte: Er ist dem Westen nur in der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen "ebenbürtig", fällt dagegen in der Produktivität der abstrakten Arbeit immer mehr zurück. Es bedarf keiner Frage, daß ein in der Geschichte des Werts selber wertfetischistisch gewordener "Marxismus" tatsächlich obsolet und "veraltet" ist, bestenfalls noch in der "Dritten Welt" auf Bedingungen trifft, die ihm Momente von gesellschaftlicher Plausibilität verleihen können (obwohl auch diese Option mit zunehmender Weltmarkt-Integration der Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas immer unglaubwürdiger wird).
Wenn wir nun den "Paradigmen-Wechsel" der Linken vor dem Hintergrund der größeren Geschichte des Werts und des Marxismus betrachten, so wird auch die relative Berechtigung dieses "Abschieds" deutlich. Der objektive gesellschaftliche Druck einer weit über die bisherigen Konjunkturkrisen hinausgehenden Krise der wertabstraktiven Reproduktion überhaupt muß nicht nur den "Wert entwerten", sondern auch den "alten" wertfetischistischen Marxismus, den die Neue Linke nach einem Durchmarsch durch fast alle "alten" historischen Ideen gesellschaftlicher Emanzipation in ihrer naiven "Praxisorientierung" für einige Jahre kurzschlüssig übernommen hatte.
Andererseits aber, und hier muß die schärfste theoretische und politische Kritik einsetzen, beruht diese "Wende" der Linken gerade nicht auf einer gewissenhaften Aufarbeitung der Geschichte (einschließlich der eigenen), sondern folgt weiterhin einer oberflächlich-kurzschlüssigen "Bewegungs"-Orientierung. So wurde es nicht ein "Abschied" von einer begriffenen historischen Gestalt des Marxismus, sondern ein begriffsloser "Abschied" von der Marx'schen Theorie überhaupt, jedenfalls bei den grün-alternativen "Produktivkraftkritikern", während die linkssozialistische akademische Restlinke mehr oder weniger auf den überkommenen Verkürzungen beharrt (diese aber zunehmend eher mit Keynes als mit Marx begründet, worin sie so Unrecht nicht hat).

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Die "Wende" von der Kritik des "Profitsystems" zur Kritik des "Industriesystems" läßt also die verkürzte, zirkulativ beschränkte und verbogene "Kritik der politischen Ökonomie" unaufgelöst zurück. Damit aber verfällt sie notwendig wiederum der Wertabstraktion, nur von einer anderen Seite her. Auf den Spuren der bürgerlichen Lebensphilosophie und ihrer romantischen Vorläufer muß die Opposition jetzt auf den nicht minder ausgelatschten Pfaden eines bürgerlichen Kulturpessimismus wandeln; die "vergessene" Produktionslogik der abstrakten Arbeit erscheint wieder als vermeintliche Logik der Technik und Naturwissenschaft, die gegen die Kritik der Mehrwertproduktion ausgespielt wird, statt sie als Momente eines einheitlichen gesellschaftlichen Prozesses der Wertabstraktion zu begreifen. Da für das bürgerliche Bewußtsein aber Subjektivität überhaupt unmittelbar identisch ist mit der abstrakt-dualistischen Subjektivität des abstrakten Wert-Geld-Individuums und des abstrakten Staatsbürgers, kann die Kritik der Verdinglichung selber nur verdinglicht erscheinen als Kritik des toten technologischen Apparats, der damit absurderweise als lebendiges Subjekt anerkannt wird. Soweit diese Kritik praktisch-politisch wird, wie etwa bei den GRÜNEN mit ihren famosen "Wirtschaftsprogrammen", wird sie selber zur Ausgeburt der Warenproduktion: Mit den Mitteln der abstrakten Arbeit sollen deren eigene zerstörerische Konsequenzen behoben werden. Eine solche Konzeption, die lediglich eine "Milderung" der abstrakten Produktionslogik anstrebt oder gar deren historisches "Zurückdrehen" (Wiederbelebung der Genossenschaftsideologie, der kleinen Warenproduktion usw.), ist allerdings nicht weniger zum Scheitern verurteilt als die verkürzte "Planwirtschafts"-Ideologie des traditionellen Marxismus. Dies soll im folgenden an der Kritik der theoretisch anspruchsvollsten Produktivkraftkritiker herausgearbeitet werden.

2. Der Zerfall gesellschaftlicher Totalität

Mit der Ausbreitung alternativer Kleinproduktion (mehr als Ideologie denn real, und soweit sie real ist mehr im Dienstleistungssektor als im produktiven Bereich), mit der Entstehung der Anti-AKW-Bewegungund mit dem politischen Aufstieg der GRÜNEN ist die populäre und wissenschaftlich-theoretische Literatur zur "KRITIK DES INDUSTRIESYSTEMS"

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ungeheuer angeschwollen. Bis in die soziologischen Seminare hinein reicht der "Paradigmen-Wechsel". Um den gegebenen Rahmen nicht zu sprengen, will ich mich im folgenden hauptsächlich mit zwei Autoren auseinandersetzen, die hinsichtlich der "produktivkraftkritischen" Literatur zumindest in der BRD als theoretisch prägend angesehen werden können:
Otto ULLRICH und Winfried THAA. So unterschiedlich der Ansatz jeweils ist (Ullrich beschäftigt sich allgemein mit dem Verhältnis von Technik bzw. Naturwissenschaft und Gesellschaft, Thaa versucht eine "produktivkraftkritische" Neubewertung der sowjetischen Produktionsweise), die theoretischen Schlußfolgerungen gelangen zu einer so weitgehenden Übereinstimmung, daß Ullrich und Thaa durchaus als Vertreter einer Richtung eingestuft werden können. Dies um so mehr, als beide Autoren den "Abschied von Marx" keineswegs so blind und undifferenziert vollziehen wie andere Industriekritiker, sondern auf hohem Niveau der theoretischen Reflexion. Umso deutlicher werden allerdings auch die Brüche in der Logik der jeweiligen Argumentation.
Charakteristisch für ULLRICHS theoretische Vorgehensweise ist, daß er in seiner Gesellschaftsanalyse nicht von der ÖKONOMISCHEN LOGIK ausgeht, also von abstrakter Arbeit, Wert/Ware und Geld, sondern (mit Max Weber) vom Begriff der "Herrschaft"; "Technik und Herrschaft" (Frankfurt 1977, im folgenden zitiert als TuH) lautet demnach auch der Titel seiner wissenschaftlich umfangreicheren Publikation, die er in "Weltniveau" (Berlin 1980, im folgenden zitiert als WN) popularisiert und zu einer quasi gesellschaftspolitischen Konzeption ausgeweitet hat. Während Marx die "Herrschaft des Menschen über den Menschen" in den modernen Gesellschaften gerade in ihrer "versachlichten" Gestalt aus der Logik der Warenproduktion konsequent abgeleitet und sie in Gegensatz gestellt hat zu allen vorkapitalistischen Klassengesellschaften, deren Herrschaft stets auf direkten, PERSÖNLICHEN Abhängigkeitsverhältnissen beruhte, verfällt Ullrich so schon von Beginn an einer typisch scientifisch-positivistischen Verkürzung des "Soziologismus": Herrschende und Beherrschte werden voraussetzungslos, jenseits der ökonomischen Logik, als "soziale Gruppen" einander gegenübergestellt und dann nach "Merkmalen" und "Strukturen" untersucht, deren innerer Zusammenhang jeder übergreifenden Logik entbehren muß, außer eben der "Tatsache" von "Herrschaft".
So geht es also um den "Widerspruch zwischen individuellen Bedürfnissen ... und einem Organisationsziel, einem Betriebsinteresse" (TuH,14), um die "Notwendigkeit einer normgeregelten, arbeitsteiligen Rollenstruk-

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tur" (TuH, 14), die "Notwendigkeit einer betrieblichen Autoritätshierarchie" (TuH, 16), die "Legitimation der Herrschaft in Produktionsstätten" (TuH, 17), um die "strukturbildenden Kräfte" (TuH, 18) in Industrie und Gesellschaft usw. Der Begriff der abstrakten Arbeit kommt bei dem "Fachsoziologen" Ullrich überhaupt nicht vor, er verbaut sich damit schon von Anfang an jeden Zugang zu den "Versachlichungspotenzen" kapitalistischer Warenproduktion. Damit aber muß die Analyse von einem Dualismus in den anderen fallen; für die kapitalistische Produktionsweise ist daher nicht etwa von Anfang an der von der Realkategorie der abstrakten Arbeit gesetzte Begriff der Versachlichung gültig, der sich stufenweise entfaltet bis zur umfassenden Weltproduktion des relativen Mehrwerts; vielmehr zerfällt auch die kapitalistische Produktionsweise für Ullrich in eine Phase "personaler Herrschaft" und eine spätere Phase "versachlichter Herrschaft":
"Personale Herrschaft tritt in den Hintergrund, Herrschaft überhaupt wird unsichtbar, alle, auch die Chefs, müssen sich nur dem rationalen  technischen(!) Prozeß unterwerfen". (TuH, 23).
Als bloße Deskription ist diese Aussage gemeinplätzlich, aber im Zusammenhang einer Logik des Produktionsprozesses führt sie schon zum entscheidenden Punkt: Nicht um die Logik der abstrakten Arbeit und des Werts soll es gehen, sondern um die Logik der TECHNIK als solcher.
Der Prozeß der "Versachlichung" wird unmittelbar aus der technologischen Entwicklung verkürzt abgeleitet, was ja auch oberflächlich so beschrieben werden kann, da die technologische Entwicklung in der Tat aus der Produktion des relativen Mehrwerts folgt. Ullrich erliegt hier allerdings einem logischen Kurzschluß, wenn er scheinbar griffig vom "rationalen technischen Prozeß" redet. Dem VERSACHLICHUNGSCHARAKTER kapitalistischer Produktion liegt zwar eine bestimmte "Rationalität" zugrunde; es ist dies aber, nach einem Ausdruck des heute vielbemühten Max WEBER, eine "FORMALE RATIONALITÄT" - bei Weber die "formale Rationalität des Marktes", die aber wiederum auf die formale Rationalität der abstrakten Arbeit zurückgeführt werden muß: Auf die gegen jedenqualitativen Inhalt gleichgültige Verausgabung von Quantitäten "menschlicher Arbeit überhaupt". Es werden in dieser formalen, abstrakten Rationalität des Werts aber nicht nur menschliche Inhalte, Bedürfnisse, Qualitäten "ausgelöscht", sondern eben auch NATÜRLICHE und somit letztlich auch TECHNISCHE, insofern die Technik nichts weiter ist als die QUALITATIVE Umformung des Naturstoffs. Die Logik der Technik ist an sich nicht formal, sondern im Gegenteil qualitativ, auf die Formung von Gebrauchswerten bezogen. Obwohl es das Ideal der formalen Wertabstraktion

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wäre, kann sie doch nicht auf jeden qualitativen Inhalt verzichten; sie muß Gebrauchswerte (wie immer diese inhaltlich bestimmt sind, aber sie müssen inhaltlich sein, weil keine formale Quantität ohne Inhalt existieren kann) produzieren, um ihr "Eigentliches", den abstrakten "Wert" produzieren zu können. Aus dem Begriff der formalen Rationalität, wie sie der kapitalistischen Versachlichung zugrunde liegt, konnte also nur eine SUBSUMIERUNG aller qualitativen Bestimmungen von Mensch, Natur UND Technik unter die inhaltliche Leere der Wertabstraktion gefolgert werden.   Wenn Ullrich daher behauptet, das "Prinzip der vollen Beanspruchung", der "Ausschaltung allen Leerlaufs und ungenutzter Energien" etc. (TuH, 31) sei von der Naturwissenschaft und Technik "auf soziale und zwischenmenschliche Bereiche" übertragen worden (TuH, 31), so stellt er den Sachverhalt auf den Kopf. Es gibt in Wirklichkeit keinerlei "natürliches" oder "technisches" (also qualitatives) "Prinzip der vollen Beanspruchung" usw. Dieses "Prinzip" als QUANTITATIV-FORMALES ist ein rein gesellschaftliches Produkt der Menschenwelt, es entspringt der Logik der gesellschaftlichen Wertabstraktion.
Um seinen Ansatz durchhalten zu können, muß Ullrich systematisch die Inhalte von Technik bzw. Naturwissenschaft von der Wertabstraktion trennen, Technik und Naturwissenschaft in einen "autonomen Bereich" verwandeln. Dabei hilft ihm zunächst einmal der Augenschein des "Realsozialismus", der natürlich leicht zum populären Ausgangspunkt gemacht werden kann:
"Da entwickelte Produktivkräfte als Grundlage für eine neue Gesellschaft in der marxistischen Analyse und Politik eine so große Bedeutung hatten, wurde die 'rückständige' Sowjetunion nach der Beseitigung der Zarenherrschaft auf dem 'nichtkapitalistischen Wege' erst einmal industrialisiert. Heute, mehr als sechzig Jahre nach der Oktoberrevolution, gibt es auch im 'real existierenden Sozialismus' entfaltete Produktivkräfte, von denen Marx als notwendige Grundlage für den Sozialismus nicht einmal träumen konnte. Aber von einem 'menschenwürdigen Sozialismus', von einer freien Gesellschaft ohne Entfremdung und bevormundende Herrschaft sind auch die Länder des 'real existierenden Sozialismus' weit entfernt. Könnten - entgegen der ursprünglichen Annahme - mit zunehmender Produktivkraftentfaltung die Chancen für einen menschenwürdigen Sozialismus eher schlechter als günstiger geworden sein? Haben die meisten Marxisten mit Marx die mögliche 'negative Seite' bei der Entfaltung der Produktivkräfte unterschätzt?" (WN, 7).
Ullrich nimmt also den "Realsozialismus" insofern beim Wort, als er ihm einen "nichtkapitalistischen" Entwicklungsweg konzediert. Damit freilich hat er bereits implizit die GESELLSCHAFTLICHE Qualität des

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"Produktionsverhältnisses" reduziert auf den flachen Plan-Markt-Gegensatz INNERHALB des Wertverhältnisses, d.h. auf dem nicht mehr hinterfragten gesellschaftlichen Boden der abstrakten Arbeit. Es entgeht ihm völlig, daß in der Sowjetunion die Produktivkräfte in der "nachholenden ursprünglichen Akkumulation" gerade als eine Funktion der ENTWICKLUNG DES WERTVERHÄLTNISSES erscheinen, daß im Zuge dieser Entwicklung die Wertabstraktion natürlich nicht überwunden, sondern im Gegenteil erst in großem Maßstab auf Basis der Lohnarbeit herausgebildet wurde. NUR deswegen, nur unter der Voraussetzung einer systematischen Ausblendung der Wertabstraktion kann er dann seine "unschuldig" klingende
Frage nach den Produktivkräften "als solchen" stellen.
Es deutet sich hier schon an, wie Ullrich mit Marx fertigzuwerden gedenkt: Ganz im Sinne des angeblich zu überwindenden traditionellen Marxismus wird der Begriff der "Produktionsverhältnisse" kastriert, von der Logik der abstrakten Arbeit getrennt (und damit natürlich auch vom gesellschaftlichen Inhalt der Produktivkraftentwicklung), letztlich also ungefälscht zu einem Begriff bloßer Zirkulations- und äußerlicher Eigentumsverhältnisse. Die Spuren dieser theoretischen Verkürzung finden sich bei Ullrich in Hülle und Fülle. So behauptet er, ganz im Sinne seiner soziologistischen Bestimmung von "Herrschaft":
"Der Zweck der Herrschaft ist also erfüllt, solange Arbeiter im Betrieb ein Mehrprodukt schaffen, über das sie nicht verfügen können, sondern die Firmenleitung, die Kapitalbesitzer oder sonst eine herrschende Klasse." (TuH, 174).
Es ist fast schon rührend, wie hier der ganze alte Verteilungs-Sozialismus, die ganze zirkulativ-distributive Verkürzung des Begriffs der Mehrwertproduktion zum Vorschein kommt!
Noch deutlicher wird diese ganz "traditionelle" Verkürzung, wenn Ullrich immer wieder die Vorstellung "personaler Herrschaft" ins Feld führt, die "marxistisch" gewendet mit der (juristisch beschränkten) "Eigentumsfrage" identifiziert wird. So baut er z.B. einerseits eine Argumentation auf, die sich größtenteils auf konservative Technik-Soziologie (Freyer, Schelsky u.a.) stützt:
"Man könnte ... sehr viele einflußreiche Autoren nennen, die in der industriellen Technik eine eigenständige, vom Menschen nicht mehr beherrschbare Macht sehen, die nach eigenen Gesetzen sich entwickelt und ausbreitet. Besonders die Kulturkritik deutscher Provenzienz ist reich an Thesen dieser Art." (TuH, 35).
Formell grenzt sich Ullrich von diesen reaktionären Autoren ab, obwohl deren Stoßrichtung genau seiner eigenen Intention entspricht (diesen Trick, dieses Waschen der eigenen Hände in Unschuld werden wir noch öfter bei ihm erleben), um dann allerdings weiter hinten doch zu bekennen,

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daß für"seinen" Zusammenhang
"bei den konservativen Autoren Freyer und Schelsky zutreffendere Analysen über die 'Logik der Technik' zu finden waren ..." (TuH, 150)
als bei marxistischen Ansätzen. Andererseits müssen diese "marxistischen" Ansätze dann ganz in ihrem platten zirkulativ-distributiven Verständnis, in ihrem beschränkten, von der wirklichen Produktionslogik der abstrakten Arbeit losgelösten juristischen "Eigentums"-Begriff belassen und als solcher Popanz vorgeführt werden, um die "unabhängige" Logik der Technik hervorzaubern zu können. Ullrich erörtert unter solchen Prämissen nämlich als "marxistische Gegenthese" gegen die Schlußfolgerungen der konservativen Technik-Soziologie (die letztlich auch seine eigenen sind) lediglich, daß "hinter" der "Herrschaft der Technik" eine "personale(!) Gruppen-und Klassenherrschaftversteckt" sei (TuH, 42);
"hinter der scheinbar sachlichen Abhängigkeit steht die personale Herrschaft profitorientierter Klassen ... Gleichzeitig mit dieser Gegenthese wird eine 'Unschuld' oder 'Neutralität' der Technik mitgedacht oder auch explizit formuliert. Technik ist ein Mittel in der Hand der Menschen, einsetzbar für beliebige Ziele" (TuH,42).
Der Marxismus wird hier, teils dem traditionellen Verständnis folgend, teils sogar dieses noch entstellend und simplifizierend, auf eine Vorstellung der Klassenherrschaft als "personaler" Herrschaft von juristischen Eigentümern heruntergebracht (eine Vorstellung, die weit eher dem bürgerlichen Soziologenhirn Ullrichs selber entspringt), an die eine "Profitorientierung" sozusagen äußerlich "angeklebt" ist. Daß sich im Begriff des Verwertungsprozesses jede "personale Herrschaft" von vornherein ad absurdum führt, daß innerhalb der Logik der abstrakten Arbeit die daraus abgeleiteten Klassen, Kapitalisten wie Lohnarbeiter, gleichermaßen dem "automatischen Subjekt" des Werts ausgeliefert sind und somit auch die "herrschende Klasse" nichts als die "Charaktermaske" eines gesellschaftlich-dinglichen Scheinsubjekts ist, diese Kernpunkte der Marx'schen Theorie muß Ullrich konsequent ausblenden.
Nachdem so die verkürzte juristische Bestimmung eines bloß äußerlichen Eigentums-Begriffs als Schwäche des traditionellen Marxismus genügend ausgeschlachtet und quasi als Karikatur dargestellt worden ist, kann sich der Technik-Kritiker ganz nach dem gleichen Muster die zirkulative Beschränktheit vornehmen und in seinem Sinne ausschlachten. Um die "Verdinglichungsprozesse", die auch im "Realsozialismus" deutlich auszumachen sind, zumindest teilweise unmittelbar auf die "Logik der Technik" zurückführen zu können, muß Ullrich den Verdinglichungsprozeß der Warenproduktion sorgfältig ganz eng auf die ZIRKULATIONSSPHÄRE begren-

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zen (die er übrigens nicht einmal von der Distribution begrifflich trennen kann), also wiederum von der zugrunde liegenden Produktionslogik der abstrakten Arbeit abtrennen. Für diese Verkürzung, die im traditionellen Marxismus bereits implizit enthalten ist, findet sich glücklicherweise in Gestalt A. SOHN-RETHELS, von dem Ullrich ganz richtig sagt, "daß er den Abstraktionsvorgang in den Tauschvorgang legt" (TuH, 91), ein expliziter Vertreter. Die Position von Sohn-Rethel wird auch sogleich Marx selber in die Schuhe geschoben:
"Marx hat den Prozeß der Verdinglichung vorwiegend(?!) im Zusammenhang mit dem Warenverkehr analysiert ... Ein sehr großer Teil der Verdinglichung läßt sich auch hierauf zurückführen. Es besteht jedoch die Gefahr, daß durch eine zu einseitige Fixierung auf die Logik des Kapitals andere verdinglichte Prozesse zu wenig beachtet werden." (TuH, 178 ff).
Es entbehrt nicht eines gewissen barbarischen Zugs in der Begriffsbildung, von einem "großen Teil der Verdinglichung" zu sprechen, ganz so, als könnte man die immanente Logik einer Produktionsweise aufteilen und in Scheiben schneiden wie einen Laib Brot. Einer solchen Denkweise steht es ins Gesicht geschrieben, daß sie selber verdinglicht ist. Ganz abgesehen davon wird mit dieser Aussage die Marx'sche Analyse des Verdinglichungsprozesses der Waren-PRODUKTION umgefälscht zu einer des bloßen Waren-VERKEHRS, also der Zirkulation. Wenn Sohn-Rethel behauptet:
"Die Arbeit abstraktifiziert sich nicht selber. Der Sitz der Abstraktion liegt außerhalb der Arbeit in der bestimmten gesellschaftlichen Verkehrsform des Austauschverhältnisses" (zit. nach TuH, 91),
dann läßt er dabei gerade den entscheidenden Punkt außer acht: Die gesellschaftliche Arbeit wird zwar zur abstrakten durch die ÖKONOMISCHE GETRENNTHEIT der menschlichen Subjekte, aber sie wird dies nicht erst im "Tauschakt" der Zirkulationssphäre, sondern bereits im Arbeitsprozeß selber, und zwar gerade dadurch, daß sich die Wertabstraktion dem qualitativen Inhalt der Arbeit gegenüber verselbständigt, also immer schon im Arbeitsprozeß unmittelbar präsent ist (Näheres dazu weiter unten). Ullrich freilich, dem die zirkulative Verkürzung Sohn-Rethels äußerst gelegen kommt, kann nun triumphierend feststellen,
"daß die abstrakten Prinzipien, die später konstituierend sein werden für die mathematische Naturwissenschaft, nicht der Sphäre der Arbeit, der Produktion, sondern der Distribution entstammten". (TuH, 91f. Gemeint ist offenbar die Zirkulation!).
Er hat dagegen nur insoweit Einwände, als er "ergänzend" oder "zusätzlich" die Logik der Technik selber als eigenständiges Element einschalten möchte. Die Reduzierung der Logik des Werts und damit der Verdinglichung der Warenproduktion auf die Zirkulationssphäre ("Tauschhandlung")

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und damit das zirkulativ verkürzte Verständnis des Kapitals erweist sich so als bestens geeignet für produktivkraft- bzw. technik-kritische "Ergänzungstheoretiker".
Denn auf eine "Ergänzung" des Marxismus, nachdem er seinen traditionellen Vertretern folgend kastriert und auf eine zirkulativ-distributive Vulgärtheorie zurechtgestutzt worden ist, läuft der ganze Ansatz schließlich hinaus. Die "Logik des Kapitals" als angeblich bloße äußere Eigentums- und Warenverkehrs-Logik bedarf so, in ihrem produktiven Kern begrifflich hinfällig gemacht, einer zusätzlichen Stütze. Merkwürdigerweise scheint Ullrich diese selbstfabrizierte bzw. übernommene Beschränktheit der Marxismus-Interpretation, die für ihn die authentische ist, dem 19. Jhd. für durchaus angemessen zu halten:
"Im 19. Jahrhundert war die Ausbeutung der Arbeiter noch nicht durch einen sich verbessernden Lebensstandard mit einer technologischen Rationalität so fast unentwirrbar verknüpft, daß zur Analyse der Herrschaftsverhältnisse unbedingt AUCH (Hervorheb. Ullrich) differenzierte sozialpsychologische Analysen notwendig gewesen wären und eine Analyse der Herrschaftslogik von Wissenschaft und Technik. Die Marx'sche Analyse kapitalistischer Produktionsweisen konzentrierte sich, historisch völlig berechtigt, auf die Kritik der politischen Ökonomie ... Kritik der politischen Ökonomie, durch eine historische Konstellation von Marx als vordringlich herausgestellt, gilt seitdem im 'marxistischen Lager' als einzig zulässiger Analysen   schwerpunkt." (TuH, 47 f.).
Unerfindlich bleibt, wieso ausgerechnet für das 19. Jahrhundert, in dem sich der gesellschaftliche Aufstieg von Naturwissenschaft und Technik als kapitalistischer Industrialisierungsprozeß gerade zunächst am Modell des absoluten Mehrwerts in wahren Fabrikhöllen vollzog, die Analyse dieses "Herrschafts"-Zusammenhangs weniger "notwendig" gewesen sein soll als heute. Aber abgesehen von solchen Ungereimtheiten ist es klar, daß Ullrich unter "Kritik der politischen Ökonomie" nach seinen ganzen (dem traditionellen Marxismus folgenden) Verkürzungs-"Leistungen" nur noch Kritik der juristischen Eigentumsverhältnisse und der WarenZirkulationssphäre ("Markt") verstehen will, genau diese Verkürzung aber Marx selber unterstellt. Wenn die "Produktionsverhältnisse" derart ihres produktiven Kerns beraubt, also gar keine Produktionsverhältnisse mehr sind, so bedarf es für die gesellschaftliche Logik des unmittelbaren Produktionsprozesses allerdings einer "zusätzlichen" Analyse, die dann freilich nicht mehr von der in die Zirkulation "verbannten" Wertkategorie ausgeht, sondern unvermittelt von der toten dinglichen Gestalt der Produktionstechnologie als solcher.
Nachdem diese reduktionistische Umfälschung der "Kritik der politischen Ökonomie" einmal vollzogen ist, kann Ullrich darauf immer von neuem

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bekräftigend zurückkommen, jede gesellschaftliche Totalität des Kapitalverhältnisses abstreiten und gleichzeitig seine technik-kritische "Ergänzung" offerieren, ja diese ganze rein bürgerlich-ideologische Konstruktion sogar noch "im Rahmen marxistischer Analyse" ansiedeln:
"Um Mißverständnissen vorzubeugen: Auch ich halte die 'Kritik der politischen Ökonomie' für den zentralen Bereich der Kritik und Analyse kapitalistischer Herrschaft. Jedoch halte ich eine 'Ergänzung' für möglich und notwendig, für möglich im Rahmen marxistischer Analyse und für notwendig, weil die Entwicklungsdynamik und die Herrschaftsverhältnisse von modernen Industriegesellschaften nicht nur von der Logik des Kapitals bestimmt werden." (TuH,48).
Ullrich ist auf diese Weise allerdings gezwungen, die "Eigenständigkeit" der Logik von Technik und Naturwissenschaft gesellschaftstheoretisch zu verallgemeinern, d.h. jeden Begriff gesellschaftlicher TOTALITÄT anzugreifen. Denn wenn die Technik sich als "autonomer Bereich" gegenüber dem "Kapitalverhältnis" darstellen läßt, dann eben auch beliebige andere "Bereiche". Ullrich wettert so nicht nur gegen "die 'Sehnsucht', möglichst alle Phänomene aus einem 'Grundgesetz' oder einem 'Hauptsatz', einem 'Begriff' ABLEITEN (Hervorheb. Ullrich) und erklären zu wollen" (TuH,145) oder gegen die marxistischen Theoretiker, die "monomanisch(!) alles aus einer Logik des Kapitals 'ableiten' ..." (TuH, 130), er muß sich damit auch offen als Positivist bekennen, was er allerdings immer wieder "verschämt" zurückzunehmen bestrebt ist, ohnedoch die anti-begriffliche Stoßrichtung seines bürgerlichen Soziologen-Denkens aufgeben zu können:
"Um zu einer 'gelungenen Einsicht' über Herrschaftsprozesse zu kommen, ist zunächst einmal die Einsicht erforderlich, daß heute, wohl mehr als früher, Herrschaft durch viele, zum Teil unabhängige Mechanismen gestützt, aufrechterhalten und stabilisiert wird ... Da Herrschaft von Menschen über Menschen nicht von einem Punkt aus aus den Angeln zu heben ist, verfehlt eine Theorie, die einen solchen Punkt gefunden zu haben glaubt, in ähnlicher Weise die Wirklichkeit wie die bürgerliche Sozialwissenschaft mit ihrem eingeengten Interesse am partikularen Prozeß." (TuH, 149).
Die hier angedeutete Schein-Kritik am "bürgerlichen Partikularismus" ist aber nirgends ausgeführt und hat als bloße Formulierungs-Floskel reinen Alibi-Charakter für Ullrich, der sich eklektisch über begriffliches Totalitäts-Denken ebenso wie über den Positivismus hinausdünkt, dem aber ganz erzpositivistisch der Begriff von Gesellschaft in "autonome Bereiche" zerfällt. Da er den Wert-Begriff (und damit den Begriff der abstrakten Arbeit) aus seiner soziologistischen Analyse eliminiert hat, entgeht ihm auch der historische Prozeß des gesellschaftlichen TOTALWERDENS der Wertform, der allerdings nicht nur die Entwicklung der Technik, sondern bis in die alltäglichsten Verrichtungen und bis in die intimsten

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menschlichen Beziehungen hinein alle gesellschaftlichen Lebensäußerungen sich unterworfen hat. Die AUFHEBUNG DES WERTS UND DER ABSTRAKTEN ARBEIT ist damit in der Tat zu jenem "zentralen Punkt" geworden, von dem aus die "Herrschaft des Menschen über den Menschen" aus den Angeln zu heben wäre, wobei diese Herrschaft des Werts ja bereits die Absurdität von Herrschaft insofern bedeutet, als es die Herrschaft eines DINGS, einer dinglichen Abstraktion, eines "automatischen Subjekts" ist. Wie viele produktivkraftkritische Theoretiker, die in der einen oder anderen Weise von der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule beeinflußt sind, stellt Ullrich die historische Logik geradezu auf den Kopf: Soweit "andere" Mechanismen "zusätzlich" zum Verdinglichungsprozeß der Wertabstraktion eine "herrschaftsstabilisierende" Rolle spielen, handelt es sich um VORKAPITALISTISCHE; diese spielen ihre "zusätzliche" Rolle umso mehr, je UNENTWICKELTER der Kapitalismus ist, je mehr Lücken des noch rohen Vergesellschaftungsprozesses der Wertabstraktion durch traditionelle, aus der vorkapitalistischen agrarischen Produktionsweise stammende Verkehrsformen geschlossen werden müssen. Mit dem Totalwerden der Wertform, mit der Herausbildung des Kapitals als Welt-Vergesellschaftung und mit dem Verschwinden dieser Lücken verschwinden auch tendenziell diese "zusätzlichen" vorkapitalistischen Vermittlungsformen ("Beruf", Familie, Blutsverwandtschaftssystem, Überreste von hauswirtschaftlicher Subsistenzproduktion usw.) und werden durch wertabstraktive Formen ersetzt, also durch Geld vermittelte Beziehungen immer abstrakter werdender Individuen als gesellschaftliche Monaden.
So sehr diese Prozesse des Totalwerdens der Wertform anhand aller gesellschaftlicher ERSCHEINUNGEN im einzelnen (und also durchaus empiririsch) untersucht werden müssen, so wenig können sie BEGRIFFEN werden ohne den Begriff der Wertabstraktion selbst und damit ohne den Begriff gesellschaftlicher TOTALITÄT, die als solche historisch erst durch die Verallgemeinerung des Werts herausgebildet wird. Ullrich hat sich den Zugang zu dieser Begrifflichkeit selbst bewußt abgeschnitten und deutlich zu erkennen gegeben, daß er von begrifflicher Logik nichts hält. So verwundert es nicht, daß er schließlich auch noch das obligatorische Soziologen-Verdikt gegen HEGEL loswerden muß, indem er "die Faszination der 'Hegelianischen Choreographie' ..."(TuH, 147) pejorativ beschwört und behauptet:
"Versucht man jedoch alle relevanten gesellschaftlichen Mechanismen und die 'allgemeinen Entwicklungstendenzen aus dem Kapitalverhältnis abzuleiten', unterliegt man dieser Faszination und leitet wieder, wie Hegel, die Anzahl und die Bewegungen der Planeten aus einmal für wahr gehaltenen Begriffen ab." (TuH, 147).

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Das Kapitalverhältnis ist aber kein "einmal für wahr gehaltener Begriff" im Sinne eines idealistisch-spekulativen Konstrukts, sondern der konkrete Begriff einer realen, tagtäglich erfahrbaren Totalität des Werts, aus dessen realer historischer Entfaltung die verschiedenen gesellschaftlichen Erscheinungen "abgeleitet" werden müssen. Ullrich verwechselt die durchaus richtige Forderung, diese Ableitung ANHAND empirischen Materials zu leisten, d.h. nicht "jenseits" der wirklichen Erscheinungen in ihrem Wandel, mit der Eliminierung des Totalitätsbegriffs überhaupt. Es ist die alte Leier des Positivismus, der "Methode" und "Inhalt" als getrennte, einander äußerliche Momente festhält und der deshalb das empirische Material der einzelnen "Bereiche" zur einzigen Wirklichkeit erklärt, die zu einer Gesamtheit von Erscheinungen lediglich "aufsummiert" werden kann, während der innere logische Zusammenhang zur bloß äußerlichen "Methode" verkommt, die sich nur im Kopf des Wissenschaftlers abspielt. Der Verkürzung des Marxismus um seinen eigentlichen wertkritischen Kern entspricht so bei Ullrich folgerichtig die Eliminierung des "Hegel'schen Erbes" aus dem gesellschaftskritischen Denken. Der klägliche, abgeholzte Strunk, der dann als angebliche Marx'sche Theorie noch übrigbleibt, sieht allerdings sehr "ergänzungsbedürftig" aus!
Tatsächlich kann sich Ullrich der inneren Logik seiner eigenen Argumentation nicht entziehen. Wer A sagt, muß auch B sagen. Das Kreieren einer "autonomen Logik" von Technik und Naturwissenschaft hat notwendig den Zerfall des gesellschaftlichen Totalitätsbegriffs in eine an sich zusammenhanglose Logik "autonomer Bereiche" überhaupt zur Folge. Es handelt sich dann um "viele von Menschen in Gang gesetzte vergegenständlichte Prozesse, die relativ autonom sich entwickeln konnten, die zwar gegenseitig sich beeinflussen und zusammenwirken können, die aber doch ihre eigene Entwicklungslogik behalten" (TuH, 190f.), um einen "differenzierten Prozeß", "bezogen auf unterschiedliche Lebensbereiche" (TuH, 193), um "politische, ökonomische und rechtliche Parameter", "neben" die dann noch der "Parameter" der "Technik" (TuH, 24f.) gestellt wird usw.
Die Nähe zur bürgerlich-soziologischen "SYSTEMTHEORIE" ist unübersehbar; Ullrich benutzt auch ganz offen deren Terminologie, indem er beständig von "gesellschaftlichen Subsystemen" spricht. Er scheut sich nicht einmal, den kapitalistischen Staat als ein solches "Subsystem" platt positivistisch zu bestimmen und mit den übrigen "Subsystemen"
zu einem bloß äußerlichen "Verbund" zusammenzudenken:

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"Großtechnologische Projekte sind ... das Resultat eines organisierten und konzentrierten Zusammenspiels mehrerer Subsysteme der Gesellschaft. Um die Determinanten aufzudecken, ... ist es darum wohl sinnvoll, zunächst die beteiligten Subsysteme einzeln vorzunehmen, um zu klären, in welcher Weise die spezifische Logik dieser Systeme das Resultat bestimmt ... Die wichtigsten Subsysteme für die Erzeugung großtechnologischer Projekte sind ... der Staat, das System der industriellen Wirtschaftsunternehmen und die scientific community." (TuH, 321).
Zwar wendet sich Ullrich gegen den hohlen Begriff der "Komplexität" in der bürgerlichen Systemtheorie (N. Luhmann), weil dieser "alles erklärt und somit gar nichts" (TuH, 194), unterstellt aber "dem Begriff des Kapitalverhältnisses" einen "ähnlichen Status" (TuH, 194). Es gehört allerdings schon eine Portion Unerschrockenheit dazu, den von Marx umfassend bestimmten Begriff des Kapitalverhältnisses (als logische
Einheit von Produktion, Distribution, Zirkulation und der abgesonderten Sphäre des Staates, in der sich das abstrakte Ware-Geld-Individuum zum ahstrakten Staatsbürger verdoppelt) auf eine Stufe zu stellen mit der leeren Kategorie der "Komplexität"; Ullrich verwischt damit freilich nur seine eigenen Spuren, die genau zu dieser bürgerlichen Systemtheorie führen, eben zu einer eklektischen "multikausalen Logik" verschiedener "autonomer Bereiche". Die bloße Spezifizierung der "Komplexität" auf den Zusammenhang von "Technik und Herrschaft" als "Ergänzung" zum "Kapitalverhältnis" wäre nichts weiter als eine Konkretisierung eben des soziologistisch-systemtheoretischen Ansatzes, verweist also keineswegs
auf eine Differenz zu diesem, wie Ullrich suggerieren möchte.
Es ist dann, in der Systemtheorie wie bei Ullrich, kein konkreter Begriff des gesellschaftlichen Ganzen mehr möglich, sondern nur noch ein äußerlicher Verknüpfungszusammenhang als "kybernetisches System". Die leere Abstraktheit eines solchen soziologisch-systemtheoretischen Begriffs von "Zusammenhang" führt Ullrich selber in seiner Argumentation in aller Deutlichkeit vor:
"Die Begriffe müssen jeweils den Gesamtzusammenhang des einzelnen Bereichs(!) 'reflektieren'. Ihr Sinn, ihre Bedeutung ergibt sich nur aus dem Zusammenhang des ganzen Bereichs. Eine Synthese mehrerer 'Bereichstheorien' auf der Basis je implizit definierter Begriffe ist also nicht so ohne weiteres möglich. Die Synthese könnte nur erfolgen durch eine NEUE (Hervorheb. Ullrich) implizite Begriffsbildung, entstanden aus der Kenntnis und der Reflexion der Zusammenhänge in und zwischen den Einzelbereichen." (TuH, 195f.).
An die Stelle des Begriffs der Wertabstraktion als zentraler und alle gesellschaftlichen Sphären durchdringender Vergesellschaftungs-Logik des Kapitals soll also eine bloß äußerliche "Summe der Bereichs-Logiken" treten, eine nachgeordnete formale Meta-Begrifflichkeit, die auf reiner

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"Induktions-Eselei" (Engels) beruhen muß.
Ullrich versucht diesen "positiven" Eklektizismus auch noch mit Marx zu begründen, und zwar mit der "Offenheit für weitere Forschung und Konkretisierung", also "gegen eine dogmatische Starrheit der Begriffe".
Eine solche stehe
"in einem bezeichnenden Kontrast zur Vorgehensweise von Marx, der sehr sensibel für neue 'facts' war und diese ständig in seine Begriffe einarbeitete, die sich dadurch veränderten ...". (TuH,197).
Dem ist völlig zuzustimmen, nur hätte Ullrich keinen größeren Kontrast zu seiner eigenen Vorgehensweise beschreiben können. Diese besteht ja, wie wir inzwischen überdeutlich gesehen haben, gerade umgekehrt darin, die theoretischen Begriffe der Marx'schen Kapitalanalyse links liegen zu lassen, keinerlei neue 'facts' IN SIE EINZUARBEITEN, um sie dadurch etwa zu "KONKRETISIEREN", sondern völlig im Gegenteil die vorgefundene "dogmatische Starre" dieser Begriffe (statt diese Starre aufzuheben) als willkommenen Vorwand dafür zu benutzen, eine "ergänzendes System" von "anderen Begriffen" auszuhecken, der zentralen, negativ vergesellschaftenden Logik des Werts die "Logik der Technik" als "autonomen Bereich" ENTGEGENZUSTELLEN statt die wirkliche Vergesellschaftungs-Logik des Werts anhand der realen Erscheinungen (einschließlich der Technik!) weiter zu konkretisieren und so von ihrer dogmatischen Jenseitigkeit zu befreien. Ullrich selber arbeitet so mit den verkürzten, verengten, starren Begriffen des traditionellen Marxismus, die ja gerade die Folie abgeben für sein Ausweichen in systemtheoretische Ergänzungstheorien.
Auch Winfried THAA läßt schon im Titel seiner Arbeit: "Herrschaft als Versachlichung" (Frankfurt 1983, im folgenden zitiert als HaV) anklingen, daß er den soziologischen, verkürzten und außerhalb der ökonomischen Vergesellschaftungs-Logik angesiedelten "Herrschafts"-Begriff als selbständiges, äußerliches Phänomen den ökonomischen Kategorien gegenüber voraussetzt. Freilich stellt sich die Ableitung bei ihm wesentlich anspruchsvoller dar als bei Ullrich, da er gleichzeitig an einer systematischen Bestimmung der Wertabstraktion festzuhalten sucht, statt diese aus der Analyse einfach auszuklammern und eine "Herrschaftslogik" der Technik bzw. Naturwissenschaft als solcher jenseits des Werts anzusiedeln. Wie es ihm gelingt, trotzdem den Wertbegriff dem soziologistischen "Herrschafts"-Begriff unterzuordnen, das ist die eigentliche Leistung seines Buches.
Das Festhalten am Wertbegriff als durchgehende Fragestellung wird nicht zuletzt dadurch erzwungen, daß Thaa nicht das Verhältnis von

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Technik und Herrschaft als allgemeines untersuchen will, sondern die spezifische Analyse der sowjetischen Produktionsweise zu seinem Gegenstand hat. Er bewegt sich damit auf einem wissenschaftlichen Terrain, das historisch bereits dichtbesiedelt ist und auf dem das Problem von Wert und Ware schon immer eine so beherrschende Rolle gespielt hat, daß es nicht sofort umstandslos als nicht weiter zu behandelndes "Subsystem" des "Warenverkehrs" beiseite geschoben werden kann wie bei Ullrich. Thaa muß einen aufwendigen Umweg wählen, um schließlich weiter von "abstrakter Arbeit" und "Wert" reden, die gesellschaftliche Logik dieser Kategorien aber gleichzeitig leugnen und schließlich "produktivkraftkritisch" ummodeln zu können.
Zunächst folgt Thaa dabei fast Schritt für Schritt den Spuren Ullrichs, und zwar gerade in der Apologetik der sowjetischen Produktionsweise als einer prinzipiell "nicht-kapitalistischen". Wie bei Ullrich wird diese Behauptung an den keineswegs kritisierten, sondern für die eigene Argumentation benutzten und ausgeschlachteten "dogmatisch-starren" Kategorien des traditionellen Marxismus festgemacht, als da sind: "Staatseigentum" und "Planwirtschaft".
Zunächst kritisiert Thaa einige bisherige Theoretiker der sowjetischen Produktionsweise, wobei ich hier nur kurz auf seine Auseinandersetzung mit E. MANDEL und Ch. BETTELHEIM Bezug nehmen will. Mandel hat sich aus den begrifflichen Schwierigkeiten eines "warenförmigen" Sozialismus dadurch davongestohlen, daß er das logische Monstrum einer "Übergangsgesellschaft zur Übergangsgesellschaft" kreiert, d.h. während für Marx der Sozialismus die "Übergangsgesellschaft" zum vollentwickelten Kommunismus ist (und bereits nicht mehr auf der abstrakten Arbeit beruht), sieht Mandel den "Realsozialismus" als zusätzliche "Ubergangsgesellschaft" ZUM Sozialismus an; diese sei bestimmt durch den
"... Konflikt zweier antagonistischer Wirtschaftslogiken: Der Logik des Plans und der Logik des Marktes (Verteilung der Wirtschaftsressourcen nach den von der Gesellschaft bewußt gesetzten Prioritäten oder Verteilung nach objektiven, sich hinter dem Rücken der Produzenten durchsetzenden Marktgesetzen)...". (zit. nach HaV, 12).
Unschwer ist zu erkennen, daß Mandel sich hier umstandslos in den
flachen Plan-Markt-Gegensatz des traditionellen Marxismus einordnet, d.h. auf dem Boden der Wertabstraktion bleibt und die Gegensätzlichkeit bloß als zirkulativ-distributive bestimmt. Folgerichtig kritisiert Thaa dann auch, daß Mandel
"mit 'Wirtschaftslogik' ein Prinzip der Ressourcenverteilung meint, nicht aber die Logik der Produktion als Verhältnis der Arbeitenden zu Ziel UND (Hervorheb. Thaa) Gestaltung ihrer eigenen produktiven

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Tätigkeit. In Mandels Antagonismus der Wirtschaftslogiken beschränkt sich damit die gesellschaftliche Formbestimmung der Arbeit auf die Distributionsweise ökonomischer Ressourcen." (HvA, 12).
Es wäre nun konsequent, von dieser Kritik aus den Reduktionismus einer Sozialismus-Vorstellung anzugreifen, die sich wesentlich auf eine Überwindung des "blinden Marktmechanismus" beschränkt und den Kern des gesellschaftlichen Wertverhältnisses verfehlt. Zu diesem Kern aber stößt Thaa in seiner Kritik an Mandel nicht vor; der Verweis auf die "Logik der Produktion als Verhältnis der Arbeitenden zu Ziel und Gestaltung ihrer eigenen produktiven Tätigkeit" bleibt vage und soziologisch verkürzt, d.h. ohne Bezug zum "automatischen Subjekt" des Werts. Thaa kann seinen eigenen "produktivkraftkritischen" Wertbegriff an dieser Stelle noch nicht einführen; allerdings deutet er hier schon an, daß er seine spezifische Argumentation unter ABSEHEN von der Vergesellschaftungs-Logik der Wertabstraktion aufbauen und auf eine "autonome" Sphäre beziehen, d.h. daß er zwar auf die "Logik der Produktion" zielen will, aber GETRENNT von der Logik der Ware und des Marktes. Wohin die Reise gehen soll, ist zu ahnen, wenn er schließlich Mandel gegenüber die Frage aufwirft, ob die "bürokratische Herrschaft" ihren Ursprung statt im Plan-Markt-Gegensatz nicht "gerade im Zusammenhang von zentraler Planung und einer bestimmten Art der Produktivkraftentwicklung" (HaV, 15) haben könnte.
Ein ähnliches Ergebnis bringt die Auseinandersetzung Thaas mit Bettelheim, der zu den "Staatskapitalismus"-Theoretikern gehört, d.h. die sowjetische Produktionsweise als direkt kapitalistische einstuft. Er geht dabei von der Vorstellung aus, daß das niedrige Ausgangsniveau der Produktivkraftentwicklung in der Sowjetunion "eine technische(?!) Integration der Betriebe (noch) nicht zuläßt" (zit. nach HaV, 16); dadurch würden aber die einzelnen getrennten Unternehmen quasi von sich aus zu Trägern von Tauschwertbeziehungen und deren Leiter, Direktoren etc. zu den "Besitzern", wenn auch nicht im Sinne juristischer Besitztitel, so doch im Sinne "faktischer Verfügungsgewalt". Daraus ergebe sich eine "doppelte Trennung", nämlich
"die Trennung der Arbeiter von ihren Produktionsmitteln (deren Gegenstück der Besitz der Produktionsmittel durch die Unternehmer ist, d.h. faktisch durch ihre Leiter) und die Trennung der einzelnen Unternehmen untereinander." (zit. nach HaV, 16).
Unter solchen Umständen komme es nun darauf an, daß
"durch eine real über die Verwendung der Produktionsmittel gebietende Staatsmacht der die Wertform reproduzierenden Trennung der Unternehmen entgegengewirkt" (zit. nach HaV, 16)

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werde. Bettelheim hält eine solche Einwirkung unter der Stalin-Herrschaft noch für gegeben; die Sowjetunion sei also insofern damals noch "sozialistisch" gewesen und erst später sei die politische Einwirkung der "Arbeitermacht" etc. zurückgedrängt worden und die Warenbeziehungen, d.h. die obige "doppelte Trennung", habe sich ausgedehnt. Der zentrale Plan sei dadurch zu einem bloßen "Trugbild" geworden, das früher oder später durch offene Warenbeziehungen und Konkurrenz ersetzt werden müßte.
Ganz offensichtlich ordnet sich Bettelheim hier in die "maoistische" These von der "Rekapitalisierung" der Sowjetunion ein. Seine weitergehende Kritik gegenüber Mandel bezieht sich aber nur darauf, daß er den gegensätzlichen Allokationsmechanismus von "Plan" und "Markt" lediglich ergänzt durch die "Eigentumsfrage", die zwar ihrer bloß juristischen Form entkleidet und auf "faktische" Verfügung zurückgeführt wird, damit aber immer noch im Rahmen des soziologischen "Herrschafts"-Begriffs verbleibt. Denn zum entscheidenden Punkt, zur Logik der abstrakten Arbeit und VON DA AUS zu deren Entfaltung über die Kategorien von Wert, Ware-Tauschwert, Geld UND Markt kommt auch Bettelheim nicht. Der Begriff des Eigentums als "Verfügungsgewalt" bleibt so der Logik des gesellschaftlichen Wertverhältnisses in seiner spezifisch-"realsozialistischen" Ausformung äußerlich; ein Zusammenhang wird nur über die äußerst vage Bestimmung einer "technisch-räumlichen Trennung" der "Unternehmen" aufgrund niedriger Produktivkraftentwicklung angedeutet. Damit aber bleibt auch Bettelheim letztlich an der zirkulativ-distributiven Oberfläche kleben und muß ganz flach die "Leiter" der Unternehmen zu den Hauptträgern der Wertbeziehung stempeln, die er nur als Tauschwertbeziehung (also von "Marktmechanismen" her) zu fassen vermag. Die zentrale Staatsmacht wird so zum (jedenfalls potentiellen oder historischen) Träger einer "fortschrittlichen", "proletarischen", "gebrauchswertmäßigen" etc. Plan-Logik.
Aber das gerade Gegenteil ist in Wirklichkeit der Fall. Wenn die Logik von Tauschwert-Beziehungen zwischen den Unternehmen auf die Logik der Wertbeziehung in der Produktion selbst zurückgeführt wird, d.h. auf die Logik der abstrakten Arbeit, dann stößt man auf die Tatsache der LOHNARBEIT, also auf den Warencharakter der Arbeitskraft selber. Dies beinhaltet allerdings eine andere "doppelte Trennung" als bei Bettelheim, nämlich die von Marx her bekannte Existenz des "doppelt freien Lohnarbeiters": Frei einerseits von traditionellen, vorkapitalistischen Abhängigkeiten und Bindungen, frei als abstrakter Staatsbürger

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und als abstraktes Individuum, frei als Warenbesitzer (seiner Ware Arbeitskraft), "frei" andererseits von eigenen Produktionsmitteln und daher eben gezwungen, seine Arbeitskraft als Ware zu verkaufen.
In DIESEM Sinne nun muß die Stalin'sche Administration in der Sowjetunion gerade in der Form der "zentralen Staatsmacht" als der HAUPTTRÄGER der Herausbildung einer gesellschaftlichen "Ware Arbeitskraft" gesehen werden. Nicht die technische Trennung der Unternehmen und die Verfügungsgewalt der Direktoren war der Motor einer Herausbildung von Tauschwertbeziehungen, sondern die zentralistisch gesteuerte VERWANDLUNG DER UNMITTELBAREN PRODUZENTEN IN LOHNARBEITER, ihre Herauslösung aus traditionell-bäuerlichen Verhältnissen und ihre Umformung zu Trägern der abstrakten Arbeit. Dies entspricht den Aufgaben einer "nachholenden ursprünglichen Akkumulation", in der auch die "verwissenschaftlichten" Produktionsmittel als gesellschaftliche geschaffen werden, die den Lohnarbeiter als unmittelbaren Produzenten nicht nur juristisch, sondern auch faktisch (von seiner Kompetenz her) von den Produktionsmitteln abschneiden und ihm das gesellschaftliche Maschinensystem äußerlich gegenübertreten lassen. Und im Unterschied zu Westeuropa war diese "ursprüngliche Akkumulation" nicht naturwüchsig zu vollziehen, sondern als "nachholende" nur unter Einsatz einer zentralen Staatsmaschine. Bettelheim verfehlt also den Sachverhalt völlig, weil er nicht von der historischen Logik der abstrakten Arbeit ausgeht und diese bis zur Oberfläche der Marktbeziehungen verfolgt, sondern diese letzteren unvermittelt und damit verdinglicht-"soziologisch" zum Ausgangspunkt nimmt.
Thaa nun seinerseits greift wie bei Mandel die Schwächen der Argumentation Bettelheims auf, z.B. unter Hinweis auf die Tatsache, daß in der Sowjetunion
"die überwiegende Zahl der großen Investitionsentscheidungen ... zentral und nicht auf Betriebsebene gefällt wird." (HaV, 18).
Thaa geht jedoch auch hier wieder nicht von dieser Kritik zurück zu der wertabstraktiven EINHEIT DER GESELLSCHAFTLICHEN GESAMTREPRODUKTION, auf deren Basis der Plan-Markt-Gegensatz zweitrangig wird, d.h. solange beide Allokationsformen auf der Wertabstraktion beruhen. Stattdessen behauptet er merkwürdigerweise, es sei
"nicht einzusehen, weshalb der Ausschluß der Arbeiter von der Verfügung über die Produktionsmittel, der Verwertungscharakter der Produktion und die Entwicklung einer der kapitalistischen Produktionsweise entsprechenden Technik ausschließlich in der Form der Warenbeziehungen möglich sein sollte." (HaV, 19).

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Daß Bettelheim letztlich wie Mandel nicht über den Plan-Markt-Gegensatz hinauskommt, nimmt Thaa also nicht etwa zum Anlaß, auf die gemeinsame Grundlage dieser beiden Allokationsformen in der negativen Vergesellschaftungs-Logik der Wertabstraktion hinzuweisen, sondern im Gegenteil dazu, Bettelheim gegenüber "die Formdifferenz von Ware und Plan" (HaV, 19) hervorzuheben! Er hält für den Ostblock "die Ware als Totalitätsform der Gesellschaft" (HaV, 19) NICHT für gegeben, spricht von der "in diesen Gesellschaften in letzter Instanz gerade nicht vergesellschaftenden Warenform" (HaV, 19) und hält Bettelheim vor, sein "Lob der Stalin'schen Industrialisierung" sei auf seine "Fixierung auf die Wertform
der Ware" (HaV, 20) zurückzuführen.
Spätestens solche Formulierungen lassen stutzen und aufhorchen. Existiert etwa im "Realsozialismus" die "Warenform der Produkte" oder die "Wertform der Ware" nicht? Es deutet sich hier schon an, daß Thaa selber mit Mandel, Bettelheim und allen traditionellen Marxisten die "Formdifferenz" von Plan und Markt für ein PRIMÄRES Unterscheidungskriterium der Vergesellschaftung hält und den von ihm kritisierten Autoren nur Inkonsequenzen INNERHALB dieser verkürzten Sichtweise vorwirft. Für ihn ist offenbar gar nicht wesentlich, daß sich auch der "realsozialistische" Plan auf die negative Vergesellschaftungslogik des Werts bezieht und daher auf Wertkategorien beruht, in der Form von WARENAUSTAUSCH und mittels GELD vor sich geht.
Thaa verfällt so einem begrifflichen Dilemma, das sich etwa folgendermaßen beschreiben läßt: Wenn "Plan" und "Markt" in den sowjetischen Gesellschaften in einem Gegensatz stehen (wie Mandel, Bettelheim u.a. meinen, wenn auch mit verschiedenen Schlußfolgerungen), dann bleibt es unerfindlich, wie überhaupt eine Vergesellschaftung auf hohem Industrialisierungsniveau nicht jeden Tag zusammenbrechen soll, die sich derart einander ausschließenden logischen Formen ihres inneren Zusammenhangs ausgeliefert sieht. Dieses Dilemma kann nur gelöst werden, wenn die Analyse einen Schritt hinter den flachen Plan-Markt-Gegensatz zurückgeht und zeigt, daß sich sowohl die Plan- als auch die Markt-"Elemente" auf ein Gemeinsames beziehen, nämlich auf die Abstraktion des Werts als wirklich zugrunde liegende gesellschaftliche Totalität und Vergesellschaftungs-Logik. Nur weil sie sich auf dem gemeinsamen Boden der Wertabstraktion erheben, können Plan und Markt überhaupt in wechselnden Formzusammenhängen koexistieren. Thaa aber verfährt eben gerade nicht so, daß er diese gemeinsame Grundlage des abstrakten Werts als wirkliche Grundlage der Vergesellschaftung herausarbeitet. Im Gegenteil

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nimmt er den flachen Plan-Markt-Gegensatz beim Wort und erklärt so die offensichtlich an der Oberfläche des "Realsozialismus" höchst real existierende Warenform ebenso zum bloßen "Trugbild" wie Bettelheim umgekehrt die "Planung" entgegen aller Oberflächen-Evidenz zum bloßen "Trugbild" erklärt hatte, hinter dem sich ein völlig identischer Formzusammenhang wie im westlichen Kapitalismus verberge!
Diesem Dilemma Thaas, daß er die verkürzte Begrifflichkeit der von ihm kritisierten traditionellen Marxisten in der Debatte über den Realsozialismus voll reproduziert, nur mit umgekehrten Vorzeichen, begegnen wir in seiner Argumentation auf Schritt und Tritt. Wenn er behauptet, daß "Staat und Bürokratie mit ihren Formen der gesellschaftlichen Leitung die Ware in der Verallgemeinerung abstrakter Arbeit ablösen" (HaV, 158) oder davon spricht, beim "Realsozialismus" handle es sich um "eine gesellschaftliche Realität, in der ... die Anarchie des Marktes und damit die Verdinglichung in Geld und Kapital durch staatliche Planung ersetzt" (HaV,173) worden sei, so bleibt völlig unerfindlich, wieso dann diese angeblich prinzipiell verschiedene Vergesellschaftungs-Form weiterhin sich mittels der Wert- und Warenkategorien vollzieht, warum es weiterhin "Tauschhandlungen" als allgemeine Verkehrsform gibt und warum die durch Planung angeblich "ersetzte Verdinglichung in Geld" trotzdem weiterhin als Geldform der Vergesellschaftung höchst real existiert. Wenn Thaa treuherzig feststellt, daß im "Realsozialismus" nirgendwo eine private und durch das Leistungsprinzip nicht legitimierte Aneignung des Mehrprodukts stattfindet" (HaV, 200), so verfällt er damit nicht nur begrifflich (wie auch schon Ullrich) der juristischen "Eigentums"- und Verteilungs- Beschränktheit des traditionellen Marxismus, sondern stellt sogar innerhalb dieser Beschränktheit noch offenkundig falsche Tatsachen-Behauptungen auf (über die angeblich nicht vorhandene oder, soweit doch vorhanden, dann durch das "Leistungsprinzip" legitimierte private Aneignung des Mehrprodukts sollte er sich vielleicht einmal mit polnischen oder DDR-Arbeitern unterhalten!).
Thaa windet und wendet sich, aber er kann der unaufgelösten Problemstellung der Wert-Vergesellschaftung, die gleichzeitig auf "Planung" abhebt, begrifflich nicht entkommen. So behauptet er:
"Tatsächlich werden ja auch bei zentraler gesamtgesellschaftlicher Planung die einzelnen Produkte als Planaufgabe, als Teil einer in stofflichen Größen formulierten Gesamtproduktion und damit eben in letzter Instanz nicht privat(!), als bloße Träger des Werts(!) hergestellt. Das Wertgesetz hat damit aufgehört, inneres Band der Gesellschaft zu sein, vergesellschaftend ist der Plan ..." (HaV,247)
und spricht an anderer Stelle von einer "Einbettung der Wertformen in eine zentrale gebrauchswertbezogene Planung" (HaV, 204). Mit dem

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Hinweis auf "Gebrauchswert-Planung" in "stofflichen Größen" wird in der Literatur über die Sowjetgesellschaften sehr oft mehr oder weniger kritisch-apologetisch operiert (so bei H. Ticktin, R. Damus u.a.), aber bei näherem Hinsehen erweist sich dieses Faktum als eine sehr windige Angelegenheit. Denn dieser angeblichen "Planung in stofflichen Größen" liegt in Wirklichkeit keine gesellschaftliche Auseinandersetzung über den QUALITATIVEN INHALT der Produktion, über ihr NATÜRLICHEN UND GESELLSCHAFTLICHEN KONSEQUENZEN, kurz: Über die QUALITÄT DER GESELLSCHAFTLICHEN GESAMTREPRODUKTION zugrunde. Stattdessen handelt es sich bloß um ein dürres Hochrechnen der rein quantitativen Produktionsziffern der einzelnen Branchen, das zudem seine endgültige Festlegung immer erst im nachhinein erfährt. Die abstrakte Wertkategorie wird dadurch nicht im mindesten gesprengt. Eben deshalb müssen diese "stofflichen Größen" immer auch gleichzeitig als Wert- und Geldgrößen erscheinen, d.h. als Größen inhaltslos bestimmter Mengen verausgabter gesellschaftlicher Arbeit ohne Rücksicht auf ihre Qualität. Thaa umschifft dieses Problem sehr wenig elegant, wenn er von einer Vergesellschaftung spricht, die "in letzter Instanz" eine "nicht private" sei, wobei er zu allem Überfluß auch noch mit einem offensichtlich kruden Begriff von "Privatheit" operiert, der nicht aus dem abstrakten Wertverhältnis abgeleitet ist und daher ganz platt im Sinne des "gesunden Menschenverstandes" aufgefaßt werden kann, für den das Attribut "staatlich" schon ganz unvermittelt einen Gegensatz zu "privat" darstellt (während begrifflich der Staat durchaus als gesonderte Privatheit den Arbeitern gegenübertreten kann, solange und weil es sich um die abstrakte Allgemeinheit auf Basis der Warenproduktion handelt). Auch daß die "einzelnen Produkte" nach Thaa nicht als "bloße Träger des Werts" hergestellt werden sollen, erklärt überhaupt nichts und verdunkelt den Sachererverhalt eher. Was soll diese Aussage bedeuten, die ein Zugeständnis enthält, nämlich daß die Produkte durchaus als "Träger des Werts" hergestellt werden, aber nicht als "bloße Träger des Werts"? Solche Formulierungen enthalten eher eine begriffliche Kapitulation vor dem Gegenstand, als daß sie analytisch noch irgendetwas erhellen würden. Ebenso hilflos-dunkel der Hinweis auf eine "Einbettung" der (zugegeben vorhandenen!) "Wertformen" "in eine zentrale gebrauchswertbezogene Planung", Thaa kann offensichtlich nicht erklären, warum in eine solche angebliche "Gebrauchswertplanung" überhaupt "Wertformen" "eingebettet" werden müssen! Seine Analyse hängt an diesem entscheidenden Punkt völlig in der Luft und verliert sich in unverbindliche Floskeln.

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Diese Hilflosigkeit wird noch deutlicher, wenn sich Thaa (angelehnt an R. Damus) mit der Frage der "Zeitökonomie" auseinandersetzt. Eine "direkt gesellschaftliche" Produktion müßte die gesellschaftliche Arbeit auch direkt in ihrem "natürlichen Maß", der ZEIT nämlich, messen. Darauf hebt auch trotz seiner sonstigen Fehler u.a. Sohn-Rethel ab. Thaa nun stellt sich in der diesbezüglichen Auseinandersetzung mit Sohn-Rethel ganz auf die Seite von R. Damus, die sich auf eine höchst aufschlußreiche Weise gegen den Begriff direkter Zeit-Ökonomie wendet. Wie Thaa referiert,
"... hält Damus die vollständige Hereinnahme der Vergesellschaftung in den unmittelbaren Produktionsprozeß weder für möglich noch für wünschenswert. Sie ist deshalb nicht möglich, weil auch die größte Verbundmaschinerie betrieblich bleiben muß und deshalb die Kommensuration der Arbeit auf gesellschaftlicher Ebene nicht unmittelbar im Arbeitsprozeß stattfinden kann ... Sie ist aber auch gar nicht wünschenswert, da die Kommensuration nach der Zeitökonomie rein quantitativ bleibt und eine Verbindung quantitativer und qualitativer Überlegungen bei der Gestaltung ökonomischer Prozesse nicht ermöglicht. Die Kritik von Damus richtet sich also gegen die abstrakte Zeitökonomie selbst, in der Sohn-Rethel das Formprinzip der sozialistischen Gesellschaft sieht." (HaV, 89f.).
Diese Argumentation ist in doppelter Weise erstaunlich unreflektiert. Zum einen nämlich würde die "Unmöglichkeit" einer "Hereinnahme der Vergesellschaftung in den unmittelbaren Produktionsprozeß" auch die "Unmöglichkeit des Sozialismus" bedeuten, d.h. eine Verewigung der Warenproduktion. Die "Möglichkeit" aber ergibt sich aus der "Verwissenschaftlichung der Produktion", d.h. aus der Tatsache, daß die Existenz von "betrieblicher" Produktion in räumlich-technischer Hinsicht nicht mehr identisch ist mit einer gesellschaftlich-ÖKONOMISCHEN Getrenntheit dieser "Betriebe", sondern diese vielmehr zu bloßen Teilen eines unmittelbar gesellschaftlichen Gesamtorganismus der Produktion macht (zumindest auf der heutigen Stufe der Mikroelektronik). Zum anderen aber ist diese "Hereinnahme der Vergesellschaftung" als direkte Zeit-Okonomie auch mehr als wünschenswert, nämlich heute bereits LEBENSNOTWENDIG, weil nur dadurch die gesellschaftliche Gesamtreproduktion in ihrer inhaltlichen Qualität für Mensch und Natur bestimmt und unter Kontrolle gebracht werden kann. Zusammen mit R. Damus kann Thaa offensichtlich direkte Zeit-Ökonomie und Wert-Ökonomie nicht auseinanderhalten. Der Wert wäre eben nicht der Wert, wenn er sich DIREKT als gesellschaftliche Arbeitszeit ausdrücken könnte. Diese liegt ihm zwar zugrunde (wie JEDER Ökonomie), aber eben auf INDIREKTE, GEGEN DEN INHALT DER ARBEIT VERSELBSTÄNDIGTE WEISE. Es ist deshalb völlig falsch, daß eine Kommensuration der gesellschaftlichen Arbeit nach (direkter) Zeitökono-

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mie "rein quantitativ bleibt und eine Verbindung quantitativer und qualitativer Überlegungen bei der Gestaltung ökonomischer Prozesse nicht ermöglicht". Eine solche Kennzeichnung beruht ganz offensichtlich auf einem Gleichsetzen von Wert und direkter Zeitökonomie. Das genaue Gegenteil ist wahr, denn die Messung einer Stunde gesellschaftlicher Arbeit in direkter Form kann nicht vom INHALT dieser Arbeit (einschließlich der gesellschaftlichen und natürlichen Folgen) GETRENNT werden, während der abstrakte Wertausdruck dieser Arbeit in indirekter (Geld-)Form gerade diesen qualitativen Inhalt "auslöscht" und daher Vernichtungsproduktion ermöglicht bzw. sogar erzwingt! Die "Abstraktion" der Zeit hinsichtlich der Arbeit ablehnen wie Damus und Thaa hieße nichts anderes, als gesellschaftliche Produktion überhaupt ablehnen und zur blanken Haus- und Subsistenzwirtschaft zurückzukehren (selbst in dieser wäre die Abstraktion der Zeit als Arbeitszeit nicht völlig zu umgehen). Erst der WERT ist es, der die Abstraktion dem Inhalt der Arbeit gegenüber verselbständigt, und zwar gerade durch seine abgetrennte Existenzform in der Zirkulationssphäre als GELD. Thaa wiederholt das eigentlich ungeheuerliche Mißverständnis später noch einmal, wenn er darauf verweist, daß in der DDR, Sowjetunion usw. häufig der Hinweis von Marx aus den "Grundrissen" zitiert werde, daß sich "alle Ökonomie schließlich in Ökonomie der Zeit auflöst" (so HaV, 198). In der DDR- und Sowjet-Literatur wird dieser Hinweis von Marx nun gerade in der Weise verwendet, daß er nicht etwa auf die Obsoletheit der eigenen "wertabstraktiven" Produktionsweise hindeutet, sondern ganz platt in einem "betriebswirtschaftlich"-kapitalistischen Sinne die maximale Auspressung der lebendigen Arbeit der unmittelbaren Produzenten unter dem Diktat der Wertabstraktion legitimieren soll! Statt diese Verkehrung der Marx'schen Aussage in ihr Gegenteil zu kritisieren, nimmt Thaa die "realsozialistische", wertfetischistische Interpretation dieser Stelle nur als ein Indiz, daß (von Marx wie von den DDR-Autoren) die Zeit (Arbeitszeit) eben "als die abstrakte Zeit der Wertproduktion verstanden wird" (HaV, 198). Weder die DDR-Autoren noch Thaa können und wollen begreifen, daß die Auflösung "aller Ökonomie in Ökonomie der Zeit" vor allem eine KRITIK des Werts bedeutet, da dieser die Zeit als Abstraktion im Geld VERDINGLICHT und so von ihrem Inhalt trennt, diesen "auslöscht". Aufzuheben ist nicht die Abstraktion der Zeit als Arbeitszeit überhaupt, sondern ihre dingliche Verselbständigung im Wert, d.h. die Erscheinung der gesellschaftlichen Arbeit als abstrakte Arbeit, als Selbstzweck der Verausgabung menschlicher Arbeitskraft ohne Inhalt und ohne Schranken.

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Letztlich läuft die ganze Argumentation von Thaa auf eine fast schon gewaltsame Ignoranz gegenüber der evidenten Existenz von Wert- und Warenform im "Realsozialismus" hinaus. Er ist zu dieser Ignoranz gezwungen, wenn er dort ankommen soll, wohin er - zusammen mit Otto Ullrich - unbedingt kommen will, nämlich zu einer separaten, "autonomen" Verdinglichung durch "die Technik". Dies deutet sich schon an, wenn er behauptet, daß die Verdinglichung durch Warenproduktion "eine - und vielleicht nicht die einzige - Form ist, die Menschen der Wertabstraktion zu unterwerfen" (HaV, 114). Gestützt wird diese Behauptung einzig und allein durch eben jene Ignoranz gegenüber der Realexistenz der Geldform im "Realsozialismus", so etwa, wenn Thaa munter drauflos erklärt, die "Warenform-Verdinglichung"existiere nur dort, wo
"der gesellschaftliche Zusammenhang durch Geld vermittelt wird ... Geschieht dies nicht(!), sondern herrscht in letzter Instanz(!) eine bewußte Planung(!) - so verliert das allgemeine Äquivalent auch seinen Subjektcharakter(!). Von Verdinglichung des Werts im vollen Sinn(!) kann dann auch bei fortdauerndem Warentausch(!!) nicht mehr die Rede sein." (HaV, 114).
Um noch eins draufzusetzen, redet er gleich danach vom
"Herrschaftscharakter der Produktion auch bei nicht durch Warentausch vermittelter Vergesellschaftung." (HaV, 116).
Die Konfusion ist offenbar eine vollkommene! Einerseits soll die Vergesellschaftung "nicht durch Warentausch" vermittelt sein, andererseits muß von eben diesem Warentausch zugegeben werden, daß er "fortdauert"; einerseits soll der gesellschaftliche Zusammenhang "nicht durch Geld" vermittelt sein, andererseits das doch wieder "fortdauernde" Geld seinen "Subjektcharakter" verlieren. Es gibt dann nicht mehr die "Verdinglichung des Werts", oder vielmehr gibt es sie doch wieder, aber "nicht imvollen Sinn" usw.
Die ebenso heillose wie angestrengte Verwirrung Thaas rührt daher, daß er, um endlich zu seiner "separaten" Verdinglichung durch "Technik an sich" zu kommen, nur zu gern bereit ist, der "realsozialistischen" Planungs-Ideologie aufs Wort zu glauben und deren logische Antinomien geflissentlich zu übersehen bzw. direkt in die eigene Argumentation  hineinzunehmen. "Bewußte Vergesellschaftung" und "Warenproduktion" schließen einander aus, sind absolut unvereinbar. Die realsozialistische Absurdität, VERMITTELS der Wert- und Warenkategorien "planen" zu wollen, kann nur historisch erklärt werden: Aus dem spezifischen gesellschaftlichen Widerspruch der "nachholenden ursprünglichen Akkumulation" in der Sowjetunion. Diese umfassende "Planung des Marktes" (eine logische contradictio in adjecto!) stößt heute im übrigen an absolute Grenzen; vielleicht kann Gorbatschow Thaa und Co. noch einiges erzählen, was

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den "fortdauernden" Subjektcharakter des allgemeinen Äquivalents betrifft. Das Wertgesetz ist im Realsozialismus weder ausgehebelt noch "unter Kontrolle", aber es soll "wirken" durch das Nadelör bürokratischer "Bewußtheit" hindurch - eine Konstruktion, die schließlich zur Agonie der gesellschaftlichen Reproduktion führen muß, wenn der Markt nicht "losgelassen" (oder die abstrakte Arbeit revolutionär aufgehoben) wird.
Dieser Widerspruch des "Realsozialismus" ist in seiner historischen Genesis angelegt: Im Zwang, die "ursprüngliche Akkumulation", d.h. die Verwandlung der Massen in Lohnarbeiter, die UNTERWERFUNG DER UNMITTELBAREN PRODUZENTEN UNTER DIE ABSTRAKTE ARBEIT als Voraussetzung einer industriellen Produktivkraftentfaltung, im Unterschied zum Westen durch gesellschaftliche Zentralisierung, d.h. mittels einer zentralistischen Staatsmaschine zu bewerkstelligen. In der IDEOLOGIE findet hier, wie immer, eine VERKEHRUNG statt; die Logik der Verhältnisse wird auf den Kopf gestellt. Während sich der "fortdauernde" Waren-und Wertform-Charakter der äußerlich-bürokratisch zentralisierten gesellschaftlichen Reproduktion einzig und allein aus dem Warencharakter der menschlichen Arbeitskraft ergibt, also aus der historischen Notwendigkeit, die unmittelbaren Produzenten zwecks Produktivkraftentwicklung der Logik der abstrakten Arbeit zu unterwerfen, stellen die "realsozialistischen" Ideologen diesen Sachverhalt auf den Kopf und behaupten, gerade die menschliche Arbeitskraft trage im Unterschied zu den Produkten keinen Warencharakter mehr; "begründet" wird dies mit der abgeschmackten Behauptung, durch die Eliminierung eines (juristischen) Privateigentums an Produktionsmitteln seien die Arbeiter zu "Herren" und "Kollektivbesitzern" der Betriebe geworden. Auch in diesem Punkt muß Thaa die "realsozialistische" Ideologie unbesehen übernehmen, um seine eigene Argumentation durchhalten zu können; so sucht er alle Ansätze als haltlos zu denunzieren, die "auf den angeblichen Warencharakter der Lohnarbeit" (HaV, 157) in den Sowjet-Gesellschaften abheben. Da er es sich allerdings spart, in diesem Punkt die real existierende Geldform des Arbeitslohns durch beschönigende Floskeln zu umnebeln (etwa durch die Formulierung, daß dabei von einem ganz ordinären Lohnarbeits-Lohn "im vollen Sinn" nicht mehr gesprochen werden könne usw.), kann ich mir hier auch weitere Kritik sparen.
Nachdem Thaa nun durch alle relevanten Fragestellungen hindurch die Wert- und Warenform im "Realsozialismus" zum bloßen "Trugbild" erklärt und alle real existierenden Erscheinungen dieser Wert- und Warenform der gesellschaftlichen Reproduktion nach Prokrustes-Manier

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weggesäbelt hat, kann er diesen hartnäckigen Erscheinungen zum Trotz von einer blanken "direkten Vergesellschaftung" im "Realsozialismus" reden. Es kann also jetzt der soziologistische "Herrschafts"-Begriff, scheinbar ins Recht gesetzt, ganz wie bei Ullrich seine Funktion entfalten. Denn die realen Erscheinungen von "Herrschaft", die Menschen über Menschen ausüben, beliebt Thaa bezüglich des "Realsozialismus" anzuerkennen; in diesem Punkt widerspricht er der DDR- und Sowjet-Ideologie. Gestützt auf R. Damus u.a. behauptet er aber, bei dieser "Herrschaft" handle es sich als "Spezifikum der Sowjetgesellschaften" um eine "vom Kapitalismus prinzipiell verschiedene VergesellschaftungsFORM (Hervorheb. Thaa) direkter Herrschaft" (HaV, 157). "Direkte Herrschaft" nun, wenn der Begriff überhaupt einen Sinn haben soll, könnte sich nur auf PERSÖNLICHE ABHÄNGIGKEITSVERHÄLTNISSE stützen, die "direkt" durch Gewalt vermittelt wären: Also durch bewaffnete Selbstorganisation einer herrschenden Klasse gegenüber den unmittelbaren Produzenten in VORKAPITALISTISCHEN, agrarischen Produktionsverhältnissen, deren Vergesellschaftungsgrad noch sehr niedrig ist. Weder Thaa noch seine theoretischen Gewährsleute können erklären, wie sich moderne, gesellschaftliche Produktionsmittel mit einer solchen "direkten Herrschaft" vertragen sollen, die doch begrifflich gerade an nicht-gesellschaftliche Produktionsmittel gebunden ist.
Ebensowenig kann mit diesem Begriff "direkter Herrschaft" die reale Existenz ABSTRAKTER STAATSBÜRGERLICHKEIT im "Realsozialismus" erklärt werden oder überhaupt das gesamte Rechtssystem bzw. der Prozeß der "Verrechtlichung", der auf der Basis dieser abstrakten Staatsbürgerlichkeit auch in den Sowjetgesellschaften sich historisch durchgesetzt hat. NUR die Existenz der Wertform als zentraler Vergesellschaftungsform kann auch die Verdopplung des abstrakten Ware-Geld-Individuums zum abstrakten Staatsbürger erklären, während jede Vorstellung "direkter Herrschaft" unfähig bleibt, die reale Logik solcher Verhältnisse zu begreifen.
Thaa aber arbeitet nun mit dieser mehr als unbefriedigend eingeführten soziologistischen Begrifflichkeit "direkter Herrschaft" systematisch weiter und sucht sie in Beziehung zu setzen zu einem höchst sonderbaren Begriff von "Wertabstraktion", der völlig von der Wertform und Waren-Vergesellschaftung abgelöst ist:
"So beseitigen das staatliche Eigentum an Produktionsmitteln und die zentralisierte Wirtschaftsplanung zwar die verdinglichte Existenzform des Werts im Kapital, aber an dessen Stelle tritt die Realisierung der Wertabstraktion durch die sachlich legitimierte, hierarchisch organisierte Bürokratie." (HaV, 248).

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Die "Bürokratie" (eine unerträgliche Leerformel, die immer nur den fehlenden Begriff von konkreter Gesellschaftlichkeit ersetzen muß) soll also der Träger jener ominösen "direkten Herrschaft" sein; aber woraus ist wiederum diese "Bürokratie" abzuleiten? Thaa gibt zunächst nur negative Hinweise:
"...Direkte Vergesellschaftung setzt, anders als der Tausch, eine bestimmte herrschaftliche Instanz voraus, die nicht aus der Vergesellschaftungsform selbst abzuleiten ist." (HaV, 83).
Da wir nun wissen, daß die "direkte Herrschaft" der Bürokratie eine "Wertabstraktion realisiert", diese aber gar nichts mehr mit dem "Warentausch" zu tun haben soll, ja überhaupt nicht einmal mehr etwas mit der "Vergesellschaftungsform", kommen wir nun langsam zu des Pudels Kern. Thaa versichert uns nämlich:
"Die Wertabstraktion existiert aber nicht nur im Geld" (HaV, 114)
und:
"Die der Verdinglichung analoge Verkehrung im Verhältnis der Individuen zu ihrer Tätigkeit benötigt nicht eine dem Geld entsprechende, rein dingliche Darstellungsform." (HaV, 121).
Diese phantastische "Wertabstraktion", die sich "nicht im Geld" darstelle, sei aber nichts anderes als "die innere Wertform der Technik" (HaV, 145).
Herrn Winfried Thaas Umwälzung der Wissenschaft! Hier haben wir sie nun, erkennbar als das logische Monstrum einer nicht-warenförmigen Wertabstraktion! Es soll eine "innere Wertform der Technik" existieren, die nicht das geringste mit der Existenzform des Werts als Geld in der Zirkulation zu tun habe - diese Zumutung an das logische Denken muß Thaa allen Ernstes seinen Lesern aufnötigen. Die tollen Bocksprünge einer solchen Argumentation sind allerdings fast schon wieder bewunderungswürdig; so erklärt er ohne mit der Wimper zu zucken:
"Die Vergesellschaftung der Produktion, die im einzelnen Betrieb die Arbeit in reiner, qualitätsloser Quantifizierung zur 'funktionellen Gesamtarbeit' synthetisiert, ist eine direkte Vergesellschaftung der Arbeit als abstrakt wertproduzierender." (HaV, 93).
Das Auseinanderreißen der gesellschaftlichen Totalität von Produktion und Zirkulation durch Thaa zeitigt hier seine absurden Ergebnisse: Er behauptet in einem einzigen Satz gleich zweimal eine contradictio in adjecto, nämlich einmal eine "qualitätslose Quantifizierung", zum andern eine "direkte Vergesellschaftung der Arbeit als abstrakt wertproduzierender". Er vergißt, daß es keine Quantifizierung geben kann ohne einen qualitativen Inhalt, der quantifiziert wird. Thaas "unmittelbarer Produktionsprozeß" wäre einer, in dem die Arbeiter zwar ihre Arbeitskraft

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verausgaben, aber weder an irgendeinem stofflichen Material noch indem sie stoffliche Produkte herstellen (und seien es zerstörerische Produkte), also eine logische und praktische Unmöglichkeit. Richtig wäre einzig und allein die Bestimmung, daß sich die abstrakte (scheinbar inhaltslose) Quantifizierung erst in der Zirkulation in der Realabstraktion des Wertes als Geld gegenüber dem immer qualitativen Inhalt der Arbeit VERSELBSTÄNDIGT, gerade dadurch aber die Arbeit zum Selbstzweck macht und ihr sinnlose und sogar zerstörerische Inhalte aufnötigt. Damit aber wäre auch klar, daß sich der Abstraktionsprozeß des Werts nur aus der TOTALITÄT kapitalistischer, wertabstraktiver Reproduktion erklären läßt, also gerade aus der logischen Verschränkung von Produktion und Zirkulation.
Die Verselbständigung des abstrakten, quantifizierenden Moments der PRODUKTION kann als solches nur in seiner unmittelbar dinglichen Gestalt ERSCHEINEN in der ZIRKULATION, als GELD und darauf gründende allgemeine gesellschaftliche Verkehrsform. Die Abstraktion wird als Gleichgültigkeit dem Inhalt der Arbeit und den Bedürfnissen des Arbeiters gegenüber in der Produktion vorgenommen, kommt aber erst als Geld in der Zirkulation "zu sich". Diese Grundtatsache hat ganz offensichtlich nichts zu tun mit der äußeren Vergesellschaftungsform des Werts, d.h. ob die Warenzirkulation einem "freien" oder einem "geplanten" Markt unterliegt (beide Sekundärformen der Wert-Vergesellschaftung kommen heute auf je spezifische Weise in eine katastrophale Reproduktionskrise). Weil Thaa aber genau dieses SEKUNDÄRE Differenzierungsmerkmal zum Anlaß genommen hat, den "Regelkreis" der "äußeren Vergesellschaftung" (Marktmechanismus) von der Produktionslogik völlig abzutrennen, muß er die Absurdität einer "qualitätslosen Quantifizierung" INNERHALB der unmittelbaren Produktionsprozesse behaupten.
Aus demselben Grund vergißt er, daß die Wertabstraktion als Logik der abstrakten Arbeit jede "direkte Vergesellschaftung" per definitionem ausschließt. Die Verselbständigung des quantifizierenden Aspekts gegenüber dem Inhalt kann sich gegen die qualitative Bestimmung der Arbeit im unmittelbaren Produktionsprozeß nur wenden, weil sie im Zirkulationsprozeß eine selbständige dingliche Gestalt gefunden hat, die aber als solche nur eine Vergesellschaftung durch TAUSCH-WERTE ermöglicht. Die Wertabstraktion in der Produktion erzwingt den TAUSCHWERT in der Zirkulation und damit eine allgemeine warenförmige Verkehrsform, also gerade eine INDIREKTE Vergesellschaftung der Arbeit. Wie die meisten kritischen Apologeten der Sowjetökonomie verwechselt Thaa die
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politisch-administrative Regulierung von weiterhin warenförmigen Zirkulationsprozessen mit einer "direkten Vergesellschaftung" der ARBEIT und verfällt damit dem "Planfetischismus", der unhaltbaren "Planung des Marktes", die nur ein historisches Übergangsstadium nachholender ursprünglicher Akkumulation darstellen kann. Thaa verfehlt die Kritik dieser Produktionsweise völlig, indem er systematisch Produktion und Zirkulation (bzw. "Vergesellschaftungsform") auseinanderreißt, um zu seiner phantastischen, "nicht dinglich verselbständigten" "inneren Wertform der Technik" zu gelangen, aus der heraus die "direkte Herrschaft" einer "Bürokratie" sich herleitenund legitimieren soll. Soweit hier überhaupt noch die gesellschaftliche Reproduktion begrifflich aufscheint, läuft die Kritik bestenfalls auf die Albernheit hinaus, den toten Dingen ihre Dinglichkeit vorzuwerfen, während die ökonomisch-soziale Gesellschaftlichkeit der Menschen als soziologischer "Herrschafts"-Begriff der konkreten Totalität der Verhältnisse äußerlich bleibt. Ironischerweise hat Thaa die crux dieser Denk- und analytischen Vorgehensweise, die er selber mit umgekehrtem Vorzeichen betreibt, an den von ihm kritisierten traditionell-marxistischen Ansätzen zur Auseinandersetzung mit der sowjetischen Produktionsweise mit wünschenswerter Deutlichkeit benannt:
"Tatsächlich zieht sich durch die Geschichte marxistischer Gesellschaftskritik eine verfestigte Tradition der Trennung zwischen Gesellschaftsform und Produktion(!!), die die Geschichte der kritischen    Hilflosigkeit gegenüber den Sowjetgesellschaften erst verständlich werden läßt." (HaV, 50).
Es ist wirklich selten, daß ein Theoretiker in aller Gelassenheit ein derart vernichtendes Urteil über sich selbst ausspricht!
Wir können nun ein vorläufiges Fazit ziehen, was die grundlegende Methode der Produktivkraft-Kritiker angeht. Sowohl Ullrich als auch Thaa sind gezwungen, "Produktionslogik" und "Vergesellschaftungslogik" grundsätzlich und systematisch voneinander zu trennen und als einzige, äußerlich bestimmte Klammer zwischen diesen beiden "Bereichen" oder "Subsystemen" den soziologistischen Begriff von "Herrschaft" zuzulassen, der voraussetzungslos jenseits der ökonomischen Vergesellschaftungslogik angesiedelt bleibt. Sowohl Ullrich als auch Thaa beweisen damit, daß die Produktivkraftkritik nur mit den positivistischen Mitteln der bürgerlichen Soziologie sich eine wissenschaftliche Fundierung schaffen kann und jeden konkreten Totalitätsbegriff der Gesellschaft aufgeben muß. Nicht um eine "Ergänzung" des Marxismus kann es sich dabei handeln, sondern um seine Reduktion auf eine soziologische "Bereichs"-Logik des "Warenverkehrs". Und sowohl Ullrich als auch Thaa sind darauf

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angewiesen, die historischen Verkürzungen des traditionellen Marxismus, die Reduktion der Marx'schen Theorie auf eine vulgäre juristische "Eigentums"- und Zirkulations-Logik, nicht etwa zu kritisieren und aufzuarbeiten, sondern geradezu als Voraussetzung ihrer produktivkraftkritischen "Ergänzungs"-Theorien über weite Strecken voll zu übernehmen und als Popanz und falsche Legitimation in ihr bürgerlich-soziologisches theoretisches System einzubauen.
 

3. Die Fetischisierung der Technik

Die systematische Trennung von Produktions- und (äußerer) Vergesellschaftungs-Logik, d.h. die Zerstörung jedes Begriffs gesellschaftlicher Totalität, wie sie bei Ullrich und Thaa deutlich zum Ausdruck kommt, stellt nur die methodologische, letztlich trotz aller eingestreuten Dementis am bürgerlich-positivistischen Verständnis von "Sozialwissenschaft" orientierte Grundlage des produktivkraftkritischen Denkens dar. Von dieser methodischen Grundlage aus entfaltet sich der Inhalt der Produktivkraft-Kritik in einer Reihe von aufeinanderfolgenden Schritten.

a) Subjektivierung der Natur und "Herrschaft" als Erbsünde

Wir haben bereits gesehen, wie der an sich voraussetzungslose soziologistische "Herrschafts"-Begriff methodisch in die produktivkraftkritische Argumentation Eingang gefunden hat. In seiner näheren inhaltlichen Bestimmung erfährt dieser "Herrschafts"-Begriff nun jedoch eine klammheimliche Umdeutung. Die Leerformel, daß Herrschaft eine "gesellschaftliche" sei (im Grunde eine logische Banalität), verwandelt sich unter der Hand in eine neue, völlig andere Bestimmung; danach sei "Herrschaft" die Form einer Beziehung "des" Menschen zur vor- und außermenschlichen NATUR. Diese Verkehrung des Herrschafts-Begriffs findet sich bereits in der bürgerlichen "Lebensphilosophie" zu Beginn des 20. Jahrhunderts (Simmel, Klages, Spengler usw.), wo sie dazu dient, die "subjekt-tötende" Entwicklung der dinglich-monetären kapitalistischen Vergesellschaftungs-Logik einerseits zu beklagen und äußerlich zu bekämpfen, andererseits

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aber auch zu mystifizieren als naturhafte, unentrinnbare ontologische Gegebenheit, als "Verhängnis". Der Faschismus hat diese philosophische Ideologie des zerfallenen idealistischen Denkens der Bourgeoisie positiv gewendet und in sein rassistisches System eingebaut als "Naturnotwendigkeit" von (Rassen-) Herrschaft. In verwandelter From taucht dieses kulturpessimistische Motiv auch bei Horkheimer und Adorno auf, spätestens in der "Dialektik der Aufklärung": "Herrschaft" ist demnach zuerst und vor allem eine "herrschaftliche" (repressive, vergewaltigende) Beziehung des Menschen zur Natur. Das "Selbst", d.h. der Mensch als der Natur bewußt Gegenübertretender, sei in seiner Konstitution die "Durchschneidung" des "fluktuierenden Zusammenhangs" mit der Natur (Dialektik der Aufklärung, Frankfurt 1981, S. 48). Kultur und Zivilisation überhaupt sei so
"mit der Verleugnung der Natur im Menschen bezahlt ... um der Herrschaft über die außermenschliche Natur und über andere Menschen willen. Eben diese Verleugnung, der Kern aller zivilisatorischen Rationalität, ist die Zelle der fortwuchernden mythischen Irrationalität: Mit der Verleugnung der Natur im Menschen wird nicht bloß das Telos der auswendigen Naturbeherrschung sondern das Telos des eigenen Lebens verwirrt und undurchsichtig. In dem Augenblick, in dem der Mensch das Bewußtsein seiner selbst als Natur sich abschneidet, werden alle die Zwecke, für die er sich am Leben erhält, der gesellschaftliche Fortschritt, die Steigerung aller materiellen und geistigen Kräfte, ja Bewußtsein selber, nichtig, und die Inthronisierung des Mittels als Zweck, die im späten Kapitalismus den Charakter des offenen Wahnsinns annimmt, ist schon in der Urgeschichte der Subjektivität wahrnehmbar." (ebenda, S. 51).
Indem so das bürgerlich-lebensphilosophische Erbe der Kritischen Theorie durchschlägt, schlägt auch die Positivismus-Kritik unvermittelt um in Zivilisationskritik, ja Denk-Kritik überhaupt. In dieser Kulturkritik, in die auch die reaktionär-pessimistische Kulturideologie FREUDS eingearbeitet ist, geschieht ein Doppeltes: Zum einen wird die Geschichte der Emanzipation des Menschen vom bloßen Naturzusammenhang umgedeutet in die Geschichte seiner Selbst-Entfremdung als Naturwesen und damit in eine ontologische Logik der Selbstzerstörung; zum anderen wird die subjektlose Natur umgedeutet zum "Opfer" der ontologischen menschlichen Selbstentfremdung, also zum leidenden Subjekt, das von menschlicher "Herrschafts"-Logik objektiviert wird. Die rein historisch-gesellschaftliche Selbstentfremdung des Menschen in der Klassengesellschaft und im Kapitalismus als deren Höhe- und Umschlagspunkt wird so ausweglos mystifiziert als Selbstentfremdung des Menschen von der Natur, letztlich das Menschsein überhaupt zur Entfremdungstatsache. Herrschaft und Entfremdung verwandeln sich so aus historischen, gesellschaftlichen

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in anthropologische und also ontologische Zusammenhänge, die nicht mehr als aufhebbar gedacht werden können. Die Existenz von "Herrschaft" in den gesellschaftlichen, sozial-ökonomischen Beziehungen kann so nicht mehr aus der historischen Gesellschaftlichkeit selbst, aus der historischen Logik von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen abgeleitet werden, sondern erscheint als unveränderliche, SEKUNDÄRE Konsequenz des "Herrschafts"-Verhältnisses zur subjektivierten Natur. Die fetischistische Mystifizierung des kapitalistischen Produktionsverhältnisses kommt also nur in einer neuen Verkehrung zum Ausdruck: Nicht die historisch-gesellschaftliche Unterwerfung des Menschen unter die dingliche Vergesellschaftungs-Logik der abstrakten Arbeit erzwingt zerstörerische Produktionsprozesse und Vernichtungsproduktion gegen Mensch und Natur, sondern umgekehrt soll es die "herrschaftliche" Naturbeziehung als solche sein, die Existenz des Menschen als "toolmaking animal", die innerhalb der Menschenwelt selber in ihrer Gesellschaftlichkeit "Herrschaft" erzeugt. Die "Erbsünde" der "Naturbeherrschung", des auflösenden Erkenntniswillens menschlicher Subjektivität, der im Stoffwechselprozeß mit der Natur als Produktivkraftentwicklung erscheint, konstituiert damit die zweite, sekundäre "Erbsünde" der Herrschaft des Menschen über den Menschen. Die historisch-gesellschaftliche Logik der kapitalistischen Produktionsweise wird auf den Kopf gestellt und bis in die Anfänge der Zivilisation zurückverlagert.
Es kann kaum überraschen, daß dieser unhistorische, anthropologische Entfremdungs- und Herrschaftsbegriff der Kritischen Theorie Eingang gefunden hat in die Argumentation unserer neuesten Produktivkraft-Kritiker. Nachdem die kapitalistische Produktionsweise "systemtheoretisch" als bloßes "Subsystem" von äußerlichen Eigentums- und Zirkulationsverhältnissen bestimmt und beiseitegeschoben worden ist, kann die "autonome" Logik der Technik nun umso ungehemmter als "Herrschaftslogik" des Menschen gegen die NATUR herausgearbeitet werden.
Damit aber wird "neben" oder sogar "statt" dem Kapitalverhältnis vor allem die NATURWISSENSCHAFT zur primären Zielscheibe der Kritik. So sagt Ullrich über die Anfänge der modernen Naturwissenschaften:
"Es ist die schon rationalere Gestalt der 'Ursehnsucht' der Magie,die Naturgewalten durch eine 'Formel' zu beherrschen, durch das richtige Symbol die fremden Mächte in die eigenen Dienste zu zwingen ...Die Herrschaftssehnsucht der Magier erhält durch die experimentelle Naturwissenschaft bezogen auf die Natur erstmals eine reale Potenz." (TuH, 100f.).
Allen sonstigen und wiederholten Beteuerungen zum Trotz wird hier

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die "Herrschaft", nachdem sie schon vorher begrifflich zur voraussetzungslosen, soziologisch-positiven "Tatsache" heruntergebracht worden ist, in eine vorzivilisatorische, anthropologisch-ontologische "Ursehnsucht" verwandelt, deren primäres Bezugsobjekt ("Sündenfall"!) die "Natur" ist. Der gesellschaftliche Konstitutionszusammenhang von Herrschaft wird ausgeblendet und in eine Naturbeziehung umgedeutet, um ihn dann als sekundäre, aus dieser Mystifizierung abgeleitete Erscheinung in der Menschenwelt wieder einzuführen, aber eben abgeschnitten von seiner wirklichen historischen Genesis. Der bürgerlich-"lebensphilosophische" Ursprung dieser Mystifikation wird überdeutlich, wenn Ullrich vom "lebensreduzierenden Prinzip der Naturwissenschaften" (WN, 47) spricht und behauptet:
"Im Industriesystem können diese lebensverneinenden Abstraktionen auch ohne kapitalistische Besitzverhältnisse und Ausbeutung durch die Technologie eine bedrohende Wirkung behalten." (WN, 47).
Man nehme also Kapitalverhältnis und Ausbeutung weg, dann bleibt übrig - das "ursprüngliche", "primäre", "eigentliche" Übel, der "Herrschaftszusammenhang" zur Natur, die anthropologische Ur-Konstante, die in der Naturwissenschaft zu ihrem höchsten Ausdruck gefunden haben soll.
Noch deutlicher wird diese von der Kritischen Theorie und deren bürgerlich-lebensphilosophischen Lehrern ererbte Mystifikation bei Thaa. Er greift dabei zurück auf die in der Neuen Linken wenig diskutierten Thesen von H. J. Krahl über den Charakter der Wertabstraktion, in denen die anthropologische Umdeutung des Herrschafts- und Entfremdungsbegriffs der Kritischen Theorie geballt zum Ausdruck kommt:
"Die Wertabstraktion ist das innergeschichtliche a priori der technischen Vernunft, der Wert ist idealisierte Naturbeherrschung, die politische Vernunft ist auf den Menschen ausgedehnte Herrschaft über Natur." (zit. nach HaV, 95).
Konzentrierter kann man diese Mystifizierung eines gesellschaftlichen Verhältnisses nicht mehr formulieren! Die "Wertabstraktion" als ein rein historisches gesellschaftliches Verhältnis wird umgedeutet in "idealisierte Naturbeherrschung" und damit aus der dinglich-gesellschaftlichen Logik des Geldes verwandelt in das "a priori der TECHNISCHEN Vernunft", die historische Konstituierung dieses Formzusammenhangs also auf den Kopf gestellt. Wie in der "Dialektik der Aufklärung", wie in der bürgerlichen Lebensphilosophie und deren Vorläufern, nur noch deutlicher, wird also die Herrschaft des Menschen über den Menschen nicht aus der Entwicklung seiner Gesellschaftlichkeit abgeleitet, sondern aus

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seiner Naturbeziehung. Daß auch diese Naturbeziehung immer schon "a priori" eine gesellschaftliche ist, kann dann zwar zugegeben, aber als leere Bestimmung der Analyse äußerlich bleiben. Die "eigentliche" Herrschaft als das Primäre erscheint eben nicht mehr gesellschaftlich vermittelt, sondern als reine, abstrakte Naturbeziehung, die erst sekundär als negative Vergesellschaftung auf die sozial-ökonomischen Beziehungen zurückwirkt:
"Abstrakte Arbeit, die Wertsubstanz, ist ... die gesellschaftlich hervorgebrachte und auf den Menschen projizierte reine Naturbeherrschung." (HaV, 135).
Mit Genugtuung kann Thaa also feststellen, daß "bei Krahl bereits eine Kritik an Technik und Naturwissenschaft angelegt" (HaV, 96) ist, denn er "sieht in Technik und Wissenschaft ... eine eigene Erscheinungsform der Wertabstraktion" (HaV, 97). Während also Ullrich die "Herrschaftslogik" der Naturwissenschaft gegen die subjektivierte Natur einfach als soziologisches Ur-Phänomen stehen läßt, versucht Thaa mit Hilfe dieser Mystifizierung den Begriff der Wertabstraktion und der abstrakten Arbeit selber "produktivkraftkritisch" umzudeuten, aus einer Kategorie kapitalistischer Vergesellschaftung in eine Kategorie der Naturbeziehung zu verwandeln. Hier haben wir schon den begrifflichen Kern der logischen Monstrosität, die Thaa "innere Wertform der Technik" nennt: Den Wert nicht mehr als innergesellschaftliche Abstraktion der Arbeit, sondern als Abstraktion der Naturbeziehung. Diese soll dann, wie schon Krahl behauptet, von der negativen Vergesellschaftung des Kapitalverhältnisses, von der VERWERTUNG DES WERTS unabhängig sein:
"Mit der Expansion des kapitalfixierten Maschinensystems vermag sich der Wert als solcher - ohne den Umweg der Vermittlung über den Tauschwert zu nehmen(!) - den Gebrauchswert zu unterwerfen." (zit. nach HaV, 97).
Es zeigt sich nun, wie notwendig es für Thaa war, die logische Verschränkung von Produktion und Zirkulation zu leugnen und gegen jede Evidenz auseinanderzureißen; nur so kann der Krahl'sche Begriff des "Werts als solchen", der "unabhängig vom Tauschwert" sein soll, als angebliche "Wertabstraktion der Naturbeziehung" eingeführt und zum Primum, zum "eigentlichen a priori" erklärt werden. Die wirkliche gesellschaftliche Realabstraktion des Geldes wird aus der Schußlinie der Kritik genommen und zur sekundären, vielleicht sogar unwichtigen Erscheinungsform erklärt, während sich der Kern der Kritik auf Naturwissenschaft und Technik "als solche" bezieht. Grotesker kann man das gesellschaftliche Verhältnis der Wertabstraktion nicht verbiegen und umdeuten. Als gesell-

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schaftliches Verhältnis kann der Wert nicht unmittelbar an den Dingen erscheinen, gerade dann nicht, wenn er sich die gesamte gesellschaftliche Produktion im "kapitalfixierten Maschinensystem" unterworfen hat; vielmehr kann er immer nur in der Zirkulation, in der dinglichen Abstraktion des allgemeinen Äquivalents, "zu sich" kommen. Die historische Herausbildung des "kapitalfixierten Maschinensystems" ist daher begleitet von der historischen Verallgemeinerung und Totalisierung der Geldform aller gesellschaftlichen Beziehungen. Diese evidente Tatsache kann durch den produktivkraftkritischen Umdeutungs-Hokuspokus zentraler Kategorien der Marx'schen Kritik der Politischen Ökonomie nicht weggewischt werden.
Thaa allerdings bildet sich ein, mit Hilfe seiner lebensphilosophischen Umdeutung des Wertbegriffs endgültig über Marx hinaus zu sein:
"Von da aus läßt sich nun eine Reinterpretation der 'Kritik der Politischen Ökonomie' entfalten ...". (HaV, 97).
Und mit völlig unangebrachtem Entdeckerstolz verkündet er:
"Während das Verdinglichungsphänomen in der Regel an den verkehren den gegenständlichen Formen gesellschaftlicher Verhältnisse, also vor allem an Wertform und Geld, diskutiert wird, kann hier, an der inhaltlichen Bestimmung der Gesellschaftlichkeit der Arbeit im Wert, eine tiefer liegende versachlichende Verkehrung ausgemacht werden." (HaV, 104).
Thaa macht hier, wie auch im folgenden, eine falsche Differenzierung auf zwischen "Verdinglichung" (verstanden als Phänomen des "Warenverkehrs") einerseits und "Versachlichung" (durch "herrschaftliche" Naturbeziehung von Naturwissenschaft und Technik) andererseits, die ganz seinem falschen Auseinanderreißen von Produktion und Zirkulation entspricht. Die "Verdinglichung" durch "Wertform und Geld" als "verkehrende gegenständliche Formen gesellschaftlicher Verhältnisse" soll sekundär und geradezu unwichtig sein, das angeblich "gewöhnliche" Verständnis, wie es angeblich "in der Regel diskutiert wird", während es sich bei jenem "Wertbegriff" der reinen Naturbeziehung, der unglaublicherweise "keine Form" annimmt, um eine "tiefer liegende" "Versachlichung" handeln soll. Das Unding eines "formlosen" Werts verweist in Wirklichkeit auf das "Anderssein" des Werts in der Zirkulation, auf seine Erscheinungsform im Geld, und damit auf die Totalität von wertabstraktiver Produktion und Zirkulation, wie sich Thaa auch drehen und wenden mag. Wie vollends die "Gesellschaftlichkeit der Arbeit" auf der Grundlage der Wertabstraktion begriffen werden soll durch die "inhaltliche Bestimmung" eines "formlosen" Werts, der unabhängig von der Geldform und damit außerhalb der "gegenständlichen Form gesellschaftlicher Verhältnisse"

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existieren soll, bleibt Thaas Geheimnis. Festzuhalten bleibt, daß sowohl Ullrich als auch Thaa unabhängig von Wertform und Geld und außerhalb der wirklichen gesellschaftlichen Beziehungen eine vorgängige, völlig abstrakte "herrschaftliche" Naturbeziehung als "eigentliche" Grundlage von "Herrschaft" in lebensphilosophischer Manier setzen. Außerhalb und "unterhalb" des Kapitalverhältnisses, unabhängig von den gesellschaftlichen Beziehungen zu denken, sei eine "reine Naturbeherrschung", "Unterwerfung der Natur", "Wahn totaler Naturbeherrschung", "abstrakte Naturbeherrschung", "reine Logik der Naturbeherrschung", "technologische Rationalität der Naturbeherrschung" (HaV, 100,102,103,106,109 usw.) die prämäre Grundlage aller negativen Erscheinungen menschlicher Gesellschaftlichkeit, wie Thaa nicht müde wird zu wiederholen und in immer neuen Zusammenhängen aufzutischen (ohne allerdings je die letztlich bürgerlich-lebensphilosophische Herkunft des Grundgedankens zu erwähnen).
Wie soll sich nun das "lebensreduzierende Prinzip der Naturwissenschaften" (Ullrich) oder die "innere Wertform der Technik" (Thaa) konkret darstellen? Thaa bezieht sich hier direkt positiv auf Ullrich, dem er bescheinigt, es sei ihm gelungen,
"mit seiner Strukturcharakteristik den Herrschaftscharakter von Wissenschaft und Technik an ihrer Form selbst zu beschreiben." (HaV, 146).
Bei dieser "Strukturcharakteristik" geht es aber wie bei der Wert- und Geldform selbst um das, was Ullrich "lebensverneinende Abstraktionen" nennt. Nur soll eben die (schlechte) Realabstraktion des Geldes noch überboten werden durch die davon angeblich unabhängigen, autonomen "Abstraktionen" der Naturwissenschaft, die sogar die "eigentliche" Grundlage aller "schlechten, lebensfeindlichen Abstraktionen" überhaupt bilden sollen. Thaa nennt dies die "wertabstraktive Versachlichung" durch Naturwissenschaft und Technik, die er als unabhängig von der "Verdinglichung der Warenform" versteht. Worin aber bestehen die "selbständigen Abstraktionen" der Naturwissenschaft gegenüber dem "Warenverkehr" oder "Kapitalverhältnis"? Letztlich handelt es sich um die "quantifizierenden Abstraktionen" des Messens, Zählens, Wiegens usw. Schon seit der Romantik wird Galilei immer aufs neue der Prozeß gemacht, weil er die Devise ausgegeben hatte, Wissenschaft bestehe darin, "alles, was messbar ist, zu messen, und alles, was nicht meßbar ist, meßbar zu machen" (die einschlägige Kritik an Galilei und der modernen Naturwissenschaft überhaupt findet sich querbeet bei der anschwellenden Masse

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mehr oder weniger populärer produktivkraftkritischer Literatur, so bei L. Mumford, C. Hofmann u.a.). Auch diese Konkretisierung des "Herrschafts"-Begriffs in der Mystifizierung als abstrakte Naturbeziehung ist nichts Neues, sondern findet sich schon auf breiter Front in der lebensphilosophischen Literatur nach der Jahrhundertwende. Implizit stützt sich auch Ullrich in seinen Grundgedanken über die "Herrschaftslogik der Naturwissenschaft" auf diese alte Kritik der quantifizierenden naturwissenschaftlichen Abstraktionen des "Messens", die als "lebensfeindlich" interpretiert werden. Der "Strukturzusammenhang" der Naturerkenntnis ist daher für Ullrich gekennzeichnet "durch Zerlegen, durch Auftrennung und Isolierung des natürlichen Prozesses" (TuH, 98), woraus sich "der partikulare, eingegrenzte Horizont der Wissenschaft" (TuH, 100) und schließlich eine "Beliebigkeit und Gleichgültigkeit als Bestandteil der naturwissenschaftlichen Rationalität" (TuH, 106) ergebe (über den Aspekt der "Außensteuerung" von "gleichmäßig ablaufenden Prozessen" als Ideal von Naturwissenschaft und Kapital vgl. weiter unten den Abschnitt über die Degradation des Arbeiters).
An dieser Argumentation ist nur so viel Wahres, daß in der Tat die Naturwissenschaft sich gar nicht anders entwickeln KONNTE als in der Weise, daß die großen naturphilosophischen Spekulationen des Altertums, die eine gewisse begriffliche Grundlage gelegt hatten, abgelöst werden mußten durch ein ungeheures Sammeln empirischen Materials, von zahllosen Details aus allen Naturzusammenhängen. Dies bedeutete in der Tat ein "Zerlegen, Auftrennen und Isolieren des natürlichen Prozesses". Um den lebenden Körper des Menschen in seinen organischen Funktionszusammenhängen zu begreifen, mußte erst der tote Körper des Menschen (teilweise gegen kirchliche Verbote) aufgeschnitten und in seine toten Einzelteile zerlegt werden; dasselbe galt für alle übrigen Gebiete der Naturerkenntnis. Und aus diesem Zusammenhang heraus findet auch Galileis berühmte Definition ihre historische Berechtigung. Nichts Neues freilich ist, daß sich aus dieser (notwendigen) historischen Etappe der naturwissenschaftlichen Erkenntnis ein empiristischer, "positivistischer" Geist von Wissenschaftlichkeit herausgebildet hat, der bis heute die Universitäten beherrscht und das begrifflich-synthetisierende Denken mit abwehrender Skepsis behandelt. Spätestens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ist die empirische Materialfülle, der "Tatsachenreichtum" der Naturwissenschaften so angeschwollen, daß diese mehr oder weniger voneinander isolierte, zusammenhanglose Fülle geradezu nach begrifflichen Synthetisierungen schreit. Periodisch ist daher auch seit

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dem Ende des letzten Jahrhunderts immer wieder von einer "Krise der Naturwissenschaft" die Rede, und ebenso periodisch flüchten sich die positivistisch reduzierten Naturwissenschaftler und Verächter des "philosophischen" Begriffs in die Arme des Spiritualismus, der Religiosität, einer irrationalen "Ganzheit" usw., um ihrem unerträglich gewordenen Partikularismus der Erkenntnis zu entfliehen; Capra, Dürr u. Co. betreiben dieses Geschäft heute wieder äußerst schwungvoll. Unbestreitbar ist auch, daß die Naturwissenschaft zusammen mit dem historischen Aufstieg der Bourgeoisie logischerweise als "bürgerliche Wissenschaft" entstand, d.h. zusammen mit und durchtränkt von den bürgerlichen GESELLSCHAFTLICHEN Denkformen. Die Affinität des naturwissenschaftlichen Positivismus zu bürgerlichen Gesellschaftstheorien ist daher selbst-evident und längst aufgedeckt; seit gut einem Jahrhundert gibt es dazu auch eine ausführliche marxistische Diskussion (u.a. von Engels und Lenin).
Aber diese Zusammenhänge der historischen Entwicklung der Naturwissenschaften und der bürgerlich-positivistischen Ideologie und Gesellschaftstheorie meinen Ullrich und Thaa gar nicht eigentlich. Tatsächlich stehen sie ja mit ihrer soziologistischen "Herrschafts"-Begrifflichkeit, ihrer systemtheoretischen "autonomen Logik der Bereiche", ihren positivistischen Verdikten gegen die angebliche "hegelianische Choreographie" bei Marx usw. selbst bereits längst auf dem Boden des bürgerlichen Wissenschaftsverständnisses und sind so selber bereits jener historisch ererbten Logik der positiven Naturwissenschaften erlegen. Es geht ihnen also letztlich um etwas ganz anderes, nämlich darum, die gesellschaftliche Realabstraktion des Werts durch die quantifizierenden Abstraktionen des naturwissenschaftlichen "Messens" zu ersetzen bzw. sie damit gleichzusetzen. Nicht etwa die gesellschaftliche Bornierung der naturwissenschaftlichen Denkweise ist also ihr Thema, sondern unmittelbar der positive Inhalt von Naturerkenntnis selbst als angeblich "lebensfeindlich" und als "wahre Grundlage" der zerstörerischen gesellschaftlichen Abstraktionen. Sie verwechseln hier in derselben Weise wie schon beim Verhältnis von Wert-Ökonomie und Zeit-Ökonomie die im Geld zu sich kommende, gegen jede inhaltliche Bestimmung und Qualität sich verselbständigende gesellschaftliche Abstraktion des Werts mit Abstraktion überhaupt. Menschliches Denken kann sich Natur und die eigene Gesellschaftlichkeit gar nicht anders aneignen als mittels begrifflicher Abstraktionen und einfacher abstrakter Bestimmungen als deren Grundlage. Das "Verrückte" des Wert-Verhältnisses ist ja gerade, daß es sich dabei um eine REAL-Abstraktion handelt, um eine (im Geld) DINGLICH VERSELBSTÄNDIGTE Abstraktion gegenüber Mensch

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und Natur. Es ist völlig unsinnig, der Naturwissenschaft das "Messen" vorzuwerfen, eine Vorstellung, die sich erkennbar aus dem ausweglosen Gedanken einer "Erbsünde" der im Menschsein überhaupt angelegten "Naturbeherrschung" speist. Was immer die Naturwissenschaftler messen, dieses Messen kann sich "als solches", als Quantifizierung, grundsätzlich nicht in seiner Abstraktheit gegen die Inhalte verselbständigen, eben weil "das Messen" sich in seiner Abstraktheit nicht selber dinglich darstellen kann wie das Geld. Es mag sogar besessenen empirischen Forschern zuweilen etwas Derartiges vorgeschwebt haben, also die Auflösung der Welt in ein Meer von Zahlen und Fakten; soweit sie wirklich Naturwissenschaftler sind, kann man ihnen solche Albernheiten verzeihen. Das gesellschaftlich Zerstörerische ist eben nicht die skurrile Besessenheit des Insektenforschers oder selbst des Atomphysikers, sondern die zum Herrschafts-Subjekt gewordene dingliche Abstraktion des Geldes, die als abstrakte Arbeit in der gesellschaftlichen Reproduktion alle Inhalte auslöscht. Das bloße naturwissenschaftliche Messen ist immer das Messen "von etwas" und kann nichts anderes darüber hinaus sein; es ist als solches, als Messen von Dingen, nicht determinierte Logik der menschlichen Vergesellschaftung. Selbst dem ausgeflipptesten Wissenschaftler dürfte es schwerfallen, einen gewogenen Elefanten und einen gewogenen Felsbrocken nach erfolgter Prozedur des Wiegens fortan nur noch als "gleiche Erscheinungsform von Schwere", unterschieden nur durch die Quantität, wahrzunehmen. Ebenso dürfte es auch im positivistischsten Wissenschaftsbetrieb auf wenig Verständnis stoßen, wollte jemand ohne jede inhaltliche Bestimmung alle menschliche und natürliche Welt auf Längenmaße reduzieren, das Versuchskaninchen ebenso wie den Instituts-Korridor und seine Vorgesetzten oder Untergebenen; ein solches Unterfangen würde ziemlich rasch durch Männer in weißen Kitteln beendet werden. In der negativen Vergesellschaftungslogik der abstrakten Arbeit und des Werts ist solche Verrücktheit aber längst als "normal" anerkannt und zur unbezweifelbaren Lebenstatsache geworden, eben weil sich hier die Abstraktion der indirekten Gesellschaftlichkeit in einem toten Ding, dem Geld, gegen alle menschlichen und natürlichen Inhalte verselbständigt hat. Diese in ihrer Totalitätsform zerstörerische Grundtatsache des "modernen Lebens" aber ist offenbar so schwer zu begreifen, gerade wegen ihrer Alltäglichkeit, daß es dem positivistischen Wissenschaftsverstand, der auch derjenige der Produktivkraftkritiker ist, tatsächlich unmöglich wird, die "verrückte" gesellschaftliche Real-Abstraktion der Wert-Okonomie von der gewöhnlichen, bloß gedanklichen Abstraktion überhaupt zu unterscheiden.

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In Wahrheit sind Naturwissenschaft und Technik ebenso wie alle anderen gesellschaftlichen "Bereiche" der zentralen, hegemonialen Logik der Wertabstraktion unterworfen, die sich mit ihrem Totalwerden in der Geschichte des 20. Jahrhunderts als absolute Vernichtungs-Logik entfaltet. Trotz der (durchaus zu beachtenden) Formunterschiede gilt diese Logik in ihrem Kern, der abstrakten Arbeit und dem Geld, heute in West und Ost gleichermaßen. Die Mystifizierung dieses rein innergesellschaftlichen Verhältnisses zur Naturbeziehung, zum angeblichen "Sündenfall" einer "Herrschaftslogik" gegen die Natur als primäre, bis in vorzivilisatorische Verhältnisse geschichtlich zurückreichende Gegebenheit, verschüttet jeden Zugang zur realen Aufhebung der verdinglichten gesellschaftlichen Zerstörungslogik und ist daher nichts weniger als hilfreich. Es sollte Ullrich und Thaa zu denken geben, wie die ihrer Argumentation zugrunde liegenden lebensphilosophischen Gedanken auch heute wieder selbst von der ordinärsten reaktionären Journaille aufgewärmt werden, um das gesellschaftliche Obsoletwerden der abstrakten Arbeit (und des Geldes alsihrer Inkarnation) religiös und pseudo-moralisch zu verkleistern. So schwafelte die politisch rechts gewendete Betroffenheits-Moral nach Tschernobyl vom "anthropologischen Schock" und der berüchtigte Springer-Kommentator Wilfried Hertz-Eichenrode verbreitete sich angesichts der "vergewaltigten Natur" schluchzend in einem Hausblatt des westdeutschen Kapitals:
"Umwelt ist entfremdete Natur, vom Menschen okkupiert, um ihr Nutznießer zu sein ... Die Nachdenklichkeit unseres Bundespräsidenten brachte es jedoch dahin, daß Richard von Weizsäcker in eine Rede über den Rang der Umwelt und Natur in unserer Weltordnung dreimal das Wort 'Schöpfung' einflocht. Das grundlegende Ziel sei es, die Schöpfung zu bewahren: 'Nur wenn wir die Natur um ihrer selbst willen schützen, wird sie uns Menschen erlauben, zu leben'. Zu leben, so möchte man hinzusetzen, nicht nur als vernunftbegabtes Wesen, sondern auch mit unserer vegetativen und instinktiven Existenz ...". (Die Welt, 22.11.1986).
In solch unerträglichen reaktionären Schmonzes muß die Mystifikation des gesellschaftlichen Wertverhältnisses als "herrschaftliche Naturbeziehung" stets von neuem münden. Es wäre für Ullrich und Thaa einer Überlegung wert, ob sie ihre als "Ergänzung" oder gar "Weiterentwicklung" des Marxismus präsentierte produktivkraftkritische Theorie in ihrer lebensphilosophischen Grundlage vielleicht doch mehr ihrer "vegetativen Existenz" als ihrer "Vernunftbegabung" verdanken ...

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b) Verdinglichung des Produktivkraftbegriffs und Logik der Vernichtungsproduktion

Es wäre nun zu klären, welcher Produktivkraft-Begriff notwendig aus der Mystifizierung des aus einer gesellschaftlichen Beziehung in eine Naturbeziehung umgedeuteten Wertverhältnisses folgt. In der Marx'schen Kritik der Politischen Ökonomie stellen die "Produktivkräfte" vor allem eine GESELLSCHAFTLICHE POTENZ, ein gesellschaftliches Vermögen dar das sich auf allgemeine Naturerkenntnis gründet. Wie es nun auf der Ebene der einzelnen, individuellen Arbeit innerhalb der gesellschaftlichen Gesamtarbeit nötig ist, einen Unterschied zu machen zwischen "ARBEITSKRAFT" (als Potenz, Vermögen) einerseits und "AUSGEFÜHRTER ARBEIT" (wie sie sich gesellschaftlich-fiktiv in den Produkten "vergegenständlicht"), so wäre derselbe Unterschied analytisch auf der Ebene der gesellschaftlichen Gesamtreproduktion herauszuarbeiten zwischen "PRODUKTIVKRÄFTEN" und "PRODUKTIONSMITTELN" im unmittelbaren Sinne. Eine bestimmte Höhe der gesellschaftlichen Naturerkenntnis und deren allgemeine Vermittlung mit der Produktion erzeugt auch eine bestimmte Höhe der Produktivkräfte als einer allgemeinen gesellschaftlichen Potenz. Die dinglich-"technische" Form aber, in der diese gesellschaftliche Potenz erscheint, ist notwendig geprägt von den PRODUKTIONSVERHÄLTNISSEN, d.h. von den innergesellschaftlichen Beziehungen in den Reproduktionsprozessen.
Der gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte kann also, wie jedes MOMENT in der an sich real gegebenen Einheit gesamtgesellschaftlicher Reproduktion, nur von einem konkreten Totalitäts-Begriff der Gesellschaft her verstanden werden. Da die Produktivkraftkritiker aber ja bereits methodisch diesen Totalitäts-Begriff systematisch aufgelöst und eine isolierte "Produktionslogik" der Naturwissenschaft und Technik "als solcher" behauptet haben, d.h. als reine Naturbeziehung, verschwindet für sie zwangsläufig auch der Charakter der Produktivkräfte als gesellschaftliche Potenz. Stattdessen VERDINGLICHT sich dieser Begriff, d.h. die Produktivkräfte werden "unvermittelt" nicht in ihrer gesellschaftlichen Potentialität wahrgenommen, sondern platt-unmittelbar in ihrer "vergegenständlichten" Gestalt, als tote "technische" Dinge. Da die angeblich "tiefste Grundlage" der Produktionslogik als reine Naturbeziehung bestimmt worden ist, verschwindet der ganze gesellschaftliche Vermittlungszusammenhang, aus dem heraus sich die Potenz der Produktivkräfte, bestimmt durch die Logik der Produktionsverhältnisse, in einer konkreten technolo-

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gischen Produktionsmittel-Struktur "vergegenständlicht".
Es dürfte nicht uninteressant sein, daß eine solche Fetischisierung der Technik in Verbindung mit einer soziologistisch verkürzten Denkweise auf dem Boden des historischen Marxismus durchaus nichts völlig Neues oder Ungewöhnliches ist; nur daß der ideologische Bezug sich eben nicht als "produktivkraftkritischer" darstellt, sondern natürlich gerade umgekehrt als "technologischer Fortschrittsglaube", als dessen Erbe sich ja die alte Arbeiterbewegung weitgehend verstand. Trotz dieser Seitenverkehrtheit ist eine wesentliche strukturelle Identität von Produktivkraftkritik und technologisch verkürzter Fortschrittsgläubigkeit nicht zu übersehen. Diese Identität ist nicht nur in der soziologistischen Verkürzung auf methodischer Ebene gegeben, sondern auch direkt inhaltlich in der Verdinglichung des Produktivkraftbegriffs, nur mit jeweils umgekehrten Vorzeichen. Als ein bekannter Vertreter dieses "marxistischen" Soziologismus kann N. BUCHARIN angesehen werden, der in seinem mehr oder weniger berüchtigten Werk "Theorie des historischen Materialismus" mit dem bezeichnenden Untertitel "Gemeinverständliches Lehrbuch der marxistischen Soziologie" (deutsch Hamburg 1922) neben anderen Verkürzungen der Marx'schen Theorie auch einen solchen verdinglichten Produktivkraftbegriff transportiert und unmittelbar "der Technik" eine entscheidende Rolle in der gesellschaftlichen Entwicklung zuschreibt, also implizit ganz ähnlich wie heute Ullrich und Thaa den Zusammenhang von Wertverhältnis und Naturbeziehung auf den Kopf stellt (allerdings eben mit positiver Technologie-Gläubigkeit).
Gerade dieser strukturellen Ähnlichkeit der Argumentation wegen kann die scharfe Kritik, die G. Lukács 1925 in einer Rezension an der Position Bucharins geübt hat, fast unverändert als Kritik der heutigen produktivkraftkritischen Positionen von Ullrich und Thaa etc. gelesen werden. Zunächst kritisiert Lukács die dem bürgerlichen Positivismus angenäherte Methodologie Bucharins:
"Die sehr stark dem bürgerlichen - naturwissenschaftlichen - Materialismus angenäherte Theorie Bucharins erhält dadurch den Typus eines 'science' (nach dem französischen Wortgebrauch), und in ihrer konkreten Anwendung auf Gesellschaft und Geschichte verwischt sie deshalb zuweilen das Entscheidende der marxistischen Methode: SÄMTLICHE PHÄNOMENE DER ÖKONOMIE und der 'Soziologie' AUF GESELLSCHAFTLICHE BEZIEHUNGEN DER MENSCHEN ZUEINANDER ZURÜCKZUFÜHREN. Die Theorie erhält den Akzent einer falschen 'Objektivität': Sie wird fetischistisch." (Georg Lukács, Schriften zur Ideologie und Politik, Neuwied/Berlin 1967, S. 191).
Es handelt sich also um denselben Vorwurf, der methodisch auch Ullrich und Thaa zu machen ist. Und wie bei den Produktivkraftkritikern erscheint

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diese verkürzende Methode auch bei dem "Fortschrittsgläubigen" Bucharin als Fetischisierung der Technik:
"Dieser Rest von unaufgelöster Dinghaftigkeit, von falscher 'Objektivität' kommt am schärfsten zum Ausdruck in der Behandlung der Rolle der TECHNIK in der gesellschaftlichen Entwicklung. Bucharin mutet ihr eine Rolle zu, die ihr sachlich ganz bestimmt nicht zukommt ... Es ist einleuchtend, daß die ... Identifizierung der Technik mit den Produktivkräften weder richtig noch marxistisch ist. Die Technik ist ein TEIL, ein allerdings sehr wichtiges Moment der Produktivkräfte der Gesellschaft, sie ist aber weder einfach identisch mit ihnen, noch ... das letzthin oder schlechthin entscheidende Moment der Umwandlung dieser Kräfte." (ebenda, S. 191 f.).
Lukács begründet dies damit,
"daß jeder Versuch, in einem anderen Prinzip als in der gesellschaftlichen Beziehung der Menschen zueinander im Produktionsprozeß ..., also in der richtig aufgefaßten ökonomischen Struktur der Gesellschaft, die grundlegende Bestimmung der Gesellschaft mit ihrer Entwicklung zu erblicken, zu einem Fetischismus führt ..." (ebenda, S. 192)
und daß
"... die verselbständigte Technik als Grundlage der Entwicklung aus dem groben Naturalismus bloß einen dynamisch verfeinerten (macht). Denn die Technik ist, wenn sie nicht als MOMENT des jeweiligen Produktionssystems gefaßt wird, wenn ihre Entwicklung nicht aus der Entwicklung der GESELLSCHAFTLICHEN Produktivkräfte erklärt wird (statt diese zu erklären), genauso ein den Menschen transzendent gegenübertretendes fetischistisches Prinzip ..." (ebenda, S. 193).
Wie man sieht, braucht das positive Vorzeichen bei Bucharin nur durch ein negatives ersetzt zu werden, bei sonst völlig gleichbleibender logischer Struktur des technologischen Fetischismus, und wir haben die Logik der Produktivkraftkritiker vor uns. Während sich der Technik-Optimismus Bucharins historisch natürlich aus dem "sozialistischen Aufbau" (in Wirklichkeit der nachholenden "ursprünglichen Akkumulation") erklärt, leitet sich die negative Bestimmung von Naturwissenschaft und Technik bei den Produktivkraftkritikern ebenso historisch erklärbar aus der heute manifest gewordenen Vernichtungsproduktion und der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen ab. Aber beide, die früheren Technologie-Gläubigen ebenso wie die heutigen Technologie-Kritiker, verfehlen die wirkliche gesellschaftliche Logik des Wertverhältnisses völlig und bleiben damit deren Erscheinungen gegenüber hilflos.
Während in dieser Frage Winfried Thaa allgemein bleibt, kommt die Verdinglichung des Produktivkraft-Begriffs bei Otto Ullrich gerade dadurch besonders stark zum Ausdruck, daß er (vor allem in der populären Broschüre "Weltniveau") geradezu einem konkretistischen Wüten in seiner Technologiekritik erliegt und auf diese Weise die Schwächen
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der produktivkraftkritischen Argumentation deutlich bloßlegt. Kunterbunt subsumiert er Naturwissenschaft, technische Produktionsmittel, bestimmte Maschinen und Produkte, ja sogar einfache Gebrauchsgegenstände, z.B. "ein Fahrrad" (WN, 72), unter den Begriff der "Produktivkräfte". Nachdem er den Produktivkraftbegriff derart verdinglicht und aus einer historisch-gesellschaftlichen in eine tote Gegenstands- und "System"-Kategorie verwandelt hat, kann er der "marxistischen Formel" vom "Doppelcharakter der Produktivkräfte" (WN, 72) unterstellen, sie meine die platte Hinübernahme jedweden Technologie-Systems, jedweder technologischen Zerstörungsproduktion, jedweder Maschinerie unabhängig von ihrer qualitativen Bestimmung in den "Sozialismus", ganz unvermittelt in der toten, dinglichen Gestalt, wie sie die kapitalistische Produktionsweise hinterlassen hat. Sogar die "Staatsmaschine" und die "Militär- und Kriegsmaschine" (WN,
72f.) läßt er unter diesen Zusammenhang fallen, wobei natürlich nach bewährtem Muster der "Realsozialismus" der sowjetischen Produktionsweise die Folie abgibt für eine solche Interpretation.
Der rationale Kern von Ullrichs (und jeder anderen) Technologie-Kritik ist die zentrale Frage der GESELLSCHAFTLICHEN GEBRAUCHSWERT-ORIENTIERUNG, die als Forderung unbedingt berechtigt und sogar lebensnotwendig geworden ist. So wäre Ullrich zunächst einmal sogar zuzustimmen, wenn er sagt, daß
"für viele ... Technologiesysteme und Maschinen gilt: Sie sind so durchdrungen vom Zweck der Herrschaft und Ausbeutung, so sehr auf Kostenverschiebung, Vergeudung und Zerstörung hin konstruiert worden, daß sie unmöglich durch eine 'andere Anwendung' ein Instrument der Emanzipation werden können. Man kann sie nur abschaffen" (WN, 72f.)
und daß
"man gezwungen (ist), einzeln die Technologien und Technologiesysteme zu überprüfen: Man muß 'Technologiekritik' betreiben." (WN, 77).
Aber "Technologiekritik" in DIESEM Sinne hätte in Wirklichkeit gar nichts mehr mit Ullrichs eigener ideologischer Herleitung aus dem abstrakten Naturverhältnis zu tun; sie könnte sich nicht aus einer grundsätzlichen Kritik an den "quantifizierenden Abstraktionen" speisen, sondern müßte umgekehrt gerade selber mit diesen Mitteln und Abstraktionen der Naturwissenschaften arbeiten, um überhaupt eine solche Gebrauchswert-Überprüfung auf gesellschaftlicher Ebene vornehmen zu können. Mit einer technologie-fetischistischen Ideologie ist diese notwendige Gebrauchswert-Orientierung und eine daraus abgeleitete konkrete Technologie-Kritik im einzelnen eben gar nicht zu leisten. Eine Ahnung von dieser Logik mußte in

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der Debatte um Tschernobyl aufdämmern. So schrieb, offenbar selbst ein wenig erstaunt über solche Zusammenhänge, die ins (feministische) wissenschafts- und produktivkraftkritische Lager übergewechselte ehemalige Marxistin Christel Neusüß über die Situation nach Tschernobyl:
Ich denke, ich spinne. Seit ich in die 'Wissenschaft' eingestiegen bin, und in der Politik ist es mir ähnlich ergangen, werde ich immer wieder mal verwarnt wegen meines mangelnden Interesses für 'hard facts', für die Zahlen, das Meßbare. Es wird mir erzählt: Meine Liebe, was nicht quantifizierbar ist, das kann kein Gegenstand der Wissenschaft sein, das ist Ideologie ... Die Lage hat sich seit Tschernobyl seltsam umgekehrt. Plötzlich sind es die Frauen, die partout messen wollen. Die Mütter wollen den Sand im Kindergarten, den Rasen, die Milch, ihre eigene Milch, die Luft, den Regen, das Wasser gemessen haben. Die Mütter mit den kleinen Kindern, sie wollen die Zahlen, die Meßgeräte ... Augen, Hände und Gehirn, dies also seien die einzig wirkliche Natur, das heißt die Naturgesetze wahrnehmenden Organe. Die Hände und das Gehirn, sie machen Meßinstrumente, und unsere Augen sehen, lesen. UNSERE Augen? Nein, die Augen der Experten, die mit den Geräten umgehen können, und die werden ja, wie wir gesehen haben, häufig genug zum Schweigen verpflichtet. Auch unsere Augen also können uns genommen werden, eben weil es nicht mehr die unsrigen sind. Ohne Meßgeräte sind wir unfähig, die Gefahr überhaupt wahrzunehmen." (Christel Neusüß, Sie messen, und dann essen sie es doch: Von der Wissenschaft zum Aberglauben. In: Gambaroff, Mies u.a., Tschernobyl hat unser Leben verändert, Reinbek 1986, S. 108ff.).
Abgesehen von der durchklingenden dumpfen Mutter-Ideologie kann jedenfalls gegen die hier zitierten Sätze kaum etwas eingewendet werden. Aber dann wird auch sofort klar, daß der produktivkraftkritische Technologie-Fetischismus das Thema verfehlt, daß es um die GESELLSCHAFTLICHE Grundbeziehung, um die Frage der GESELLSCHAFTLICHEN GEBRAUCHSWERTORIENTIERUNG geht und nicht um die abstrakte Naturbeziehung, die in der "Technik als solcher" als tote Gegenstands-Kategorie wahrgenommen wird.
Dies wird auch vollkommen klar, wenn sich Otto Ullrich mit der Chemie-Industrie und mit der industrialisierten Landwirtschaft auseinandersetzt. Soweit er davon spricht, daß in der Chemie-Industrie "riesige Mengen gefährlicher Stoffe" bei "geringem Sicherheitsstandard" (WN,
86) produziert werden, daß "nur wenige der künstlich erzeugten Stoffe bis jetzt systematisch und in Langzeitversuchen überprüft worden (sind)" (WN, 87), ist ihm auf der Ebene der Gebrauchswertfrage unbedingt zuzustimmen; aber dies wäre dann eben keine eigentliche Produktivkraft- und Wissenschaftskritik mehr, sondern eine selber mit naturwissenschaftlichen Mitteln arbeitende Gebrauchswert-Überprüfung und Umorientierung der gesellschaftlichen Industrie. Dies gilt auch für die Kritik bestimmter Produktionen der chemischen Industrie, wie sie Ullrich unter Verweis

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auf die Untersuchungen des amerikanischen Biologen und Ökologen Barry Commoner vorträgt:
"Um den gleichen Gebrauchsgegenstand, z.B. ein Hemd, herzustellen, benötigte man 1971 sehr viel mehr Energie und Rohstoffe und verursachte durch Herstellung und Verbrauch sehr viel mehr Müll als 1946." (WN, 89).
Wenn Ullrich hinzusetzt:
"Das sieht nicht nach Fortschritt der Produktivkräfte aus, ist aber ganz wesentlich durch angeblich fortschrittlichere Technologien verursacht worden" (WN, 89),
dann versetzt er damit seiner eigenen Basis-Ideologie einen Fußtritt und gibt unfreiwillig zu erkennen, daß "Produktivkräfte" (als gesellschaftliche Potenz) und "bestimmte Technologien" eben nicht unmittelbar identisch sind, daß die gesellschaftliche Beziehung der Wert-Ökonomie es ist, die den Gegenstandscharakter der "angewendeten" Produktivkräfte vermittelt, und zwar in durchaus (und zunehmend!) kontraproduktiver Weise im Hinblick auf die gesellschaftliche Gesamt-Reproduktion. Aber dann müßte wieder die Realabstraktion des Werts als Geld thematisiert werden, die Ullrich selber systematisch ausgeblendet hat als "Subsystem" des "Warenverkehrs" usw. Erst recht argumentiert Ullrich unfreiwillig gegen sich selbst, wenn er plötzlich unvermittelt feststellt:
"Trotz der insgesamt sehr negativen Bilanz der petrochemischen Industrie kann man diese Industrie jedoch nicht total ablehnen" (WN, 90)
und zustimmend Commoner zitiert, der sagt:
"Einige ihrer Nutzungen SIND einzigartig und wichtig ... Aber diese Nutzungen stellen nur einen geringen Teil der Milliarden Pfund Plastik dar, die alljährlich ... produziert werden." (zit. nach WN, 90).
Also geht es doch gar nicht gegen die Produktivkräfte "als solche", sondern um die Gebrauchswertorientierung der gesellschaftlichen Industrie? Die ganze crux von Ullrich wird mit einem Schlag klar, wenn er dazu sagt:
"Man wird jedes einzelne Produkt und die dazugehörige Technologie der petrochemischen Industrie sorgfältig in der Gesamtbilanz und im Vergleich zu anderen Technologien überprüfen müssen. Schon jetzt ist jedoch sicher: Einen sehr großen Teil dieser 'fortschrittlichen' PRODUKTIVKRÄFTE (Hervorheb. R.K.) kann man nur nutzbringend anwenden, indem man sie verschrottet." (WN, 90).
Ganz offensichtlich hat Ullrich sich hier in seiner falschen, fetischistischen Verdinglichung des Produktivkraftbegriffs verheddert. Er sagt "Produktivkräfte", meint aber einzelne, bestimmte dingliche Produktionsmittel und Produkte, die sich von ihrem gesellschaftlichen GEBRAUCHSWERT her als schädlich erwiesen haben. Wenn aber, wie Ullrich selber sagt,

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man die petrochemische Industrie "nicht total ablehnen" kann, dann müssen nicht die Naturwissenschaft und die Produktivkräfte "als solche" kritisiert werden, sondern die rein gesellschaftliche LOGIK DER WERTABSTRAKTION, die daraus zerstörerische Produktionsmittel und Produkte heckt (auf die im letzten Zitat angesprochene "Gesamtbilanz" komme ich gleich weiter unten).
Dieselbe crux der fetischistischen Produktivkraftkritik finden wir bei der Behandlung der industrialisierten Landwirtschaft durch Ullrich. So stellt er wieder völlig richtig über die "fatalen Folgen" der "Folgeketten" des industriellen Eingriffs in die Agrarproduktion fest:
"Das Vieh wird von den Weiden genommen und in Fütterungssilos kaserniert. Der Kot und die Abfälle, die hier anfallen, wandern nicht als Dünger auf den Boden zurück, sondern werden zu 'Müll', der beseitigt werden muß: Diese stickstoffhaltigen Abfälle werden in lösbare Verbindungen wie Ammoniak und Nitrat verwandelt, die dann in den Flüssen und im Grundwasser ernste Umweltschäden verursachen. Der so beseitigte natürliche Dünger muß nun auf dem Feld durch Kunstdünger ersetzt werden. Das Düngerproblem verschärft sich, weil das Vieh in den Silos nicht mit Gras oder Heu gefüttert wird, sondern mit Getreide. Eine Getreidebewirtschaftung des ehemaligen Weidelandes belastet den Boden stärker. Er braucht noch mehr Kunstdünger. Durch Intensivbewirtschaftung großflächiger Monokulturen kann der Boden sich immer weniger aus eigener Kraft regenerieren. Ihm müssen immer größere Mengen Kunstdünger zugeführt werden. Um den GLEICHEN (Hervorheb. Ullrich) Ertrag zu erzielen, mußte in Amerika 1968 fünfmal soviel Kunstdünger verwendet werden wie 1949 ... Allgemein ist ... zu beobachten, daß in der industrialisierten Landwirtschaft auf 'höherer ökonomischer Stufe' ein immer riesigerer Apparat bewegt werden muß, der bei gleichem Einsatz immer geringere Erträge bringt und nur durch Kostenverschiebung noch rentabel erscheinen kann." (WN, 91ff.).
Ullrich beschreibt einen dinglichen, gegenständlichen Verkettungszusammenhang von gebrauchswertschädlicher Produktion, und weil dieser Zusammenhang sich so beschreiben läßt, führt er ihn auch unmittelbar auf dingliche Ursachen zurück, auf "die Technik" oder "das Industriesystem" bzw. auf deren geistige Mutter, die moderne Naturwissenschaft. Der ganze GESELLSCHAFTLICHE Verkettungszusammenhang der Wert-Okonomie, der diesen Widersinn erst erzeugt und geradezu erzwingt, bleibt völlig ausgeblendet und der toten Gegenständlichkeit äußerlich. Ullrichs Gewährsmann Commoner freilich ist dieser Zusammenhang nicht verborgen geblieben,  auch wenn er sich nur mit Oberflächenkategorien dazu äußern kann:
"Man kann das UNTERNEHMERTUM und die CLEVEREN VERKÄUFEREIGENSCHAFTEN (Hervorheb. R.K.) der petrochemischen Industrie fast bewundern. Irgendwie hat sie es fertiggebracht, den Farmer zu überreden, die freie Sonnenenergie aufzugeben, welche alle natürlichen Zyklen betreibt, und statt dessen die erforderliche Energie - in Form von Düngern und Brennstoffen - von der petrochemischen Industrie zu beziehen." (zit. nach WN, 92).

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Ullrich reagiert auf diesen Hinweis ebenso unsicher wie unwirsch, um sofort zur "Rettung" seiner produktivkraftkritischen Basis-Argumentation wieder den "Realsozialismus" aus dem Zylinder zu ziehen:
"Wenn man verfolgt, warum die Sackgassen der chemischen Industrie und der Landwirtschaftsindustrie betreten wurden' so sind in den kapitalistischen Ländern die Profitmotive von Kapitalgesellschaften überdeutlich zu erkennen. Commoner z.B. verweist ständig darauf. Aber es ist ebenso wichtig, zu sehen, daß bei der Übernahme dieser Technologien, bei der Übernahme oder eigenen Entwicklung der Petrochemie in großem Maßstab und bei der Industrialisierung der Landwirtschaft der Weg in die Sackgassen fortgesetzt wird, auch wenn das Profitmotiv ausgeschaltet ist. Da der real existierende Sozialismus all die beschriebenen Sackgassentechnologien, auch die Kriegsmaschine und die Kerntechnologie, übernommen oder selbst entwickelt hat, wäre es für einen Systemvergleich sehr wichtig, die 'kapitalähnlich' wirkenden Mechanismen für diese Entwicklung herauszufinden." (WN, 93).
Mit "kapitalähnlich wirkenden Mechanismen" meint Ullrich natürlich die Naturwissenschaft und Technik "als solche", als "autonomen Bereich" usw.; komplettiert wird diese Vorstellung, wie wir gesehen haben, durch Thaas "innere Wertform der Technik", die ja als ebenso "autonomer" wie "kapitalähnlich wirkender" Mechanismus der toten technischen Gegenständlichkeit konzipiert ist. Aber die wirkliche Basis-Identität der beiden Gesellschaftsformen, die sich heute gegenüberstehen, besteht eben nicht in der Gleichartigkeit ihrer technisch-naturwissenschaftlichen Produktionsgrundlagen ("Industriesystem"), sondern darin, daß beide Systeme in ihrer GESELLSCHAFTLICHEN Grundbeziehung auf der abstrakten Wert-Ökonomie beruhen. Das "Profitmotiv" ist insofern auch im "Realsozialismus" nicht einfach "ausgeschaltet" im Sinne eines spurlosen Verschwindens durch Übergang zu wirklicher Gebrauchswertproduktion, sondern lediglich formverwandelt durch die spezifischen Akkumulations-Mechanismen der gesellschaftlichen Wert-Produktion in einer historischen Konstellation der staatlich zentralisierten "nachholenden ursprünglichen Akkumulation" (die spezifische Krise, die sich für die Gesellschaften mit sowjetischer Produktionsweise aus dem Übergang zur Produktion des relativen Mehrwerts ergibt, einer Entwicklungsstufe der Wert-Ökonomie, die bei fortdauernder staatlich-bürokratischer Regulierung der Marktprozesse zur Stagnation führen muß und daher zunehmend ein "Loslassen" des Marktes erzwingt, muß hier nicht näher erörtert werden. Ich will diesen Punkt nur in Erinnerung rufen, um Mißverständnisse über eine unmittelbare Identität der gesellschaftlichen Reproduktion in Ost und West, die natürlich in dieser Plattheit nicht gegeben ist, zu vermeiden).

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In beiden Gesellschaftsformationen jedoch ist die reale Basis der Zirkulations- und Distributionsprozesse, ungeachtet deren unterschiedlicher Regulierung, die abstrakte Wert-Produktion. Für die von Ullrich angeführten Beispiele von "Sackgassen-Technologien" in gebrauchswertmäßiger Hinsicht sind dabei vor allem zwei Erscheinungen dieser Wert-Ökonomie von Bedeutung: Erstens bedeutet die Produktion von Produktions- und Konsumgegenständen unter dem Diktat der Wertabstraktion den unbedingten Zwang zur Verausgabung menschlicher Arbeitskraft als SELBSTZWECK. Der historische Sinn dieses Zwangs, darauf habe ich oben bereits hingewiesen, besteht in der "Entwicklung der Produktivkräfte" über die alte Klassengesellschaft hinaus, d.h. in der Ablösung der gesellschaftlichen Reproduktion vom bloßen Naturzusammenhang der vorkapitalistischen agrarischen Produktionsweisen; auf einer heute erreichten Entwicklungsstufe der Industrialisierung aber muß diese historische Form der Wert-Ökonomie in eine umfassende Reproduktionskrise münden und durch direkte gesellschaftliche Gebrauchswertproduktion ersetzt werden. Unter dem Diktat der Verausgabung menschlicher Arbeitskraft als Selbstzweck jedoch muß jede im Sinne des abstrakten Werts "kostenlose" Produktion als sinnlos erscheinen; sogar das inhaltlich, qualitativ, gebrauchswertmäßig sinnloseste und gefährlichste Projekt wird notwendigerweise innerhalb einer Wert-Ökonomie so gerechtfertigt werden müssen (z.B. unter Verweis auf "Arbeitsplätze" - also unter direktem Verweis auf den Selbstzweck!). Im bewußtlos vorausgesetzten Sinne der gesellschaftlichen Akkumulation abstrakten Reichtums, also des "Werts", erscheinen nun die dinglichen Verkettungszusammenhänge von Großchemie und Landwirtschaft, über die man unter gebrauchswertmäßigen Gesichtspunkten nur den Kopf schütteln kann, durchaus nicht so absurd, sondern vielmehr als direkter "Sachzwang". Die stofflich sinnlose und gefährliche Ersetzung natürlicher Reproduktionsprozesse durch geradezu wahnwitzige Überdüngung, die totale Auspowerung des agrarischen Bodens usw. wird wertmäßig erzwungen durch das Interesse, jeden Stoffwechselprozeß mit der Natur IN PRODUKTION VON WERT ZU VERWANDELN. Und da der abstrakte Wert real nur im GELD erscheinen kann, muß man diesen Prozeß auch "Monetarisierung der Welt" nennen: Von diesem blind vorausgesetzten Mechanismus her erscheint jedes Moment des gesellschaftlichen Stoffwechsels mit der Natur, das nicht irgendwo als GELD erscheint, als "un-ökonomisch". Solange Ullrich also systematisch die Logik der Wertabstraktion ausblendet, muß seine Kritik der Vernichtungsproduktion ins Leere zielen. Er geht naiv von Gebrauchswert-Kriterien aus, ohne die gesellschaftlichen Mechanis-

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men aufdecken zu können, von denen die Produktivkräfte in die Bahnen der Vernichtungsproduktion gelenkt werden.
Zweitens aber schließt jede Wert-Ökonomie per definitionem jede gesellschaftliche "Gesamtrechnung" prinzipiell aus. Wenn Ullrich den "qualitative(n) Maßstab einer gesellschaftlichen Gesamtbilanzierung" (WN, 9) verlangt, jedoch gleichzeitig keinerlei Klarheit über die Logik der abstrakten Arbeit und damit des Werts besitzt, daher auch für ihn die erhobene Forderung nach einer "Gesamtbilanz" keineswegs identisch ist mit der Forderung nach Abschaffung der Wert-Ökonomie, so hat er die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Eine tatsächliche Gesamtbilanz würde eine unmittelbare, bewußte Distribution der gesellschaftlichen Arbeitskraft nach verfügbaren ARBEITSSTUNDEN bedeuten (direkte Zeit-Ökonomie), an die der qualitative Maßstab des gesellschaftlichen Gebrauchswerts angelegt wird. Dies würde ermöglichen, jede einzelne Produktion "ex ante" in ihrem gesamten gesellschaftlichen Verkettungszusammenhang zu sehen und zu beurteilen. Das Problem der Wert-Ökonomie besteht aber gerade darin, daß sich die Distribution der gesellschaftlichen Arbeitskraft nur INDIREKT herstellt, nicht nach dem "natürlichen Maß" der Arbeitszeit, sondern fetischistisch-dinglich verselbständigt im "Wert", der real erscheint als GELD in der Zirkulationssphäre. Diese im Geld verdinglichte, indirekte, bewußtlose Vergesellschaftung der Arbeit erzwingt für jeden konkreten einzelnen Produktionsprozeß eine getrennte BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE Kalkulation, d.h. eine prinzipiell PARTIKULARE RATIONALITÄT, deren Oberflächenerscheinung Max Weber die "formale Rationalität des Marktes" genannt hat. In dieser formal-betriebswirtschaftlichen Rationalität aber sind notwendig die stofflichen Verkettungszusammenhänge ausgelöscht, nach denen die Akkumulation des abstrakten Werts nicht fragt und nicht fragen kann: Die abstrakte Gleichheit des Geldes unterscheidet nicht nach dem gesellschaftlichen Gebrauchswert, sondern allein nach der größeren oder geringeren Quantität des abstrakten, inhaltslosen Reichtums. In diesem entscheidenden Punkt unterscheidet sich die "realsozialistische" Wert-Ökonomie prinzipiell nicht von der westlichen. Alle historischen Eingriffe der sowjetischen Administration in die Distribution der Ware Arbeitskraft gingen nicht von einer gebrauchwertorientierten Gesamtbilanzierung aus, sondern ausschließlich von Erfordernissen der Wert-Ökonomie unter den Bedingungen der nachholenden ursprünglichen Akkumulation: Administrativ erzwungener Vorrang der Entwicklung schwerindustrieller Grundlagen, zentralisierte Abschöpfung des gesellschaftlichen Mehrwerts zwecks Investition in als wesentlich erachtete Basis-Industrien

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usw. (nicht umsonst wurde die deutsche Kriegswirtschaft des 1. Weltkriegs oft als organisatorisches Vorbild genannt). Ein solcher äußerlicher administrativer Eingriff hat mit einer wirklichen Gesamtbilanzierung nach Arbeitszeiten und qualitativen Gebrauchswerten nichts zu tun. Ebensowenig stellt die "Planung" in "stofflichen Größen" (als mickriger Zusatz zur "Planung" in Wert-Kategorien) eine solche direkt gesellschaftliche Gesamtbilanz dar, da sie ja nichts weiter ist als die qualitätslose Hochrechnung von Produktionsziffern, deren stoffliche Verkettungszusammenhänge unberücksichtigt bleiben. Die reale gesellschaftliche Produktion bleibt so in Wirklichkeit der betriebswirtschaftlichen, formalen Rationalität unterworfen, die sich von sich aus nicht schert (und nicht zu scheren hat) um ihre natürlichen und gesellschaftlichen Zusammenhänge und Konsequenzen. Daß die zirkulativen und distributiven Prozesse durch den politisch-bürokratischen Regulationsmechanismus hindurchmüssen, ändert nichts an der Logik der Partikularität, wie sie notwendig von der Wertabstraktion erzeugt wird. Daß diese weiterhin gültige Logik in das Korsett einer Bürokratie gepreßt wird, mindert ihre wert-ökonomische Effizienz, läßt aber ihre gebrauchswertmäßig kontraproduktive Vernichtungspotenz umso hemmungsloser hervortreten. Es ist eine Tatsache, daß die natürlichen Lebensgrundlagen im gesamten Ostblock noch weit rücksichtsloser und brutaler der Wert-Ökonomie ausgeliefert und zerstört werden als im Westen: Das immer weitere Zurückfallen in der Produktion des relativen Mehrwerts peitscht die staatliche Administration des "geplanten Marktes" zu immer hemmungsloserer Vernichtungsproduktion, zum Ausklinken aller Sicherungen und zu verantwortungsloser Risikobereitschaft gegen Leben und Gesundheit der arbeitenden Massen. Wenn Ullrich also von "Gesamtbilanzierung" spricht, ohne die Wert-Ökonomie in West und Ost als Verursacher der stofflich-gebrauchswertmäßigen Absurditäten anzugreifen, so weiß er nicht, wovon er überhaupt spricht. Daß er selber in diesem Zusammenhang bloß von "Kostenverschiebung" spricht und die "Rentabilität" der von ihm kritisierten "Sackgassentechnologien" auf gesamtgesellschaftlicher Ebene bezweifelt, signalisiert nur, daß er die formalen betriebswirtschaftlichen "ökonomischen" Kriterien naiv und unvermittelt an die geforderte qualitative Gesamtbilanz anlegt und selber in der verdinglichten Geld-Kategorie denkt. Die gesellschaftliche Existenz des Geldes aber ist es ja gerade, die jene formale Partikularität erzwingt, deren stoffliche Konsequenzen er kritisiert! Es zeigt sich also gerade an den von Ullrich selber angeführten Beispielen von gebrauchswertmäßig kontraproduktiver Produktion, wie die produktivkraft-

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kritische Ideologie mit ihrer falschen Frontstellung gegen Naturwissenschaft und Technik "als solche" an den realen Erscheinungen der Vernichtungsproduktion analytisch scheitert. Die Verdinglichung des Produktivkraftbegriffs, wie sie aus der Verkehrung kapitalistischer Vergesellschaftungslogik in abstrakte Naturbeziehung notwendig folgt, muß der verdinglichten Logik des Geldes aufsitzen und so bewußtlos versuchen, auf der ontologisierten Basis der zum bloßen "Subsystem" erklärten Wert-Ökonomie deren eigene Konsequenzen mit untauglichen Mitteln zu bekämpfen. Qualitative Gebrauchswertproduktion und gesellschaftliche Gesamtbilanzierung sind unvereinbar mit der Realabstraktion des Geldes, sie sind nicht zu haben ohne dessen revolutionäre Überwindung in einer direkt gesellschaftlichen Zeit-Ökonomie, und sie sind nicht zu haben durch die fetischistische Kritik von Naturwissenschaft und Technik, sondern umgekehrt nur dadurch, daß die Mittel der Naturerkenntnis selber gegen die verrückte und lebensgefährlich gewordene Logik des Geldes ins Feld geführt werden.

P.S.: In der folgenden Nummer der 'MK' wird dieser Artikel fortgesetzt. Dann werden der noch fehlende Unterpunkt zu 3, die Degradation des Arbeiters, abgehandelt und als Punkt 4 Dürftige Moral und Moral der Dürftigkeit: Konsequenzen der Produktivkraftkritik, ausgeführt. Dieser Abschnitt gliedert sich unter in a) Entgesellschaftung und Warenfetisch: "Small is beautiful", b) Dürftige Moral: Die "Reduzierung der Dimension des Machens", c) Moral der Dürftigkeit: Die "Reduzierung der Bedürfnisse" und d) Die Rettung des unmittelbaren Produzenten als seine Verewigung.
 





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